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Art. 87 VO (EG) Nr. 987/2009: Ärztliche Gutachten und verwaltungsmäßige Kontrollen

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

in Abschnitt 3.1 - Beachte - wurde der Satz gestrichen, dass die auf Wunsch der französischen Träger durchgeführten ärztlichen Untersuchungen erfasst werden.

Dokumentdaten
Stand03.09.2015
Version001.01

Inhalt der Regelung

Absatz 1 legt fest, dass der Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts auf Verlangen des leistungspflichtigen Trägers bei einem Antragsteller oder Leistungsempfänger eine ärztliche Untersuchung nach den von ihm anzuwendenden gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren vorzunehmen hat (vergleiche Abschnitt 2).

Absatz 2 bestimmt, dass der Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts dem leistungspflichtigen Träger hinsichtlich ärztlicher Gutachten Bericht zu erstatten hat und dass der leistungspflichtige Träger dabei an die Feststellungen des Trägers des Aufenthalts- oder Wohnorts gebunden ist (vergleiche Abschnitt 2).

Nach Absatz 3 führt der Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts die verwaltungsmäßige Kontrolle des Berechtigten auf Verlangen des leistungspflichtigen Trägers durch (vergleiche Abschnitt 2).

Absatz 4 enthält Regelungen zur Feststellung des Grades der Pflegebedürftigkeit und hat für die deutsche Rentenversicherung keine Bedeutung.

Nach Absatz 5 können die zuständigen Behörden beziehungsweise zuständigen Träger spezifische Vorschriften und Verfahren vereinbaren, um die Voraussetzungen für eine teilweise oder vollständige Wiederaufnahme der Arbeit durch Antragsteller und Leistungsempfänger und ihre Teilnahme an entsprechenden Programmen zu verbessern (bisher haben die deutschen Rentenversicherungsträger keine diesbezüglichen Vereinbarungen getroffen).

Absatz 6 weicht von dem in Art. 76 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 festgeschriebenen Grundsatz der kostenfreien gegenseitigen Amtshilfe ab und regelt die gegenseitige Erstattung der Kosten, die im Zusammenhang mit den in den Absätzen 1 bis 3 aufgeführten Kontrollen tatsächlich entstanden sind (vergleiche Abschnitt 3).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Verfahren zur Anforderung von ärztlichen Gutachten und zur Durchführung der verwaltungsmäßigen Kontrolle

Art. 87 Abs. 1 bis 3 VO (EG) Nr. 987/2009 beschreiben die Verfahren für die Erstellung von ärztlichen Gutachten und die Durchführung von verwaltungsmäßigen Kontrollen durch den Träger des Wohnortes auf Ersuchen des leistungspflichtigen Trägers.

Nach Absatz 1 nimmt der Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts auf Ersuchen des leistungspflichtigen Trägers bei einem Antragsteller oder Leistungsempfänger die ärztlichen Untersuchungen nach den von ihm anzuwendenden gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren vor. Dabei kann der leistungspflichtige Träger auch mitteilen, welche Aspekte in dem ärztlichen Gutachten berücksichtigt werden sollen.

Nach Absatz 2 erstattet der Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts dem leistungspflichtigen Träger Bericht. Dabei ist der leistungspflichtige Träger an die medizinischen Feststellungen in Gutachten und sonstigen ärztlichen Unterlagen, die im Aufenthalts- oder Wohnort erstellt wurden, gebunden (Absatz 2 Satz 2) und berücksichtigt sie so, als wären sie im eigenen Staat erstellt worden (Art. 49 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009). Dies bedeutet jedoch nicht, dass der leistungspflichtige Träger auch die Beurteilung über das eventuelle Vorliegen von Invalidität/ den Grad der Invalidität übernehmen muss. Über das Vorliegen einer Erwerbsminderung im Sinne von §§ 43, 240 SGB VI beziehungsweise § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI entscheiden allein die deutschen Rentenversicherungsträger.

Dem leistungspflichtigen Träger steht es darüber hinaus frei, den Leistungsberechtigten auch noch durch Ärzte seiner Wahl untersuchen zu lassen. Allerdings kann der Berechtigte nur dann aufgefordert werden, sich in den Mitgliedstaat des leistungspflichtigen Trägers zu begeben, wenn er reisen kann, ohne dass dies seine Gesundheit gefährdet und wenn die damit verbundenen Reise- und Aufenthaltskosten von dem leistungspflichtigen Träger übernommen werden. Diese erstmals in die VO (EG) Nr. 987/2009 aufgenommenen Regelungen sind bereits seit Jahren gängige Praxis der deutschen Rentenversicherungsträger.

Nach Absatz 3 führt der Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts auf Ersuchen des leistungspflichtigen Trägers bei einem Antragsteller oder Leistungsempfänger die verwaltungsmäßige Kontrolle des Berechtigten durch. Absatz 2 gilt auch in diesem Fall, das heißt, der leistungspflichtige Träger ist an die Feststellungen des Aufenthalts- oder Wohnorts gebunden.

Anforderung ärztlicher Unterlagen bei Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat

Reichen die im Rahmen eines Leistungsverfahrens vom Wohnsitzträger (Kontakt-Träger im Sinne von Art. 47 VO (EG) Nr. 987/2009) übermittelten ärztlichen Berichte und Dokumente für die Beurteilung der medizinischen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderung im Sinne von §§ 43, 240 SGB VI beziehungsweise § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI nicht aus, wird dieser um Erstellung und Übersendung weiterer ärztlicher Gutachten gebeten.

In vom beratungsärztlichen Dienst des deutschen Rentenversicherungsträgers ausdrücklich festgelegten Ausnahmefällen können Antragsteller/Leistungsempfänger mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat unter den Voraussetzungen des Art. 87 Abs. 2 Satz 4 VO (EG) Nr. 987/2009 auch durch einen Gutachter in Deutschland untersucht werden.

Bei Nachprüfung der weiteren Leistungsberechtigung oder Anträgen auf Weiterzahlung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird der Wohnsitzträger um Übersendung ärztlicher Gutachten/Berichte gebeten (ebenfalls nur nach Vorgabe des beratungsärztlichen Dienstes und unter den Voraussetzungen des Art. 87 Abs. 2 Satz 4 VO (EG) Nr. 987/2009).

Anforderung ärztlicher Unterlagen bei Wohnsitz in einem Drittstaat

Hat der Versicherte seinen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb der Mitgliedstaaten und obliegt dem deutschen Träger als Kontakt-Träger im Sinne des Art. 47 VO (EG) Nr. 987/2009 die Durchführung des zwischenstaatlichen Verfahrens, kann das zuständige deutsche Konsulat gebeten werden, einen Arzt mit der Untersuchung zu beauftragen.

Ist dagegen ein anderer mitgliedstaatlicher Träger der Kontakt-Träger im Sinne des Art. 47 VO (EG) Nr. 987/2009, wird grundsätzlich ein ausführlicher ärztlicher Bericht (übergangsweise das Formblatt E 213) vom Kontakt-Träger übersandt.

Erstattung der Kosten für ärztliche Gutachten und verwaltungsmäßige Kontrollen

In Abweichung vom Grundsatz der kostenfreien gegenseitigen Amtshilfe nach Art. 76 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 regelt Art. 87 Abs. 6 VO (EG) Nr. 987/2009 die Kostenerstattung für die vom Träger eines anderen Mitgliedstaates erstellten ärztlichen Gutachten beziehungsweise durchgeführten verwaltungsmäßigen Kontrollen.

Danach werden die Kosten, die im Zusammenhang mit den in Art. 87 Abs. 1 bis 3 VO (EG) Nr. 987/2009 durchgeführten verwaltungsmäßigen und ärztlichen Kontrollen/Untersuchungen tatsächlich entstanden sind, dem Träger, der mit der Durchführung der Kontrolle/Untersuchung beauftragt wurde, erstattet. Dies gilt vorbehaltlich eines Abkommens zum Erstattungsverzicht (vergleiche Abschnitt 3.1).

Eine Erstattung der tatsächlich entstandenen Kosten kommt nur dann in Betracht, wenn die verwaltungsmäßigen und ärztlichen Kontrollen/Untersuchungen ausschließlich für den ersuchenden mitgliedstaatlichen Träger vorgenommen werden. Benötigt der beauftragte Träger die Ergebnisse dieser Untersuchungen auch für seine eigenen Zwecke, entfällt die Kostenerstattung durch den ersuchenden Träger.

Siehe Beispiele 1, 2 und 3

Die entstandenen und erstattungsfähigen Kosten werden grundsätzlich in jedem Einzelfall bei dem mitgliedstaatlichen Träger geltend gemacht, der das Ersuchen vorgenommen hat. Dafür steht derzeit noch das Formblatt E 125 zur Verfügung.

Die Erstattung kann aber - je nach Vereinbarung - auch pauschaliert oder durch Sammelabrechnungen erfolgen (beispielsweise wurde mit dem britischen Versicherungsträger eine halbjährliche Abrechnung der angefallenen Kosten vereinbart).

Die Höhe der zu erstattenden Kosten richtet sich nach den Sätzen des zuständigen Trägers des Mitgliedstaates, der das Ersuchen erhalten und ausgeführt hat.

Lassen die Träger der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaats eine (zusätzliche) Begutachtung durchführen, werden dem Träger dieses Mitgliedstaates alle im Zusammenhang mit der Untersuchung und Erstellung des Gutachtens entstandenen Kosten in Rechnung gestellt. Hierzu zählen insbesondere auch nach deutschem Recht erstattungsfähige Aufwendungen des Versicherten, wie zum Beispiel Fahrkosten oder Kosten für die Erstellung eines ärztlichen Gutachtens oder eines ausführlichen ärztlichen Berichts (übergangsweise das Formblatt E 213 DE).

Abkommen zum Erstattungsverzicht

Die Bundesrepublik Deutschland hat mit einigen Mitgliedstaaten Abkommen beziehungsweise Vereinbarungen über einen gegenseitigen Erstattungsverzicht abgeschlossen (Erstattungsverzichtsabkommen). Diese gelten nach Art. 8 und Art. 9 VO (EG) Nr. 987/2009 ab 01.05.2010 (Anwendungsstart der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009) weiter, sofern sie in Anhang 1 VO (EG) Nr. 987/2009 eingetragen sind.

Die noch bestehenden Erstattungsverzichtsabkommen mit Frankreich und Irland können im Rahmen der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 nicht mehr angewendet werden, weil sie nicht als weiter geltende Durchführungsbestimmungen in den Anhang 1 VO (EG) Nr. 987/2009 eingetragen wurden.

Beachte:

Die für die Abrechnung zuständige französische Verbindungsstelle CLEISS vertritt eine andere Rechtsauffassung hinsichtlich der Kosten für ärztliche Gutachten, die für die erstmalige Antragsbearbeitung benötigt werden. Daher wird bis zur weiteren rechtlichen Klärung in diesen Fällen zunächst auf die Geltendmachung von Kosten verzichtet.

Nur das Erstattungsverzichtsabkommen mit Luxemburg findet aufgrund des Eintrags in Anhang 1 VO (EG) Nr. 987/2009 weiterhin Anwendung.

Dies hat zur Folge, dass im Rahmen der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 die den deutschen Rentenversicherungsträgern aus verwaltungsmäßiger und ärztlicher Kontrolle/ Untersuchung (zusätzlich) entstandenen Kosten nach Art. 87 Abs. 6 VO (EG) Nr. 987/2009 von den Trägern anderer Mitgliedstaaten (mit Ausnahme von Luxemburg) erstattet werden müssen. Umgekehrt müssen auch die deutschen Rentenversicherungsträger für jedes zusätzliche Gutachten, das in anderen Mitgliedstaaten (mit Ausnahme von Luxemburg) in Auftrag gegeben wurde, die Kosten tragen.

Hinweis:

Sofern in Fällen ab dem 01.05.2010 weiterhin die VO (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 anzuwenden sind (Art. 90 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 883/2004 und Art. 96 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 987/2009), gelten die noch bestehenden Erstattungsverzichtsabkommen mit Frankreich und Irland - sowie das Abkommen mit Luxemburg - fort.

Die Erstattungsverzichtsregelung mit den Niederlanden (Art. 11 der Durchführungsvereinbarung zum SVA-Niederlande) kann nicht mehr zur Anwendung kommen, da sie von den Ministerien beider Staaten mit Wirkung vom 01.05.2010 außer Kraft gesetzt wurde.

Beispiel 1: Kostenerstattung für den ausführlichen ärztlichen Bericht

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Ein deutscher Rentenversicherungsträger prüft die Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und bittet den italienischen Versicherungsträger um Übersendung eines ausführlichen ärztlichen Berichts (E 213 IT). Da der italienische Versicherungsträger dem in Italien wohnenden Versicherten eine Altersrente gewährt, stehen ihm medizinische Untersuchungsergebnisse nicht zur Verfügung.

Lösung:

Die medizinischen Untersuchungen werden ausschließlich für Zwecke des deutschen Trägers in Auftrag gegeben; dieser muss für die beim italienischen Träger entstandenen Kosten aufkommen und sie erstatten.

Beispiel 2: Kostenerstattung für zusätzliches Gutachten

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Für die Beurteilung, ob Erwerbsminderung vorliegt, ist der übersandte ausführliche ärztliche Bericht aus Belgien nicht ausreichend. Der deutsche Rentenversicherungsträger gibt beim belgischen Versicherungsträger ein psychologisches Zusatzgutachten in Auftrag.

Lösung:

Da dem deutschen Rentenversicherungsträger der ausführliche ärztliche Bericht aus Belgien (E 213 BE) nicht ausreicht, sind dem belgischen Träger die Kosten des zusätzlichen Gutachtens zu bezahlen.

Beispiel 3: Keine Kostenerstattung für ausführlichen ärztlichen Bericht

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Ein in Spanien wohnender Versicherter hat Rente wegen Erwerbsminderung aus seiner spanischen und deutschen Versicherung beantragt. Der spanische Versicherungsträger übersendet dem deutschen Träger den ausführlichen ärztlichen Bericht aus Spanien (E 213 ES).

Lösung:

Für die medizinischen Untersuchungen, die dem ausführlichen ärztlichen Bericht des spanischen Trägers (E 213 ES) zugrunde liegen, kann dieser vom deutschen Träger keine Kostenerstattung verlangen; er hat die Untersuchung auch für eigene Zwecke benötigt.

VO (EG) Nr. 987/2009 vom 16.09.2009

Inkrafttreten: 01.05.2010

Quelle: Amtsblatt (EU) Nr. L 284/1 vom 30.10.2009

Art. 87 Abs. 1 bis 3 VO (EG) Nr. 987/2009 ersetzt Art. 51 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 574/72.

Art. 87 Abs. 4 und 5 VO (EG) Nr. 987/2009 sind neue Vorschriften, zu denen es in der VO (EWG) Nr. 574/72 keine vergleichbaren Regelungen gab.

Art. 87 Abs. 6 VO (EG) Nr. 987/2009 ersetzt Art. 105 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 574/72.

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