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Leistungen der Rentenversicherung Türkei

Entwicklung der Rentenversicherung

Vor dem Hintergrund, dass die heutige türkische Republik erst 1923 gegründet wurde, erfolgte der Aufbau eines Sozialversicherungssystems erst zu einem späteren Zeitpunkt.

Mit der Einführung des ersten Arbeitsgesetzes 1936 wurde geregelt, dass nach einem Arbeitsunfall, bei Berufskrankheiten, Mutterschaft, Alter und Tod eine Koordinierung von Sozialleistungen durch den Staat erfolgen und dazu eine staatliche Arbeiterversicherungsanstalt errichtet werden sollte.

Ab 01.01.1946 wurde diese Behörde aufgebaut: Es folgten in den Jahren

  • 1946 das Gesetz für die Arbeitsunfall-, Berufskrankheiten- und Mutterschaftsversicherungen,
  • 1950 das Gesetz über Rentenversicherung,
  • 1951 das Krankenversicherungs- und Mutterschaftsgesetz und
  • 1957 das Erwerbsunfähigkeits-, Alters- und Hinterbliebenenversicherungsgesetz.

Allerdings war der Kreis der Versicherten auf Arbeitnehmer, die nach den Bestimmungen des Arbeitsgesetzes einer Beschäftigung nachgingen, begrenzt. Dies waren nur Arbeiter, nicht aber Angestellte oder Beamte. Für diese Personengruppen wurden eigene, erst durch die Reform mit dem Gesetz Nr. 5510 auf die frühere Pensionskasse für den öffentlichen Dienst (TCES), die durch ein am 01.01.1950 in Kraft getretenes Gesetz gegründet worden war.

Im Bereich der Arbeiterrentenversicherung wurde 1965 mit dem Gesetz Nr. 605 die frühere Sozialversicherungsanstalt für Arbeiter (Sosyal Sigortalar Kurumu - SSK) gegründet. Dort wurden auch zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt die Arbeitnehmer in der Landwirtschaft versichert.

Die Selbständigen und die freiberuflich Tätigen wurden erst 1972 in die Sozialversicherung einbezogen. Dafür wurde als eigener Versicherungsträger die frühere Bağ-Kur errichtet.

Durch die sogenannte große Sozialversicherungsreform mit dem Gesetz Nr. 5510 aus dem Jahre 2006 (in Kraft getreten am 01.10.2008) wurde eine einheitliche Sozialversicherung geschaffen, die für alle Versicherten gleichwertige Leistungen vorsieht und von der türkischen Anstalt für Soziale Sicherheit – SGK – verwaltet wird (vergleiche auch GRA zu Organisation der Sozialversicherung Türkei).

Leistungen der Rentenversicherung

In der türkischen Sozialversicherung wird zwischen Leistungen

  • der Kurzzeit- und
  • Langzeitversicherung sowie
  • Sachleistungen der Krankenversicherung unterschieden.

Zu den Leistungen der Langzeitversicherung gehören Leistungen bei Alter, Invalidität und Tod, die durch die SGK als Träger der Rentenversicherung erbracht werden. Die türkische Rentenversicherung sieht ausschließlich Geldleistungen in Form von Renten vor, die als

  • Versichertenrenten wegen Alters oder Invalidität (vergleiche Abschnitt 2.1) oder
  • Hinterbliebenenrenten (vergleiche Abschnitt 2.2)

gezahlt werden.

Die SGK stellt allgemeine Informationen über das Leistungsspektrum der türkischen Sozialversicherung auf ihrer Website www.sgk.gov.tr zur Verfügung.

Versichertenrenten

In der Türkei gibt es eine (Regel-)Altersrente. Eine vorzeitige Altersrente kommt jedoch für Versicherte in Betracht, die bereits am 08.09.1999 (oder davor) versichert waren (vergleiche Abschnitt 2.1.2). Ferner kommen vorzeitige Altersrenten für Versicherte in Betracht, bei denen eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit (z.B. durch eine Behinderung) vorliegt oder die als Bergleute (beziehungsweise in vergleichbaren Berufen) gearbeitet haben (vergleiche Abschnitt 2.1.2). Bei Einschränkung der Erwerbsfähigkeit ist gegebenenfalls auch eine Invaliditätsrente möglich, bei der die Mindestversicherungszeit geringer als bei einer Altersrente ist (vergleiche Abschnitt 2.1.3).

Der Anspruch auf die Altersrente setzt grundsätzlich ein bestimmtes Mindestalter und eine Mindestversicherungszeit voraus, wobei Unterschiede bei den Versichertengruppen Arbeitnehmer, Selbständige und Beschäftigte im öffentlichen Dienst bestehen.

Wird die erforderliche Beitragsanzahl bei Erreichen der jeweiligen Altersgrenze nicht erreicht, besteht die Möglichkeit der Beitragserstattung.

Altersrente

Abhängig Beschäftigte mit Beschäftigungsbeginn ab 01.10.2008 erhalten eine Altersrente, wenn sie

  • das 60. (Männer) beziehungsweise das 58. Lebensjahr (Frauen) vollendet haben und
  • mindestens 7.200 Beitragstage versichert waren.

Selbständige und Beschäftigte im öffentlichen Dienst müssen bei gleichen Altersgrenzen für mindestens 9.000 Beitragstage versichert gewesen sein.

Hinweis:

Ab 01.01.2036 wird die Altersgrenze stufenweise alle 2 Jahre angehoben, bis 2044 (für Männer) beziehungsweise 2048 (für Frauen) die Altersgrenze von 65 Jahren erreicht ist. Die Altersgrenze wird ab 2048 damit einheitlich für Männer und Frauen 65 Jahre betragen.

Versicherte, die erstmalig im höheren Lebensalter eine Beschäftigung aufgenommen haben und für 5.400 Tage Beiträge geleistet haben, können eine Altersteilrente beanspruchen. Bei diesen Personen ist das Renteneintrittsalter 3 Jahre höher als das reguläre Rentenalter, allerdings nicht höher als 65 Jahre.

Für die Versicherten, die bereits vor der dem 01.10.2008 versichert waren, gelten Übergangsregelungen in Bezug auf das Rentenalter und die Mindestversicherungszeit.

Für abhängig Beschäftigte mit Beschäftigungsbeginn vor dem 01.10.2008 steigen die Altersgrenzen schrittweise von 49 bei Männern (45 bei Frauen) auf 60 (58). Sie müssen für mindestens 5.000 beziehungsweise 7.000 Beitragstage versichert gewesen sein oder eine Wartezeit von 25 Jahren mit mindestens 4.500 Beitragstagen zurückgelegt haben.

Für Selbständige und Beschäftigte im öffentlichen Dienst gibt es höhere Mindestversicherungszeiten.

Vorzeitige Altersrenten

Eine Ergänzung des Gesetzes Nr. 5510, die zum 03.03.2023 in Kraft trat, ermöglicht zahlreichen Versicherten den Bezug einer vorzeitigen Altersrente. Personen, die am 08.09.1999 (oder davor) bereits versichert waren, die Wartezeit von 20 Jahren bei Frauen beziehungsweise 25 Jahren bei Männern erfüllen und die erforderlichen Beitragstage versichert sind, haben unabhängig vom Lebensalter Anspruch auf Altersrente. Die Anzahl der erforderlichen Beitragstage ist vom Eintrittsdatum in die Versicherung abhängig und liegt zwischen 5000 und 5975 Beitragstagen.

Ferner ist der Bezug einer vorzeitigen Altersrente - unabhängig vom Alter - möglich:

  • für Menschen mit Behinderung bei Minderung der Arbeitsfähigkeit zwischen 50 und 59 % und einer Wartezeit von 16 Jahren mit mindestens 4.320 Beitragstagen;
  • bei Minderung der Arbeitsfähigkeit zwischen 40 und 49 % und einer Wartezeit von 18 Jahren mit mindestens 4.680 Beitragstagen;
  • für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes bei Minderung der Arbeitsfähigkeit von 60 % (bei Beschäftigungsbeginn vor dem 01.10.2008: 40 %) und mindestens 3.960 Beitragstagen;
  • für Menschen, bei denen bereits zu Beginn der Versicherungspflicht Invalidität vorlag und die eine Wartezeit von 15 Jahren und mindestens 3.960 Beitragstagen vorweisen können. Der Bezug einer Invaliditätsrente ist in diesen Fällen nicht möglich.

Bergleute können die Altersrente ebenfalls vorzeitig beanspruchen, wenn sie

  1. das 50. Lebensjahr vollendet und für mindestens 5.000 Tage Beiträge entrichtet haben, von denen mindestens 30 Tage in bergbaulichen Betrieben unter Tage zurückgelegt sein müssen, oder
  2. das 50. Lebensjahr vollendet und nach Eintritt in die Versicherung in 15 Jahren für mindestens 3.600 Tage Beiträge entrichtet haben, von denen mindestens 30 Tage in bergbaulichen Betrieben unter Tage zurückgelegt sein müssen, oder
  3. unabhängig vom Alter nach einem Eintritt in die Versicherung in 25 Jahren für mindestens 4.000Tage Beiträge in bergbaulichen Betrieben unter Tage entrichtet haben oder
  4. unabhängig vom Alter nach einem Eintritt in die Versicherung in 20 Jahren für mindestens 5.000 Tage Beiträge in bergbaulichen Betrieben unter Tage entrichtet haben.

Hinweis:

Zu c) und d): Durch die Berücksichtigung von Hinzurechnungszeiten (siehe zu Art. 1 SVA-Türkei) ist ein früherer Rentenbezug möglich.

Für Bergleute mit Beschäftigungsbeginn ab dem 01.10.2008 erhöht sich die Altersgrenze von 50 auf 55.

Diese besonderen Voraussetzungen für Bergleute können auch von anderen Personengruppen (zum Beispiel Presse- und Druckereiarbeiter) erfüllt werden.

Invaliditätsrenten

Auf diese Rente haben Versicherte auf Antrag einen Anspruch, wenn

  • die Erwerbsfähigkeit um mindestens 60 % eingeschränkt ist,
  • das Beschäftigungsverhältnis beendet und
  • eine Wartezeit von 10 Jahren mit mindestens 1.800 Beitragstagen zurückgelegt wurde.

Bei dauernder Pflegebedürftigkeit entfällt das Erfordernis der zehnjährigen Wartezeit, dann reichen 1.800 Beitragstage für den Anspruch aus.

Der Beginn einer Invalidenrente richtet sich entweder nach dem Tag der Rentenantragstellung oder nach dem Tag der ärztlichen Untersuchung, wobei der jeweils spätere Zeitpunkt maßgebend ist.

Rente und Beschäftigung

Grundsätzlich kann ein Antrag auf eine türkische Alters- oder Invaliditätsrente nicht gestellt werden, wenn noch eine Beschäftigung ausgeübt wird. Bei Aufnahme einer Beschäftigung wird eine laufende Rentenzahlung eingestellt.

Hinweis:

Deutsche Sozialleistungen haben keine Auswirkungen auf den Bezug einer türkischen Invaliditätsrente. Sofern es sich aber um eine türkische Rente basierend auf nachentrichteten Zeiten nach dem Gesetz Nr. 3201 handelt, wirkt sich der Sozialleistungsbezug, inklusive Sozialhilfeleistungen, anspruchsvernichtend aus.

Die Möglichkeit der versicherungspflichtigen Beschäftigung bei gleichzeitigem Bezug einer Altersrente besteht nur für Selbständige bei Entrichtung eines zusätzlichen Versicherungsbeitrags.

Mehrere Rentenansprüche

Wenn in der Türkei mehrere Rentenansprüche im Raum stehen, gelten die nachfolgenden Grundsätze:

  1. Hat eine Person dem Grunde nach Anspruch auf Invaliditätsrente und auf Altersrente, wird nur die höhere Rente gezahlt.
  2. Eine Umwandlung von Invaliditätsrente in Altersrente erfolgt nicht. Die Invaliditätsrente wird als früher entstandener Anspruch weitergezahlt.
  3. Das türkische Recht kennt nur eine Altersrente. Die Frage einer Umwandlung von einer Altersrente in eine andere Altersrente stellt sich daher nicht

Hinterbliebenenrenten

Renten wegen Todes werden auf Antrag an

  • Witwen/Witwer,
  • Waisen sowie - unter bestimmten Voraussetzungen -
  • die Eltern des verstorbenen Versicherten gezahlt.

Sofern im Einzelfall nicht die Voraussetzungen für eine Hinterbliebenenrente erfüllt sind, besteht – wie bei den Altersrenten auch – die Möglichkeit einer Beitragserstattung.

Die anspruchsberechtigten Angehörigen erhalten Hinterbliebenenrente, wenn

  • der verstorbene Versicherte mindestens 5 Jahre versichert war und
  • mindestens 900 Beitragstage nachweisen kann.
  • Beschäftigte im öffentlichen Dienst und Selbständige müssen für mindestens 1.800 Beitragstage versichert gewesen sein.

Die vorgenannte Mindestversicherungszeit ist nicht erforderlich, wenn

  • der Versicherte bereits eine Invaliditäts- oder Altersrente bis zum Tod bezog; dies gilt auch für den Fall, dass die Rente wegen Ausübung einer Beschäftigung nicht gezahlt wurde, oder
  • der Versicherte zu Lebzeiten eine Invaliditäts- oder Altersrente beantragt hatte und der Anspruch dem Grunde nach gegeben war.

Die Rente beginnt mit dem Monatsersten, der dem Todesdatum folgt. Stirbt der Versicherte während des Bezuges von Invaliditäts- oder Altersrente, so beginnen die Hinterbliebenenrenten mit Ende der letzten Zahlungsperiode, in der Anspruch auf Versichertenrente bestand.

Die Witwenrente fällt weg, wenn die Witwe wieder heiratet. Wird die Ehe, die zum Rentenwegfall führte, beendet, so wird die Rente aus der Versicherung des ersten Ehemannes wiedergewährt. Hat die Witwe auch aus der weiteren Ehe einen Rentenanspruch erworben, gelangt die höhere Rente zur Auszahlung.

Anspruchsberechtigte Waisen

Nach türkischem Recht erhalten folgende Kinder eine Waisenrente:

  • eheliche Kinder,
  • für ehelich erklärte Kinder,
  • an Kindes statt angenommene Kinder (vergleiche Abschnitt 2.2.2),
  • nichteheliche Kinder einer Versicherten und
  • nichteheliche Kinder eines Versicherten, wenn die Vaterschaft anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist.

Voraussetzung ist in allen Fällen, dass die Kinder im Einwohnerbuch der Person eingetragen sind, von der der Anspruch abgeleitet wird. Nichteheliche Kinder müssen also auch im Einwohnerbuch des Vaters eingetragen sein, wenn aus seiner Versicherung eine türkische Waisenrente gewährt werden soll. Der Eintrag eines nichtehelichen Kindes ins Einwohnerbuch des Vaters erfolgt nach schriftlicher Anerkennung der Vaterschaft beim Standesamt, Gericht, im Testament oder bei Wohnsitz in Deutschland beim Konsulat sowie aufgrund eines Vaterschaftsurteils eines türkischen Gerichts. Die Feststellung der Vaterschaft durch ein ausländisches Gericht ist nach türkischem Personenstandsrecht nicht bindend und führt für sich allein nicht zum Eintrag ins Einwohnerbuch und damit auch nicht zu einem türkischen Waisenrentenanspruch. Die Klage auf Feststellung der Vaterschaft muss gegen den Vater oder seine Erben bei einem türkischen Gericht erhoben werden, um den Eintrag in sein Einwohnerbuch zu bewirken (VSB-Türkei 2010, TOP 24 D).

Der Randvermerk auf der deutschen Geburtsurkunde, dass die Vaterschaft anerkannt wurde, reicht nicht aus (VSB-Türkei 2006, TOP 2 D).

Nicht zu den waisenrentenberechtigten Kindern gehören nach türkischem Recht

  • Stiefkinder,
  • Pflegekinder,
  • Enkel und
  • Geschwister.

Annahme an Kindes statt

Die Adoption ist im türkischen Recht in den Art. 253 ff. des türkischen Zivilgesetzbuches (ZGB) geregelt. Sie erfolgt durch öffentliche Urkunde und muss gerichtlich genehmigt werden (Art. 256 Abs. 1 ZGB). Die Adoption bedarf der Einwilligung des zu Adoptierenden, wenn er urteilsfähig ist (Art. 254 Abs. 1 ZGB). Die Eltern müssen auch bei Urteilsfähigkeit des zu Adoptierenden ihre Einwilligung geben, wenn dieser minderjährig oder entmündigt ist (Art. 254 Abs. 2 ZGB).

Das angenommene Kind trägt den Familiennamen des Annehmenden (Art. 257 Abs. 1 S. 1 ZGB).

Werden die anzunehmenden nicht urteilsfähigen Minderjährigen durch Eheleute gemeinsam an Kindes statt angenommen, so werden die Namen der annehmenden Eheleute in das Personenstandsregister als Vater und Mutter eingetragen (Art. 257 Abs. 2 ZGB). Ferner werden in den beiden Personenstandsregistern das Datum und die Nummer der öffentlichen Urkunde über die Annahme an Kindes statt eingetragen (Art. 257 Abs. 3 ZGB).

Die Adoption kann durch das Gericht aus wichtigen Gründen mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben werden (Art. 258 Abs. 2 und 3 ZGB).

Nach Art. 257 Abs. 1 S. 3 ZGB gehen grundsätzlich alle Rechte und Pflichten der natürlichen Eltern auf die Adoptiveltern über; lediglich das Erbrecht gegenüber den leiblichen Eltern wird nicht beeinträchtigt (Art. 257 Abs. 1 S. 2 ZGB).

Auswirkungen hinsichtlich der deutschen Waisenrente

Da nach einer Adoption ein Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber seinen natürlichen Eltern nach türkischem Recht nicht mehr besteht, der deutschen Waisenrente aber Unterhaltsersatzfunktion zukommt, ist die Adoption nach türkischem Recht wie eine deutsche Volladoption (bei Minderjährigen) zu behandeln. Dies hat zur Folge, dass auch nach einer Adoption nach türkischem Recht ein Kind nur noch als Kind der Adoptiveltern anzusehen ist.

Damit kann ein Anspruch auf Waisenrente aus der Versicherung eines natürlichen Elternteils nicht mehr entstehen.

Erfolgt die Adoption aber erst nach Feststellung einer Waisenrente, verbleibt es bei dem zuerkannten Rentenanspruch (§ 1755 Abs. 1 S. 2 BGB in Verbindung mit Art. 19 EGBGB).

Anspruchsdauer der Waisenrente

Durch das Gesetz Nr. 5510 wurden die Vorschriften zum Anspruch auf türkische Waisenrenten ab 01.10.2008 verändert. Da das Gesetz auf Vorschriften der drei bisherigen Versicherungsträger verweist, ergibt sich bei Tod des Versicherten vor dem 01.10.2008 inhaltlich keine Änderung bei diesen Rentenansprüchen (VSB-Türkei 2014, TOP 6 D).

Anspruch auf türkische Waisenrenten ist danach bis heute unter folgenden Voraussetzungen gegeben:

Bei der früheren SSK:

Für männliche Waisen bestand Anspruch bis zum vollendeten 18. Lebensjahr, darüber hinaus beim Besuch einer Realschule oder eines Gymnasiums bis zum vollendeten 20. Lebensjahr, beim Besuch einer Hochschule bis zum vollendeten 25. Lebensjahr und bei Vorliegen von Gebrechlichkeit bis zum Lebensende.

Die Heirat der Waise war kein Wegfallgrund.

Für weibliche Waisen bestand unabhängig vom Alter Anspruch bis

  • zur Heirat oder
  • zur Aufnahme einer jeglichen Beschäftigung oder Tätigkeit
  • zum Beginn einer eigenen Versichertenrente oder Unfallrente von einem türkischen beziehungsweise deutschen Träger.

Auch verwitwete oder geschiedene Waisen erhielten - wieder - Waisenrente.

Bei der früheren TCES und Bag-Kur:

Für männliche Waisen bestand Anspruch unter den gleichen Voraussetzungen wie bei der früheren SSK.

Für weibliche Waisen bestand - ohne Altersbegrenzung - Anspruch bis zur Heirat beziehungsweise bis zur Aufnahme einer Beschäftigung oder Tätigkeit.

Bei Tod des Versicherten nach Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 5510 ab 01.10.2008 gelten einheitliche Bestimmungen. Eine Waisenrente kann danach gezahlt werden

  • bis zum 20. Lebensjahr, wenn die Waise in gymnasialer oder vergleichbarer Schulausbildung ist und
  • bis zum 25. Lebensjahr, wenn die Waise in Hochschulausbildung steht.

Hinweis:

Nähere Informationen zu einzelnen Ausbildungen in der Türkei enthält die Anlage 1 zu dieser GRA.

Bei invaliden Waisen gibt es keine Altersbegrenzung.

Weibliche Waisen erhalten ohne Altersbeschränkung Waisenrente, wenn sie ledig, geschieden oder verwitwet sind.

Die Ausübung einer Beschäftigung durch eine weibliche Waise in der Türkei oder im Ausland steht einem Anspruch entgegen. Auch der Renten- beziehungsweise Unfallrentenbezug aus eigener Versicherung steht einem Waisenrentenanspruch entgegen (VSB 2014, TOP 6 D). Besteht der Grund, der zum Wegfall der Waisenrente führte, nicht mehr, wird die Rente wiedergewährt. Wird mit Beendigung der Ehe ein weiterer Rentenanspruch erworben, so gelangt nur die höhere Rente zur Auszahlung.

Berufsausbildung der Waise

Bei Berufsausbildung nach dem Gesetz Nr. 3308 wird Waisenrente von der SGK bis zum 20. Lebensjahr gewährt.

Hinweise:

  1.  Bei einem Berufsausbildungsverhältnis in Deutschland besteht in der Regel kein Anspruch auf türkische Waisenrente, weil eine versicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland einen Waisenrentenanspruch ausschließt. Bei Verfahrenseinleitung ist eine eventuelle Ausbildung der Waisen im Formblatt TR 3 mitzuteilen.
  2. Soweit kein Anspruch auf Entgeltzahlung besteht, entscheidet die SGK über einen Rentenanspruch erst nach Überprüfung der Gleichwertigkeit durch das Bildungsministerium. 

Höhe und Berechnung der Rente

Die türkischen Invaliden- und Altersrenten werden nach folgender Rentenformel berechnet:

  • versicherungspflichtiges monatliches Durchschnittsentgelt mal Lohnersatzquote ist gleich monatliche Rente.

Das monatliche Durchschnittsentgelt wird ermittelt, indem der Gesamtbetrag der Beiträge durch die ihm zugrunde liegenden Beitragstage dividiert und mit 30 multipliziert wird. Die Lohnersatzquote bestimmt sich nach den Tagen, für die Beiträge gezahlt wurden. Im Normalfall ergeben 360 Beitragstage eine Lohnersatzquote von 2 %. Die Lohnersatzquote kann durch Dienstzeitenzuschläge erhöht werden, die an die Art der Beschäftigung oder an den Status der Beschäftigten anknüpfen.

Die Höhe der jeweiligen Hinterbliebenenrenten bestimmt sich jeweils nach einem prozentualen Anteil der Rente, die dem Verstorbenen gewährt wurde oder auf die er Anspruch gehabt hätte.

  • Witwenrente

Sind keine waisenrentenberechtigten Kinder vorhanden, beträgt die Rente für den überlebenden Ehegatten 75 % der Versichertenrente (mindestens jedoch 80 % der Mindestrente). Sind anspruchsberechtigte Kinder vorhanden, beträgt die Rente 50 % der Versichertenrente.

Die Gesamtsumme der Hinterbliebenenrenten darf 100 % der Versichertenrente nicht übersteigen. Die Renten sind gegebenenfalls prozentual zu kürzen.

  • Waisenrente

Die Waisenrente beträgt 25 % der Versichertenrente für Halbwaisen; Vollwaisen erhalten 50 %.

Rentenanpassungen und Mindestrente

Die Renten werden in der Regel mindestens einmal jährlich zum 01.01. (gelegentlich zusätzlich zum 01.07.) an den Verbraucherindex und die Veränderungen des Bruttosozialprodukts angepasst.

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 5510 im Oktober 2008 wurde die Mindestrente grundsätzlich abgeschafft. Davor gab es entsprechende Leistungen für Arbeitnehmer und Beamte und in Bestandsfällen beziehungsweise für Beamte, die vor dem 01.10.2008 verbeamtet wurden, gilt die Regelung weiter. Die Rentenhöhen werden im Bedarfsfall mitgeteilt.

Zulagen

Das türkische Recht sieht bestimmte Zulagen zu den laufenden Rentenleistungen vor:

  • Die 1977 eingeführte Sozialzulage ist steuer- und abgabefrei und wird unabhängig von sonstigem Einkommen gezahlt. Sie beträgt heute 9,50 Lira und wird als Bestandteil der laufenden Rente ausgezahlt. Sie ist also regelmäßig nicht aus dem Rentenbetrag separat ersichtlich. Grundsätzlich wurde die Leistung mit Gesetz Nr. 5510 im Jahre 2008 aufgehoben, wird aber in Bestandsfällen offensichtlich weitergezahlt. Sie ist nicht als Erwerbsersatzeinkommen gemäß § 18a Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB IV zu berücksichtigen.
  • Im Jahre 2018 wurde die sogenannte Bayram-Zulage („Festtagszulage“) eingeführt, die zweimal jährlich ausgezahlt wird. Sie beträgt bis 2020 maximal 2 mal 1000 Lira, ab 2021 maximal 2 mal 1100 Lira, ab 2023 maximal 2 mal 2000 Lira und ab 2024 maximal 2 mal 3000 Lira. Die Zulage wird vom Staat finanziert. Bei türkischen Renten, die nach dem SVA-Türkei festgestellt werden, wird die Zulage nur anteilig gezahlt (Zeiten-Pro-Rata) und auch bei Hinterbliebenenrenten besteht generell nur ein anteiliger Anspruch. Die Leistung ist regelmäßig als Erwerbsersatzeinkommen gemäß § 18a Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB IV zu qualifizieren, da die Zulage weder bedarfsorientierten Charakter hat noch eine sozialhilfeähnliche Leistung ist (vergleiche auch GRA zu § 18a SGB IV Auslandseinkommen, Abschnitt 7.2). Grundsätzlich ist die Leistung in der tatsächlich gezahlten Höhe zu berücksichtigen. Sofern die tatsächliche Höhe nicht ermittelt werden kann (zum Beispiel weil die SGK oder die/der Berechtigte die entsprechende Information nicht zur Verfügung stellen), ist pauschal vom Maximalbetrag auszugehen (bis 2020 2 mal 1000 Lira, ab 2021 2 mal 1100 Lira, ab 2023 2 mal 2000 Lira und ab 2024 2 mal 3000 Lira).