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§ 2 BerRehaG: Verfolgungszeit

Änderungsdienst
veröffentlicht am

08.06.2020

Änderung

Redaktionell überarbeitet

Dokumentdaten
Stand26.05.2020
Erstellungsgrundlage in der Fassung des 2. SED-UnBerG vom 23.06.1994 in Kraft getreten am 01.07.1994
Rechtsgrundlage

§ 2 BerRehaG

Version002.00

Inhalt der Regelung

Die Vorschrift definiert in Absatz 1 den Begriff der Verfolgungszeit.

Absatz 2 regelt, dass die Zeit, während derer die oder der Verfolgte ein Mitverschulden an der beruflichen Benachteiligung zu vertreten hat, keine Verfolgungszeit ist.

Die Feststellung der Verfolgungszeit obliegt allein der Rehabilitierungsbehörde (vergleiche §§ 17, 22 BerRehaG).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Die allgemein anzuwendenden Vorschriften des SGB VI und des AAÜG, das Übergangsrecht nach Art. 2 RÜG sowie das am 31.12.1991 im Beitrittsgebiet geltende Recht werden durch die im Vierten Abschnitt des BerRehaG zusammengefassten Regelungen über den rentenrechtlichen Nachteilsausgleich ergänzt.

Allgemeines

Ein berufliches Rehabilitierungsverfahren wird von den Rehabilitierungsbehörden außer in Fällen zu Unrecht erlittener Haft nur durchgeführt, wenn eine politisch verfolgte Person einem Berufsverbot ausgesetzt war oder die berufliche Stellung nach dem verfolgungsbedingten Eingriff in den Beruf oder aufgrund des Eingriffs in die Berufsausbildung nicht (mehr) sozial gleichwertig war.

Die Rehabilitierungsbehörde hat ihre Entscheidung dabei wertfrei, das heißt ohne Beachtung der rentenrechtlichen Konsequenzen zu treffen.

Die Rentenversicherungsträger prüfen anschließend, ob und inwieweit sich die von der Rehabilitierungsbehörde getroffenen Feststellungen rentenrechtlich auswirken (§§ 10 bis 16 BerRehaG).

Bei Eintritt des Leistungsfalls ist im Wege der Vergleichsrentenberechnung zu prüfen, ob die unter Berücksichtigung der Verfolgungszeit ermittelte Rente günstiger ist als die nach den allgemein anzuwendenden Vorschriften berechnete Rente. Fällt die Gegenüberstellung negativ aus, verbleibt es bei der bisherigen Rente ohne dass aufgrund der Rehabilitierung zusätzliche rentenrechtliche Zeiten angerechnet werden.

Antragstellung und Rehabilitierungsbescheinigung

Antragsberechtigt sind der Verfolgte selbst und seine Hinterbliebenen. Der Antrag ist schriftlich bei der Rehabilitierungsbehörde zu stellen (§ 20 BerRehaG).

Mit dem „Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR und zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes“ vom 22. November 2019, BGBl. I, S. 1752, wurden die Rehabilitierungsgesetze entfristet. Seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes am 29. November 2019 ist (auch) die Antragstellung nach dem BerRehaG nicht mehr an eine Frist gebunden.

Soweit zunächst eine andere Entscheidung nach § 1 Abs. 2 BerRehaG (zum Beispiel Erteilen einer Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG) vorauszugehen hat, kann der Antrag bei der zuständigen Rehabilitierungsbehörde erst im Anschluss daran gestellt werden (§ 20 BerRehaG in Verbindung mit § 17 Abs. 1 BerRehaG).

Die Zuständigkeit der in den Ländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen errichteten Rehabilitierungsbehörden richtet sich grundsätzlich danach, von wessen Gebiet die Verfolgungsmaßnahme ausgegangen ist.

Die Rehabilitierungsbehörde erstellt bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Bescheinigung nach §§ 17, 22 BerRehaG.

Die Rehabilitierungsbescheinigung geht ausschließlich der antragstellenden Person zu. Sie soll von der oder dem Verfolgten oder von den Hinterbliebenen dem zuständigen Rentenversicherungsträger vorgelegt werden.

Beachte:

Sogenannte „vorläufige“ Rehabilitierungsbescheinigungen sind für die Rentenversicherung ohne Bedeutung. Für Zwecke der Rentenversicherung werden keine vorläufigen Bescheinigungen ausgestellt (§ 18 BerRehaG).

Verfahren der Rentenversicherungsträger

Die Rentenversicherungsträger sind an die Feststellungen in der Rehabilitierungsbescheinigung nach § 22 Abs. 3 BerRehaG gebunden. Eine Überprüfung der Entscheidung der Rehabilitierungsbehörde hat grundsätzlich nicht zu erfolgen. Allenfalls im Einzelfall bittet der Rentenversicherungsträger die Rehabilitierungsbehörde um Überprüfung der Entscheidung, wenn die Rehabilitierungsbescheinigung unzutreffende Feststellungen enthält oder für die Umsetzung zwingend erforderliche Angaben fehlen.

Die Rentenversicherungsträger haben auf der Grundlage der Rehabilitierungsbescheinigung zu entscheiden, ob die Verfolgungszeit als Pflichtbeitragszeit nach § 11 BerRehaG zu berücksichtigen ist. Diese Entscheidung soll als zweite Stufe des Rehabilitierungsverfahrens im Zuge der Prüfung des Nachteilsausgleichs in der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar im Anschluss an die Entscheidung der Rehabilitierungsbehörde (erste Stufe des Rehabilitierungsverfahrens) und nicht erst anlässlich eines späteren Kontoklärungs- beziehungsweise Rentenfeststellungsverfahrens getroffen werden.

Beachte:

Trifft die Rehabilitierungsbehörde (auch) Entscheidungen zu Kindererziehungszeiten nach § 11a BerRehaG, prüft der Rentenversicherungsträger, ob und in welchem Umfang Kindererziehungszeiten, Berücksichtigungszeiten oder Zuschläge für Kindererziehung zu berücksichtigen sind (vergleiche dazu GRA zu § 11a BerRehaG).

Begriff des Verfolgten

Verfolgter ist, wer im Beitrittsgebiet durch eine der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BerRehaG genannten Verfolgungsmaßnahmen zumindest zeitweilig seinen bisher ausgeübten, begonnenen, erlernten oder durch den Beginn einer berufsbezogenen Ausbildung nachweisbar angestrebten Beruf nicht beziehungsweise keinen sozial gleichwertigen Beruf ausüben konnte. Die Verfolgungsmaßnahme muss zu einer erheblichen beruflichen Benachteiligung, das heißt zu einem spürbaren beruflichen Abstieg geführt haben. So kann die im Zuge einer politischen Verfolgung vorgenommene Umsetzung eines Facharbeiters auf einen Hilfsarbeiterposten auch ohne nennenswerte Einkommenseinbuße die Verfolgteneigenschaft begründen.

Für die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der Verfolgten im Sinne von § 1 BerRehaG ist die jeweilige Rehabilitierungsbehörde zuständig.

Verfolgungsmaßnahmen sind in der Zeit vom 08.05.1945 bis zum 02.10.1990

a)

zu Unrecht erlittene Freiheitsentziehung aufgrund

  • der nach §§ 1 und 2 StrRehaG aufgehobenen Entscheidungen,
  • der nach dem DDR-Rehabilitierungsgesetz vom 06.09.1990 (GBl. I, S. 1459) aufgehobenen Maßnahmen,
  • von im sogenannten Kassationsverfahren beseitigten Urteilen,
b)nach § 10 Abs. 4 HHG bescheinigter Gewahrsam,
c)rechtsstaatswidrige Verwaltungsentscheidungen im Sinne des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (VwRehaG),
d)andere politische Verfolgungsmaßnahmen (zum Beispiel „arbeitsrechtliche“ Eingriffe wie etwa Herabstufung oder Kündigung)

im Beitrittsgebiet.

Die Zeit einer zu Unrecht erlittenen Freiheitsentziehung muss in einem Rehabilitierungs- oder Kassationsverfahren oder die Zeit eines Gewahrsams in einer Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG festgestellt oder die Aufhebung oder Feststellung der Rechtsstaatswidrigkeit der Maßnahme nach dem VwRehaG erfolgt sein. Ob Kündigungen und Herabstufungen im Beruf zu einer erheblichen beruflichen Benachteiligung geführt haben, entscheidet die Rehabilitierungsbehörde.

Für die Feststellung der Verfolgteneigenschaft reicht es aus, dass die Verfolgungsmaßnahme vom Beitrittsgebiet ausgegangen ist. Wohnsitz, Aufenthaltsort beziehungsweise Ort der Berufsausübung des oder der Verfolgten müssen nicht im Beitrittsgebiet gelegen haben.

Beachte:

Für die Anrechnung und Berücksichtigung einer Kindererziehung nimmt § 11a BerRehaG teilweise auf den Begriff des oder der Verfolgten nach § 1 BerRehaG Bezug (vergleiche dazu GRA zu § 11a BerRehaG).

„Bisheriger Beruf“

Das BerRehaG sieht die Rehabilitierung für Eingriffe in den Beruf vor.

Unter „bisheriger Beruf“ im Sinne von § 2 BerRehaG ist grundsätzlich nur der unmittelbar vor Beginn der Verfolgung ausgeübte Beruf zu verstehen.

Als „bisheriger Beruf“ kann auch der frühere Beruf angesehen werden, wenn im Falle des Verlassens des Beitrittsgebiets (zum Beispiel bei Flucht) und späterer Verhaftung nach Rückkehr ins Beitrittsgebiet ein ursächlicher Zusammenhang besteht.

Das gilt auch im Falle einer vorübergehenden Unterbrechung der Berufstätigkeit (zum Beispiel wegen Kindererziehung). Als „bisheriger Beruf“ gilt jedoch nicht die Tätigkeit einer Hausfrau.

Berufsbezogene Ausbildung

Bei Eingriffen in die Ausbildung, die der politischen Verfolgung dienten, kommt es darauf an, ob es sich um eine berufsbezogene Ausbildung gehandelt hat. Voraussetzung ist deshalb, dass eine Berufsausbildung oder ein Studium an einer Fach- oder Hochschule zum Zeitpunkt der Verfolgungsmaßnahme bereits begonnen hat. Als Beginn einer berufsbezogenen Ausbildung ist auch der Abschluss eines Lehrvertrages, die Zulassung zum Studium durch die Fach- oder Hochschule beziehungsweise die Delegierung zum Studium durch den Betrieb anzusehen. Dagegen reicht die Bewerbung allein nicht aus, den Beginn einer berufsbezogenen Ausbildung zu belegen.

Schüler und Schülerinnen, denen aufgrund politischer Verfolgung die Zulassung zur Abiturstufe, das Abitur oder die Zulassung zu einer Fach- oder Hochschule verweigert wurde, haben keinen Anspruch auf einen rentenrechtlichen Nachteilsausgleich nach dem BerRehaG. Bescheinigungen der Rehabilitierungsbehörde nach § 17 BerRehaG in Verbindung mit § 22 Abs. 2 BerRehaG für verfolgte Schüler im Sinne von § 3 BerRehaG führen nicht zu einer Vergleichsrentenberechnung, sondern zur Anwendung von § 12 Abs. 2 BerRehaG bei der Rentenberechnung aus der tatsächlichen Versichertenbiografie. Danach sind die Ausbildungszeiten als Anrechnungszeiten unter bestimmten Voraussetzungen bis zum Doppelten der allgemein geltenden Höchstdauer anzuerkennen. Sofern verfolgte Schüler verfolgungsbedingt inhaftiert waren, ist diese Zeit gegebenenfalls Ersatzzeit im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr. 5, 5a SGB VI.

Beachte:

Der Besuch der Arbeiter- und Bauernfakultäten (ABF) an den Universitäten und Hochschulen zum Erwerb der Hochschulreife kann berufsbezogene Ausbildung sein, wenn der Besuch der ABF bereits Teil eines Fachstudiums war.

Verfolgungszeit

Verfolgungszeit ist die von der Rehabilitierungsbehörde festgestellte Zeit

  • einer zu Unrecht erlittenen Freiheitsentziehung oder eines zu Unrecht erlittenen Gewahrsams,
  • eines Berufsverbots,
  • eines verfolgungsbedingten Minderverdienstes

im Beitrittsgebiet.

Beachte:

Für die Anrechnung und Berücksichtigung einer Kindererziehung nimmt § 11a BerRehaG auf § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BerRehaG Bezug (vergleiche dazu GRA zu § 11a BerRehaG).

Zeiten einer zu Unrecht erlittenen Freiheitsentziehung oder eines Gewahrsams sind im tatsächlichen Versicherungsverlauf regelmäßig nach § 250 Abs. 1 Nr. 5 oder 5a SGB VI als Ersatzzeiten anzurechnen, wobei es hierfür einer Rehabilitierungsbescheinigung nicht bedarf. Dennoch kann die rentenrechtliche Bewertung der Haftzeiten als Verfolgungszeiten im Rahmen des BerRehaG für den Betroffenen günstiger sein. Bei aus politischen Gründen inhaftierten Westdeutschen ist regelmäßig nur die Haftzeit Verfolgungszeit.

Verfolgungszeit ist die Zeit, in der die verfolgte Person ihren „bisherigen“ (konkreten) Beruf verfolgungsbedingt nicht ausüben konnte. Einbezogen sind auch berufliche Repressalien von Betrieben oder DDR-Organen gegen Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen. Verfolgungszeit ist dabei nur die Zeit, in der der Beruf (zum Beispiel als Lehrer) tatsächlich nicht ausgeübt werden konnte. „Minderverdienste“ wegen - verfolgungsbedingt - fehlender Dienstjahre führen nicht zur Verlängerung der Verfolgungszeit. Verfolgungszeit ist ferner die Zeit, in der die verfolgte Person eine durch Beginn einer berufsbezogenen Ausbildung nachweisbar angestrebte Erwerbstätigkeit nicht ausüben konnte.

Sofern wegen Verfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet eine die Versicherungs- und Beitragspflicht begründende Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit im Ausland (zum Beispiel Schweiz) nicht ausgeübt werden konnte, liegen Verfolgungszeiten im Sinne des BerRehaG nicht vor. Der Nachteilsausgleich kommt grundsätzlich nur für Beschäftigungen oder selbständige Tätigkeiten in Betracht, die im Inland (Bundesrepublik Deutschland einschließlich Beitrittsgebiet) ausgeübt worden wären, wenn die Verfolgungsmaßnahme nicht stattgefunden hätte.

Zweitbeschäftigung

Eine im Verfolgungszeitraum tatsächlich ausgeübte Zweitbeschäftigung (zum Beispiel als Musiker) kann ausnahmsweise unter bestimmten Bedingungen auch im Rahmen des Nachteilsausgleichs zu berücksichtigen sein. Folgende Fallgestaltungen sind zu unterscheiden:

  • Wurde allein in die Hauptbeschäftigung eingegriffen und ist nur diese von der Rehabilitierungsbehörde rehabilitiert worden, ist die nicht rehabilitierte Zweitbeschäftigung vom Rentenversicherungsträger bei der Vergleichsrentenberechnung zusätzlich mit anzurechnen. Die Zweitbeschäftigung wird dabei mit den tatsächlichen Entgelten berücksichtigt.
  • Wurde allein zum Ausgleich eines verfolgungsbedingten Minderverdienstes eine zusätzliche Beschäftigung ausgeübt, ist diese Zweitbeschäftigung für den Nachteilsausgleich weder vom Rentenversicherungsträger zusätzlich zu berücksichtigen noch von der Rehabilitierungsbehörde zu rehabilitieren.

Zur Bewertung im Einzelnen siehe GRA zu § 13 BerRehaG, Abschnitte 2.1 und 2.2.

Teilzeitbeschäftigung

In den Fällen, in denen verfolgungsbedingt lediglich eine Teilzeitbeschäftigung beziehungsweise Nebentätigkeit nicht ausgeübt werden konnte, können die sich aus den maßgebenden Anlagen ergebenden Tabellenentgelte im Rahmen des Nachteilsausgleichs für die Verfolgungszeit nur in dem Verhältnis berücksichtigt werden, wie die fiktiv geleistete Arbeitszeit zur üblichen Arbeitszeit gestanden hätte (siehe GRA zu § 13 BerRehaG, Abschnitte 2.1 und 2.2).

Teilzeiträume

Für Verfolgungszeiten, die sich nicht über ein gesamtes Kalenderjahr erstreckt haben, sind die nach § 13 Abs. 1 bis 3 BerRehaG ermittelten Beitragsbemessungsgrundlagen anteilig zugrunde zu legen (siehe GRA zu § 13 BerRehaG, Abschnitt 4).

Kleinstzeiträume

Bei verfolgten Personen, die haftbedingte Gesundheitsschäden erlitten haben, endet die Verfolgungszeit nicht mit der Aufnahme der bisherigen Erwerbstätigkeit, wenn die verfolgte Person ihre Erwerbstätigkeit aus diesem Grund häufig unterbrechen musste. Haftbedingte Krankheitszeiten sind von den Rehabilitierungsbehörden jedoch nicht taggenau als weitere Verfolgungszeiten auszuweisen, sondern zu längeren Verfolgungszeiten zusammenzufassen.

Bei Selbständigen und freiberuflich Tätigen, die in diesen Zeiten ihrer Tätigkeit nicht nachgehen konnten, sind die verfolgungsbedingten Krankheitszeiten mit Rücksicht auf die Beitragszahlung zur Sozialversicherung gegebenenfalls jahresweise als gesonderte Verfolgungszeiten auszuweisen.

Beginn der Verfolgungszeit

Die Verfolgungszeit beginnt grundsätzlich mit dem Tag, an dem der politische Eingriff in den Beruf oder in eine berufsbezogene Ausbildung erfolgt ist (zum Beispiel Verhaftung, Verweisung von der Hochschule, Entzug der Gewerbeerlaubnis). Sie beginnt frühestens am 08.05.1945.

Beachte:

Für Verfolgungszeiten wegen verhinderter Kindererziehung im Sinne von § 11a BerRehaG wird auf die Ausführungen in der GRA zu § 11a BerRehaG, Abschn. 2 ff. verwiesen.

Abbruch der Lehre

Ist verfolgungsbedingt eine Lehre abgebrochen oder unterbrochen worden, beginnt die Verfolgungszeit mit Ausnahme von Haftzeiten und Zeiten verfolgungsbedingter Arbeitslosigkeit regelmäßig erst vom Zeitpunkt des fiktiven Ausbildungsendes an. Als „fiktives Ausbildungsende“ ist dabei der Zeitpunkt anzusehen, zu dem die Ausbildung bei Wegdenken der Verfolgung regelmäßig abgeschlossen worden wäre. Zeiten, in denen nach Abbruch der Lehre eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt worden ist, werden bis zum fiktiven Ausbildungsende von den Rehabilitierungsbehörden nicht als Verfolgungszeit festgestellt, weil insoweit kein rentenrechtlicher Nachteil vorliegt.

Die dem angestrebten Beruf zugeordnete Verfolgungszeit wird daher von der Rehabilitierungsbehörde erst vom Zeitpunkt des fiktiven Lehrausbildungsendes an festgestellt.

Abbruch des Studiums

Für verfolgte Personen, die verfolgungsbedingt ein Studium abbrechen mussten und die Ausbildung erst nach einer Zeit der beruflichen Bewährung in der Produktion wieder aufnehmen und dann abschließen konnten, beginnt die Verfolgungszeit regelmäßig nicht mit der Exmatrikulation (Abbruch des Studiums), sondern mit dem Zeitpunkt, zu dem das begonnene Studium regelmäßig abgeschlossen worden wäre (fiktives Ausbildungsende).

Eine eventuelle Haftzeit im Anschluss an das noch nicht beendete Studium (nach der Exmatrikulation) ist jedoch Verfolgungszeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 BerRehaG. Das gilt auch für Zeiten, in denen der oder die Betroffene aus Verfolgungsgründen jedwede Tätigkeit nicht ausüben konnte.

Bei Studierenden, die nach Abbruch des Studiums nicht in ihrem erlernten Beruf (zum Beispiel bei „Facharbeiter“ mit Abitur) tätig sein durften, ist auch die Zeit von der Exmatrikulation bis zum fiktiven Ausbildungsende Verfolgungszeit. Sie wird bis zum fiktiven Ende des Studiums dem erlernten Beruf zugeordnet.

Eingriff in den Beruf

Die Verfolgungszeit beginnt bei Eingriffen in den Beruf mit dem Zeitpunkt, in dem die Verfolgungsmaßnahme wirksam geworden ist (zum Beispiel Tag der Entlassung, Degradierung, Herabstufung). Sie beginnt in Fällen, in denen nach Abschluss des Arbeitsvertrages die tatsächliche Arbeitsaufnahme verweigert worden ist, mit dem vertraglichen Beginn der Beschäftigung.

Ende der Verfolgungszeit

Die Verfolgungszeit endet grundsätzlich mit dem Zeitpunkt, in dem die oder der Betroffene wieder im alten (bisherigen) Beruf tätig war oder eine andere, aber sozial gleichwertige Tätigkeit ausüben konnte. Sie endet ferner mit Aufnahme der angestrebten Tätigkeit. Ist der Beruf oder die Berufsausbildung nicht wieder aufgenommen worden, endet die Verfolgungszeit spätestens mit Ablauf des 02.10.1990 beziehungsweise mit dem Verlassen des Beitrittsgebiets. Sie kann in Fällen der Inhaftierung auch über den 02.10.1990 hinaus andauern.

  • Sozial gleichwertiger Beruf
    Ist der bisherige Beruf nicht wieder aufgenommen worden, endet die Verfolgungszeit zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Verfolgte sich im neuen, sozial mindestens gleichwertigen Beruf so eingerichtet hat, dass er oder sie den „bisherigen“ Beruf nicht mehr ausüben würde. Für die Frage, ob der neue Beruf „sozial gleichwertig“ war, ist vorrangig auf das tatsächliche Einkommen abzustellen. Als zusätzliche Kriterien können zum Beispiel auch ein geringeres Sozialprestige oder der Verlust von Ansprüchen aus Zusatz- oder Sonderversorgungssystemen angesehen werden, wenn die Rehabilitierungsbehörde feststellt, dass die oder der Betroffene sonst einen evidenten Nachteil hätte.
  • Bezug von Invaliden- und Altersrente
    Die Verfolgungszeit wird entsprechend den tatsächlichen Folgen der Verfolgungsmaßnahme und dem Verlauf des Berufslebens gegebenenfalls bis zum Erreichen des regelmäßigen Rentenalters (bei Frauen 60. Lebensjahr; bei Männern 65. Lebensjahr) festgesetzt. Dies gilt auch dann, wenn infolge verfolgungsbedingten Gesundheitsschadens Invalidenrente gezahlt worden ist. Verfolgungszeiten liegen auch dann vor, wenn neben dem Bezug einer verfolgungsunabhängigen Invalidenrente eine Beschäftigung im Lohndrittel ausgeübt wurde und sich dieses Lohndrittel an dem während der Verfolgung erzielten Minderverdienst orientierte.
    Die anerkannten Verfolgungszeiten vom Beginn der Invalidenrente bis zum regelmäßigen Rentenalter können erst bei der Altersrente beziehungsweise bei einer Rente wegen Todes berücksichtigt werden.
  • Tod vor Erreichen der Altersgrenze
    Verfolgungszeit ist die Zeit, in der der oder die Verfolgte tatsächlich gelebt hat. Die Verfolgungszeit kann in diesen Fällen nicht bis zum Erreichen der allgemeinen Rentenaltersgrenze fiktiv verlängert werden. Das gilt auch in den Fällen, in denen eine politisch verfolgte Person zum Tode verurteilt worden ist.
  • Verlassen des Beitrittsgebiets
    Die Verfolgungszeit endet mit Verlassen des Beitrittsgebiets, spätestens jedoch mit Ablauf des 02.10.1990.
    Soweit Verfolgte nach der politischen Wende eine Beschäftigung in den alten Bundesländern aufgenommen haben, ohne ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet aufzugeben, sind ab dem Zeitpunkt der Beschäftigungsaufnahme in den alten Bundesländern die Folgen der rechtsstaatswidrigen Maßnahme konkret entfallen. Die Verfolgungszeit endet mit der Aufnahme der Beschäftigung in den alten Bundesländern, da sich die oder der Betroffene der Verfolgungsmaßnahme im Sinne von § 1 BerRehaG entzogen hat. Stellt die Rehabilitierungsbehörde anders gelagerte Bescheinigungen aus, gilt hinsichtlich deren Überprüfung das unter Abschnitt 2.2 dieser GRA Gesagte.
  • Inhaftierung
    Dauerte eine als rechtsstaatswidrig festgestellte Haft über den 02.10.1990 hinaus an, kann auch die über den 02.10.1990 hinausgehende Zeit der Haft Verfolgungszeit im Sinne von § 2 Abs. 1 BerRehaG sein.

Beachte:

Für Verfolgungszeiten wegen verhinderter Kindererziehung im Sinne von § 11a BerRehaG wird auf die Ausführungen in der GRA zu § 11a BerRehaG, Abschn. 2 ff. verwiesen.

2. SED-UnBerG vom 23.06.1994 (BGBl. I S. 1311)

Inkrafttreten: 01.07.1994

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 12/4994

Das Zweite Gesetz zur Bereinigung von SED-Unrecht (Zweites SED-Unrechts-bereinigungsgesetz - 2. SED-UnBerG -) vom 23.06.1994 (BGBl. I S. 1311) ist in seinen wesentlichen Teilen am 01.07.1994 in Kraft getreten. Es ergänzt das zur strafrechtlichen Wiedergutmachung erlassene 1. SED-UnBerG vom 29.10.1992 (BGBl. I S. 1814) und enthält Bestimmungen über die Rehabilitierung von Opfern des Verwaltungsrechts (Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz - VwRehaG -, Art. 1 des 2. SED-UnBerG) und der politischen Verfolgung im beruflichen Bereich (Berufliches Rehabilitierungsgesetz - BerRehaG -, Art. 2 des 2. SED-UnBerG) im Beitrittsgebiet.

Kernstück des BerRehaG ist der Ausgleich von Nachteilen in der gesetzlichen Rentenversicherung (§§ 10 bis 16 BerRehaG). Der Ausgleich soll für die Verfolgungszeit erfolgen, das heißt für die Zeit, in der eine im Beitrittsgebiet verfolgte Person ihre bisherige oder angestrebte Erwerbstätigkeit nicht ausüben oder nur ein vermindertes Einkommen erzielen konnte. Durch das BerRehaG sollen lediglich erhebliche, bis heute spürbar fortwirkende Beeinträchtigungen im Berufsleben ausgeglichen werden.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 2 BerRehaG