Art. 49 SVA-Türkei: Erstattungsansprüche
veröffentlicht am |
19.10.2020 |
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Änderung | GRA wurde im Nachgang zur VSB 2018 überarbeitet. |
Stand | 05.10.2020 |
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Rechtsgrundlage | |
Version | 002.00 |
- Inhalt der Regelung
- Erstattungsansprüche von Vorschüssen
- Erstattungsansprüche von überzahltem Krankengeld
- Erstattung von Fürsorgeleistungen
Inhalt der Regelung
Art. 49 SVA-Türkei regelt die Erstattung von Vorschüssen und von zu Unrecht gezahlten Leistungen.
Nach den Absätzen 1 bis 3 ist ein grenzüberschreitender bilateraler Forderungsausgleich zwischen den
- Trägern der Rentenversicherung,
- Trägern der Krankenversicherung,
- Trägern der Unfallversicherung sowie
- Fürsorgeträgern möglich.
Nicht geregelt ist der Einbehalt von Leistungen zugunsten der Arbeitslosenversicherung oder anderer Bereiche der sozialen Sicherheit.
Nach Absatz 1 können etwaige Vorschüsse des Trägers in einem anderen Vertragsstaat mit einer verspätet bewilligten Leistung (Nachzahlung sowie laufende Zahlung) im anderen Vertragsstaat verrechnet werden; die Regelung bezieht sich damit nicht auf zu Unrecht erbrachte Leistungen.
Nach Absatz 2 können die Träger der Krankenversicherung Rentenleistungen aus dem anderen Vertragsstaat beanspruchen, wenn im jeweiligen nationalen Recht ein entsprechender Übergang geregelt ist.
Absatz 3 regelt die Einbehaltung von Geldleistungen zugunsten der Fürsorgeträger des jeweils anderen Vertragsstaats.
Ergänzende/korrespondierende Regelungen
- Art. 1 Nr. 2 SVA-Türkei
Die Vorschrift definiert den Begriff „Rechtsvorschriften“ (siehe auch GRA zu Art. 1 SVA-Türkei, Abschnitt 3). - Art. 1 Nr. 4 SVA-Türkei
Die Vorschrift definiert den Begriff „Träger“. - Art. 1 Nr. 6 SVA-Türkei
Die Vorschrift definiert den Begriff „zuständiger Träger“. - Art. 1 Nr. 13 SVA-Türkei
Die Vorschrift definiert den Begriff „Geldleistung“ (siehe auch GRA zu Art. 1 SVA-Türkei, Abschnitt 6). - Art. 1 Nr. 14 SVA-Türkei
Die Vorschrift definiert den Begriff „Rente“ (siehe auch GRA zu Art. 1 SVA-Türkei, Abschnitt 6). - Art. 41 SVA-Türkei
Die Vorschrift regelt den Zahlungsverkehr sowie den maßgeblichen Kurs zwischen den Trägern. - § 102 ff. SGB X
Die §§ 102 ff. SGB X regeln die Erstattungsansprüche der Leistungsträger im Sinne des SGB untereinander. - § 93 SGB XII
Regelung zum Übergang von Leistungsansprüchen im Bereich der Sozialhilfe gegenüber Stellen, die keine Leistungsträger im Sinne des SGB sind.
Erstattungsansprüche von Vorschüssen
Hat ein Träger einen Vorschuss auf eine Leistung des anderen Vertragsstaats gezahlt, wird der gezahlte Betrag zu seinen Gunsten von der Leistung des anderen Vertragsstaats einbehalten.
Die deutschen Rentenversicherungsträger können keine Vorschüsse im Hinblick auf die zu erwartende türkische Leistung zahlen, da es weder im deutschen Recht noch im SVA-Türkei eine entsprechende Rechtsgrundlage gibt.
Ob die SGK einen Vorschuss auf eine zu erwartende deutsche Rente gewähren kann, ist nicht bekannt.
Erstattungsansprüche von überzahltem Krankengeld
Nach Art. 49 Abs. 2 SVA-Türkei können die Träger der Krankenversicherung einen Rückgriff auf die Rentenleistung des anderen Vertragsstaats geltend machen, wenn dies im jeweiligen Recht vorgesehen ist.
Bei der Anwendung von § 50 SGB V (Zusammentreffen von Krankengeld und Rente) können von den deutschen Krankenkassen auch vergleichbare ausländische Renten berücksichtigt werden. Der Anspruch auf Krankengeld vermindert sich, ruht oder entfällt im Falle des Zusammentreffens mit einer vergleichbaren ausländischen Rente.
In Bezug auf die Türkei kommt ein Erstattungsanspruch einer deutschen Krankenkasse im Sinne von Art. 49 Abs. 2 SVA-Türkei nicht in Betracht, da nach Art. 30 des türkischen Gesetzes 5510 das (deutsche) Krankengeld zum Ausschluss der türkischen Rentenleistung führt.
Erstattung von Fürsorgeleistungen
Art. 49 Abs. 3 SVA-Türkei stellt die Erstattungsansprüche von Fürsorgeträgern eines Vertragsstaats den Erstattungsansprüchen des anderen Vertragsstaats gleich. Ein Erstattungsanspruch eines türkischen Fürsorgeträgers auf eine Leistung aus der deutschen Rentenversicherung wird damit so behandelt, als wäre es ein Erstattungsanspruch eines deutschen Sozialhilfeträgers; ob das türkische Recht Fürsorgeleistungen kennt, ist gegenwärtig nicht bekannt.
Umgekehrt sollen Erstattungsansprüche eines deutschen Fürsorgeträgers auf eine türkische Leistung wie ein vergleichbarer türkischer Anspruch behandelt werden; als deutsche Fürsorgeträger kommen dabei die deutschen Trägern der Sozialhilfe im Sinne des SGB XII oder die Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende („Jobcenter“) im Sinne des SGB II in Betracht.
Hinweis:
Die SGK vertritt aktuell die Auffassung, dass sie keine Geldleistungen im Sinne von Art. 49 Abs. 3 SVA-Türkei zahlt (vergleiche auch GRA zu Art. 1 SVA-Türkei, Abschnitt 6). Für die Praxis bedeutet dies, dass die deutschen Träger zwar den Anspruch eines deutschen Fürsorgeträgers auf die türkische Nachzahlung oder laufende Rentenzahlung (zum Beispiel bei Heimunterbringung/Betreuung) nach Art. 49 Abs. 3 SVA-Türkei geltend machen, die SGK darauf aber regelmäßig nicht reagiert.
Verfahren
Meldet ein Sozialhilfeträger einen Erstattungsanspruch nach § 93 Abs. 1 S. 2 SGB XII oder ein Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach §§ 102 ff. SGB X auf die deutsche Rente an, wird die SGK im Formblatt TR 2 (beziehungsweise TR 3) über den geltend gemachten Erstattungsanspruch unterrichtet. Parallel muss der deutsche Fürsorgeträger darüber benachrichtigt werden, dass mit dem deutschen Rentenantrag auch ein zwischenstaatliches Antragsverfahren in der Türkei eingeleitet wurde.
Die nachfolgenden Ausführungen haben nur Bedeutung, sofern – abweichend vom Hinweis im Abschnitt 4 – die SGK im Einzelfall auf die Anmeldung des deutschen Erstattungsanspruchs eines Fürsorgeträgers reagieren sollte:
- Der türkische Träger behält - bei einer Bewilligung einer Rente – die Leistung für die nächsten drei Zahlungsmonate ab Bescheiddatum ein und bestätigt im Formblatt TR 7, bis zu welchem Datum die Rente einbehalten wurde. Außerdem wird im TR 7 die monatliche Rentenhöhe (Abkommensrente oder innerstaatliche Rente aufgrund des Gesetzes 3201) von der SGK angegeben.
- Nach Eingang des türkischen TR 7 ist die deutsche erstattungsberechtigte Stelle unverzüglich zu verständigen und um Bekanntgabe des Zeitraums des Erstattungsanspruchs zu bitten. Der SGK ist dieser Zeitraum unverzüglich mitzuteilen. Die Höhe des eigentlichen Erstattungsanspruches wird von den türkischen Trägern nicht benötigt.
- Wird ein Erstattungsanspruch vom Fürsorgeträger auch auf die laufende türkische Rente geltend gemacht (zum Beispiel bei Tragung der laufenden Heimunterbringungskosten), so ist der SGK nach Eingang des türkischen TR 7 mitzuteilen, dass ein laufender Erstattungsanspruch auf die türkische Rente besteht und daher sowohl die einbehaltene Nachzahlung als auch die laufende türkische Rente zu überweisen sind.
- Die geltend gemachten Erstattungsansprüche auf die Nachzahlung der türkischen Rente werden über die DRV Nordbayern per Zahlungsliste abgewickelt.
- Bei der Überweisung der türkischen Rentennachzahlungen an die DRV Nordbayern wird in der Zahlungsliste neben dem Namen des Berechtigten und der deutschen Versicherungsnummer auch der zuständige Träger der DRV angegeben, für den der Nachzahlungsbetrag bestimmt ist. Die DRV Nordbayern überweist den anderen deutschen Trägern die ihnen zustehenden Beträge zur Abwicklung der Erstattungsansprüche.
- Die Abrechnung des Erstattungsanspruches an den erstattungsberechtigten Träger hat unter Berücksichtigung von Personengleichheit, Zeitdeckung und monatlicher Betragsgegenüberstellung zu erfolgen.
Beachte:
§ 110 SGB X, wonach Beträge unter 50,00 EUR nicht zu erstatten sind, ist auf türkische Nachzahlungen nicht anzuwenden.- Dem Informationsschreiben über die Abrechnung des Erstattungsanspruches an den Fürsorgeträger über den von der SGK im Einzelfall überwiesenen und in Euro umgerechneten Erstattungsbetrag wird die Mitteilung der SGK über die türkischen Rentenhöhen (TR 7) beigefügt.
Anfragen nach einem türkischen Rentenbezug
Die SGK ist nicht bereit, direkte Anfragen deutscher Fürsorgeträger zu beantworten; sie vertritt ferner die Auffassung, dass Jobcenter generell keine Stellen sind, die vom SVA-Türkei erfasst werden (VSB 2018, TOP 16.2 TR).
Beachte:
Entsprechende Anfragen von deutschen Fürsorgeträgern sind daher stets für die anfragenden Stellen über die zuständige deutsche Verbindungsstelle der Rentenversicherung an die türkische Seite zu richten.
Sofern die türkische Seite keine Auskunft über die Höhe der türkischen Rente erteilt, so kann die rentenberechtigte Person die Höhe der türkischen Leistung mit Hilfe des türkischen Rentenbescheides gegenüber einem deutschen Fürsorgeträger dokumentieren. Anpassungsmitteilungen werden bei Erhöhung der türkischen Renten regelmäßig von der SGK nicht versandt. Besitzt die rentenberechtigte Person den türkischen Rentenbescheid nicht mehr oder benötigt sie die aktuelle Rentenhöhe, so kann die Person von der SGK die entsprechenden Angaben anfordern.