§ 5 ZRBG: Verzinsung
veröffentlicht am |
20.08.2019 |
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Änderung | Neu aufgenommen aufgrund des ZRBG-ÄndG |
Stand | 01.08.2014 |
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Rechtsgrundlage | |
Version | 001.00 |
- Inhalt der Regelung
- Verzinsung von ZRBG-Leistungen
- Fälligkeit von ZRBG-Leistungen
- Vollständiger Leistungsantrag
- Verzinsung bei Anerkennung weiterer Ghetto-Zeiten
Inhalt der Regelung
§ 5 ZRBG regelt die Verzinsung in ZRBG-Fällen.
Absatz 1 besagt, dass die Fälligkeit im Sinne von § 44 Abs. 1 SGB I bei Renten mit Zeiten nach dem ZRBG frühestens am 27.06.2002 eintritt.
Absatz 2 regelt, dass in Fällen, in denen die Rente nach § 3 Abs. 4 oder 5 ZRBG neu festgestellt wird, die Verzinsung frühestens sechs Kalendermonate nach Eingang des ersten vollständigen Leistungsantrags beginnt.
Ergänzende/korrespondierende Regelungen
§ 5 ZRBG ist lex specialis zu den allgemeinen Vorschriften zur Verzinsung nach § 44 SGB I.
Verzinsung von ZRBG-Leistungen
§ 44 SGB I regelt die Verzinsung von Geldleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Nach § 44 Abs. 1 SGB l sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit mit 4 vom Hundert zu verzinsen. Darüber hinaus regelt Absatz 1, dass die Verzinsung mit Ablauf des Kalendermonats endet, der dem Monat der Zahlung der Geldleistung vorausgeht.
Gemäß § 44 Abs. 2 erster Halbsatz SGB l beginnt die Verzinsung jedoch frühestens nach Ablauf von 6 Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrages beim zuständigen Leistungsträger.
Die Regelungen des § 44 SGB l finden grundsätzlich auch Anwendung auf Renten, in denen Zeiten nach dem ZRBG enthalten sind. Vor dem Hintergrund, dass in vielen ZRBG-Fällen ein Rentenanspruch erst nach den BSG-Entscheidungen vom 02.06.2009 und 03.06.2009 (vergleiche hierzu GRA zu § 3 ZRBG) anerkannt wurde und die Berechtigten nunmehr im Rahmen einer Neufeststellung nach § 3 Abs. 4 und 5 ZRBG einen früheren Rentenbeginn (frühestens 01.07.1997) erhalten, sieht der Gesetzgeber jedoch Bedarf für spezielle Vorgaben hinsichtlich der Verzinsung der Leistungen in diesen Fällen. Der Gesetzgeber verfolgt mit § 5 ZRBG die Zielsetzung, dass die Berechtigten, die zwar häufig rechtzeitig einen ZRBG-Antrag gestellt haben, deren Anspruch aber erst nach den BSG-Entscheidungen mit einem späteren Rentenbeginn zuerkannt wurde und die zunächst die politische Entwicklung abwarten mussten, bevor sie den frühestmöglichen Rentenbeginn erhalten konnten, einen finanziellen Ausgleich für diese „Wartezeit“ erhalten. Auch diejenigen, die ihren ZRBG-Antrag erstmalig erst nach den BSG-Entscheidungen gestellt haben und dadurch die Leistung erst ab dem Antragsmonat erhalten, sollen neben der Rentennachzahlung eine zusätzliche Kompensation erhalten. Daher enthält § 5 ZRBG besondere Regelungen zur Fälligkeit (vergleiche Abschnitt 3) und zum vollständigen Leistungsantrag (vergleiche Abschnitt 4).
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass in Fällen einer Antragsgleichstellung nach über- und zwischenstaatlichem Recht für die Verzinsung der Antrag erst dann als vollständiger Leistungsantrag zu werten ist, wenn die Beschäftigung in einem Ghetto geltend gemacht wurde. Ein Leistungsantrag ist „vollständig“ im Sinne von § 44 Abs. 2 erster Halbsatz SGB I, wenn der Berechtigte alle Angaben gemacht hat, um dem Leistungsträger die zügige Bearbeitung des Antrages zu ermöglichen. Erst durch Angabe der Zeiten im Ghetto können die Rentenversicherungsträger über die Anrechnung von Zeiten nach dem ZRBG entscheiden.
Liegt daher im Einzelfall ein gleichgestellter Antrag aus dem Ausland vor (Europarecht oder Sozialversicherungsabkommen), welcher vor Inkrafttreten beziehungsweise Verkündung des ZRBG gestellt wurde, gilt für die Verzinsung als vollständiger Leistungsantrag der Antrag, in dem die Beschäftigung in einem Ghetto erstmals geltend gemacht wurde.
Siehe Beispiel 1
Fälligkeit von ZRBG-Leistungen
Nach § 44 Abs. 1 SGB I beginnt die Verzinsung nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eintritt der Fälligkeit. § 5 Abs. 1 ZRBG bestimmt als frühesten Fälligkeitszeitpunkt im Sinne von § 44 Abs. 1 SGB l den 27.06.2002 (Tag der Verkündung des ZRBG im Bundesgesetzblatt). Somit kann die Verzinsung nach § 5 Abs. 1 ZRBG frühestens am 01.08.2002 beginnen, wobei für den tatsächlichen Verzinsungsbeginn der Eingang des vollständigen Leistungsantrags entscheidend ist (vergleiche Abschnitt 4).
Vollständiger Leistungsantrag
Nach § 44 Abs. 2 erster Halbsatz SGB I beginnt die Verzinsung frühestens nach Ablauf von 6 Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrages beim zuständigen Leistungsträger.
Nach § 5 Abs. 2 ZRBG beginnt die Verzinsung bei einer Neufeststellung nach § 3 Abs. 4 und 5 ZRBG frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des ersten vollständigen Leistungsantrags.
Bei § 3 Abs. 4 ZRBG handelt es sich um die sogenannten „Überprüfungsfälle“ (vergleiche GRA zu § 3 ZRBG). In diesen zunächst bestandskräftig abgelehnten Fällen wurde nach der geänderten BSG-Rechtsprechung vom 02.06.2009 und 03.06.2009 rückwirkend ab dem 01.01.2005 ein Anspruch festgestellt. In diesen Fällen lag damit regelmäßig bereits ein vollständiger Leistungsantrag vor (vergleiche Abschnitt 4.1).
Bei Neufeststellung nach § 3 Abs. 5 ZRBG handelt es sich um Neuanträge, die nach den vorgenannten BSG-Entscheidungen gestellt wurden und bei denen der Rentenbeginn regelmäßig auf den Antragsmonat (§ 99 Abs. 1 S. 2 SGB VI) gelegt wurde. Auch in diesen Fällen, in denen durch die Neufeststellung einer früherer Rentenbeginn festgestellt werden kann, lag damit bereits ein vollständiger Leistungstrag vor dem Zeitpunkt der Neufeststellung vor (vergleiche Abschnitt 4.2).
Überprüfungsfälle im Sinne von § 3 Abs. 4 ZRBG
In den sogenannten Überprüfungsfällen ist für die Verzinsung der erste vollständige Rentenantrag maßgeblich. Dieser liegt regelmäßig vor dem 04.06.2009, da der frühere Antrag in der Vergangenheit zunächst abgelehnt wurde und erst im Wege des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X rückwirkend ein ZRBG-Anspruch bewilligt wurde.
Siehe Beispiel 2
Neuanträge im Sinne von § 3 Abs. 5 ZRBG
Bei den Neuanträgen ist für die Verzinsung auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Antrag vollständig war.
Bei den "Neuanträge" liegt der vollständige Leistungsantrag häufig nach dem 04.06.2009, da viele ZRBG-Berechtigte ihren Leistungsantrag erst nach den BSG-Entscheidungen vom 02.06.2009 und 03.06.2009 gestellt haben.
Siehe Beispiel 3
Verzinsung bei Anerkennung weiterer Ghetto-Zeiten
Durch das ZRGB-ÄndG wurde § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZRBG geändert, sodass nunmehr auf das Gebiet des nationalsozialistischen Einflussbereichs abgestellt wird und nicht mehr auf die Gebiete, die vom Deutschen Reich besetzt oder eingegliedert waren (vergleiche GRA zu § 1 ZRBG). Das bedeutet, dass Beschäftigungen in Ghettos anerkannt werden können, die bisher nicht anerkennungsfähig waren, weil sie außerhalb der besetzten beziehungsweise eingegliederten Gebiete lagen. Dies hat zur Folge, dass nunmehr Personen erstmalig einen ZRBG-Anspruch für Beschäftigungen in diesen Ghettos geltend machen können. Auch Personen, die bereits laufend eine Rente unter Berücksichtigung des ZRGB beziehen, können gegebenenfalls zusätzliche Ghetto-Zeiten angerechnet bekommen.
In diesen Fällen mit laufendem Rentenbezug, in denen die Versicherten aufgrund der bisherigen Rechtslage keine Angaben zu einer Beschäftigung in einem Ghetto gemacht haben, das nicht einem vom Deutschen Reich besetzten oder eingegliederten Gebiet lag, ist für die Verzinsung auf den ursprünglichen („ersten“) Rentenantrag abzustellen.
Zwar kann der ursprüngliche Leistungsantrag erst zu dem Zeitpunkt als vollständig angesehen werden, zu dem auch Zeiten in dem weiteren Ghetto geltend gemacht werden, da ein Anspruch auf Zeiten nach dem ZRBG für dieses Ghetto erst dann vom Rentenversicherungsträger geprüft werden kann. Jedoch ist die Änderung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZRBG rückwirkend zum 01.07.1997 in Kraft getreten. Wäre die jetzige Gebietserweiterung bereits bei der erstmaligen Antragstellung existent gewesen, so hätte der Berechtigte die Beschäftigung in diesen Ghettos ebenfalls geltend gemacht. Die „verspätete“ Angabe dieser Zeiten kann daher nicht zu seinen Lasten gehen.
Siehe Beispiel 4
- Beispiel 1: Vollständiger Antrag bei gleichgestellten Anträgen
- Beispiel 2: Vollständiger Antrag bei Überprüfungsfällen
- Beispiel 3: Vollständiger Antrag bei Neuanträgen
- Beispiel 4: Vollständiger Antrag bei Anerkennung weiterer Ghetto-Zeiten
Beispiel 1: Vollständiger Antrag bei gleichgestellten Anträgen
(Beispiel zu Abschnitt 2) | |
ZRBG-Antrag eingegangen am Gleichgestellter israelischer Antrag vom | 23.10.2013 15.01.1990 |
Lösung: | |
Erst mit dem Antrag vom 23.10.2013 kann über Zeiten nach dem ZRBG entschieden werden. Für die Verzinsung liegt ein vollständiger Leistungsantrag am 23.10.2013 vor. | |
Die Verzinsung beginnt somit am | 01.05.2014 |
Beispiel 2: Vollständiger Antrag bei Überprüfungsfällen
(Beispiel zu Abschnitt 4.1) | |
Erstmaliger (vollständiger) ZRBG-Antrag vom Ablehnung des Antrags am Neufeststellungsantrag am ZRBG-Rente wurde anerkannt ab Antrag auf Neufeststellung nach § 3 Abs. 4 ZRBG ab 01.07.1997 im Rahmen des ZRBG-ÄndG | 18.09.2003 24.02.2004 28.10.2009 01.01.2005 03.09.2014 |
Lösung: | |
Fälligkeitszeitpunkt im Sinne von § 5 Abs. 1 ZRBG ist der 01.08.2002. Nach § 5 Abs. 2 ZRBG ist auf den erstmaligen Antrag am 18.09.2003 abzustellen. | |
Die Verzinsung beginnt am | 01.04.2004. |
Beispiel 3: Vollständiger Antrag bei Neuanträgen
(Beispiel zu Abschnitt 4.2) | |
ZRBG-Antrag wurde gestellt am | 05.02.2010 |
ZRBG-Rente wird gezahlt ab | 01.02.2010 |
Antrag auf Neufeststellung nach § 3 Abs. 5 ZRBG ab 01.07.1997 im Rahmen des ZRBG-ÄndG | 28.10.2014 |
Lösung: | |
Fälligkeitszeitpunkt im Sinne von § 5 Abs. 1 ZRBG ist der 01.08.2002. Nach § 5 Abs. 2 ZRBG ist auf den Eingang des vollständigen Antrags am 05.02.2010 abzustellen. | |
Die Verzinsung beginnt am | 01.09.2010 |
Beispiel 4: Vollständiger Antrag bei Anerkennung weiterer Ghetto-Zeiten
(Beispiel zu Abschnitt 5) | |
Erstmaliger ZRBG-Antrag vom | 15.10.2002 |
Ablehnungsbescheid vom | 29.04.2003 |
Überprüfungsantrag vom | 22.09.2009 |
ZRBG-Rente wurde anerkannt ab | 01.01.2005 |
Versicherter macht Zeiten in einem Ghetto in der Slowakei geltend am | 25.09.2014 |
Lösung: | |
Der Versicherte hat die Zeiten in der Slowakei beim erstmaligen Antrag vom 15.10.2002 aufgrund der damaligen Rechtslage nicht geltend gemacht. Es kann ihm nicht zur Last gelegt werden, dass er diese Angaben nicht gemacht hat. Für die Verzinsung ist als erster vollständiger Leistungsantrag der 15.10.2002 zugrunde zu legen. | |
Die Verzinsung beginn somit am | 01.05.2003. |