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Art. 2 SVA-Tunesien: Sachlicher Geltungsbereich

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Abgleich mit dem Regionalträger, redaktionelle Überarbeitung

Dokumentdaten
Stand15.09.2015
Rechtsgrundlage

Art. 2 SVA-Tunesien

Version001.01

Inhalt der Regelung

Absatz 1 benennt die Rechtsvorschriften über die Bereiche der sozialen Sicherheit, auf die das Abkommen anwendbar sein soll. Damit wird der sachliche Geltungsbereich des Abkommens für beide Vertragsparteien festgelegt.

Absatz 2 enthält den Grundsatz, dass bei Anwendung des Abkommens andere zwischenstaatliche oder überstaatliche Regelungen unberücksichtigt bleiben müssen (Verbot der multilateralen Vertragsanwendung).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

  • Art. 1 Nr. 3 SVA-Tunesien
    Die Vorschrift definiert den Begriff „Rechtsvorschriften“.
  • Nr. 1 SP zum SVA-Tunesien
    Die Vorschrift schränkt den sachlichen Geltungsbereich des Abkommens sowohl für die Republik Tunesien als auch für die Bundesrepublik Deutschland ein.
  • Buchstabe a Ziffer 1 enthält ergänzende Regelungen für die Vertragsangestellten des tunesischen öffentlichen Dienstes (vergleiche Abschnitt 2).
  • Buchstabe a Ziffer 2 schränkt den sachlichen Geltungsbereich für die hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung und die Alterssicherung der Landwirte ein (vergleiche Abschnitt 3).
  • Buchstabe b verbietet bei Anwendung des SVA-Tunesien die gleichzeitige Anwendung einer anderen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Regelung (vergleiche Abschnitt 5). Von dem Verbot unberührt bleiben nach Buchstabe c jedoch die für die Bundesrepublik Deutschland geltenden Versicherungslastregelungen (vergleiche Abschnitt 5).
  • Gemäß Buchstabe d berührt das Abkommen nicht etwaige Verpflichtungen der Vertragsstaaten aus Übereinkommen, die von der Internationalen Arbeitskonferenz angenommen worden sind.

Vom Abkommen erfasste Rechtsvorschriften

Art. 2 Abs. 1 SVA-Tunesien bestimmt, auf welche Rechtsvorschriften das Abkommen Anwendung findet (sachlicher Geltungsbereich).

Der sachliche Geltungsbereich erstreckt sich auf die Rechtsvorschriften der Zweige und Systeme der sozialen Sicherheit, die in Art. 2 Abs. 1 SVA-Tunesien für den jeweiligen Vertragsstaat benannt sind. Die dort enthaltene Aufzählung ist vollständig. Für andere, nicht benannte Zweige oder Systeme der sozialen Sicherheit (zum Beispiel die Arbeitslosenversicherung) findet das Abkommen keine Anwendung. Rechtsvorschriften sind die Gesetze, Verordnungen, Satzungen und sonstigen allgemein rechtsetzenden Akte, die sich auf die in Art. 2 Abs. 1 SVA-Tunesien bezeichneten Zweige und Systeme der Sozialen Sicherheit beziehen (Art. 1 Nr. 3 SVA-Tunesien).

Ändern sich die vom Abkommen erfassten innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Vertragsstaaten, gilt das Abkommen auch für diese gesetzlichen Neuregelungen (Art. 2 Abs. 1 SVA-Tunesien in Verbindung mit Art. 1 Nr. 3 SVA-Tunesien).

Für die Bundesrepublik Deutschland umfasst der sachliche Geltungsbereich des Abkommens die Rechtsvorschriften über

  • die Krankenversicherung sowie den Schutz der erwerbstätigen Mutter, soweit sie die Gewährung von Geld- und Sachleistungen durch die Träger der Krankenversicherung zum Gegenstand haben,
  • die Unfallversicherung,
  • die Rentenversicherung und die hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung und
  • die Alterssicherung der Landwirte.

Die Hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung ist eine zusätzliche Rentenversicherung auf öffentlich-rechtlicher Grundlage für Arbeitnehmer in den Betrieben der Saarhütten und anderer Unternehmen der Eisen erzeugenden, verarbeitenden und weiterverarbeitenden Industrie im Saarland nach dem Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherungs-Gesetz (HZvG). Die Alterssicherung der Landwirte ist eine berufsständische, gesetzliche Altersversorgung für landwirtschaftliche Unternehmer, ihre Ehegatten und mitarbeitenden Familienangehörigen nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Für die hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung und für die Alterssicherung für Landwirte gilt das Abkommen nur eingeschränkt (vergleiche Abschnitt 3).

Für die Tunesische Republik fallen

  • das System der Renten bei Invalidität, Alter und zugunsten der Hinterbliebenen (privater Sektor),
  • das System der Sozialen Sicherheit der landwirtschaftlichen Arbeitnehmer und der Fischer (privater Sektor) sowie
  • die Systeme über den sozialen Schutz im öffentlichen Bereich (öffentlicher Sektor)

unter den sachlichen Geltungsbereich des Abkommens (vergleiche GRA zu Organisation der Sozialversicherung Tunesien).

Darüber hinaus werden auch die Rechtsvorschriften über

  • die Organisation der Systeme der Sozialen Sicherheit mit Ausnahme des Systems der Familienleistungen, soweit solche oder entsprechende Leistungen nicht nach den deutschen Rechtsvorschriften für Empfänger von Renten vorgesehen sind,
  • Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten

vom Abkommen erfasst.

Entgegen der Eintragung unter Nr. 1 Buchst. a Ziff. 1 SP zum SVA-Tunesien gilt das Abkommen uneingeschränkt auch für die Vertragsangestellten des tunesischen öffentlichen Dienstes (Arbeitnehmer mit Zeitverträgen in beamtenähnlichem Status), obwohl die Anwendung von Titel II Kapitel 3 des Abkommens (Zusammenrechnung der Versicherungszeiten, Feststellung der Rentenleistungen) für diesen Personenkreis ausdrücklich ausgeschlossen werden sollte.

Hintergrund für diesen Eintrag war, dass Vertragsangestellte zum Zeitpunkt der Abkommensverhandlungen weder im öffentlichen noch im privaten Sektor für die Risiken der Rentenversicherung versichert waren. Es bestand lediglich eine Krankenversicherung im öffentlichen Sektor. Vertragsangestellte sollten daher nur eingeschränkt in den sachlichen Geltungsbereich des Abkommens einbezogen werden. Mit dem Gesetz 85-12 vom 05.03.1985 wurde jedoch für die Vertragsangestellten noch vor Inkrafttreten des SVA-Tunesien die (Renten-)Versicherungspflicht im öffentlichen Sektor eingeführt. In Übereinstimmung mit der tunesischen Seite sowie dem BMAS und im Vorgriff auf eine entsprechende Änderung des Schlussprotokolls werden Vertragsangestellte des tunesischen öffentlichen Dienstes ab dem Inkrafttreten des SVA-Tunesien uneingeschränkt in den sachlichen Geltungsbereich des Abkommens einbezogen.

Vom Abkommen eingeschränkt erfasste Rechtsvorschriften

Für die Hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung und die Alterssicherung der Landwirte gilt Titel II Kapitel 3 des Abkommens (= Rentenversicherung) wegen der Nr. 1 Buchst. a Ziff. 2 SP zum SVA-Tunesien nicht.

Die Einbeziehung in das Abkommen ist für diese Zweige der sozialen Sicherheit in Deutschland nur insofern von Bedeutung, als dass durch die im Abkommen normierte Gleichstellung der Personen (Art. 4 SVA-Tunesien) und der Staatsgebiete (Art. 5 SVA-Tunesien) Leistungen aus diesen Zweigen auch an Berechtigte mit gewöhnlichem Aufenthalt in Tunesien gewährt werden können. Die Voraussetzungen für die Rentengewährung aus diesen Versicherungszweigen müssen jedoch innerstaatlich erfüllt sein, da aufgrund der Eintragungen im Schlussprotokoll eine Zusammenrechnung der deutschen und tunesischen Versicherungszeiten nicht möglich ist.

Vom Abkommen nicht erfasste Rechtsvorschriften

Vom Abkommen insbesondere nicht erfasst werden

  • die Rechtsvorschriften über die gesetzliche Arbeitslosenversicherung,
  • die Rechtsvorschriften über Familienleistungen, sofern sie nicht nach den deutschen Rechtsvorschriften für Empfänger von Renten vorgesehen sind,
  • die deutschen Rechtsvorschriften über die gesetzliche Pflegeversicherung (vergleiche GRA zu Art. 16 SVA-Tunesien, Abschnitt 2) und
  • die tunesischen Rechtsvorschriften über die Versorgung der Beamten (fonctionnaires).

Verbot der multilateralen Vertragsanwendung

Rechtsvorschriften, die sich aus zwischenstaatlichen Verträgen mit Drittstaaten oder aus überstaatlichem Recht ergeben, werden bei der Anwendung des SVA-Tunesien nicht berücksichtigt (vergleiche Art. 2 Abs. 2 SVA-Tunesien in Verbindung mit Nr. 1 Buchst. b SP zum SVA-Tunesien). Es ist somit nur eine Zusammenrechnung von deutschen und tunesischen Versicherungszeiten zulässig. Versicherungszeiten anderer Staaten dürfen nicht (mit)berücksichtigt werden (Verbot der multilateralen Vertragsanwendung).

Sofern neben dem SVA-Tunesien andere überstaatliche oder zwischenstaatliche Regelungen Anwendung finden, ist zwar eine mehrseitige Zusammenrechnung von Versicherungszeiten für den Anspruchserwerb ausgeschlossen. Jedoch erfolgt eine Anspruchsprüfung jeweils getrennt nach allen anwendbaren Regelungen. Dem Berechtigten wird die günstigste Leistung gewährt, sofern ein Anspruch mehrfach auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen entsteht.

Der Ausschluss anderer überstaatlicher und zwischenstaatlicher Regelungen bezieht sich wegen der Nr. 1 Buchst. c SP zum SVA-Tunesien nicht auf Versicherungslastregelungen. Das bedeutet, dass Versicherungslastregelungen der Bundesrepublik Deutschland aus (anderen) Abkommen auch bei Anwendung des SVA-Tunesien beachtet werden. Fallen danach Versicherungszeiten in die Last eines anderen Vertragsstaates, können diese bei Anwendung des SVA-Tunesien nicht berücksichtigt werden. Gehen sie im umgekehrten Fall in die deutsche Versicherungslast über, werden sie wie deutsche Zeiten behandelt (vergleiche GRA zu Versicherungslastregelungen: EU/SVA).

Gesetz vom 10.04.1986 zu dem Abkommen vom 16.04.1984

Inkrafttreten: 11.04.1986 (Gesetz), 01.08.1986 (Abkommen)

Quelle: BGBl. 1986 II, Seite 582 ff.

Mit dem vorgenannten Gesetz wurde das Abkommen Bestandteil der deutschen Rechtsordnung. Das Abkommen und damit auch Art. 2 SVA-Tunesien sind nach Austausch der Ratifikationsurkunden am 01.08.1986 in Kraft getreten.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

Art. 2 SVA-Tunesien