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§ 197a SGG: Anwendung des GKG und der VwGO

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Neu aufgenommen

Dokumentdaten
Stand11.01.2018
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Beherbergungsstatistikgesetzes und des Handelsstatistikgesetzes sowie zur Aufhebung von Vorschriften zum Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises vom 23.11.2011 in Kraft getreten am 03.12.2011
Rechtsgrundlage

§ 197a SGG

Version001.01

Inhalt der Regelung

Absatz 1 regelt, dass Kosten nach dem Gerichtskostengesetz erhoben werden und statt der §§ 184 bis 195 SGG die §§ 154 bis 162 VwGO Anwendung finden, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört oder es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens handelt.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Kostenfestsetzungsentscheidung

§ 197a SGG regelt, über den Verweis auf das Gerichtskostengesetz (GKG) und die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), welche Kosten der Beteiligten erstattungsfähig sind, wenn weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört.

§ 197a SGG gilt nicht, wenn im Verfahren als Kläger oder Beklagter eine Person beteiligt ist, die nach § 183 SGG privilegiert ist. In diesem Fall wird zur Höhe der Kostenerstattung auf die GRA zu § 193 SGG verwiesen.

Beteiligte am Verfahren sind nach § 69 SGG der Kläger, der Beklagte und der Beigeladene.

§ 197a SGG verweist auf die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Höhe der erstattungsfähigen Kosten ist in § 162 VwGO geregelt.

Zu unterscheiden ist zwischen außergerichtlichen Kosten (siehe Abschnitt 2.1) und Gerichtskosten (siehe Abschnitt 2.1).

Besteht Einigkeit über die Höhe des zu erstattenden Betrages, kann der Betrag ohne förmliches Verfahren an den Berechtigten angewiesen werden. Besteht keine Einigkeit, haben die Beteiligten die Möglichkeit beim Gericht des ersten Rechtszugs (Sozialgericht) die Kostenfestsetzung zu beantragen. Der Urkundsbeamte setzt dann den Betrag der zu erstattenden Kosten fest (§ 197 SGG).

Anspruch auf Verzinsung

Festgesetzte Kosten sind nach § 197 Abs. 1 S. 2 SGG zu verzinsen.

Erstattungsberechtigter

Inhaber des Erstattungsanspruchs ist der Beteiligte. Hat der Beteiligte Prozesskostenhilfe (PKH) in Anspruch genommen, geht der Anspruch auf die Staatskasse über (§ 59 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG). Zur Abrechnung der Kosten bei Gewährung von PKH wird auf Abschnitt 2.1.2.7 verwiesen.

Außergerichtliche Kosten

Zu den außergerichtlichen Kosten gehören neben den Kosten für das Klageverfahren auch die Kosten für das vorangegangene Widerspruchsverfahren, jedoch nicht die Kosten des Verwaltungsverfahrens. Für das Widerspruchsverfahren sind Gebühren und Auslagen aber nur erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt (§ 162 Abs. 2 S. 2 VwGO).

Beteiligter vertritt sich selbst

Hat sich der Beteiligte selbst vertreten, sind ihm die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten (§ 162 Abs. 1 VwGO).

Notwendig sind solche Aufwendungen, die der Beteiligte zum Zeitpunkt der Veranlassung objektiv für erforderlich und geeignet halten durfte, um den Gegenstand des Verfahrens erfolgreich durchzusetzen. Es kommt auf die individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten des Beteiligten an, nicht auf die Sicht einer rechtskundigen Person.

Die tatsächlichen materiellen Aufwendungen müssen im Einzelfall nachgewiesen werden. Die Erstattung einer Pauschale ist nicht möglich.

Zu den erstattungsfähigen Aufwendungen zählen unter anderem Kosten für Porto, Telefon, Fotokopien und Schreibwerk. Auch Atteste, Fahrtkosten oder die Kosten für eine Beratung durch einen Rechtsanwalt können erstattungsfähig sein.

Porto

Zum Beispiel: Portokosten für die Schreiben an das Sozialgericht, für die briefliche Beschaffung von Beschäftigungsnachweisen oder Urkunden.

Porto für Einschreiben ist nur zu erstatten, wenn die Versendung durch Einschreiben notwendig war, zum Beispiel als Nachweis zur Einhaltung der Klagefrist.

Telefon, Mail, FaxDiese Kosten sind nur erstattungsfähig, wenn sie nachgewiesen sind.
FotokopienAls private Person kann der Beteiligte nicht die gesetzlichen Dokumentenpauschalen, zum Beispiel nach Nr. 7000 VV RVG oder Nr. 9000 KV GKG, geltend machen. Kann der Beteiligte die Kosten für die Kopien nicht nachweisen, werden je Fotokopie 0,10 EUR erstattet (vergleiche OLG Frankfurt vom 27.10.1986, AZ: 12 W 215/86).
SchreibwerkDarunter versteht man die Kosten für Briefpapier und Briefumschläge.
AttesteKurze ärztliche Bescheinigungen (sogenannte Atteste, für die Kosten zwischen 5,00 EUR bis 10,00 EUR anfallen), die der Beteiligte mit der Klageschrift - zum Beispiel im Verfahren um eine Rente wegen Erwerbsminderung oder eine medizinische Rehabilitation - einreicht, sind erstattungsfähig.
FahrtkostenFahrtkosten zum Termin siehe Abschnitt 2.1.2.6
Beratung durch einen Rechtsanwalt

Hat sich der Beteiligte nicht von einem Rechtsanwalt vertreten lassen, aber einen Rechtsanwalt zur rechtlichen Beratung in Anspruch genommen, kann bei entsprechendem Nachweis die Beratungsgebühr (§ 34 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) erstattet werden, wenn im Einzelfall die Beratung als notwendig erachtet wird. Die Notwendigkeit ist zu bejahen, wenn bei Bevollmächtigung die Zuziehung als notwendig anerkannt worden wäre.

Nach § 34 RVG beträgt die Gebühr für die Beratung höchstens 250,00 EUR; § 14 Abs. 1 RVG gilt entsprechend; für ein erstes Beratungsgespräch beträgt die Gebühr jedoch höchstens 190,00 EUR.

Medizinische PrivatgutachtenAufgrund des Untersuchungsgrundsatzes reicht es grundsätzlich aus, wenn der Beteiligte seine gesundheitlichen Einschränkungen schildert, um das Gericht zu eigenen weiteren Ermittlungen zu veranlassen. Eine Erstattung der Kosten für ärztliche Privatgutachten scheidet daher in der Regel aus. Maßgebend sind jedoch die Umstände des Einzelfalls.
Arbeits- und ZeitaufwandEin Ausgleich von Arbeits- und Zeitaufwand des Beteiligten erfolgt nicht (Urteil des BSG vom 24.04.1996, AZ: 5 RJ 44/95, SozR 3-1300 § 63 Nr. 7).

Beteiligter wird durch Rechtsanwalt, einen zugelassenen Rechtsbeistand/Rechtsdienstleister oder durch einen Steuerberater vertreten

Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands sind stets erstattungsfähig (§ 162 Abs. 2 VwGO).

Soweit die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erfolgte, sind zur Bemessung der erstattungsfähigen Gebühren und Aufwendungen die ab 01.07.2004 geltenden Vorschriften des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) heranzuziehen.

Beachte:

Bis zum 30.06.2004 galt die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO); diese kann für bis dahin anhängig gewordene Verfahren noch relevant sein.

Erfolgt die Vertretung durch einen Kammerrechtsbeistand, registrierten Erlaubnisinhaber oder einen Rentenberater, gelten für deren Gebührenforderungen die Regelungen des RVG entsprechend (§ 1 Abs. 1 S. 3 RVG, § 4 Abs. 1 Art. 2 Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG).

Durch einen Steuerberater kann sich der Beteiligte ausschließlich in Angelegenheiten der §§ 28h und 28p SGB IV vertreten lassen (§ 73 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 13 Abs. 6 S. 2 SGB X). In diesen Fällen erfolgt die Abrechnung der Kosten nach § 45 Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) ebenfalls nach dem RVG.

Gebührenbestimmung nach dem RVG

In Verfahren, in denen das Gerichtskostengesetz Anwendung findet, werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet (§ 3 Abs. 1 RVG).

Die für die Gerichtskosten maßgebenden Wertvorschriften gelten auch für die Anwaltsgebühren (§§ 23, 32 Abs. 1 RVG). Das heißt, dass für die Gebührenbestimmung nach dem RVG der Streitwertbeschluss des Gerichts maßgeblich ist. Im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 SGG ist der Urkundsbeamte an die Wertfestsetzung gebunden.

Hinsichtlich der Gerichtskosten und des Streitwertbeschlusses wird auf Abschnitt 2.2 verwiesen.

Entsprechend der Höhe des Streitwertes nach dem Streitwertbeschluss wird die Gebühr nach § 13 RVG ermittelt. Eine Gebührentabelle für Werte bis 500.000,00 EUR ist dem RVG als Anlage 2 beigefügt. Zunächst wird von der vollen Gebühr (Faktor 1,0) ausgegangen. Welcher Faktor im Einzelfall gilt, ergibt sich aus dem Vergütungsverzeichnis zum RVG.

Gebühren/Aufwendungen für ein Klageverfahren

Für ein Klageverfahren können in der Regel

  • eine Verfahrensgebühr gegebenenfalls einschließlich Erhöhungsgebühr (Abschnitt 2.1.2.2).
  • eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr (Abschnitt 2.1.2.3),
  • eine Terminsgebühr (Abschnitt 2.1.2.4),
  • Gebühren für den Ersatz von Auslagen (Abschnitt 2.1.2.5) und
  • persönliche notwendige Aufwendungen des Klägers (Abschnitt 2.1.2.6)

anfallen.

Hinsichtlich der Höhe der Gebühren für das vorangegangene Widerspruchsverfahren wird auf die GRA zu § 63 SGB X verwiesen.

Verfahrensgebühr

Die Verfahrensgebühr entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (Vorbemerkung 3 Abs. 2 VV RVG).

Nr. 3100 VV RVGVerfahrensgebühr SozialgerichtGebührensatz 1,3
Nr. 3200 VV RVGVerfahrensgebühr LandessozialgerichtGebührensatz 1,6
Nr. 3206 VV RVGVerfahrensgebühr BundessozialgerichtGebührensatz 1,6

War der Rechtsanwalt bereits im Widerspruchsverfahren tätig, ist die Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.

Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG in Verbindung mit § 15a RVG

Die Vorbemerkung 3 Absatz 4 im Vergütungsverzeichnis des RVG regelt, welche Gebühren aufeinander anzurechnen sind. § 15a RVG bestimmt, welche Folgen eine solche Anrechnung im Innenverhältnis zwischen Anwalt und Mandant (Absatz 1) und im Verfahren zu erstattungspflichtigen Dritten (Abs. 2) hat.

Voraussetzung für die Anrechnung ist, dass sich die Geschäftsgebühr und die Verfahrensgebühr auf denselben Gegenstand beziehen und beide Gebühren bei demselben Rechtsanwalt entstanden sind.

Der Rentenversicherungsträger ist erstattungspflichtiger Dritter im Sinne des § 15a Abs. 2 RVG. Er kann sich unter folgenden Voraussetzungen auf die Anrechnung berufen:

ErfüllungDer Rentenversicherungsträger hat den Anspruch auf eine der beiden Gebühren ganz oder teilweise erfüllt.
VollstreckungstitelWegen einer der von der Anrechnung betroffenen Gebühren besteht gegen den Rentenversicherungsträger ein Vollstreckungstitel.
Beide Gebühren in demselben VerfahrenBeide Gebühren werden in demselben Verfahren gegen den Rentenversicherungsträger geltend gemacht (zum Beispiel wird im Kostenfestsetzungsverfahren die Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren und die Verfahrensgebühr für das anschließende Klageverfahren geltend gemacht).

Der Rentenversicherungsträger muss sich auf die Anrechnung berufen. Eine Prüfung von Amts wegen durch den Urkundsbeamten bei der Kostenfestsetzung kommt nicht in Betracht. Die Beweislast trägt derjenige, der sich auf die Anrechnungsvorschrift beruft.

Der Rentenversicherungsträger kann sich auf die Anrechnung berufen, aber sie nicht gestalten. Das heißt, dass der Rentenversicherungsträger nicht bestimmen kann, auf welche Gebühr die Anrechnung zu erfolgen hat.

Höhe der Anrechnung

Die Geschäftsgebühr wird zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr angerechnet.

Beachte:

Die vorgerichtliche Geschäftsgebühr ist nicht auf die Gebühren eines Eilverfahrens anzurechnen, wohl aber auf die des nachfolgenden Hauptverfahrens.

Verfahrensgebühr bei mehreren Auftraggebern

War der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig, erhält er die Gebühren nur einmal (§ 7 Abs. 1 RVG).

Sind Auftraggeber in derselben Angelegenheit mehrere Personen, erhöht sich nach Nr. 1008 VV RVG die Verfahrensgebühr für jede weitere Person um den Gebührensatz von 0,3 (höchstens 2,0).

Einigungs- oder Erledigungsgebühr
Einigungsgebühr Nr. 1003/4 VV RVG
Nr. 1003SozialgerichtGebührensatz 1,0
Nr. 1004Landessozialgericht/Bundessozialgericht Gebührensatz 1,3

Die Gebühr entsteht für die Mitwirkung des Rechtsanwalts beim Abschluss eines gegenseitigen Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Beteiligten über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Sie entsteht nicht, wenn sich der Vertrag ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht beschränkt.

In Verfahren, deren Gegenstand ein Anspruch aus einem Rechtsverhältnis des öffentlichen Rechts ist, kann nach § 54 SGB X ein Vergleichsvertrag geschlossen werden (siehe GRA zu § 101 SGG Abschnitt 2). Ein nach Maßgabe des § 54 SGB X zulässiger öffentlich-rechtlicher Vertrag in Gestalt eines Vergleichs kann grundsätzlich eine Einigungsgebühr auslösen.

Die Einigungsgebühr ist weiter gefasst als die frühere Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO. § 23 BRAGO setzte durch die Verweisung auf § 779 BGB ein gegenseitiges Nachgeben voraus. Die Einigungsgebühr soll jegliche vertragliche Beilegung eines Streits der Parteien honorieren.

Erledigungsgebühr Nr. 1003/4 VV RVG
Nr. 1003SozialgerichtGebührensatz 1,0
Nr. 1004Landessozialgericht/BundessozialgerichtGebührensatz 1,3

Die Gebühr entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt.

Mitwirkung des Rechtsanwalts
Grundsätze

Diese Gebührenposition setzt eine besondere, nicht nur unwesentliche und gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit des Anwaltes voraus. Dafür ist es nicht ausreichend, dass der Rechtsanwalt an der Erledigung nur durch eine Tätigkeit in dem Umfang mitwirkt, die nicht über das hinausgeht, was von ihm im Allgemeinen im Rahmen seiner Bevollmächtigung zu erwarten ist. Erforderlich ist ein gezielt auf die einvernehmliche Beilegung des Streites gerichtetes Tätigwerden.

Hierzu wird auf die grundsätzlichen Ausführungen des Bundessozialgerichts zur Erledigungsgebühr hingewiesen:

Urteile vom 07.11.2006, AZ: B 1 KR 13/06 R, AZ: B 1 KR 22/06 R und AZ: B 1 KR 23/06 R, SozR 4-1300 § 63 Nr. 8, und vom 21.03.2007, AZ: B 11a AL 53/06 R

Neues Beweismittel

Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen (§ 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB I). Nach § 21 Abs. 2 S. 1 und 2 SGB X sollen die Beteiligten bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken und insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Diesen Mitwirkungspflichten des Mandanten hat der Rechtsanwalt Rechnung zu tragen. Die damit verbundenen Tätigkeiten sind mit der Geschäftsgebühr abgegolten.

Die Beibringung von bekannten Beweismitteln oder von Beweismitteln, die ohne großen Aufwand zu beschaffen waren, reicht nicht aus (zum Beispiel die Vorlage eines Privatgutachtens, das in einem anderen Verfahren erstellt wurde und sich im Besitz des Mandanten befindet und somit nur kopiert werden musste).

Die unaufgeforderte Vorlage eines neu beschafften Beweismittels stellt eine ausreichende Mitwirkung dar.

Es kann nur im Einzelfall entschieden werden, wann die Beschaffung eines Beweismittels größeren Aufwand erforderte oder sich noch im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Beteiligten bewegte.

Siehe hierzu Urteile des BSG vom „02.10.2008, AZ: B 9/9a SB 3/07 R und B 9/9a SB 5/07 R, SozR 4-1300, § 63 Nr. 7 und vom 05.05.2009, AZ: B 13 R 137/08 R.

Nur Sachvortrag

Handlungen, die der Förderung des Verfahrens dienen und zu einer für den Mandanten günstigen Entscheidung führen sollen, werden nicht von der Erledigungsgebühr erfasst. Entsprechende Handlungen, die für den Bevollmächtigten selbstverständlich sind, werden durch die Verfahrensgebühr abgegolten. So reicht es nicht aus, wenn der Rechtsanwalt sich auf ein aufklärendes Schreiben der Sachbearbeitung mit der abweichenden Auffassung der Behörde zur Sach- und Rechtslage auseinandersetzt, hierauf erwidert und die eigene Ansicht nochmals argumentativ untermauert.

Ein Sachvortrag, der besonderes Bemühen ausdrückt und kausal zur Abhilfeentscheidung beigetragen hat, reicht nicht aus.

Siehe hierzu Urteile des BSG vom „05.05.2009, AZ: B 13 R 137/08 R und vom 14.02.2013, AZ: B 14 AS 62/12 R.

In diesem Verfahren

Die anwaltliche Mitwirkung muss im konkreten Verfahren stattfinden. Ein Tätigwerden des Rechtsanwalts in einem anderen Verfahren reicht nicht aus.

Siehe hierzu Urteil des BSG vom „05.05.2010, AZ: B 11 AL 14/09 R

Beispiel: Der Anwalt vertritt mehrere Mandanten bei einem Streit um die Rückforderung der über den Tod hinaus gezahlten Rente. Weil es sich um eine grundsätzliche Angelegenheit handelt, wird ein Musterverfahren geführt und die anderen Verfahren zum Ruhen gebracht. Im Musterverfahren kommt es zu einer Einigung. Der Musterfall führt dazu, dass auch die anderen Verfahren beendet werden können. Über den Musterfall hinaus kann die Mitwirkung des Rechtsanwalts nicht zu einer Erledigungsgebühr führen.

Erledigungserklärung nach TeilanerkenntnisEine einfache Erledigungserklärung reicht nicht aus. Im Einzelfall kann das Einwirken des Rechtsanwalts auf seinen Mandanten - um ihn nach Teilabhilfe zur Rücknahme zu bewegen - zur Erledigungsgebühr führen. Damit "verdient" sich der Rechtsanwalt die Erledigungsgebühr für die Überzeugungsarbeit.
KausalitätDie Mitwirkungshandlung muss ursächlich für die Erledigung der Rechtssache gewesen sein. Das bedeutet nicht, dass allein seine Bemühungen zur Abhilfe geführt haben müssen. Er muss einen nicht unerheblichen Beitrag zur Erledigung geleistet haben. Seine Mitwirkung muss maßgeblich für die Erledigung gewesen sein.
Terminsgebühr

Die Terminsgebühr entsteht

  • für die Vertretung in einem Termin (Abschnitt 2.1.2.4.1),
  • für die Mitwirkung an Besprechungen (Abschnitt 2.1.2.4.2),

auch ohne einen Termin als sogenannte fiktive Terminsgebühr (Abschnitt 2.1.2.4.3).

Die Gebühr kann in einer Angelegenheit in jeder Instanz nur einmal anfallen (§ 15 Abs. 2 RVG) unabhängig davon, wie viele Termine oder Besprechungen stattgefunden haben.

Terminsgebühr Nr. 3104/3202/3210 VV RVG
Nr. 3104SozialgerichtGebührensatz 1,2
Nr. 3202LandessozialgerichtGebührensatz 1,2
Nr. 3210BundessozialgerichtGebührensatz 1,5

Beachte:

Zum 01.08.2013 wurde der Gebührentatbestand Nr. 1010 VV RVG eingeführt. Es handelt sich um eine Zusatzgebühr für besonders umfangreiche Beweisaufnahmen in Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 richten und mindestens drei gerichtliche Termine stattfinden, in denen Sachverständige oder Zeugen vernommen werden. Der Gebührensatz beträgt 0,3.

Ein Termin hat stattgefunden

Die Terminsgebühr entsteht für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin (vergleiche Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG in der Fassung bis 31.07.2013).

Die Terminsgebühr entsteht für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen. Sie entsteht jedoch nicht für die Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins nur zur Verkündung einer Entscheidung (vergleiche Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG in der Fassung ab 01.08.2013).

Abwesenheit und Fahrtkosten werden gesondert vergütet (Nr. 7003 und 7005 VV RVG - siehe Abschnitt 2.1.2.5).

Terminsgebühr für Besprechungen
Rechtslage bis 31.07.2013Rechtslage ab 01.08.2013

Die Terminsgebühr entsteht für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts; dies gilt nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber (vergleiche Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG).

Eine Besprechung nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG setzt voraus, dass bei der Sachbearbeitung die Bereitschaft vorlag, ein sachbezogenes Gespräch über eine einvernehmliche Beendigung des Verfahrens zu führen. Von einer Besprechung ist auszugehen, wenn der Mitarbeiter sich auf das Gespräch einlässt, indem er den ihm unterbreiteten Vorschlag zur Kenntnis nimmt und dessen Prüfung zusagt. Das Ergebnis der Besprechung ist für das Entstehen der Terminsgebühr ohne Bedeutung. Honoriert werden soll das ernsthafte Bemühen des Prozessbevollmächtigten um einen Abschluss des Verfahrens ohne Beteiligung des Gerichts. Ein Gespräch, das lediglich der Informationsbeschaffung dient, ist nicht ausreichend.

Wird der Inhalt der Erledigungsbesprechung von der Sachbearbeitung bestritten, muss der Prozessbevollmächtigte seine Sachverhaltsdarstellung beweisen.

Einzelfälle

Beschlussverfahren - mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben:

Die Terminsgebühr für Besprechungen soll mündliche Verhandlungen vermeiden helfen. In gerichtlichen Verfahren, die grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, das heißt, eine mündliche Verhandlung ist nicht vorgeschrieben (Beschlussverfahren, zum Beispiel einstweiliger Rechtsschutz), kann eine Terminsgebühr für eine Besprechung im Sinne der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG nicht entstehen (vergleiche BGH, Beschluss vom 01.02.2007, AZ: V ZB 110/06; BGH, Beschluss vom 15.03.2007, AZ: V ZB 170/06, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.05.2010, AZ: L 19 B 286/09 AS; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2010, AZ: L 19 B 395/09 AS; OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.06.2009, AZ: 1 MN 172/08; SG Lüneburg, Beschluss vom 10.05.2007, AZ: S 25 SF 23/07; SG Berlin, Beschluss vom 29.05.2008, AZ: S 18 AS 22602/07 ER).

Die Terminsgebühr entsteht für die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind; dies gilt nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber (vergleiche Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG).

Mit der Neufassung des Absatzes 3 soll klargestellt werden, dass die Terminsgebühr für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete außergerichtliche Besprechungen unabhängig davon entsteht, ob für das gerichtliche Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist (vergleiche BT-Drucksache 17/11471, S. 430).

Ein Termin hat nicht stattgefunden - Fiktive Terminsgebühr
Rechtslage bis 31.07.2013
Nr. 3104 Abs. 1 VV RVG
Die Gebühr entsteht auch, wennAnmerkung

1.

in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder Beteiligten gemäß § 307 oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird,

1. Vergleich

Im Unterschied zu der Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG entsteht diese auch bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs.

2.

nach § 84 Abs. 1 S. 1 VwGO oder § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden wird oder

3.

das Verfahren vor dem Sozialgericht nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet.

3. Anerkenntnis

Hier ist immer das volle Anerkenntnis gemeint, welches den Rechtsstreit erledigt.

Einzelfälle

1. Untätigkeitsklage

Endet die Klage nach Erlass des Bescheides mit der Erledigungserklärung des Klägers, sind die Voraussetzungen für eine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 3 VV RVG nicht erfüllt. Der Erlass des begehrten Bescheides und die Abgabe einer Erledigungserklärung nach § 88 Abs. 1 SGG ist nicht als Anerkenntnis im Sinne von § 101 Abs. 2 SGG zu werten. Durch den Erlass des begehrten Bescheides wird die Erledigung der Hauptsache bewirkt. Damit entfällt das Rechtsschutzbedürfnis der Klage. Durch die Erledigungserklärung des Klägers wird die Klage beendet. Diese Erledigungsart steht einem angenommenen Anerkenntnis nach § 101 SGG nicht gleich.

Beachte:

Von einigen Sozialgerichten und Landessozialgerichten wird die Ansicht vertreten, dass der Erlass des begehrten Bescheides einem Anerkenntnis gleichzustellen ist und damit eine fiktive Terminsgebühr ausgelöst wird.

Aufgrund der Regelung des § 197 Abs. 2 SGG müssen diese Entscheidungen hingenommen werden. Eine höchstrichterliche Entscheidung kann nicht erreicht werden.

2. Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz

Eine fiktive Terminsgebühr kann in diesen Verfahren nicht anfallen, weil eine mündliche Verhandlung nicht zwingend vorgeschrieben ist (§§ 124 Abs. 3, 86b Abs. 4 SGG). Die Voraussetzungen nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 3 VV RVG sind damit nicht erfüllt.

Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift dient die fiktive Terminsgebühr dazu, die Gerichte zu entlasten, in dem unnötige Verhandlungstermine vermieden werden. Diesen Zweck kann die Vorschrift im sozialgerichtlichen Eilverfahren jedoch nicht erfüllen, weil das Gericht auch bei Nichtannahme eines Anerkenntnisses jederzeit ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann.

Beachte:

Von einigen Sozialgerichten und Landessozialgerichten wird die Ansicht vertreten, dass auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine fiktive Terminsgebühr entstehen kann.

Aufgrund der Regelung des § 197 Abs. 2 SGG müssen diese Entscheidungen hingenommen werden. Eine höchstrichterliche Entscheidung kann nicht erreicht werden.

Rechtslage ab 01.08.2013
Nr. 3104 Abs. 1 VV RVG
Die Gebühr entsteht auch, wennAnmerkung

1.

in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder Beteiligten gemäß § 307 oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird,

1. Vergleich

Schriftlicher Vergleich im Sinne der Nummer 1 der Anmerkung zu Nr. 3104 Abs. 1 VV RVG ist nur ein schriftlicher Prozessvergleich im Sinne von § 101 Abs. 1 S. 2 SGG oder § 202 SGG in Verbindung mit § 278 Abs. 6 ZPO (siehe Beschlüsse Bayerisches LSG 22.05.2015, AZ: L 15 SF 115/14 E; 29.11.2016, AZ: L 15 SF 97/16 E; 16.12.2016, AZ: L 15 SF 63/15; LSG Nordrhein-Westfalen 11.03.2015, AZ: L 9 AL 277/14 B; 04.01.2016, AZ: L 10 SB 57/15 B; LSG Niedersachsen-Bremen 20.07.2015, AZ: L 7/14 AS 64/14 B).

2.

nach § 84 Abs. 1 S. 1 VwGO oder § 105 Abs. 1 SGG durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann oder

2. Gerichtsbescheid

Im Fall des Gerichtsbescheids liegt es allein in der Entscheidungsbefugnis des Gerichts, das Verfahren ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu beenden. Die Beteiligten können nur dann eine mündliche Verhandlung beantragen, wenn gegen den Gerichtsbescheid kein Rechtsmittel gegeben ist. Das Entstehen der Terminsgebühr, ohne dass ein Termin stattgefunden hat, ist daher auf diese Fälle beschränkt.

3.

das Verfahren vor dem Sozialgericht, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet.

3. Anerkenntnis

Hier ist immer das volle Anerkenntnis gemeint, welches den Rechtsstreit erledigt.

Einzelfälle

1. Untätigkeitsklage

Hinsichtlich des Meinungsstreits um die fiktive Terminsgebühr bei Untätigkeitsklagen (siehe Rechtslage bis 31.07.2013) hat sich durch die Änderungen zum 01.08.2013 keine Änderung ergeben.

2. Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz

Durch die Änderung wurde klargestellt, dass die fiktive Terminsgebühr davon abhängig ist, dass grundsätzlich eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sein muss. Damit ist nun geregelt, dass eine fiktive Terminsgebühr in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht anfallen kann.

Gebühren für den Ersatz von Auslagen
Nr. 7000 VV RVG Dokumentenpauschale

Die kleinliche Auszählung von Fotokopien sollte unterbleiben. Dem Rechtsanwalt ist ein gewisser Ermessensspielraum zuzugestehen. Dies gilt jedoch nicht, wenn keine Akteneinsicht stattgefunden hat und keine Fotokopien übersandt wurden.

Nicht erstattungsfähig sind nicht notwendige Kopien, die entstanden sind, weil ungesehen - zum Beispiel von der Kanzleikraft - die komplette Akte kopiert wurde.

Nr. 7001 und 7002 VV RVG Entgelte für Post- und Telekommunikations-dienstleistungenDer Rechtsanwalt kann zwischen den tatsächlichen Auslagen nach Nr. 7001 und der Pauschale nach Nr. 7002 wählen. Die Gebühr beschränkt sich in der Regel auf die Pauschale in Höhe von 20 % der Gebühren, höchstens jedoch 20,00 EUR.
Nr. 7003/7004 VV RVG Fahrtkosten

Auswärtiger Anwalt

Die Reisekosten eines Rechtsanwalts, der seinen Kanzleisitz nicht am Ort des Prozessgerichts hat, sind nur insoweit zu ersetzen, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Es ist also zu prüfen, ob nicht ein am Sitz des Gerichtes wohnender Rechtsanwalt hätte zugezogen werden können. Die Zuziehung eines außerhalb des Ortes des Gerichts wohnenden Rechtsanwalts (Kanzleisitz) ist dann angebracht, wenn dort überhaupt kein Rechtsanwalt zugelassen ist oder der örtliche Rechtsanwalt verhindert ist oder aus wichtigem Grund nicht zugezogen werden konnte.

War die Hinzuziehung eines auswärtigen Rechtsanwalts nicht notwendig, können nur die Kosten erstattet werden, die angefallen wären, wenn der Erstattungsberechtigte einen Anwalt beauftragt hätte, der seinen Kanzleisitz am Ort des Gerichts hat.

War die Hinzuziehung eines auswärtigen Rechtsanwalts notwendig, ist jedoch zu prüfen, ob im Einzelfall die Beauftragung eines Terminvertreters günstiger gewesen wäre.

Nr. 7005 VV RVG Tage- und Abwesenheitsgeld

bei einer Geschäftsreise

1. von nicht mehr als 4 Stunden 20,00 EUR

2. von mehr als 4 bis 8 Stunden 35,00 EUR

3. von mehr als 8 Stunden 60,00 EUR

Nr. 7008 VV RVG Umsatzsteuer

1. Höhe der Steuer

Ab 01.01.1993 15 %

Ab 01.04.1998 16 %

Ab 01.01.2007 19 %

Grundsätzlich kommt es bei der Beantwortung der Frage, welcher allgemeine Umsatzsteuersatz anzuwenden ist, auf den Eintritt der Fälligkeit der Vergütung an. Auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung kommt es ebenso wenig an wie auf den Zeitpunkt der Entgeltvereinnahmung oder der Rechnungserteilung.

Nach § 8 RVG ist die Vergütung fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist.

2.Der Beteiligte wohnt im Ausland außerhalb der EU und wird als Privatperson vertreten

Es fällt keine Umsatzsteuer an (§§ 1, 3a Umsatzsteuergesetz - UStG).

Nach § 1 UStG unterliegen Leistungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer. Als sonstige Leistungen sind u.a. auch die Leistungen von Rechtsanwälten, Rechtsbeiständen usw. anzusehen (§ 3 UStG). Ist der Empfänger einer sonstigen Leistung kein Unternehmer und hat seinen Wohnsitz oder Sitz außerhalb des Gebietes der EU, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt (§ 3a Abs. 3 S. 3 UStG).

3. Anwalt in eigener Sache

Es ist zu unterscheiden, ob es sich um ein Innengeschäft oder um ein Außengeschäft handelt. Nur wenn das Klageverfahren eine private Angelegenheit betrifft, kann der Anwalt die Erstattung der Umsatzsteuer verlangen.

Persönliche Aufwendungen des Beteiligten
Persönliches Erscheinen zum Termin

§ 191 SGG gilt nicht in Verfahren nach § 197a SGG (§ 197a Abs. 1 zweiter Halbs. SGG). Damit besteht auch für den Fall der Anordnung des persönlichen Erscheinens kein Anspruch auf Vergütung der Auslagen gegen die Staatskasse.

Beachte:

Handelt es sich um die Aufwendungen für das persönliche Erscheinen des Beigeladenen, gilt § 191 SGG doch (§ 197a Abs. 2 S. 3 SGG).

Auch wenn der Beteiligte einen Prozessbevollmächtigten hat und das persönliche Erscheinen zum Termin nicht angeordnet war, sind die Auslagen für das persönliche Erscheinen zum Termin als notwendige Aufwendungen nach § 197a SGG in Verbindung mit § 162 Abs. 1 VwGO erstattungsfähig, denn als Ausfluss des Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) hat ein Beteiligter das Recht, an Beweisaufnahme- und Verhandlungsterminen teilzunehmen. Es ist grundsätzlich sachdienlich und fördert die Erörterung des Sach- und Streitstandes, wenn die Beteiligten ihre Sache in der mündlichen Verhandlung persönlich vertreten.

Nach § 202 S. 1 SGG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO gelten hinsichtlich Umfang und Höhe der Aufwandsentschädigung die Bestimmungen über die Zeugenentschädigung nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG).

Informationsreise zum Rechtsanwalt

In der Regel ist für jede Instanz eine Informationsreise zum Prozessbevollmächtigten als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzusehen. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass ein schriftlicher oder telefonischer Austausch ausreichend ist.

Die Fahrtkosten werden gemäß § 202 S. 1 SGG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO nach den Bestimmungen über die Zeugenentschädigung nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) berechnet.

Dem Beteiligten ist Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt worden

Rechtsgrundlage für die Prozesskostenhilfe ist in der Sozialgerichtsbarkeit der § 73a SGG. Nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die PKH entsprechend.

Hinsichtlich der Vergütung des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts gelten die §§ 45 bis 59 RVG.

Dem Anwalt steht ein Wahlrecht zu, die Erstattung seiner Kosten vom Gegner oder aus der Staatskasse zu verlangen.

Im Zusammenhang mit der Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren sind folgende Verfahren zu unterscheiden:

Festsetzung der Vergütung des Rechtsanwalts aus der Staatskasse (§ 55 RVG)An dem Verfahren über die Festsetzung der Vergütung nach § 55 RVG ist der erstattungspflichtige Rentenversicherungsträger nicht beteiligt.
Übergang des Erstattungsanspruchs auf die Staatskasse (§ 59 RVG)

Hat die Staatskasse an den Rechtsanwalt bereits gezahlt (das gilt auch für einen gezahlten Vorschuss), geht mit der Befriedigung des Rechtsanwalts der Erstattungsanspruch gegen den Rentenversicherungsträger nach § 59 RVG auf die Staatskasse über. An dem Verfahren nach § 59 RVG sind nur der Rentenversicherungsträger und die Staatskasse beteiligt.

Es gelten die Vorschriften über die Einziehung der Gerichtskosten sinngemäß. Das heißt, dass die Gerichtskasse den Betrag im Verwaltungszwangsverfahren beziehungsweise nach der Justizbeitreibungsordnung beitreiben kann. Aus der Kostennachricht der Gerichtskasse nach § 59 RVG sollte sich die dem Rechtsanwalt gezahlte Vergütung ergeben. Einwendungen gegen die Kostennachricht sind als Erinnerung nach § 66 GKG vorzubringen. Dabei können alle Einwände vorgebracht werden, die der Rentenversicherungsträger auch dem Rechtsanwalt gegenüber im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 SGG vorbringen würde. Der Streit über die Anwendung der richtigen Gebührensätze ist nicht auf das Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 SGG beschränkt. Der Streit kann auch im Verfahren nach § 59 RVG ausgetragen werden.

Die Erinnerung nach § 66 GKG ist an keine Frist gebunden. Sie wird auch nicht durch die Zahlung unzulässig (vergleiche Hartmann Kostengesetze, 45. Auflage, § 66 GKG, Rn 15).

Hinsichtlich der Forderung der Staatskasse ist das Gebot der Deckungsgleichheit zu beachten.

Beispiel Deckungsgleichheit:

Enthält der Erstattungsanspruch, den der Rechtsanwalt dem Rentenversicherungsträger gegenüber geltend macht (sogenannte Wahlanwaltsvergütung), einen Anspruch auf die Erstattung für das Widerspruchsverfahren und der Anspruch auf Forderungsübergang der Staatskasse bezieht sich nur auf die Kosten des Klageverfahrens, geht der Betrag für das Widerspruchsverfahren nicht auf die Staatskasse über.

Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung zwischen den Beteiligten (§§ 197, 197a SGG)

Der Anwalt hat die Wahl, seine Kosten im Namen seines Mandanten oder im eigenen Namen vom Gegner zu verlangen (§ 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 126 ZPO).

Im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 SGG ist die Staatskasse nicht beteiligt.

Eine Vermengung der Verfahren ist angesichts der unterschiedlichen Verfahrensbeteiligten und Zuständigkeiten nicht zulässig.

Beteiligter wird durch eine sonstige Person vertreten

Wird der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten vertreten, der kein Rechtsanwalt und kein Verbandsvertreter ist und der auch keine Befugnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz hat, werden nur die notwendigen Aufwendungen des Bevollmächtigten wie Porto, Telefonkosten, Fotokopien etc. erstattet.

Kostenerstattungsantrag, obwohl gegen die gerichtliche Entscheidung Rechtsmittel eingelegt wurde

Ist die Kostengrundentscheidung nicht rechtskräftig, weil gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wurde, ist zu prüfen, ob das Rechtsmittel aufschiebende Wirkung hat. Hierzu wird auf die §§ 154, 165 SGG verwiesen.

Hat das Rechtsmittel gegen die Hauptsacheentscheidung aufschiebende Wirkung oder ist die Aussetzung der Vollstreckung nach § 199 Abs. 2 SGG angeordnet, kann keine wirksame Kostenfestsetzung erfolgen.

Gerichtskosten

Bei einem Klageverfahren, bei dem keine nach § 183 SGG kostenmäßig privilegierte Person als Kläger oder Beklagter beteiligt ist, werden Gerichtskosten nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) erhoben (§ 197a SGG, § 1 Abs. 2 Nr. 3 GKG).

Beachte:

Das Gerichtskostengesetz vom 05.05.2004 (BGBl. I S. 718) hat das Gerichtskostengesetz vom 15.12.1975 (BGBl. I S. 3047) abgelöst. Im neuen Gerichtskostengesetz von 2004 hat sich die Nummerierung der Paragraphen erheblich verändert.

In Bezug auf die Gerichtskosten ist zu unterscheiden zwischen dem Verfahren zur Forderung der Gerichtskosten durch die Gerichtskasse nach dem GKG (siehe Abschnitte 2.2.3 und 2.2.4) und dem Anspruch auf Erstattung bereits gezahlter Gerichtskosten gegenüber dem Prozessgegner (siehe Abschnitt 2.2.5).

Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstandes (siehe Abschnitt 2.2.2) und werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum GKG erhoben (§§ 3, 34 GKG).

Die Gebührenregelungen für Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit befinden sich in Teil 7 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (KV GKG).

Fälligkeit der Gerichtskosten

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 GKG wird die Verfahrensgebühr bei der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift fällig. Die gerichtliche Tätigkeit ist aber - anders als in Verfahren nach der ZPO - nicht von der Zahlung der Kosten abhängig (vergleiche §§ 10, 12 GKG).

Festsetzung des Streitwerts

  • Das Gericht setzt nach Eingang ohne Anhörung der Beteiligten einen vorläufigen Streitwert durch Beschluss fest (§ 63 Abs. 1 GKG). Eine Beschwerde gegen diesen Beschluss ist nicht zulässig.
    Ein Beschluss ist nicht erforderlich, wenn Gegenstand des Verfahrens eine bestimmte Geldsumme ist.
  • Im Zuge der abschließenden Entscheidung des Verfahrens wird vom Gericht nach Anhörung der Beteiligten zum Streitwert eine endgültige Streitwertfestsetzung getroffen (§ 63 Abs. 2 GKG). Der Streitwertbeschluss ist mit der Beschwerde anfechtbar, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde im Beschluss wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen worden ist (§ 68 Abs. 1 GKG).

Die Kostenrechnung

Auf der Grundlage des vorläufig festgestellten Streitwertes erhält der Kläger eine Kostenrechnung. Bei der Kostenrechnung des Kostenbeamten handelt es sich um den sogenannten Kostenansatz (§ 19 GKG, § 4 Kostenverfügung).

Beachte:

Die Kostenverfügung ist eine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des GKG. Sie hat keine Gesetzeskraft und bewirkt nur eine Selbstbindung der Verwaltung.

Die Kostenrechnung ist ein (Justiz-) Verwaltungsakt (vergleiche BVerwG, Beschluss vom 27.04.2016, 5 KSt 1.16), gegen den nach § 66 GKG Erinnerung eingelegt werden kann. Die Einziehung erfolgt nach der Justizbeitreibungsordnung (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 JBeitrO, siehe Abschnitt 2.2.4).

Wer am Ende tatsächlich die Kosten trägt, hängt vom Ausgang des Verfahrens beziehungsweise der dabei richterlich zu treffenden Kostengrundentscheidung ab.

Vollstreckbarkeit der Gerichtskosten

Die Gerichtskosten können vollstreckt werden, wenn sie fällig sind. In der Regel soll der Vollstreckungsschuldner vor Beginn zur Leistung innerhalb von zwei Wochen schriftlich aufgefordert und nach vergeblichem Ablauf der Frist besonders gemahnt werden (§ 5 Justizbeitreibungsordnung). Zustellungen sind nur erforderlich, soweit dies besonders bestimmt ist (§ 3 Justizbeitreibungsordnung).

Kostenhaftung

Die Kostenhaftung ergibt sich durch den Umfang der Auferlegung oder der Übernahme. Die Kostengrundentscheidung muss wirksam, das heißt mitgeteilt worden sein. Die Rechtkraft der Entscheidung ist nicht erforderlich.

Es ist zu unterscheiden zwischen:

Anmerkung

1.

Antragsteller (Veranlasser)

In den Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit schuldet die Kosten, wer das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat (§ 22 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 3 GKG).

Mehrere Kostenschuldner haften der Staatskasse gegenüber als Gesamtschuldner (§ 31 Abs. 1 GKG). Wann der Antragsteller in Anspruch genommen wird, regelt § 31 GKG. Der Antragsteller haftet erst als Zweitschuldner (§ 31 Abs. 2 GKG).

Der Kostenbeamte bestimmt nach pflichtgemäßem Ermessen (§§ 7 und 8 Kostenverfügung) die Beanspruchung der Gesamtschuldner.

Hat der Rentenversicherungsträger zu Beginn des Verfahrens Gerichtskosten gezahlt und ist er am Ende des Verfahrens weder Entscheidungs- noch Übernahmeschuldner, haftet der Rentenversicherungsträger der Gerichtskasse gegenüber weiter für die Gerichtskosten. Aber nicht mehr als Erstschuldner, sondern als Zweitschuldner.

Die Gerichtskasse ist daher nicht verpflichtet dem Rentenversicherungsträger als Antragsteller die Kosten zu erstatten und diese anschließend vom Entscheidungs- oder Übernahmeschuldner zu fordern. Die Gerichtskasse erteilt auf Antrag eine Schlusskostenrechnung.

Ausnahme:

Dem Entscheidungsschuldner ist PKH bewilligt worden.

Soweit einem Kostenschuldner, der als Entscheidungsschuldner haftet, PKH bewilligt worden ist, darf die Haftung eines anderen Kostenschuldners nicht geltend gemacht werden; von diesem bereits erhobene Kosten sind zurückzuzahlen (§ 31 Abs. 3 GKG).

Daraus folgt:

Der Rentenversicherungsträger hat einen Erstattungsanspruch gegen den Gegner (§ 426 BGB). Um diesen durchsetzen zu können, kann Kostenfestsetzung nach § 197 SGG beantragt werden um einen vollstreckbaren Titel (§ 199 Abs. 1 Nr. 4 SGG) zu erhalten.

2.

Entscheidungsschuldner

Die Kosten schuldet ferner, wem durch gerichtliche Entscheidung die Kosten des Verfahrens auferlegt sind (§ 29 Nr. 1 GKG).

Der Entscheidungsschuldner tritt zum Antragsteller als Kostenschuldner hinzu. Mehrere Kostenschuldner haften der Staatskasse gegenüber als Gesamtschuldner (§ 31 Abs. 1 GKG). Der Entscheidungsschuldner haftet der Staatskasse gegenüber als Erstschuldner (§ 31 Abs. 2 S. 1 GKG).

Beachte:

Erlöschen der Zahlungspflicht

Die durch gerichtliche Entscheidung begründete Verpflichtung zur Zahlung von Kosten erlischt, soweit die Entscheidung durch eine andere gerichtliche Entscheidung aufgehoben oder abgeändert wird. Soweit die Verpflichtung nur auf der aufgehobenen Entscheidung beruht hat, werden bereits gezahlte Kosten zurückerstattet (§ 30 GKG). Eine Verrechnung auf die Kostenschuld des Gegners ist nicht möglich.

Beispiel:

Der Rentenversicherungsträger ist aufgrund eines Urteils der I. Instanz Entscheidungsschuldner und zahlt nach Aufforderung die Gerichtskosten an die Gerichtskasse. Nach dem Urteil der II. Instanz werden die Kosten insgesamt dem Gegner auferlegt.

Lösung: Das Gericht muss dem Rentenversicherungsträger die Gerichtskosten der I. Instanz nach § 30 GKG erstatten, denn der Rentenversicherungsträger schuldet diese nur als Entscheidungsschuldner.

3.

Übernahmeschuldner

Die Kosten schuldet ferner, wer sie durch eine Erklärung oder durch Vergleich übernommen hat (§ 29 Nr. 2 GKG).

Der Übernahmeschuldner tritt zum Antragsteller als Kostenschuldner hinzu. Mehrere Kostenschuldner haften der Staatskasse gegenüber als Gesamtschuldner (§ 31 Abs. 1 GKG). Der Übernahmeschuldner haftet der Staatskasse gegenüber als Erstschuldner (§ 31 Abs. 2 S. 1 GKG).

Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24.11.2011 (BGBl. I S. 2302)

Inkrafttreten: 03.12.2011

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 17/3802 und BR-Drucksache 540/10

6. SGGÄndG vom 17.08.2001 (BGBl. I S. 2144)

Inkrafttreten: 02.01.2002

Quelle zum Entwurf: BR-Drucksache 132/01

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 197a SGG