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Art. 75 VO (EG) Nr. 987/2009: Begriffsbestimmungen und gemeinsame Bestimmungen

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Änderung des bezeichneten Trägers (Abs. 2) für eingehende Ersuchen ab 01.07.2019

Dokumentdaten
Stand24.09.2019
Version002.01

Inhalt der Regelung

Art. 75 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 enthält die Begriffsbestimmungen für den Bereich der Beitreibung.

Der Absatz 2 regelt, dass Ersuchen und Mitteilungen über bezeichnete Träger übermittelt werden sollen.

Absatz 3 bestimmt, dass praktische Durchführungsmaßnahmen von der Verwaltungskommission festgelegt werden. Ausdrücklich erwähnt werden diesbezüglich die strukturierten elektronischen Dokumente - kurz: SED - (Art. 4 VO (EG) Nr. 987/2009) und Mindestbeträge für Vollstreckungsmaßnahmen.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Art. 75 VO (EG) Nr. 987/2009 ist eine der Durchführungsnormen zu Art. 84 VO (EG) Nr. 883/2004 und enthält unter anderem die Legaldefinitionen für die Regelungen zum Beitreibungsverfahren nach Art. 76 VO (EG) Nr. 987/2009 bis Art. 85 VO (EG) Nr. 987/2009.

Begriffsbestimmungen

Art. 75 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 beinhaltet die Begriffsbestimmungen (Legaldefinitionen) für die Begriffe „Forderung“ (vergleiche Abschnitt 2.1), „ersuchende Partei“ (vergleiche Abschnitt 2.2) und „ersuchte Partei“ (vergleiche Abschnitt 2.3) im Rahmen eines Beitreibungsverfahrens nach Art. 76 VO (EG) Nr. 987/2009 bis Art. 85 VO (EG) Nr. 987/2009.

Forderung

Der Begriff der „Forderung“ umfasst danach sowohl Forderungen, die auf Beitragsforderungen zurückgehen wie auch Forderungen, die aus zu Unrecht gezahlten Leistungen resultieren.

Die Forderung muss in einem von Art. 3 VO (EG) Nr. 883/2004 erfassten Sozialversicherungszweig entstanden sein. Neben der eigentlichen Forderung gehören auch Zinsen, Geldbußen, Verwaltungsstrafen und alle sonstigen Gebühren und Kosten, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates in die entsprechenden Forderungen einfließen, mit dazu.

Im Bereich der Deutschen Rentenversicherung kommen daher nachfolgende Forderungen in Betracht:

  • Beitragsforderungen für versicherungspflichtige Selbstständige und
  • Leistungsforderungen basierend auf § 50 SGB X und § 118 Abs. 4 SGB Vl sowie
  • die entsprechenden Nebenforderungen (zum Beispiel Säumniszuschläge, Verzugszinsen, Mahngebühren, Vollstreckungskosten).

Ersuchende Partei

Als „ersuchende Partei“ gilt jeder Träger eines Mitgliedstaates, der an einen anderen Träger in einem anderen Mitgliedstaat ein Auskunftsersuchen (Art. 76 VO (EG) Nr. 987/2009), ein Ersuchen um Zustellung (Art. 77 VO (EG) Nr. 987/2009) oder ein Beitreibungsersuchen (Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009) in Zusammenhang mit einer „Forderung“ richtet.

Ersuchte Partei

Die „ersuchte Partei“ bezeichnet den empfangenden Träger in einem anderen Mitgliedstaat, an den ein Ersuchen um Auskunft, Zustellung oder Beitreibung gerichtet werden kann.

Die zuständigen Träger können im Zweifelsfall über die Suchmaske „EESSI Öffentliches Verzeichnis der europäischen Institutionen der Sozialen Sicherheit“ auf der Website der Europäischen Kommission ermittelt werden. Die Suchmaske kann über nachfolgenden Link geöffnet werden:

http://ec.europa.eu/employment_social/social-security-directory/welcome.seam?langId=de

Bezeichnete Träger

Nach Art. 75 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 sollen alle Ersuchen und Mitteilungen grundsätzlich über bezeichnete Träger übermittelt werden. Ziel der Regelung ist es, dass die Ersuchen über zentrale Stellen in den Mitgliedstaaten ausgetauscht werden sollen.

Durch die Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales im Gemeinsamen Ministerialblatt Nr. 1/2011 vom 20.01.2011 (Seite 11, Ziffer 8) sind für bis zum 30.06.2019 eingegangene Ersuchen die deutschen Verbindungsstellen im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabengebietes sowohl für Forderungen aufgrund zu Unrecht gezahlter Leistungen als auch für Forderungen aufgrund geschuldeter Sozialversicherungsbeiträge zuständig.

Zum 01.07.2019 ist bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eine zentrale Stelle im Sinn von Art. 75 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 eingerichtet worden, die als bezeichneter Träger die seit diesem Datum eingehenden Auskunfts-, Zustellungs- und Beitreibungsersuchen für die gesetzliche Rentenversicherung bearbeitet. Die Rechtsgrundlage dafür hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) durch die Änderung des Gemeinsamen Ministerialblattes Nr. 35 vom 23.07.2019 (S. 684, Ziffer 8 Buchstabe c) geschaffen.

Da alle deutschen Rentenversicherungsträger „Träger“ im Sinne von Art. 1 Buchst. p VO (EG) Nr. 883/2004 beziehungsweise „Verbindungsstellen“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b VO (EG) Nr. 987/2009 sind, können grundsätzlich auch alle Träger entsprechende Auskunfts-, Zustellungs- und Beitreibungsersuchen an Träger in anderen Mitgliedstaaten richten.

Durchführungsmaßnahmen und Mindestbeträge

In Art. 75 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 wird bestimmt, dass praktische Durchführungsmaßnahmen einschließlich der Maßnahmen in Bezug auf Art. 4 VO (EG) Nr. 987/2009 sowie in Bezug auf die Festlegung einer Mindestschwelle für Beitreibungsersuchen von der Verwaltungskommission getroffen werden.

Verfahren zum Datenaustausch

Für den Informationsaustausch sind sogenannte Strukturierte Elektronische Dokumente (SED) vorgesehen. In den einzelnen GRAen zu Art. 76 ff. VO (EG) Nr. 987/2009 werden die jeweils zu nutzenden SED aufgeführt, die in der Übergangszeit nach Art. 95 VO (EG) Nr. 987/2009 als Papiervordrucke verwendet werden können. Seitens der Deutschen Rentenversicherung werden die Verfahren grundsätzlich mittels dieser (Papier-)SED geführt.

Ausnahmen können sich in Bezug auf Beitragsforderungen ergeben, wenn für die Beitreibung einer Beitragsforderung ein auf Art. 92 VO (EWG) Nr. 1408/71 basierendes bilaterales Abkommen weiterhin gilt (vergleiche auch GRA zu Art. 8 VO (EG) Nr. 987/2009, Abschnitt 2) und danach bilaterale Formblätter vorgesehen sind. Sofern in Bezug auf einzelne Mitgliedstaaten besondere Formblätter/Verfahren bezüglich einer Beitragsforderung zu beachten sind, wird in der GRA zu Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009, Anlage 1 darauf hingewiesen.

Festlegung einer Mindestschwelle

Nach Art. 75 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 ist seitens der Verwaltungskommission eine Mindestschwelle festzulegen, ab welcher Forderungshöhe ein Beitreibungsersuchen gestellt werden kann. Diese Mindestschwelle sollte ursprünglich in einem Beschluss der Verwaltungskommission veröffentlicht werden. Bisher wurde aber kein entsprechender Beschluss gefasst, sondern bis auf Weiteres soll nach den Diskussionen in der Verwaltungskommission von einer Mindestschwelle in Höhe von 350,00 EUR ausgegangen werden. Solange kein Beschluss mit einem davon abweichenden Wert vorliegt, ist von diesem Betrag auszugehen, der unter anderem auch im Beitreibungsersuchen (SED R017) ausdrücklich bestätigt werden muss.

Ausnahmen von dieser Mindestschwelle können sich unter anderem ergeben, wenn für die Beitreibung einer Beitragsforderung ein auf Art. 92 VO (EWG) Nr. 1408/71 basierendes bilaterales Abkommen weiterhin gilt (vergleiche auch GRA zu Art. 8 VO (EG) Nr. 987/2009, Abschnitt 2) und in diesem Abkommen ein niedrigerer Grenzbeträge festgelegt wurde. Die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) empfiehlt jedoch, bei Anwendung dieser Abkommen für Neufälle ebenfalls die höhere Mindestschwelle in Höhe von 350,00 EUR heranzuziehen.

Sofern in Bezug auf einzelne Mitgliedstaaten weitere Besonderheiten bezüglich einer Mindestschwelle zu beachten sind, wird auch auf die GRA zu Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009, Anlage 1 verwiesen.

VO (EG) Nr. 987/2009 vom 16.09.2009

Inkrafttreten: 01.05.2010

Quelle: Amtsblatt (EU) Nr. L 284/1 vom 30.10.2009

Berichtigung: Amtsblatt (EU) Nr. L 54/18 vom 24.02.2018

Anstatt:

„- ‚Forderung‘ alle Forderungen im Zusammenhang mit nicht geschuldet geleisteten Beiträgen oder gezahlten Leistungen, …“

muss es heißen:

„- ‚Forderungen‘ alle Forderungen im Zusammenhang mit Beiträgen oder zu Unrecht gezahlten oder erbrachten Leistungen, …“

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