Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

Organisation der Sozialversicherung Schweiz

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Aktualisiert

Dokumentdaten
Stand01.09.2015
Version001.01

Organisation der Sozialversicherung

Die schweizerische gesetzliche Sozialversicherung sieht folgende Leistungen vor:

  • Geld- und Sachleistungen bei Krankheit (KV),
  • Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten (UV),
  • Leistungen bei Invalidität, Alter und Tod (IV & AHV),
  • Leistungen bei Arbeitslosigkeit (ALV),
  • Leistungen bei Militärdienst und Zivilschutz (MV) oder bei Mutterschaft (EO) und
  • Familienzulagen (FZ).

Die Familienzulagen - vergleichbar dem deutschen Kindergeld - sind hinsichtlich der Höhe der Leistungen, der Organisation und der Finanzierung kantonal unterschiedlich geregelt. Anspruch auf Familienzulagen haben alle Arbeitnehmer, Nichterwerbstätigen mit geringem Einkommen und die Selbständigen. Für Beschäftigte in der Landwirtschaft gibt es Sonderregelungen. Hinzukommen die Ergänzungsleistungen (EL) zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, wenn die Rente nicht ausreicht den Bedarf zu decken. Sie werden allein vom Staat aus allgemeinen Steuermitteln finanziert, sind einkommens- und vermögensabhängig und daher wohnsitzgebunden. Sie werden auch nach dem Europarecht nicht in die anderen Mitgliedstaaten exportiert (Art. 70 und Anhang X VO (EG) Nr. 883/2004). Gleiches gilt für Hilflosenentschädigungen, als Hilfe zur alltäglichen Lebensverrichtungen, die ebenfalls nicht in Staaten außerhalb der Schweiz erbracht werden (Protokoll zu Anhang II AüF).

Für die Risiken Invalidität, Alter und Tod gilt in der Schweiz das 3-Säulen-Prinzip. Die erste Säule bildet die gesetzliche Rentenversicherung, dort Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) sowie Invalidenversicherung (IV) genannt. Sie ist als allgemeine Volksversicherung für die gesamte Wohnbevölkerung ausgestaltet. Die zweite Säule bildet die berufliche Vorsorge (BV) - vergleichbar den deutschen Betriebsrenten. Sie ist als Pflichtversicherung grundsätzlich für alle Arbeitnehmer ausgestaltet und bietet zusätzliche Vorsorge für das Alter, den Invaliditäts- und Todesfall. Ergänzt werden diese durch die dritte Säule. Sie wird in der Schweiz in die steuerlich begünstigte, gebundene Selbstvorsorge (Säule 3a) für Erwerbstätige bei Versicherungen und Bankstiftungen und die freie Selbstvorsorge (Säule 3b), in Form von privaten Kapitalanlagen unterschieden.

Organisation der gesetzlichen Rentenversicherung

Die gesetzliche Rentenversicherung der Schweiz ist in zwei Versicherungszweige unterteilt, die zusammen als eine Sozialversicherung gelten.

  • Die Alters- und Hinterlassenenversicherung - AHV
    soll bei Wegfall des Erwerbseinkommens infolge Alter oder Tod den Existenzgrundbedarf decken. Die AHV erbringt Leistungen im Alter (Altersrenten) oder an die Hinterlassenen (Witwen-, Witwer- und Waisenrenten). Die Leistungen sind abhängig von der Höhe des bisherigen Einkommens und der Beitragsdauer (siehe GRA zu Leistungen der Rentenversicherung Schweizz 'Leistungen der Rentenversicherung', Abschnitt 3).
  • Die Invalidenversicherung - IV
    bezweckt die Eingliederung beziehungsweise Wiedereingliederung von Personen, die wegen Geburtsgebrechen, Krankheits- oder Unfallfolgen behindert sind. Eine Rentenzahlung erfolgt erst, wenn eine Ein- oder Wiedereingliederung ins Erwerbsleben nicht möglich ist und sich durch die verminderte Leistungsfähigkeit Erwerbseinbußen von mindestens 40 % gegenüber einer gesunden Vergleichsperson ergeben (siehe GRA zu Leistungen der Rentenversicherung Schweiz 'Leistungen der Rentenversicherung', Abschnitt 2.1).

Die Unterscheidung in zwei Zweige der gesetzlichen Rentenversicherung ist historisch, aber auch gesetzlich bedingt (siehe GRA zu Leistungen der Rentenversicherung Schweiz 'Leistungen der Rentenversicherung', Abschnitt 1). Beide Zweige beruhen auf dem Versicherungsprinzip und werden im Umlageverfahren unter Beteiligung des Staates finanziert.

Als sogenannte Einwohnerversicherung ist grundsätzlich jede Person mit Wohnsitz in der Schweiz pflichtrentenversichert (siehe GRA zu Art. 1 Buchstabe t und v VO (EG) Nr. 883/2004 Schweiz: Versicherungszeiten und Wohnzeiten - Versicherungs- und Wohnzeiten Schweiz, Abschnitt 2 ). Da der versicherte und beitragspflichtige Personenkreis in beiden Zweigen identisch ist, berücksichtigen sie bei der Anspruchsprüfung und Berechnung auch dieselben Versicherungszeiten. Es gibt daher nur einen schweizerischen Versicherungsverlauf (siehe GRA zu Art. 1 Buchstabe t und v VO (EG) Nr. 883/2004 Schweiz: Versicherungszeiten und Wohnzeiten - Versicherungs- und Wohnzeiten Schweiz, Abschnitt 5). Ein Beamtensystem gibt es in der Schweiz nicht.

Durchführung der gesetzlichen Rentenversicherung

Die schweizerische Rentenversicherung wird von einer Vielzahl von Trägern durchgeführt, was durch die Unterscheidung in AHV und IV noch verstärkt wird. Aufsicht führt das Bundesamt für Sozialversicherung in Bern. Ein Sondersystem für den öffentlichen Dienst in der Schweiz existiert nicht. Die Rentenversicherung für Beschäftigte des Bundes und ihnen nahe stehenden Organisationen obliegt aber der Eidgenössische Ausgleichskasse (EAK) in Bern, einer der zwei Ausgleichskassen des Bundes.

Die AHV wird durch kantonale Ausgleichskassen, Verbandsausgleichskassen und zwei Ausgleichskassen des Bundes durchgeführt, ihnen obliegen das Einziehen der Beiträge und das Auszahlen der Versicherungsleistungen. Die Zentrale AHV-Ausgleichsstelle, als Teil der Bundesverwaltung, fungiert als Bindeglied zwischen den Kassen. Sie verbucht die Beiträge aller Ausgleichskassen und stellt ihnen die Mittel zur Auszahlung der Renten zur Verfügung. Sie führt zudem ein zentrales Versicherten- und Rentenregister sowie die Buchhaltung des AHV-Ausgleichsfonds, in dem Überschüsse angelegt werden.

Die IV wird durch regional gegliederte IV-Stellen durchgeführt. Diese prüfen die Voraussetzungen entscheiden über Wiedereingliederungsmaßnahmen (vergleichbar den Leistungen zur Teilhabe) und bestimmen den Invaliditätsgrad. Den IV-Stellen stehen medizinische (MEDAS) und berufliche (BEFAS) Abklärungsstellen zur Verfügung. Die regional strukturierten ärztlichen Dienste der IV-Stellen (RAD) beurteilen die medizinischen Aspekte, wie Wiedereingliederungsfähigkeit oder Invalidität. Die Ausgleichskassen unterstützen die IV-Stellen bei der versicherungsrechtlichen Anspruchsprüfung, berechnen die Renten und zahlen sie aus. Die Zentrale Ausgleichsstelle nimmt den Ausgleich der Beiträge und Leistungen mit den Ausgleichskassen vor, führt ein Register der Leistungsbezieher und erstellt entsprechende Statistiken. Sie ist auch Zahlstelle für die Kosten der Ärzte, Krankenhäuser und Eingliederungsstätten.

Die Zuständigkeit der schweizerischen AHV-Ausgleichskasse richtet sich nach der Kasse, der sich der Arbeitgeber angeschlossen hat. Dies kann eine kantonale oder eine Branchenkasse sein. Sobald der Unternehmer einem Verband beitritt, ist dessen Verbandskasse zuständig. Alle Arbeitnehmer eines Betriebes sind in der gleichen AHV-Ausgleichskasse versichert. Für die IV ist die Zuständigkeit des Wohnkantons gegeben, bei dieser muss der Versicherte seinen Anspruch geltend machen. Für Versicherte außerhalb der Schweiz ist die Schweizerische Ausgleichskasse in Genf zuständig.

Vom Europarecht erfasste Systeme

Die Mitgliedstaaten geben Erklärungen ab, welche innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Systeme vom Europarecht erfasst werden sollen (Art. 9 VO (EG) Nr. 883/2004). Da die Schweiz kein EU-Mitgliedstaat ist, hat sie eine solche Erklärung bisher nicht abgegeben.

Für die Schweiz kann aber davon ausgegangen werden, dass alle schweizerischen (Renten-)Versicherungssysteme, auch die Berufständischen Vorsorge (BV), vergleichbar den deutschen Betriebsrenten, erfasst werden. Dadurch können auch deren Leistungen in die Mitgliedstaaten exportieren werden.

Besonderheiten für die deutsche Anspruchsprüfung ergeben sich daraus nicht, da die BV weder mit einem mitgliedstaatlichen Sondersystem noch mit der schweizerischen AHV/IV koordiniert ist (siehe GRA zu Art. 51 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 2). Zusätzlich zu berücksichtigende Versicherungszeiten in der BV liegen ebenfalls nicht vor, da paralell Beschäftigungszeiten im allgemeinen System der gesetzlichen Rentenversicherung, der AHV/IV vorliegen.

Zuständigkeit im zwischenstaatlichen Verfahren

Verbindungsstelle zur AHV/IV ist die Schweizerische Ausgleichskasse in Genf. Mit ihr wird das zwischenstaatliche Verfahren durchgeführt. Sie wird zusammen mit der Zentralen Ausgleichstelle, der Eidgenössischen Ausgleichskasse und der IV-Stelle für Versicherte im Ausland durch die Direktion der Zentralen Ausgleichstelle (ZAS) geführt.

Zusatzinformationen