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§ 74a SGB X: Übermittlung zur Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Ansprüche und im Vollstreckungsverfahren

Änderungsdienst
veröffentlicht am

14.09.2020

Änderung

Die Mindesthöhe der Forderungen wurde gestrichen.

Dokumentdaten
Stand09.09.2020
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 12.06.2020 in Kraft getreten am 01.07.2020
Rechtsgrundlage

§ 74a SGB X

Version002.00

Inhalt der Regelung

§ 74a Abs. 1 SGB X regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Datenübermittlung zur Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Ansprüche zulässig ist.

Mit § 74a Abs. 2 SGB X wurde eine Befugnis der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zur Übermittlung von Sozialdaten zur Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens an Gerichtsvollzieher geschaffen.

Allgemeines

Die Datenübermittlung zur Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Forderungen war bis zum 31.12.2012 im § 68 Abs. 1 SGB X geregelt. Die Mindestforderung betrug 600,00 EUR. Seit dem 01.01.2013 war eine Datenübermittlung nach § 74a Abs. 1 SGB X im Einzelfall auf Ersuchen zur Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Ansprüche in Höhe von 500,00 EUR zulässig (Abschnitt 3). Die Mindesthöhe der Forderung wurde zum 01.07.2020 gestrichen.

Gerichtsvollzieher hatten bis zum 31.12.2012 keine Möglichkeit, im Rahmen eines privaten Vollstreckungsverfahrens Auskünfte bei der Deutschen Rentenversicherung einzuholen. Im Zuge der Modernisierung der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung wurden die Regelungen für die Übermittlung von Sozialdaten zur Durchsetzung von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Forderungen vereinheitlicht und in einer neuen Vorschrift zusammengefasst.

Mit § 74a Abs. 2 SGB X wurde ab 01.01.2013 für die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung die zu den Auskunftsrechten des Gerichtsvollziehers korrespondierende Übermittlungsbefugnis geschaffen. Danach dürfen im Einzelfall auf Ersuchen des Gerichtsvollziehers zur Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens zulässig bestimmte Sozialdaten übermittelt werden (Abschnitt 4). Die bisher vorgeschriebene Mindesthöhe der Forderung in Höhe von 500,00 EUR wurde zum 01.07.2020 gestrichen. Die Ersuchen und die Auskunft sind seit diesem Zeitpunkt elektronisch zu übermitteln.

Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Ansprüche (§ 74a Abs. 1 SGB X)

Eine Datenübermittlung nach § 74a Abs. 1 SGB X ist nur an öffentliche Stellen zulässig. Diese müssen in ihren Auskunftsersuchen bestätigen, dass sie die Daten zur Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Ansprüche benötigen.

Die Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Ansprüche umfasst deren Geltendmachung, Sicherung und Vollstreckung.

Beispiele für öffentlich-rechtliche Forderungen sind

  • Kommunalabgaben,
  • Gemeindeforderungen oder Geldbußen,
  • Grund- und Gewerbesteuern,
  • Forderungen, die von Hauptzollämtern als Vollstreckungsbehörden gemäß §§ 4ff. VwVG vollstreckt werden, bei denen es sich weder um Steuerschulden noch um Forderungen von Sozialleistungsträgern handelt,
  • die von den Staatlichen Unterkunftsverwaltungen nach der Verordnung über die Übernahme und vorläufige Unterbringung von Aussiedlern und Übersiedlern vom 19.09.1989 (ÜUV) zu erhebenden Nutzungsgebühren für die Unterbringung.

Privatrechtliche Forderungen, auch wenn sie von öffentlichen Stellen durchgesetzt werden, lassen keine Datenübermittlung nach § 74a Abs. 1 SGB X zu.

Beispiele für privatrechtliche Forderungen öffentlicher Stellen sind

  • Forderungen öffentlicher Stellen hinsichtlich Miet- oder Pachtschulden, zum Beispiel des Bundesverwaltungs- oder Liegenschaftsamtes,
  • Rückforderungen überzahlter Gehälter von Arbeitnehmern öffentlicher Stellen (bei der Rückforderung von überzahlten Dienstbezügen der Beamten handelt es sich hingegen um öffentlich-rechtliche Ansprüche).

Auskünfte nach § 74a Abs. 1 SGB X können von allen Sozialleistungsträgern erteilt werden. Welche Stellen Sozialleistungsträger sind, richtet sich neben § 35 Abs. 1 SGB I nach den §§ 18 bis 29 SGB I, erweitert um die sogenannten Quasi-Leistungsträger nach § 69 Abs. 2 SGB X.

Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens (§ 74a Abs. 2 SGB X)

Im Rahmen des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung wurde den Gerichtsvollziehern ab 01.01.2013 in § 755 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) die Befugnis übertragen, erforderlichenfalls den Aufenthaltsort des Schuldners bei den Meldebehörden zu ermitteln. Wenn dies erfolglos bleibt, dürfen die Gerichtsvollzieher nach § 755 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO entsprechende Informationen bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung erheben (§ 755 Abs. 2 S. 2 ZPO).

Außerdem haben Gerichtsvollzieher nach § 802l Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auch das Recht, bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung Auskünfte zu Namen, Vornamen oder die Firma sowie die Anschriften der derzeitigen Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Schuldners einzuholen.

Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung dürfen ausschließlich für die Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens Sozialdaten an Gerichtsvollzieher übermitteln. Bei den zu vollstreckenden Ansprüchen handelt es sich regelmäßig um privatrechtliche Forderungen.

Der Gerichtsvollzieher ist nach § 154 GVG ein mit Zustellungen, Ladungen und Vollstreckungen zu betrauender Beamter. Er führt die Zwangsvollstreckung im Auftrag des Gläubigers gemäß § 753 Abs. 1 ZPO durch, soweit diese nicht den Gerichten zugewiesen ist.

Zwangsvollstreckungen sind nur zulässig, wenn ein mit einer Vollstreckungsklausel versehener Titel vorliegt, der dem Schuldner zugestellt wurde beziehungsweise zeitgleich mit dem Beginn der Vollstreckung zugestellt wird.

Auskünfte an Gerichtsvollzieher dürfen erst erteilt werden, wenn dem Gerichtsvollzieher ein Vollstreckungsauftrag erteilt und die vollstreckbare Ausfertigung übergeben wurde.

Der Gerichtsvollzieher muss in seinem Auskunftsersuchen ausdrücklich bestätigen, dass er die Auskünfte zur Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens benötigt. Die Vorlage des Vollstreckungsauftrages ist nicht erforderlich.

Eine Datenübermittlung nach dieser Vorschrift ist ausschließlich an Gerichtsvollzieher zulässig. Auskünfte an Gläubiger oder andere Vollstreckungsorgane, zum Beispiel Vollstreckungsgerichte, sind nicht zulässig.

Umfang der zulässig zu übermittelnden Sozialdaten

§ 74a Abs. 1 und Abs. 2 SGB X lassen lediglich eine begrenzte Datenübermittlung zu. Danach dürfen

  • nach § 74a Abs. 1 SGB X nur:
    • der Name,
    • der Vorname,
    • das Geburtsdatum,
    • der Geburtsort,
    • die derzeitige Anschrift der betroffenen Person,
    • der derzeitige oder künftige Aufenthalt der betroffenen Person sowie
    • Namen, Vornamen oder Firma und Anschriften ihrer derzeitigen Arbeitgeber;
  • nach § 74a Abs. 2 SGB X nur:
    • die derzeitige Anschrift der betroffenen Person,
    • der derzeitige oder künftige Aufenthalt der betroffenen Person sowie
    • Namen, Vornamen oder Firma und Anschriften ihrer derzeitigen Arbeitgeber

zulässig übermittelt werden.

Es handelt sich hier um eine abschließende Aufzählung. Über diesen Datenkatalog hinausgehende Daten (zum Beispiel Angaben über die Rentenhöhe oder Leistungsbezug) dürfen somit nur mit Einwilligung der betroffenen Personen (§ 67b SGB X) übermittelt werden.

Sind Versicherte bereits verstorben, können die Auskunftsersuchen unter Mitteilung des Todesdatums zurückgegeben werden, da das Sterbedatum nach Auffassung des Bundesministerium für Arbeit und Soziales - BMAS - (AZ: Iva 1 - 49935 - 68/2 vom 24.1.1986) nicht dem Sozialgeheimnis (§ 35 SGB I) unterliegt. Sterbedatum und -ort dürfen daher übermittelt werden, ohne dass eine der Voraussetzungen der §§ 67ff. SGB X vorliegt.

Derzeitige Anschrift

Hierunter fallen nur die aktuellen Daten über die Anschrift der betroffenen Person zum Zeitpunkt des Eingangs des Auskunftsersuchens. Ermittlungen sind hierzu nicht zu führen.

Grundsätzlich können als "derzeitige" Anschriften nur die aktuell im Versicherungskonto gespeicherten Adressdaten übermittelt werden.

Auskunftsersuchen über betroffene Personen, die unter Betreuung stehen, sind ohne zusätzliche Mitteilung der Tatsache der Betreuung oder der Anschrift des Betreuers zu beantworten, da eine Übermittlung dieser Daten im Rahmen von § 74a SGB X nicht zulässig ist.

Derzeitiger und künftiger Aufenthaltsort

Zum derzeitigen Aufenthaltsort gehören Erkenntnisse über andere Aufenthaltsorte der betroffenen Personen, zum Beispiel in einer Rehabilitationsklinik, in einem Krankenhaus oder in einer Auskunfts- und Beratungsstelle oder in einer Behörde anlässlich einer Vorsprache.

Ein künftiger Aufenthaltsort ist regelmäßig zum Zeitpunkt der Anfrage nicht bekannt. In Einzelfällen können aber Erkenntnisse über den Antritt einer Rehabilitationsmaßnahme oder den Besuch einer Auskunfts- und Beratungsstelle oder eines Sprechtages vorliegen; diese dürfen dann zulässig übermittelt werden.

Ermittlungen sind nicht zu führen.

Soweit im Übermittlungsersuchen nur nach dem derzeitigen Aufenthalt gefragt wird, kann auch eine Übermittlung der Anschrift des derzeitigen Arbeitgebers erfolgen, weil die betroffene Person sich im Rahmen seiner Beschäftigung in der Regel dort aufhält.

Derzeitiger Arbeitgeber und derzeitige Firma

Öffentlichen Stellen und Gerichtsvollziehern dürfen Auskünfte über den derzeitigen Arbeitgeber übermittelt werden. Der Arbeitgeber kann eine natürliche Person sein, zum Beispiel ein Einzelhandelskaufmann oder ein Handwerker. Hier können Namen, Vorname und derzeitige Anschrift des Arbeitgebers mitgeteilt werden. Der Arbeitgeber kann aber auch ein öffentliches oder privates Unternehmen (Firma) sein. Hier sind der Name des Arbeitgebers und seine Anschrift zu übermitteln.

Während nach § 802l Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Gerichtsvollzieher den „Namen, ... Anschriften der derzeitigen Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Schuldners erheben“ dürfen, dürfen nach § 74a Abs. 2 SGB X nur „Namen, ... Anschriften seiner derzeitigen Arbeitgeber“ übermittelt werden. Eine Einschränkung auf „versicherungspflichtige“ Beschäftigungsverhältnisse erfolgt in § 74a Abs. 2 SGB X nicht. Im Wege der Auslegung anhand der Gesetzesbegründung zu den neuen Auskunftsrechten der Gerichtsvollzieher ist davon auszugehen, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, dieses Auskunftsrecht nicht auf versicherungspflichtige Personen zu beschränken. Auskünfte an Gerichtsvollzieher im Rahmen von § 74a Abs. 2 SGB X dürfen deshalb über alle aktuellen Arbeitgeber erteilt werden, das heißt auch über geringfügige versicherungsfreie oder nach § 6 Abs. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht befreite Beschäftigungen (AGGDS 2/2013, TOP 3).

Feststellung des aktuellen Arbeitgebers

Zur Feststellung des derzeitigen Arbeitgebers kann nicht nur das Versicherungskonto im engeren Sinne, sondern zusätzlich auch der Betriebsprüfungsteil zum Konto verwendet werden (PGGDS 1/2002, TOP 7, AKGO 1/2002, TOP 4).

Unter Berücksichtigung der Melderegelungen der DEÜV ist davon auszugehen, dass der sich aus der letzten Anmeldung ergebende Arbeitgeber der derzeitige Arbeitgeber ist. Als aktueller Arbeitgeber kann somit grundsätzlich der Arbeitgeber mitgeteilt werden, der aus einer noch offenen Anmeldung hervorgeht (AGGDS 2/2013, TOP 4).

Endet die letzte Entgeltmeldung im Versicherungskonto im Verlauf eines Jahres (ist gleich Abmeldung), ohne dass eine neue Anmeldung erfolgt ist, so ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber gewechselt wurde und der derzeitige Arbeitgeber nicht bekannt ist.

Ruhend gestellte Betriebsnummer

Ist eine Betriebsnummer als ruhend gestellt gekennzeichnet, handelt es sich nicht um einen derzeitigen, sondern um einen früheren Arbeitgeber. Diese Einordnung orientiert sich an der Verfahrensweise der Bundesagentur für Arbeit, die einen Betrieb dann als ruhend gestellt kennzeichnet, wenn zum Beispiel im Rahmen einer Betriebsprüfung zu einer Betriebsnummer keine Beitragszahlungen mehr festgestellt werden oder offene Beschäftigungsverhältnisse nicht mehr vorliegen.

Bestehen aber keine Beschäftigungsverhältnisse, so sind auch keine derzeitigen Arbeitnehmer zu einem Arbeitgeber vorhanden. Als Folge dessen ist somit die Einordnung als früherer Arbeitgeber vorzunehmen. Im Ergebnis sind Angaben über einen ruhend gestellten Betrieb als Informationen eines früheren Arbeitgebers einzuordnen. Eine Übermittlung von Angaben über einen ruhend gestellten Betrieb ist daher im Rahmen von § 74a Abs. 1 SGB X nicht zulässig (AGGDS 6/2009, TOP 4, FAO 4/2009, TOP 4).

Zusätzliche Übermittlungsvoraussetzungen

Sozialdaten dürfen nur übermittelt werden, sofern die auskunftsersuchenden Stellen in ihren Anfragen Folgendes bestätigen:

Schutzwürdige Interessen

Die im § 74a Abs. 1 und Abs. 2 SGB X genannten Sozialdaten dürfen nur dann zulässig übermittelt werden, wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass dadurch schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen beeinträchtigt werden.

Schutzwürdige Interessen sind vor allem Rechtspositionen, wie sie sich aus den Grundrechten ergeben. Eine Beeinträchtigung liegt beispielsweise vor, wenn die übermittelten Daten zu einer rassischen, religiösen oder politischen Diskriminierung der betroffenen Personen führen könnten. Auch wenn die Daten geeignet sind, Rückschlüsse auf Verstöße der betroffenen Personen gegen Rechtsvorschriften anderer Staaten zuzulassen, überwiegt das Interesse der betroffenen Personen an einer Geheimhaltung. Bereits die Möglichkeit von Diskriminierung und Strafverfolgung kann somit bei Vorliegen der Voraussetzungen des Satzes  einer Datenübermittlung entgegenstehen.

Grund zur Annahme, dass durch die Übermittlung schutzwürdige Belange der betroffenen Person beeinträchtigt werden, kann im Einzelfall bestehen, wenn beispielsweise als Wohnanschrift eine psychiatrische Klinik genannt werden müsste.

Die bloße Beeinträchtigung wirtschaftlicher Belange beziehungsweise allein der Umstand, dass die betroffenen Personen mit der Übermittlung (mutmaßlich) nicht einverstanden sind, reicht als Ablehnung für eine Übermittlung jedoch nicht aus. Hier überwiegt das Allgemeininteresse.

Die Prüfung, ob schutzwürdige Interessen von betroffenen Personen bei einer Datenübermittlung verletzt werden, ist in jedem Einzelfall vorzunehmen. Bereits beim Bestehen von Zweifeln, ob die schutzwürdigen Interessen gewahrt bleiben, sollte von einer Übermittlung abgesehen beziehungsweise eine Einwilligung der betroffenen Person eingeholt werden.

Zeitliche Einschränkung

Eine Übermittlung von Daten ist nur zulässig, wenn das Übermittlungsersuchen nicht länger als sechs Monate zurückliegt.

Beschaffung der Daten auf andere Art und Weise

Nach § 74a Abs. 1 und Abs. 2 SGB X besteht keine Amtshilfeverpflichtung, wenn sich die ersuchende Stelle die Daten auch auf andere Weise beschaffen kann. Dadurch soll verhindert werden, dass den Sozialleistungsträgern die Funktion von Ersatzmeldebehörden zukommt (vergleiche BT-Drucksache 8/4022, S. 84 zum § 68 SGB X in der Fassung bis 31.12.2012).

Die ersuchende Stelle muss daher erst alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Datenbeschaffung „auf andere Weise“ nutzen. Sie muss dann in ihrem Auskunftsersuchen bestätigen, dass sie bei anderen Stellen (beispielsweise bei Meldebehörden) erfolglos versucht hat, die aktuelle Anschrift der betroffenen Personen zu ermitteln. Die ersuchende Stelle muss nicht darlegen, wo sie erfolglos ermittelt hat, sondern nur bestätigen, dass sie vorrangig versucht hat, sich die benötigten Daten auf andere Weise zu beschaffen. Fehlt dieser Hinweis der vorrangigen Ermittlung im Auskunftsersuchen, ist das Übermittlungsersuchen abzulehnen beziehungsweise mit der Bitte um entsprechende Ergänzung an die auskunftsbegehrende Stelle zurückzusenden. Dies gilt auch dann, wenn sich die ersuchende Stelle die erforderlichen Angaben nur mit erheblichen Schwierigkeiten beschaffen kann.

Die Einschränkung des § 74a Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 SGB X gilt nur für die vorrangige Ermittlung der aktuellen Anschrift der betroffenen Person, da hier andere Ermittlungsmöglichkeiten bestehen. Aktuelle Arbeitgeberanschriften können regelmäßig nicht anderweitig ermittelt werden. Sofern daher nur nach dem aktuellen Arbeitgeber gefragt wird, kann eine Auskunft erteilt werden.

Ausnahme:

Nach § 74a Abs. 1 S. 3 SGB X findet Satz 2 keine Anwendung für Vollstreckungsbehörden, die nach § 66 SGB X für Sozialleistungsträger Maßnahmen der Vollstreckung durchführen. Die Vollstreckungsbehörden der Länder können sich also ohne vorherige anderweitige Ermittlungen direkt an die Rentenversicherungsträger beziehungsweise andere Sozialleistungsträger wenden.

Gleiches gilt für ein Übermittlungsersuchen eines Gerichts, das in Prozessangelegenheiten und nicht nur in Verwaltungsangelegenheiten tätig wird.

Hinweis:

Auskunftsersuchen der Hauptzollämter für Sozialleistungsträger können regelmäßig nach § 69 SGB X beantwortet werden (Abschnitt 3); damit brauchen in diesen Fällen die Hauptzollämter nicht woanders ermitteln (GRA zu § 69 SGB X).

Weitere Anforderungen an Ersuchen der Gerichtsvollzieher

Eine Datenübermittlung an Gerichtsvollzieher für die Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens nach § 74a Abs. 2 S. 3 SGB X ist nur zulässig, wenn der Gerichtsvollzieher in seinem Ersuchen zusätzlich zu den unter den Abschnitten 6.1 bis 6.3 beschriebenen Voraussetzungen bestätigt, dass

  • der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802c der Zivilprozessordnung nicht nachgekommen ist oder
  • bei einer Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten wäre oder
  • die Anschrift oder der derzeitige oder zukünftige Aufenthaltsort des Schuldners trotz Anfrage bei der Meldebehörde nicht bekannt ist.

Sofern nicht das Vorliegen einer dieser Voraussetzungen vom Gerichtsvollzieher in seinem Auskunftsersuchen bestätigt wurde, ist eine Datenübermittlung unzulässig.

Besonderheiten bei Ersuchen der Gerichtsvollzieher

Seit dem 01.07.2020 sind die Auskunftsersuchen und die Auskünfte elektronisch zu übermitteln. Zur Annahme der Anfragen steht bei der Datenstelle der Rentenversicherung (DSRV) in Würzburg das Verfahren eGerichtsvollzieher zur Verfügung. Von dort aus werden die Ersuchen auch auf elektronischem Weg beantwortet.

Erhebung von Gebühren

Entgegen der grundsätzlichen Kostenfreiheit für Verfahren bei den Behörden nach dem Sozialgesetzbuch (dazu gehört auch die Übermittlung von Daten an dritte Personen oder Stellen) erhalten die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für jede nach § 74a Abs. 2 SGB X an Gerichtsvollzieher erteilte Auskunft eine Gebühr von 10,20 EUR (§ 64 Abs. 1 S. 2 SGB X).

Siebtes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 12.06.2020 (BGBl. I S. 1248)

Inkrafttreten: 01.07.2020

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksachen 19/17586 und 19/19037

Durch Artikel 8 des Gesetzes wurde die Mindesthöhe der Forderungen von 500,00 Euro für öffentlich-rechtliche Forderungen und für Forderungen im Vollstreckungsverfahren gestrichen.

Des Weiteren sind Auskunftsersuchen der Gerichtsvollzieher und Auskünfte an diese nur noch elektronisch zu übermitteln.

Gesetz zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 17.07.2017 (BGBl. I S. 2541)

Inkrafttreten: 25.05.2018

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksachen 18/12611

Durch Artikel 24 des Gesetzes wurden die Begriffsbestimmungen redaktionell an die Begriffsbestimmungen aus Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 (DSGVO) angepasst.

Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung vom 29.07.2009 (BGBl. I S. 2258)

Inkrafttreten: 01.01.2013

Quelle zum Entwurf: BR-Drucksache 304/08, BT-Drucksache 16/10069

Der § 74a SGB X ist durch das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung mit Wirkung vom 01.01.2013 eingeführt worden. Er enthält Regelungen zur Übermittlung von Sozialdaten an öffentlich-rechtliche Stellen und an Gerichtsvollzieher zur Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens, wenn die Höhe der Ansprüche mindestens 500,00 EUR beträgt.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 74a SGB X