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Art. 22 VO (EG) Nr. 883/2004: Pflichtversicherung in der KVdR - Rentenantragsteller

Änderungsdienst
veröffentlicht am

04.07.2022

Änderung

Überarbeitung der GRA und des Beispiels 2, weil die gesetzliche Krankenversicherung ihre Auffassung in Bezug auf die Mitgliedschaft von Rentenantragsteller bei Einfachrentner mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat mit Einwohnerkrankenversicherung geändert hat.

Dokumentdaten
Stand21.06.2022
Version002.00

Inhalt der Regelung

Art. 22 VO (EG) Nr. 883/2004 enthält eine Regelung mit kollisionsrechtlichem Charakter für den Bereich der Krankenversicherung für Rentenantragsteller.

Absatz 1 regelt, welcher Mitgliedstaat in grenzüberschreitenden Fällen für die Erbringung von Sachleistungen für Rentenantragsteller zuständig ist.

Absatz 2 bestimmt ergänzend den Mitgliedstaat, der die Kosten für die nach Absatz 1 zu erbringenden Sachleistungen zu übernehmen hat. Dies ist der Mitgliedstaat, der auch im Falle der Zuerkennung einer Rente nach Maßgabe der Art. 23 bis 25 VO (EG) Nr. 883/2004 zuständig wäre.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

  • Art. 1 Buchst. va VO (EG) Nr. 883/2004
    Diese Vorschrift definiert den Begriff „Sachleistungen“. Danach umfassen Sachleistungen nicht nur Leistungen bei Krankheit, bei Mutterschaft und gleichgestellte Leistungen bei Vaterschaft, sondern auch Leistungen bei Pflegebedürftigkeit.
  • Art. 35 VO (EG) Nr. 883/2004 in Verbindung mit Art. 62 ff. VO (EG) Nr. 987/2009
    Diese Vorschriften regeln die Kostenerstattung zwischen den Trägern im Rahmen des grenzüberschreitenden Krankenversicherungsschutzes.
  • Art. 22 ff. VO (EG) Nr. 987/2009
    Diese Vorschriften enthalten die Regelungen zur Durchführung des grenzüberschreitenden Krankenversicherungsschutzes siehe GRA zu Art. 22 ff. VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 4.17).
  • Art. 32 VO (EG) Nr. 987/2009
    Diese Vorschrift enthält Besonderheiten für von der Krankenversicherungspflicht befreite Personen und Beamte (siehe GRA zu Art. 32 VO (EG) Nr. 987/2009).

Allgemeines

Die Regelung des Art. 22 VO (EG) Nr. 883/2004 stellt sicher, dass Rentenantragsteller zum einen nicht ohne Krankenversicherungsschutz sind und zum anderen nur dem Krankenversicherungsschutz eines Mitgliedstaates unterliegen, selbst wenn die Versicherungsvoraussetzungen in mehreren Mitgliedstaaten erfüllt sind.

Art. 22 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 findet nur Anwendung auf Rentenantragsteller, die im Zeitpunkt der Beantragung der Rente nach den Rechtsvorschriften des zuletzt (etwa aufgrund einer Erwerbstätigkeit) zuständigen Mitgliedstaats keinen Anspruch auf Sachleistungen bei Krankheit im Sinne von Art. 1 Buchstabe va Ziffer i VO (EG) Nr. 883/2004 haben oder diesen Anspruch während der Bearbeitung des Rentenantrags verlieren. In diesem Fall sind die Sachleistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnstaates zu erbringen, sofern die Versicherungsvoraussetzungen den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats erfüllt sind.

Art. 22 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 bestimmt ergänzend den für die Erstattung der Kosten dieser Sachleistungen zuständigen Mitgliedstaat. Welcher dies ist, ergibt sich (wie bei Rentenbeziehern) aus den Regelungen der Art. 23 bis 25 VO (EG) Nr. 883/2004. Im Einzelnen wird hierzu auf die Ausführungen in den dortigen GRA verwiesen.

Sollte der Rentenantragsteller im Wohnstaat keinen Anspruch auf Sachleistungen haben, erhält er von diesem dennoch Sachleistungen im Wege der Sachleistungsaushilfe (vergleiche GRA zu Art. 22 ff. VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 4.17).

Die Festlegung des für die Erstattung der Kosten für die Sachleistungen zuständigen Mitgliedstaats hat ebenfalls Bedeutung für den Einbehalt von Krankenversicherungsbeiträgen und damit auch für den Bereich der gesetzliche Rentenversicherung. Denn nach Art. 30 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 kann nur der Mitgliedstaat Beiträge zur Krankenversicherung einbehalten, der die Kosten für die Leistungen nach Maßgabe der Art. 23 bis 25 VO (EG) Nr. 883/2004 zu übernehmen hat.

Ist nach Maßgabe des Art. 22 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 in Verbindung mit Art. 23 bis 25 VO (EG) Nr. 883/2004 Deutschland der für die Erstattung der Kosten zuständige Staat, kann es damit auch dann zur Mitgliedschaft des Rentenantragstellers in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung kommen, wenn Rentenantragsteller ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat haben.

Siehe Beispiele 1 und 2

Weitere Erläuterungen zur Auswirkung der Regelung des Art. 22 VO (EG) Nr. 883/2004 auf die KVdR und PflegeV von Rentenantragstellern enthält die GRA zu Art. 22 ff. VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 4.12.

Beispiel 1: Rentenantragsteller in einem Mitgliedstaat ohne Einwohnerkrankenversicherung

(Beispiel zu Abschnitt 2)

Ein Berechtigter mit gewöhnlichem Aufenthalt in Frankreich beantragt am 05.10.2021 eine deutsche Altersrente. Die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht in der KVdR nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 bis 12 SGB V sind erfüllt. Die deutsche Rente beginnt am 01.11.2021.

Eine französische Altersrente wird noch nicht beantragt. Der Berechtigte ist in Frankreich nicht krankenversichert.

Lösung:

Nach Art. 22 VO (EG) Nr. 883/2004 ist der Berechtigte ab dem 05.10.2021 als Rentenantragsteller Mitglied in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung. Eine vorrangige Krankenversicherung in einem anderen Mitgliedstaat (hier Frankreich) ist nicht gegeben.

Beispiel 2: Einfachrentner im Mitgliedstaat mit Einwohnerkrankenversicherung

(Beispiel zu Abschnitt 2)

Eine Berechtigte mit Wohnsitz in Italien stellt am 16.09.2021 einen Antrag auf deutsche Altersrente. Die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht in der KVdR nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 bis 12 SGB V sind erfüllt. Die deutsche Rente beginnt am 01.12.2021.

Die Berechtigte ist in Italien nicht beschäftigt und hat keine italienische Altersrente beantragt. Sie ist aber aufgrund ihres gewöhnlichen Aufenthalts in Italien in der dortigen Einwohnerkrankenversicherung versichert.

Lösung:

Die Berechtigte ist, selbst nachdem sie am 16.09.2021 den Antrag auf deutsche Altersrente gestellt hat, weiterhin in der italienischen Einwohnerkrankenversicherung versichert. Sie hat also ihren Anspruch auf Sachleistungen gegenüber der italienischen Einwohnerkrankenversicherung weder bei Einreichung des Rentenantrags noch während der Bearbeitung des Antrags verloren. Die Voraussetzungen des Art. 22 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 sind deshalb nicht erfüllt. Die Berechtigte ist ab dem 16.09.2021 als Rentenantragstellerin weiterhin in der italienischen Einwohnerkrankenversicherung versichert.

Ab Beginn der deutschen Rente am 01.12.2021 findet Art. 25 VO (EG) Nr. 883/2004 Anwendung. Dies hat zur Folge, dass die Berechtigte als deutsche Einfachrentnerin mit gewöhnlichem Aufenthalt in Italien den deutschen Rechtsvorschriften unterliegt (siehe GRA zu Art. 22 ff. VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 9.1.1). Ab Beginn der deutschen Rente ist die Berechtigte in der deutschen KVdR und der Pflegeversicherung versicherungspflichtig.

Auch wenn die Berechtigte ab der Antragstellung am 16.09.2021 noch in der italienischen Einwohnerkrankenversicherung versichert war, ist aufgrund des Rentenantrags der Einfachantragstellerin dennoch das KVdR-Meldeverfahren einzuleiten. Dadurch wird sichergestellt, dass die deutsche Krankenversicherung die Möglichkeit zur Prüfung hat und ab Rentenbeginn das zutreffende Krankenversicherungsverhältnis berücksichtigt werden kann.

VO (EG) Nr. 883/2004 vom 29.04.2004

Inkrafttreten: 20.05.2004

Quelle: Amtsblatt (EU) Nr. L 200/1 vom 07.06.2004 (berichtigte Fassung)

Anzuwenden ab: 01.05.2010

Art. 22 VO (EG) Nr. 883/2004 ist mit der VO (EG) Nr. 883/2004 vom 29.04.2004 am 20.05.2004 in Kraft getreten und ab 01.05.2010 anwendbar (Art. 91 Satz 2 VO (EG) Nr. 883/2004).

Art. 22 VO (EG) Nr. 883/2004 entspricht inhaltlich Art. 26 Abs. 1 und 3 VO (EWG) Nr. 1408/71.

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