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§ 286c SGB VI: Vermutung der Beitragszahlung im Beitrittsgebiet

Änderungsdienst
veröffentlicht am

21.12.2019

Dokumentdaten
Stand13.12.2019
Erstellungsgrundlage in der Fassung des RÜG vom 25.07.1991 in Kraft getreten am 01.01.1992
Rechtsgrundlage

§ 286c SGB VI

Version002.00

Inhalt der Regelung

§ 286c S. 1 SGB VI begründet einen Vermutungsschutz. Danach wird für Zeiten vor dem 01.01.1992 bei ordnungsgemäßer Bescheinigung in den Versicherungsunterlagen des Beitrittsgebietes die Rechtmäßigkeit des Bestehens eines Versicherungsverhältnisses und der Beitragszahlung im Beitrittsgebiet vermutet. Die Vorschrift entspricht der Regelung in § 199 Abs. 1 S. 1 SGB VI.

§ 286c S. 2 SGB VI bestimmt, dass Zeiten, in denen eine Rente aus der Rentenversicherung oder eine Versorgung bezogen wurde, die nach den bis zum 31.12.1991 im Beitrittsgebiet geltenden Vorschriften Versicherungs- oder Beitragsfreiheit bewirkte, den Vermutungsschutz nach Satz 1 nicht genießen.

 Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 286c SGB VI entspricht der für Zeiten im alten Bundesgebiet geltenden Regelung in § 286 Abs. 2 SGB VI und überträgt den bisher für den Inhalt rechtzeitig umgetauschter Versicherungskarten geltenden Vermutungsschutz auf die Eintragungen in den Versicherungsunterlagen des Beitrittsgebiets.

Eine mit § 286c S. 1 SGB VI vergleichbare Regelung enthält § 199 S. 1 SGB VI für ab 01.01.1992 ordnungsgemäß gemeldete Zeiten im Beitrittsgebiet.

Voraussetzungen für die Rechtsvermutung

Betroffen sind Arbeitszeiten oder Zeiten der selbständigen Tätigkeit, die vor dem 01.01.1992 im Beitrittsgebiet zurückgelegt wurden und in den Versicherungsunterlagen des Beitrittsgebietes ordnungsgemäß bescheinigt sind.

Die Eintragung einer Zeit des Grundwehrdienstes im SV-Ausweis unterliegt nicht dem Vermutungsschutz, da § 286c SGB VI lediglich dann anzuwenden ist, wenn wegen eines Arbeitsrechtsverhältnisses oder einer selbständigen Tätigkeit Versicherungspflicht bestand und aufgrund dessen Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung gezahlt wurden. Wehrpflichtige erhielten Wehrsold, der nicht beitragspflichtig war. Wann und aufgrund welcher Unterlagen ein Grundwehrdienst als Beitragszeit anerkannt oder vorgemerkt werden kann, ergibt sich auch aus den Ausführungen der GRA zu § 248 SGB VI, Abschnitt 2.

Für Zeiten als Selbständiger oder mitarbeitender Familienangehöriger ist zu beachten, dass von einer ordnungsgemäßen Beitragsbescheinigung grundsätzlich nur dann ausgegangen werden kann, wenn der Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung (zuvor Versicherungsausweis beziehungsweise Versichertenausweis) in der letzten Spalte einen Sichtvermerk vom Rat des Kreises, Abteilung Finanzen, enthält. Auf die entsprechende GRA zu § 248 SGB VI, Abschnitt 4.3.4 wird hingewiesen. Fehlt der Sichtvermerk, genießt die Eintragung grundsätzlich keine Rechtsvermutung. Es muss dann anhand anderer Beweismittel geprüft werden, ob die Beitragszeit nachgewiesen oder ausreichend glaubhaft gemacht ist. Fehlen lediglich die letzten Sichtvermerke wegen einer früheren Übersiedlung (Flucht), ist die GRA zu § 286b SGB VI, Abschnitt 4.3 zu beachten.

Wirkung der Rechtsvermutung

Soweit in den Versicherungsunterlagen des Beitrittsgebietes für Zeiten vor dem 01.01.1992 Arbeitszeiten oder Zeiten der Selbständigkeit ordnungsgemäß bescheinigt sind, ist zu vermuten, dass während dieser Zeiten Versicherungspflicht bestanden hat und für das angegebene Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen die Beiträge gezahlt worden sind.

Diese Regelung ermöglicht es den Trägern der Rentenversicherung, insbesondere bei der Berechnung einer Rente, sämtliche im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung oder in entsprechenden vorher geltenden Versicherungsunterlagen (zum Beispiel Versicherungskarten und Versichertenausweise für Beschäftigte und Selbständige) eingetragene Zeiten zu berücksichtigen, ohne die tatsächliche Versicherungspflicht und ordnungsgemäße Beitragszahlung prüfen zu müssen.

Zeiten während des Rentenbezuges

Die Vermutung der Beitragszahlung gilt nicht für Zeiten, in denen eine Rente aus der Rentenversicherung oder eine Versorgung bezogen wurde, die nach den bis zum 31.12.1991 im Beitrittsgebiet geltenden Vorschriften zur Versicherungs- oder Beitragsfreiheit führte (§ 286c S. 2 SGB VI). Diese Regelung bezieht sich aber wegen der Änderung des § 248 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 SGB VI durch das ZRBG faktisch nur noch auf Renten oder Versorgungen jeweils wegen Alters. Es bestehen deshalb keine Bedenken, Eintragungen in Sozialversicherungsausweisen zur Grundlage für die Anerkennung von Beitragszeiten während des Bezuges einer Rente vor Beginn der Altersrente oder Versorgung wegen Alters zu machen (vergleiche auch Ausführungen zu „Weiterbeschäftigte Rentenempfänger“ in der GRA zu § 248 SGB VI).

„Ungültig“-Stempel im SV-Ausweis

Wurde ein neuer SV-Ausweis ausgestellt, waren alle nicht beschriebenen Seiten beziehungsweise Rubriken des nicht mehr zu verwendenden Ausweises durch Schrägstriche zu entwerten. Eine solche Entwertung erfolgte teilweise aber auch durch die Verwendung eines „Ungültig“-Stempels, der zum Teil auch auf beschriebene Seiten aufgedruckt wurde. Trotz dieser Aufdrucke besteht für die gegebenenfalls für „ungültig“ gekennzeichneten Eintragungen die sich aus § 286c SGB VI ergebende Rechtsvermutung.

Widerlegung der Rechtsvermutung

Die Vermutung der Beitragszahlung kann von den Trägern der Rentenversicherung widerlegt werden. Hierzu ist aber der volle Beweis für die Unrichtigkeit der Eintragungen hinsichtlich des Beschäftigungszeitraumes und/oder des bescheinigten Arbeitsverdienstes zu erbringen. Etwaige Zweifel gehen zu Lasten der Rentenversicherung.

Für weiterbeschäftigte Rentenbezieher - vergleiche Abschnitt 3.1.

Überschreiten der BBG-Ost

Von einer Widerlegung der Rechtsvermutung kann in der Regel ohne weitere Ermittlungen ausgegangen werden, wenn

  • für ein Kalenderjahr ein Arbeitsverdienst oberhalb der damaligen Beitragsbemessungsgrenze-Ost von 7.200,00 Mark jährlich,
  • für einen kürzeren Zeitraum (zum Beispiel vom 01.01. bis 13.08.) Arbeitsverdienste oberhalb von 600,00 Mark pro angefangenen Monat

im SV-Ausweis bescheinigt wurden.

Ein taggenaues Bestimmen der Beitragsbemessungsgrenze-Ost wird für die Frage, ob die Rechtsvermutung widerlegt werden kann, auch dann nicht vorgenommen, wenn die im SV-Ausweis bescheinigte Versicherungszeit durch Arbeitsausfalltage (ATA) oder sonstige Unterbrechungen verkürzt wird. Für das Bestimmen der anteiligen Beitragsbemessungsgrenze-Ost müsste die monatliche Beitragsbemessungsgrenze von 600,00 Mark auf die Anzahl der jeweiligen Arbeits- und nicht Kalendertage des Monats verteilt werden. Hierfür müsste unter anderem die jeweilige Kalendersituation berücksichtigt werden. Die jeweilige Anzahl der Arbeitstage war in den einzelnen Monaten individuell unterschiedlich (zum Beispiel bei unbezahlter Freistellung von der Arbeit). Damit dürfte es für Teilmonate unmöglich sein, die anteilige Beitragsbemessungsgrenze-Ost zu bestimmen, um damit zugleich die Rechtsvermutung zweifelsfrei zu widerlegen.

Etwas anderes kann im Wege der freien Beweiswürdigung in Einzelfällen angenommen werden, wenn zum Beispiel durch eine bereits vorliegende Arbeitsverdienstbescheinigung nachweislich für einen anderen als im SV-Ausweis angegeben Zeitraum beziehungsweise Arbeitsverdienst Beiträge zur Sozialpflichtversicherung beziehungsweise Freiwilligen Zusatzrentenversicherung gezahlt worden sind.

Konsequenzen

Sind in den SV-Ausweis für Zeiten vor dem 01.03.1971 Arbeitsverdienste oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze eingetragen, wird trotz Widerlegung der Rechtsvermutung angenommen, dass irrtümlich der tatsächlich erzielte Arbeitsverdienst bescheinigt wurde. Insofern kann der oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegende Arbeitsverdienst in der Regel als zusätzlicher Arbeitsverdienst im Sinne von § 256a Abs. 3 SGB VI berücksichtigt werden.

Siehe Beispiele 1 und 2

Für Zeiten nach dem 28.02.1971 ist jedoch eine Kürzung auf 7.200,00 Mark pro Jahr beziehungsweise 600,00 Mark pro angefangenen Monat vorzunehmen. Diese Beträge gelten selbst dann, wenn in den bescheinigten Zeitraum zum Beispiel Zeiten der Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitsausfalltage (ATA) fallen und deshalb die im SV-Ausweis eingetragene Beitragszeit (maschinell) verkürzt wird.

Siehe Beispiele 3 bis 5

Beispiel 1: Eintragung im SV-Ausweis

(Beispiel zu Abschnitt 4.2)
01.01. bis 31.12.19658.543,00 Mark
04.03. bis 05.06.1965 wegen Krankheit arbeitsunfähig
Lösung:
Die Entgelteintragung unterliegt nur bis zu 7.200,00 Mark dem sich aus § 286c SGB VI ergebenden Vermutungsschutz. Gleichwohl ist für die Zeit vom 01.01. bis 03.03.1965 sowie vom 06.06. bis 31.12.1965 ein Gesamtarbeitsverdienst von 8.543,00 Mark zu berücksichtigen. Hier wird vermutet, dass irrtümlich der tatsächlich erzielte Arbeitsverdienst bescheinigt wurde und insofern der oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegende Arbeitsverdienst nach § 256a Abs. 3 SGB VI anrechenbar ist.

Beispiel 2: Eintragung im SV-Ausweis

(Beispiel zu Abschnitt 4.2)
01.01. bis 13.08.19656.439,50 Mark
11.02. bis 13.04.1965 wegen Krankheit arbeitsunfähig
Lösung:
Die Entgelteintragung unterliegt nur bis zu 4.800,00 Mark (8 x 600,00 Mark) dem sich aus § 286c SGB VI ergebenden Vermutungsschutz. Gleichwohl ist für die Zeit vom 01.01. bis 10.02.1965 sowie vom 14.04. bis 13.08.1965 ein Gesamtarbeitsverdienst von 6.439,50 Mark zu berücksichtigen. Hier wird vermutet, dass irrtümlich der tatsächlich erzielte Arbeitsverdienst bescheinigt wurde und insofern der oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegende Arbeitsverdienst nach § 256a Abs. 3 SGB VI anrechenbar ist.

Beispiel 3: Eintragung im SV-Ausweis

(Beispiel zu Abschnitt 4.2)
01.01. bis 31.12.19748.543,00 Mark
04.03. bis 05.06.1974wegen Krankheit arbeitsunfähig
Lösung:
Die Entgelteintragung unterliegt nur bis zu 7.200,00 Mark dem sich aus § 286c SGB VI ergebenden Vermutungsschutz. Trotz der Arbeitsunterbrechung vom 04.03. bis 05.06.1974 ist hier ein Arbeitsverdienst von 7.200,00 Mark anzurechnen, weil ohne Nachweis über die tatsächlichen Verhältnisse die sich aus § 286c SGB VI ergebende Rechtsvermutung nur für die oberhalb von 7.200,00 Mark liegenden Arbeitsverdienste zweifelsfrei widerlegt ist. Die Berücksichtigung des oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze-Ost liegenden Arbeitsverdienstes als zusätzlichen Arbeitsverdienst im Sinne von § 256a Abs. 3 SGB VI ist hier ausgeschlossen, weil der Versicherte keine Beiträge zur FZR gezahlt und sich damit nicht in vollem Umfang versichert hat. Es kann auch nicht angenommen werden, dass der gekürzte Betrag in der FZR versichert und hier nur irrtümlich nicht entsprechend in den SV-Ausweis eingetragen wurde.

Beispiel 4: Eintragung im SV-Ausweis

(Beispiel zu Abschnitt 4.2)
01.01. bis 13.08.19746.439,50 Mark
11.02. bis 13.04.1974 wegen Krankheit arbeitsunfähig
Lösung:
Die Entgelteintragung unterliegt nur bis zu 4.800,00 Mark (8 x 600,00 Mark) dem sich aus § 286c SGB VI ergebenden Vermutungsschutz. Trotz der Arbeitsunterbrechung vom 11.02. bis 13.04.1974 und dem Ende der Beschäftigung im Laufe des Monats August ist hier ein Arbeitsverdienst von 4.800,00 Mark anzurechnen, weil ohne Nachweis über die tatsächlichen Verhältnisse die sich aus § 286c SGB VI ergebende Rechtsvermutung nur für den oberhalb von 4.800,00 Mark liegenden Arbeitsverdienst zweifelsfrei widerlegt ist. Die Berücksichtigung des oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze-Ost liegenden Arbeitsverdienstes als zusätzlichen Arbeitsverdienst im Sinne von § 256a Abs. 3 SGB VI ist hier ausgeschlossen, weil der Versicherte keine Beiträge zur FZR gezahlt und sich damit nicht in vollem Umfang versichert hat. Es kann auch nicht angenommen werden, dass der gekürzte Betrag in der FZR versichert und hier nur irrtümlich nicht entsprechend in den SV-Ausweis eingetragen wurde.

Beispiel 5: Eintragung im SV-Ausweis

(Beispiel zu Abschnitt 4.2)
01.01. bis 31.12.19767.200,00 Mark
23.10. bis 28.12.1976 wegen Krankheit arbeitsunfähig
Lösung:
Die Entgelteintragung unterliegt trotz der länger als einen Kalendermonat dauernden Arbeitsunterbrechung wegen Krankheit in Höhe von 7.200,00 Mark dem sich aus § 286c SGB VI ergebenden Vermutungsschutz. Gleiches würde gelten, wenn für die Dauer der Krankheit im vorderen Teil des SV-Ausweises zusätzlich ATA in Summe eingetragen wären. Ohne Nachweis der tatsächlichen Verhältnisse kann die Rechtsvermutung nicht widerlegt werden.
RÜG vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 12/405

§ 286c SGB VI wurde durch Artikel 1 Nummer 110 des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) in das SGB VI eingefügt und ist mit Wirkung vom 01.01.1992 in Kraft getreten (Artikel 42 Abs. 1 RÜG).

In dem vor dem 01.01.1992 im Beitrittsgebiet geltenden Sozialversicherungsrecht gab es keine entsprechende Vorschrift.

§ 286c S. 1 SGB VI ist der in den alten Bundesländern bis zum 31.12.1991 geltenden Regelung in § 1423 Abs. 1 RVO beziehungsweise in § 145 Abs. 1 AVG nachgebildet. Unter bestimmten Voraussetzungen unterlagen Eintragungen in Versicherungskarten danach einem Vermutungsschutz.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 286c SGB VI