Art. 71 VO (EG) Nr. 987/2009: Gemeinsame Bestimmungen - Ausgleich und Beitreibung
veröffentlicht am |
20.08.2019 |
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Stand | 25.06.2019 |
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Version | 002.00 |
Inhalt der Regelung
Art. 71 VO (EG) Nr. 987/2009 hat die Funktion einer Wegweiserregelung in der Durchführungsverordnung und ist die Einstiegsnorm des Kapitels lll des Titels IV VO (EG) Nr. 987/2009 („Rückforderung gezahlter, aber nicht geschuldeter Leistungen, Einziehung vorläufiger Zahlungen und Beiträge, Ausgleich und Unterstützung bei der Beitreibung“).
Für die Umsetzung der Grundregelung aus Art. 84 VO (EG) Nr. 883/2004 eröffnet die VO (EG) Nr. 987/2009 zwei Grundmöglichkeiten:
- den Ausgleich (Art. 72 VO (EG) Nr. 987/2009 bis Art. 74 VO (EG) Nr. 987/2009) und
- die Beitreibung (Art. 75 VO (EG) Nr. 987/2009 bis Art. 85 VO (EG) Nr. 987/2009).
Der Ausgleich ist grundsätzlich vorrangig vor der Beitreibung (siehe auch Abschnitt 2.1).
Ergänzende/korrespondierende Regelungen
Der Art. 71 VO (EG) Nr. 987/2009 ist die Einstiegsnorm in der Durchführungsverordnung zur Umsetzung von Art. 84 VO (EG) Nr. 883/2004.
Art. 71 VO (EG) Nr. 987/2009 verweist zur weiteren Ausführung auf die Art. 72 VO (EG) Nr. 987/2009 bis Art. 74 VO (EG) Nr. 987/2009 (Ausgleich, vergleiche Abschnitt 2) und auf die Art. 75 VO (EG) Nr. 987/2009 bis Art. 85 VO (EG) Nr. 987/2009 (Beitreibung, vergleiche Abschnitt 3).
Ausgleich
Der Ausgleich wird näher in den Art. 72 VO (EG) Nr. 987/2009 bis Art. 74 VO (EG) Nr. 987/2009 geregelt. Diese Bestimmungen treten an die Stelle der bisherigen Art. 111 VO (EWG) Nr. 574/72 und Art. 114 VO (EWG) Nr. 574/72.
Zum Ausgleich bei nicht geschuldeten Leistungen siehe insbesondere GRA zu Art. 72 VO (EG) Nr. 987/2009.
Vorrang des Ausgleichs
Nach Art. 71 VO (EG) Nr. 987/2009 soll eine Forderung aufgrund geschuldeter Beiträge oder eine Forderung aufgrund nicht geschuldeter Leistungen vorrangig („soweit möglich“) bedient werden. Ein Ausgleich setzt grundsätzlich immer voraus, dass in den beteiligten Mitgliedstaaten im entsprechenden Zeitraum auch parallel Leistungsansprüche bestehen beziehungsweise Beitragsforderungen und Beitragszahlungen/Leistungen sich gegenüber stehen.
Für die Anwendung des Art. 72 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 müssen zusätzlich die jeweils nationalen Rechtsvorschriften in den betroffenen Mitgliedstaaten einen Ausgleich ermöglichen, das bedeutet, das jeweilige nationale Recht muss zum Beispiel eine Erstattungsregelung zwischen einzelnen Sozialversicherungszweigen vorsehen beziehungsweise rechtlich ermöglichen.
Beachte:
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Art. 72 VO (EG) Nr. 987/2009 ausschließlich auf nicht geschuldete Leistungen Anwendung findet und über diese Vorschrift nicht etwaige Beitragsforderungen in einem Mitgliedstaat mit Leistungsansprüchen in einem anderen Mitgliedstaat ausgeglichen werden können.
Ein Ausgleich von Beitragsforderungen und Beitragszahlungen beziehungsweise Leistungen ist auch über Art. 73 VO (EG) Nr. 987/2009 möglich. Hierbei geht es insbesondere um Fälle im Sinne von Art. 6 VO (EG) Nr. 987/2009, bei denen anfänglich die Zuständigkeit für die Leistungserbringung oder anwendbaren Rechtsvorschriften unklar war, sodass zunächst ein Träger in Vorleistung gegangen ist beziehungsweise vorläufig Beiträge in Empfang genommen hat und diese Situation im Nachgang berichtigt wird. Im Bereich der Rentenversicherung dürfte es nur wenige Anwendungsfälle für diese Regelung geben, weshalb sie in der Praxis der Rentenversicherungsträger wenig Bedeutung hat.
Wenn ein Ausgleich nicht (vollumfänglich) möglich ist, bleibt im Einzelfall aber gegebenenfalls die Beitreibung (vergleiche Abschnitt 3). Beispielsweise ist ein Ausgleich von vornherein ausgeschlossen, wenn aus einem anderen Mitgliedstaat gar keine Sozialleistung bezogen wird oder wenn bei einer Beitragsforderung gar keine deckungsgleiche Beitragsentrichtung in einem anderen Mitgliedstaat erfolgt ist.
Beitreibung
Die Art. 75 VO (EG) Nr. 987/2009 bis Art. 85 VO (EG) Nr. 987/2009 sehen eine Amtshilfe der mitgliedstaatlichen Träger bei geschuldeten Beiträgen (bisher Art. 92 VO (EWG) Nr. 1408/71) oder bei nicht geschuldeten Leistungen vor.
Neben dem eigentlichen Beitreibungsersuchen nach Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009, ist die Amtshilfe - quasi im Vorstadium der Beitreibung -
- auch im Rahmen eines Auskunftsersuchen nach Art. 76 VO (EG) Nr. 987/2009
- sowie bei Zustellungsersuchen nach Art. 77 VO (EG) Nr. 987/2009 zu gewähren.
Nähere Informationen können der GRA zu Art. 75 VO (EG) Nr. 987/2009 bis GRA zu Art. 85 VO (EG) Nr. 987/2009 entnommen werden.
VO (EG) Nr. 987/2009 vom 16.09.2009 |
Inkrafttreten: 01.05.2010 Quelle: Amtsblatt (EU) Nr. L 284/1 vom 30.10.2009 |