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§ 115 SGB X: Erstattungsansprüche gegen den Arbeitgeber - Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG)

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Komplette Überarbeitung

Dokumentdaten
Stand02.09.2015
Rechtsgrundlage

§ 115 SGB X

Version001.01

Inhalt der Vorschrift

§ 115 SGB X gilt grundsätzlich für alle Bereiche des Sozialleistungsrechts.

Nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift soll aber nur der Ausfall von Arbeitsentgelt durch Sozialleistungen kompensiert werden. Danach werden nur Sozialleistungsträger begünstigt, die eine Entgeltersatzleistung erbringen. Sozialleistungen mit Unterhaltscharakter scheiden aus.

Absatz 1 regelt den Forderungsübergang kraft Gesetzes bei unterlassener Entgeltfortzahlung, wenn der Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt vom Arbeitgeber nicht erfüllt wird, obwohl der Arbeitnehmer einen fälligen Anspruch gegen den Arbeitgeber hat.

In Absatz 2 wird bestimmt, dass dem Forderungsübergang keine Verbote der Pfändbarkeit oder Übertragung entgegenstehen. Grundsätzlich kann Arbeitseinkommen nur nach Maßgabe der §§ 850 ff. ZPO gepfändet und gemäß §§ 400 und 1274 Abs. 2 BGB nur bis zur gleichen Höhe abgetreten oder verpfändet werden.

Da der Arbeitnehmer für das nicht gezahlte Arbeitsentgelt aber eine Entgeltersatzleistung erhalten hat, bedarf es der oben genannten Schuldnerschutzregelung bei einer Anwendung des § 115 SGB X nicht.

Absatz 3 bezieht sich auf die Fälle, in denen der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Sachbezüge hat und dieser zugunsten des Erstattungsberechtigten in einen Geldbetrag umgewandelt wird.

Voraussetzungen für den Forderungsübergang

Die Ansprüche gegen den Arbeitgeber gehen bei unberechtigter Verweigerung der Entgeltzahlung auf den Rentenversicherungsträger über. Das heißt, dem Arbeitnehmer muss zum einen aus dem Arbeitsverhältnis ein fälliger Anspruch auf Arbeitsentgelt zustehen. Zum anderen ist der Anspruchsübergang an die Bedingung geknüpft, dass ein Anspruch auf Übergangsgeld nach Maßgabe des § 20 SGB VI besteht. Es muss also eine Kausalität zwischen der Zahlung der Entgeltersatzleistung und der Nichtzahlung des Arbeitsentgeltes bestehen. Erbringt ein Sozialleistungsträger dagegen irrtümlich Sozialleistungen oder liegt eine bloße Absichtserklärung des Leistungsträgers vor, Leistungen erbringen zu wollen, erfolgt kein Anspruchsübergang. Voraussetzung ist demnach, dass eine zeitliche Kongruenz besteht und das Übergangsgeld an die Stelle des nichtgezahlten Arbeitsentgelts tritt.

Es handelt sich um einen Forderungsübergang kraft Gesetzes, zu dessen Entstehung es weder einer Anzeige des Rentenversicherungsträgers noch einer Abtretung des Anspruchs durch den Arbeitnehmer bedarf. Aufgrund des übergegangenen Rechts ist der Rentenversicherungsträger aktiv legitimiert, Ansprüche auch gerichtlich geltend zu machen.

Übergang von Ansprüchen auf Entgeltfortzahlung

Der Anspruch des Versicherten auf Arbeitsentgelt geht mit der Zahlung des Übergangsgeldes bis zur Höhe der gewährten Leistung auf den Rentenversicherungsträger über. Der Anspruch geht somit - anders als in § 116 SGB X - erst in dem Moment über, in dem die tatsächlich erbrachte Leistung des Sozialleistungsträgers vorliegt. Die abstrakte Leistungspflicht als solche ist für den Forderungsübergang nicht ausreichend. Zum Arbeitsentgelt gehören alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung (vergleiche GRA zu § 14 SGB IV). Schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Sachbezüge, so sind sie in einen geldwerten Anspruch umzurechnen, wenn sie auf einen Sozialleistungsträger übergehen. Hierbei sind die Werte der im Zeitpunkt des Forderungsübergangs geltenden Sozialversicherungsentgeltverordnung (§ 17 SGB IV) zu berücksichtigen. Hierbei ist es ohne Bedeutung, ob es sich um einen gesetzlichen oder tarifvertraglichen Entgeltfortzahlungsanspruch handelt. Entscheidend ist, dass der Rentenversicherungsträger Übergangsgeld für eine Zeit gezahlt hat, in der ein vom Arbeitgeber nicht erfüllter Entgeltfortzahlungsanspruch bestand. Es gelten hierbei die Vorschriften über den gesetzlichen Forderungsübergang nach dem Zivilrecht, nämlich § 412 BGB in Verbindung mit §§ 399 bis 404 BGB sowie § 406 BGB. Der Rentenversicherungsträger wird für den Zeitraum, für den die Sozialleistungen erbracht worden sind, Gläubiger gegenüber dem Arbeitgeber des Versicherten.

Ausschlussfristen

Die Ansprüche gegen den Arbeitgeber sind zum frühestmöglichen Zeitpunkt geltend zu machen, um zu vermeiden, dass die Forderung durch Ablauf einer Ausschlussfrist erlischt. Ausschlussfristen finden sich in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen, aber auch in Arbeitsverträgen und sind somit von unterschiedlicher Dauer. Es wird unterschieden zwischen einstufigen und zweistufigen Ausschlussfristen. Bei einer einstufigen Ausschlussfrist ist der Anspruch binnen der festgelegten Frist geltend zu machen, bei zweistufigen Ausschlussfristen wird weiterhin verlangt, dass der Anspruch innerhalb einer weiteren Frist rechtsanhängig gemacht wird. Werden Ausschlussfristen versäumt, bestehen keine durchsetzbaren Forderungsansprüche.

Im Falle der Weigerung des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung ist der Anspruch frühzeitig, möglichst schon bei den Ermittlungen für die Festsetzung des Übergangsgeldanspruchs geltend zu machen und auch zu klären, ob die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Arbeitgeber an bestimmte Ausschlussfristen gebunden ist.

Nach Eintritt des Forderungsüberganges darf der Arbeitgeber den Entgeltanspruch des Arbeitnehmers in Höhe des gezahlten Übergangsgeldes nur noch gegenüber dem neuen Gläubiger (Rentenversicherungsträger) erfüllen; eine Zahlung an den Arbeitnehmer hat keine befreiende Wirkung.

Entgeltfortzahlung im Arbeitsrecht

Die Grundnorm der Entgeltfortzahlung enthält § 616 BGB. Hiernach geht der zur Dienstleistung Verpflichtete seines Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne eigenes Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.

Aus dieser Grundnorm haben sich im Laufe der Zeit mehrere Einzelgesetze entwickelt, die die Weiterzahlung des Entgelts (Lohn, Gehalt oder Vergütung) für sechs Wochen regeln.

Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG)

Der Anspruch auf Weiterzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheitsfalle wurde durch das Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes an Feiertagen und im Krankheitsfalle für alle Arbeitnehmer, unabhängig von der vereinbarten Arbeitszeit, auf eine einheitliche Rechtsgrundlage gestellt. Nach § 1 Abs. 2 EFZG sind „die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten“ Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes.

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht bei jedem Arbeitsverhältnis erst nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses (§ 3 Abs. 3 EFZG). Wird eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation vor Ablauf der Wartezeit angetreten, ist bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen des § 20 SGB VI, ab dem ersten Tag der Rehabilitation Übergangsgeld bis zum Ablauf der Wartezeit zu zahlen. Nach Ablauf der Wartezeit ist vom Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung zu leisten.

Siehe Beispiel 1.

Die Dauer des Entgeltfortzahlungsanspruchs beträgt 6 Wochen (§ 3 Abs. 1 EFZG). Dies entspricht in Anlehnung an § 191 BGB 42 Kalendertagen. Mitgezählt werden auch die Tage, an denen nicht gearbeitet wird, zum Beispiel auch Sonn- und Feiertage. Dieser Zeitraum kann aufgrund tariflicher oder arbeitsvertraglicher Vereinbarungen verlängert, nicht aber zum Nachteil des Arbeitnehmers verkürzt werden. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist - wie nahezu alle Bestimmungen des EFZG - unabdingbar (§ 12 EFZG vergleiche Abschnitt 6.3). Veränderungen sind - abgesehen von § 4 Abs. 4 EFZG - nur zugunsten des Arbeitnehmers möglich. Er endet grundsätzlich mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses.

Die Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung kann ganz oder teilweise entfallen, wenn der Arbeitnehmer seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt (siehe Abschnitt 6.2) oder Vorerkrankungen anzurechnen sind (siehe Abschnitt 7).

Der Entgeltfortzahlungsanspruch besteht nicht nur bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit; sondern auch bei Teilnahme an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Nach § 9 Abs. 1 EFZG gelten die §§ 3 bis 4a und 6 bis 8 EFZG entsprechend für die Arbeitsverhinderung infolge einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation, die unter anderen ein Rentenversicherungsträger bewilligt hat und die in einer Einrichtung der medizinischen Rehabilitation durchgeführt wird. Seit 1. Juli 2001 besteht der Anspruch auf Entgeltfortzahlung auch bei ambulanten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.

Das EFZG erfasst alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, so auch geringfügig und kurzzeitig Beschäftigte (§ 1 EFZG). Die Vorschriften über die Versicherungsfreiheit von geringfügigen Beschäftigungen bleiben unbeachtlich, weil es für das Bestehen eines Entgeltanspruches unerheblich ist, ob Versicherungspflicht besteht oder nicht. Besteht Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung (zum Beispiel § 5 Abs. 2 SGB VI in Verbindung mit § 8 SGB IV), kann es in der Regel nicht zu einem Anspruch auf Übergangsgeld kommen, so dass ein Forderungsübergang entfällt.

Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse sind in der Regel Arbeitsverhältnisse, bei denen nur während eines Teils der betrieblich festgelegten Arbeitszeit gearbeitet wird. In den meisten Fällen werden solche Tätigkeiten regelmäßig gegen ein halbes beziehungsweise anteilmäßig fest vereinbartes Arbeitsentgelt ausgeübt. Auch hier besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch wie bei Vollbeschäftigten.

Bei anderen flexiblen Teilzeitformen (zum Beispiel Abrufarbeiten) ist die Entgeltfortzahlung in den Fällen unproblematisch, wenn bereits vor Beginn der Leistung zur Rehabilitation der Arbeitnehmer zur Arbeit eingeteilte wurde. Dann steht fest, welche Arbeit wegen der Rehabilitation ausfällt, mithin für welche Zeit ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht. Schwierig ist es, wenn die Arbeitszeit noch nicht eingeteilt ist. In diesen Fällen sind die hypothetischen Arbeitstage zu ermitteln. Dazu muss festgestellt werden, an welchen Tagen der Arbeitgeber vermutlich abgerufen hätte. Für diese Tage ist das Arbeitsentgelt zu zahlen. Eine andere Möglichkeit ist eine Entgeltzahlung auf der Basis der durchschnittlichen vertraglichen Arbeitszeit (Durchschnittsprinzip). Das heißt, jeder Reha-Tag, der auf einen „Arbeitstag“ fällt, begründet einen Entgeltfortzahlungsanspruch.

Heimarbeiter

Anstelle der den Arbeitnehmern nach § 3 Abs. 1 EFZG zugebilligten Entgeltfortzahlung besteht in § 10 EFZG für den Fall der Krankheit eines Heimarbeiters eine besondere gesetzliche Regelung. Diese Regelung sieht alternativ zwei Möglichkeiten der wirtschaftlichen Absicherung vor, indem der Auftraggeber

1.einen Zuschlag in Höhe von 3,4 vom Hundert (beziehungsweise 6,4 bei mehr als 2 fremden Hilfskräften) zum regelmäßigen Bruttoarbeitsentgelt (§ 10 Abs. 1 EFZG) zahlt oder
2.das Arbeitsentgelt wie bei Arbeitnehmern weiterzahlt (§ 10 Abs. 4 EFZG).

Verneint der Auftraggeber den Gehaltsanspruch mit der Begründung, einen Zuschlag zum laufenden Entgelt nach § 10 Abs. 1 EFZG zu zahlen, besteht kein Anspruch auf Weiterzahlung des Arbeitsentgelts.

Hinsichtlich der Kürzung des Übergangsgeldes wird auf die GRA zu § 52 SGB IX verwiesen.

Verletzung der Mitteilungspflicht des Arbeitnehmers

Die Entgeltfortzahlung stellt für den Arbeitgeber eine unabdingbare Verpflichtung dar, der er im Falle von unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit beziehungsweise bei Durchführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nachkommen muss. Dies setzt jedoch voraus, dass der Arbeitgeber von den Umständen, die eine Entgeltfortzahlung begründen, Kenntnis erhält.

§ 5 EFZG bestimmt, dass dem Arbeitgeber der Eintritt und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit unverzüglich mitzuteilen und grundsätzlich nach Ablauf des 3. Kalendertages durch eine ärztliche Bescheinigung nachzuweisen ist. Das gilt sinngemäß auch für Reha-Leistungen, wobei hier der Zeitpunkt des Antritts der Rehabilitation, deren voraussichtliche Dauer und gegebenenfalls Verlängerungen unverzüglich mitzuteilen sind (§ 9 Abs. 2 EFZG). Mit der Bewilligung der Leistung zur medizinischen Rehabilitation erhält der Arbeitnehmer vom Rentenversicherungsträger eine entsprechende Bescheinigung für den Arbeitgeber. Kommt der Arbeitnehmer seiner Anzeige- und Nachweispflicht nicht nach, ist der Arbeitgeber nach § 7 Abs. 1 EFZG berechtigt, die Entgeltfortzahlung zu verweigern, solange die vorgesehene Unterrichtung nicht erfolgt ist oder Nachweise über die Arbeitsverhinderung nicht vorliegen.

Das Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers besteht in den genannten Fällen aber nur dann, wenn der Arbeitnehmer die Pflichtverletzung zu vertreten hat (§ 7 Abs. 2 EFZG), das heißt, wenn ihm schuldhaftes Handeln (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) vorgeworfen werden kann.

Sollte der Arbeitgeber im Sinne von § 7 Abs. 1 EFZG verfahren und die Entgeltfortzahlung verweigern, so ist zunächst zu prüfen, ob eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers vorliegt. Wenn dies der Fall ist, ist die Zahlung von Übergangsgeld zu verweigern. Es kann nicht Aufgabe der Solidargemeinschaft der Versicherten sein, die finanziellen Folgen aufzufangen, die durch eine schuldhaft unterlassene Mitteilung entstanden sind (entsprechend BSG vom 16.12.80, AZ: 3 RK 27/79, USK 80270). In einschlägigen Fällen ist der Versicherte im Rahmen einer Anhörung um Stellungnahme zu bitten, ob und gegebenenfalls warum er seiner sich aus § 9 Abs. 2 Buchst. a) EFZG ergebenden Mitteilungspflicht nicht nachgekommen ist. Er soll zu dem Sachverhalt näher Stellung nehmen und ist aufzufordern, die Mitteilung an den Arbeitgeber unverzüglich nachzuholen. Nach Würdigung der Gesamtumstände ist eine Entscheidung darüber zu treffen, ob ein Verschulden des Arbeitnehmers vorliegt.

Ist der Arbeitnehmer zwischenzeitlich seiner Mitteilungspflicht nachgekommen oder hat er die Verletzung dieser ihm obliegenden Pflicht nicht zu vertreten, ist der Arbeitgeber aufzufordern, das Arbeitsentgelt für die zustehende Zeit nachzuzahlen. Im Falle der Weigerung ist Übergangsgeld zu gewähren und einen Anspruch gegen den Arbeitgeber aus übergegangenem Recht (§ 115 SGB X) geltend zu machen.

Abdingbarkeit (vertraglicher Ausschluss)

Nach § 12 EFZG ist eine Abweichung von Vorschriften nach dem EFZG (abgesehen von § 4 Abs. 4 EFZG) zum Nachteil des Arbeitnehmers nicht möglich. Der Anspruch auf Entgelt für die Dauer einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation ist nicht abdingbar, das heißt, durch Vereinbarung der Beteiligten, zum Beispiel Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Einzelvertrag oder gesonderte Abrede, kann von dem Entgeltanspruch nicht abgewichen werden. Solche Vereinbarungen sind unzulässig und somit nichtig. Der Arbeitgeber bleibt dennoch zur Entgeltfortzahlung verpflichtet.

Auch ein Verzicht des Versicherten ist unwirksam. Der Versicherte ist so zu behandeln, als ob er einen Entgeltanspruch hätte, das heißt Übergangsgeld ist wegen der fiktiven Einkommensanrechnung nach § 52 SGB IX nicht zu zahlen.

Entgeltfortzahlung bei aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen

Mit jedem rechtlich selbständigen Arbeitsverhältnis entsteht ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis zur Dauer von sechs Wochen. Eine wiederholte Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ist rechtlich als „Ersterkrankung“ zu behandeln. Eine Anrechnung von Vorerkrankungszeiten aus einem vorangegangenem Arbeitsverhältnis ist nicht möglich (beachte Abschnitt 6.1).

Besondere tarifliche Regelungen

Außer den allgemeinen Bestimmungen des Arbeitsrechts sind die jeweiligen tariflichen Regelungen für besondere Personengruppen zu beachten.

Auswirkung von Vorerkrankungen

Der durch die Teilnahme an einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation im Allgemeinen ausgelöste Entgeltfortzahlungsanspruch kann durch Vorerkrankung ganz oder teilweise abgelaufen sein. Abgesehen von den tariflich getroffenen Regelungen ist ein erneuter Entgeltanspruch bei Wiederholungserkrankungen davon abhängig,

  • ob es sich um dasselbe Grundleiden handelt,
  • welche Zeit zwischen dem Ende der vorangegangenen und der folgenden Arbeitsunfähigkeit liegt.

Dementsprechend ist auch zu prüfen, ob anlässlich einer vom Rentenversicherungsträger durchzuführenden Leistung zur medizinischen Rehabilitation ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht.

Die vorangegangene Arbeitsunfähigkeit steht mit dem Einweisungsleiden nicht im Zusammenhang

Beruht die vorangegangene Arbeitsunfähigkeit auf einer anderen, unabhängigen Erkrankung, die zur Bewilligung der Reha-Leistung führt, so besteht regelmäßig ein neuer Entgeltanspruch für sechs Wochen beziehungsweise 42 Kalendertage. Es kommt nicht darauf an, welche Zeit zwischen der Arbeitsunfähigkeit und dem Beginn der Leistung liegt.

Die vorangegangene Arbeitsunfähigkeit steht mit dem Einweisungsleiden im Zusammenhang

Handelt es sich bei der vorangegangenen Arbeitsunfähigkeit um dasselbe Grundleiden (Fortsetzungserkrankung), entsteht ein erneuter Anspruch auf Entgeltfortzahlung nur in den Fällen, in denen

  • der Arbeitnehmer vor der neuen Arbeitsunfähigkeit beziehungsweise Rehabilitationsleistung mindestens sechs Monate nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig war (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 EFZG) oder
  • seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit die Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 EFZG).

Frist von 6 Monaten (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 EFZG)

Nach dieser Regelung ist ein Abstand von sechs Monaten zwischen den jeweiligen Arbeitsunfähigkeitszeiträumen erforderlich, um einen neuen Entgeltfortzahlungsanspruch auszulösen. Beträgt der Zeitraum weniger als sechs Monate, können die anlässlich der vorangegangenen Arbeitsunfähigkeit(en) geleisteten Entgeltfortzahlungen auf den 6-wöchigen Fortzahlungsanspruch angerechnet werden. Es besteht somit lediglich teilweise oder überhaupt keine Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber.

Die Frist von 6 Monaten ist vom Beginn der erneuten Arbeitsunfähigkeit an zurückzurechnen, wobei der Tag des Eintritts der neuen Arbeitsunfähigkeit nicht mit einzubeziehen ist.

Siehe Beispiel 2.

Nach der Entscheidung des BAG vom 29.09.82, AZ: 5 AZR 130/80, kommt es nicht darauf an, dass der Arbeitnehmer innerhalb des 6-Monatszeitraums voll gearbeitet hat. Das BAG stellt bei der Berechnung dieser Frist nur auf den Zeitablauf und nicht die tatsächliche Arbeitsleistung ab.

Sind seit der letzten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Erkrankung keine 6 Monate vergangen, kann der Anspruch für den Arbeitnehmer zusätzlich nach der 12-Monatsregelung wieder aufleben.

Frist von 12 Monaten (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 EFZG)

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 EFZG entsteht anlässlich einer erneuten Arbeitsunfähigkeit (beziehungsweise Beginn einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation) ein weiterer 6-wöchiger Entgeltfortzahlungsanspruch, wenn seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit (infolge derselben Krankheit) 12 Monate vergangen sind.

Hierbei ist es unerheblich, welcher zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Phasen der Arbeitsunfähigkeit innerhalb des Zwölfmonatszeitraums besteht und wie lange jede Arbeitsunfähigkeitsphase andauerte. Die Verpflichtung zu einer erneuten Entgeltfortzahlung nach Ablauf der 12 Monate setzt aber nicht bei ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit ein. In Fällen durchgehender Arbeitsunfähigkeit verbleibt es bei der einmaligen Entgeltfortzahlung von 6 Wochen zu Beginn der Arbeitsunfähigkeit, selbst wenn diese länger als 12 Monate andauert.

Der Zwölfmonatszeitraum beginnt mit dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, die einen 6-wöchigen Entgeltfortzahlungsanspruch auslöst und endet nach Ablauf von 12 Monaten (nicht Kalendermonaten). Bei der Fristberechnung wird der erste Tag der Arbeitsunfähigkeit nicht mit einbezogen.

Siehe Beispiel 3.

Voraussetzung für einen neuen Entgeltfortzahlungsanspruch ist der Beginn einer weiteren Arbeitsunfähigkeit oder Beginn einer Leistung zur medizinischen Reha (infolge derselben Erkrankung) nach dem Ende der Zwölfmonatsfrist.

Siehe Beispiele 4 und 5.

Beginnt die weitere Arbeitsunfähigkeit oder liegt der Reha-Beginn innerhalb der 12-Monatsfrist, so kommt eine erneute sechswöchige Entgeltfortzahlung für die gesamte Dauer dieser Arbeitsunfähigkeit/Reha nicht in Betracht. Das gilt selbst dann, wenn während dieser Zeit der 12-Monatszeitraum endet.

Siehe Beispiele 6 bis 8.

Die Frist von 12 Monaten wird mit jedem neuen sechswöchigen Entgeltfortzahlungsanspruch neu ausgelöst. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob dieser Entgeltfortzahlungsanspruch auf Nr. 1 (6-Monatsfrist) oder Nr. 2 (12-Monatsfrist) des § 3 Abs. 1 EFZG beruht.

Entgeltfortzahlung bei Entwöhnungsbehandlungen

Ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht nur dann, wenn der Arbeitnehmer ohne Verschulden arbeitsunfähig wird (§ 3 Abs. 1 EFZG).

Ist die Erkrankung auf Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch zurückzuführen, so kann der Arbeitgeber unter Umständen ein Selbstverschulden des Versicherten an der Erkrankung geltend machen und deshalb die Entgeltfortzahlung ablehnen.

Das BAG hat zur Frage der schuldhaften Alkoholabhängigkeit mit Urteil vom 01.06.83, AZ: 5 AZR 536/80, entschieden, dass stets im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände geprüft werden müsse, ob ein Selbstverschulden des Arbeitnehmers vorliegt. Für die krankhafte Alkoholabhängigkeit gelte nichts anderes als für alle anderen Krankheiten auch. Infolgedessen hat der Arbeitgeber das Verschulden des Arbeitnehmers an der Entstehung seiner krankhaften Alkoholabhängigkeit darzulegen und zu beweisen.

Nach der Entscheidung des BAG ist der Arbeitnehmer auf Verlangen des Arbeitgebers verpflichtet, an der Aufklärung aller für die Entstehung der Krankheit erheblichen Umstände mitzuwirken. Diese Mitwirkungspflicht geht bei Anwendung des § 115 Abs. 1 SGB X auf den Sozialversicherungsträger über.

Umfang der Forderung

Die Forderung des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt geht bis zur Höhe des erbrachten Übergangsgeldes auf den Rentenversicherungsträger über und ist auf den Zeitraum begrenzt, für den die Sozialleistungen anstelle der Entgeltfortzahlung erbracht worden sind. Wird durch den Arbeitgeber der Entgeltanspruch nachträglich anerkannt, hat dieser dem Rentenversicherungsträger nur die Übergangsgeldbeträge zu erstatten. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist vom Arbeitgeber an die Krankenkasse (Beitragseinzugsstelle) zu zahlen.

In einem arbeitsgerichtlichen Verfahren sind zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB auf die Gesamtforderung seit Rechtshängigkeit zu beantragen.

Stehen die Kosten der Einbeziehung in keinem Verhältnis zur Höhe des übergegangenen Anspruchs, ist nach § 76 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV eine Niederschlagung möglich.

Anrechnung von Urlaub

§ 10 BUrlG verbietet die Anrechnung von Urlaub auf eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation, soweit nach den gesetzlichen Bestimmungen ein Anspruch auf Fortzahlung von Arbeitsentgelt besteht. Ein Forderungsübergang nach § 115 SGB X kann nicht eintreten.

Beispiel 1: Entgeltfortzahlungsgesetz

(Beispiel zu Abschnitt 6.1)
Aufnahme der Beschäftigung01.03
(Samstag)
Leistung zur medizinischen Reha18.03. bis 08.04.
Lösung:
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht erst nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, also ab 29.03 (Samstag). Übergangsgeld ist zu zahlen vom 18.03. bis 28.03., Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht vom 29.03. bis 08.04.

Beispiel 2: Frist von 6 Monaten (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 EFZG)

(Beispiel zu Abschnitt 7.2.1)
Arbeitsunfähigkeit vom 27.07.12 bis 30.09.12
Anspruch auf Entgeltfortzahlung für sechs Wochen (27.07. bis 06.09.12)
a)b)
Beginn der med. Leistungen wegen derselben Krankheit am02.03.1302.04.13
6-Monatsfrist02.09.12 bis 01.03.1302.10.12 bis 01.04.13
Lösung:
Im Fall a) besteht während der med. Leistung kein erneuter Entgeltfortzahlungsanspruch. Der Versicherte war innerhalb der letzten sechs Monate infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig, nämlich bis 30.09.12.
Im Fall b) liegt das Ende der vorangegangenen Arbeitsunfähigkeit außerhalb des Sechsmonatszeitraums. Es besteht ein neuer 6-wöchiger Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Beispiel 3: Frist von 12 Monaten (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 EFZG)

(Beispiel zu Abschnitt 7.2.2)
Beginn der Arbeitsunfähigkeit12-Monatsfrist
02.09.1403.09.14 bis 02.09.15
31.08.1401.09.14 bis 31.08.15
29.02.12 (Schaltjahr)01.03.12 bis 28.02.13

Beispiel 4: Frist von 12 Monaten (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 EFZG)

(Beispiel zu Abschnitt 7.2.2)
Arbeitsunfähigkeit vom 27.07. bis 01.06.13
Es besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für 6 Wochen vom27.07.12 bis 06.09.12
Beginn der medizinischen Leistung wegen derselben Krankheit am02.08.13
Lösung:
12-Monatsfrist:28.07.12 bis 27.07.13
Der Beginn der medizinischen Leistung liegt außerhalb des 12-Monatszeitraums, so dass ein erneuter Entgeltfortzahlungsanspruch für die Dauer der medizinischen Leistung ab 02.08.13 besteht.

Beispiel 5: Frist von 12 Monaten (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 EFZG)

(Beispiel zu Abschnitt 7.2.2)
Arbeitsunfähigkeit vom 27.07.12 bis lfd.
Es besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für 6 Wochen vom27.07.12 bis 06.09.12
Beginn der medizinischen Leistung am02.08.13
Lösung:
12-Monatfrist:28.07.12 bis 27.07.13
Obwohl der Beginn der medizinischen Leistung (02.08.13) außerhalb des 12-Monatszeitraums liegt, besteht kein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch. Bei einer ununterbrochenen Arbeitsunfähigkeit bis zum Beginn der medizinischen Leistung ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung grundsätzlich auf sechs Wochen begrenzt.

Beispiel 6: Frist von 12 Monaten (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 EFZG)

(Beispiel zu Abschnitt 7.2.2)
Arbeitsunfähigkeit vom27.07.12 bis 01.06.13
Es besteht nur einmal ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für 6 Wochen vom:27.07.12 bis 06.09.12
Medizinische Rehabilitation wegen derselben Krankheit vom22.07.13 bis 18.08.13
Lösung:
12-Monatsfrist:28.07.12 bis 27.07.13
Der Beginn der medizinischen Leistung liegt innerhalb des 12-Monatszeitraums, so dass für diesen Leistungsfall kein erneuter Entgeltfortzahlungsanspruch besteht. Übergangsgeld ist bis zum 18.08.13 zu zahlen.

Beispiel 7: Frist von 12 Monaten (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 EFZG)

(Beispiel zu Abschnitt 7.2.2)
  • wegen Krankheit A vom 27.07.12 bis 30.08.12
= 35 Kalendertage
  • wegen Krankheit A vom 04.11.12 bis 17.11.12
= 14 Kalendertage
  • wegen Krankheit A vom 02.05.13 bis 18.05.13
= 17 Kalendertage
Am 27.07.12 beginnt der 6-wöchige Entgeltfortzahlungsanspruch:27.07. bis 30.08.12
und vom04.11. bis 10.11.12
(insgesamt 42 Tage).
Zwischen den einzelnen Erkrankungen liegen jeweils keine 6 Monate.
a)b)
Beginn der medizinischen Leistung wegen Erkrankung A27.06.1318.08.13
Lösung:
12-Monatsfrist:28.07.12 bis 27.07.13
im Fall a) beginnt die Reha innerhalb der 12-Monatsfrist, so dass ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch für die Dauer der medizinischen Leistung nicht besteht.
Demgegenüber ist im Fall b) der Arbeitgeber verpflichtet, wieder eine Entgeltfortzahlung für 6 Wochen zu erbringen. Zu Beginn der medizinischen Leistung (am 18.08.13) ist der 12-Monatszeitraum abgelaufen.

Beispiel 8: Frist von 12 Monaten (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 EFZG)

(Beispiel zu Abschnitt 7.2.2)
  • wegen Krankheit A vom 27.07.12 bis 30.08.12
= 35 Kalendertage
  • wegen Krankheit A vom 04.11.12 bis 17.11.12
= 14 Kalendertage
  • wegen Krankheit B vom 02.02.13 bis 10.03.13
= 37 Kalendertage
  • wegen Krankheit A vom 02.05.13 bis 18.05.13
= 17 Kalendertage
Am 27.07.12 beginnt der 6-wöchige Entgeltfortzahlungsanspruch für Erkrankung A:27.07. bis 30.08.12
und vom04.11. bis 10.11.12
(insgesamt 42 Tage). Zwischen den einzelnen Erkrankungen liegen jeweils keine 6 Monate.
Für die Erkrankung B ist das Arbeitsentgelt durchgehend zu zahlen.
a)b)
Beginn der medizinischen Leistung wegen Erkrankung A27.06.1318.08.13
Lösung:
12-Monatsfrist:28.07.12 bis 27.07.13
Die Erkrankung B vom 02.02.13 bis 10.02.13 unterbricht oder verlängert weder den 12-Monatszeitraum.
im Fall a) beginnt die Reha innerhalb der 12-Monatsfrist, so dass ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch für die Dauer der medizinischen Leistung nicht besteht.
Demgegenüber ist im Fall b) der Arbeitgeber verpflichtet, wieder eine Entgeltfortzahlung für 6 Wochen zu erbringen. Zu Beginn der medizinischen Leistung (am 18.08.13) ist der 12-Monatszeitraum abgelaufen.

Die Vorschrift ist am 01.07.1983 in Kraft getreten (BGBl. I, 1450) und ersetzt für die Rentenversicherung § 18f Abs. 4 AVG/§ 1241f Abs. 4 RVO alte Fassung.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 115 SGB X