§ 286a SGB VI: Glaubhaftmachung der Beitragszahlung und Aufteilung von Beiträgen
veröffentlicht am |
12.11.2019 |
---|
Stand | 24.08.2015 |
---|---|
Erstellungsgrundlage | in der Fassung des RÜG vom 25.07.1991 in Kraft getreten am 01.01.1992 |
Rechtsgrundlage | |
Version | 003.01 |
- Inhalt der Regelung
- Glaubhaftmachung der Beitragszahlung (Absatz 1)
- Aufteilung von Arbeitsentgelten und Beiträgen (Absatz 2)
Inhalt der Regelung
§ 286a SGB VI regelt die Anerkennung von Beitragszeiten bis 31.12.1949.
Bei Fehlen der Versicherungsunterlagen reicht nach Absatz 1 für die Anerkennung von Beitragszeiten bis 31.12.1949 die Glaubhaftmachung der rechtserheblichen Tatsachen aus.
Absatz 2 regelt die Aufteilung von Beiträgen beziehungsweise stellt Vermutungen für den Beginn und das Ende der Versicherung auf. Die Bestimmung entspricht den §§ 7 und 8 VuVO (Versicherungsunterlagen-Verordnung), die zum 01.01.1992 durch Art. 41 Nr. 1 RÜG aufgehobenen wurden.
Ergänzende/korrespondierende Regelungen
Folgende Regelungen korrespondieren mit § 286a SGB VI:
- § 203 SGB VI (Glaubhaftmachung der Beitragszahlung),
- § 286 SGB VI (Versicherungskarten),
- § 286b SGB VI (Glaubhaftmachung der Beitragszahlung im Beitrittsgebiet),
- § 256b SGB VI (Entgeltpunkte für glaubhaft gemachte Beitragszeiten),
- § 20 SGB X (Untersuchungsgrundsatz),
- § 21 SGB X (Beweismittel),
- § 23 SGB X (Glaubhaftmachung, Versicherung an Eides statt).
Für Beitragszeiten ab 01.01.1950 kommt entweder in Betracht:
- ein Kartenersatz nach § 286 Abs. 4 SGB VI oder
- eine Glaubhaftmachung von Beitragszeiten nach § 286 Abs. 5 SGB VI (Zeiten bis 31.12.1972) beziehungsweise nach § 203 Abs. 1 SGB VI (Zeiten ab 01.01.1973).
Beitragszahlungen im Beitrittsgebiet vom 09.05.1945 bis 31.12.1991 (in Berlin Ost vom 01.02.1949 bis 31.12.1991) können nach § 286b SGB VI glaubhaft gemacht werden.
Glaubhaftmachung der Beitragszahlung (Absatz 1)
Die Vorschrift gilt für die Anerkennung von Beitragszeiten in folgenden Gebieten:
- Beitragszeiten im jeweiligen Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze außerhalb der Bundesrepublik Deutschland (Reichsgebiets-Beitragszeiten) bis 08.05.1945,
- Beitragszeiten im Beitrittsgebiet bis 08.05.1945,
- Beitragszeiten in Berlin Ost vom 09.05.1945 bis 31.01.1949,
- Beitragszeiten in den alten Bundesländern einschließlich Berlin West bis 31.12.1949.
Voraussetzung für die Anerkennung von Beitragszeiten ist das Fehlen von Versicherungskarten. Die Gründe, die zum Fehlen oder zur Vernichtung der Versicherungskarten geführt haben, sind unerheblich. Sie sind nicht auf Kriegseinwirkungen beschränkt. Das Fehlen kann darin liegen, dass die Unterlagen in einem vernichteten oder nicht erreichbaren Teil des Kartenarchivs beim Rentenversicherungsträger aufzubewahren gewesen sind. Versicherte können aber auch glaubhaft machen, dass die Versicherungskarte bei ihnen, dem Arbeitgeber oder auf dem Wege zum Renten-versicherungsträger verloren gegangen, unbrauchbar geworden oder zerstört worden ist (Fehlen der Gebrauchsversicherungskarte).
Nachweis/Glaubhaftmachung der Beitragszeit
Für Zeiten bis zum 31.12.1949 kommt bei Verlust von Versicherungsunterlagen wie beispielsweise Quittungskarten oder Versicherungskarten auch die Anerkennung von Beitragszeiten nach § 286a Abs. 1 SGB VI in Betracht. Grundsatz ist, dass der Rentenversicherungsträger zunächst sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen muss, erreichbare Beweismittel beizuziehen. Beim Beweiswürdigen und dem Abgrenzen von Beweis und Glaubhaftmachung sind stets die Gesamtumstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.
Von einer nachgewiesenen Beitragszeit ist auszugehen, wenn entweder
- der zeitliche Umfang der Beitragszeit nachgewiesen oder
- der zeitliche Umfang der Beitragszeit glaubhaft und
- die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen ist.
Mittel des Nachweises sind insbesondere Bescheinigungen der Krankenkasse, aus denen der genaue Umfang der Beitragszeit (mit Angaben über mögliche Unterbrechungstatbestände) hervorgeht. Ist das Arbeitsentgelt nachgewiesen, zum Beispiel durch Lohnsteuerkarten, handelt es sich um einen Kartenersatz nach § 286 Abs. 4 SGB VI. Auch ein von der Krankenkasse mitgeteilter Grundlohn (= Mittelwert einer Lohnstufe), stellt zum Beispiel eine sogenannte wirklichkeitsnahe Rekonstruktion des Arbeitsentgelts dar.
Ist ein Nachweis der Beitragszeit in diesem Sinne nicht mehr möglich (vergleiche GRA zu § 286 SGB VI), reicht für die Anerkennung von Beitragszeiten im Rahmen des § 286a SGB VI die Glaubhaftmachung aus. Dabei sind bei Fehlen der Versicherungsunterlagen folgende rechtserhebliche Tatsachen glaubhaft zu machen:
- Für Pflichtversicherte
- Ausüben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit,
- Zahlung von Beiträgen für diese Zeit,
- Tätigkeitsmerkmale für eine Einstufung in eine Leistungsgruppe.
Zu möglichen Mitteln der Glaubbhaftmachung siehe Abschnitt 2.2.
- Für freiwillig Versicherte
- Zeitraum und Höhe der freiwilligen Beitragszahlung.
Zur Erhaltung der Anwartschaft waren zum Beispiel vom 01.01.1938 bis 31.12.1956 in der ArV mindestens 26 Wochenbeiträge und in der AV mindestens 6 Monatsbeiträge für jedes Kalenderjahr zu leisten.
Für Zeiten nach dem 31.12.1938 brauchten nach § 15 des „Gesetzes über weitere Maßnahmen in der Rentenversicherung aus Anlass des Krieges“ vom 15.01.1941 Beiträge zur Erhaltung der Anwartschaft nicht entrichtet zu werden. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass für Zeiten ab 01.01.1939 allgemein keine freiwilligen Beiträge mehr zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft entrichtet worden sind. Denn zu dem Zeitpunkt, als die begünstigende Regelung bekannt gegeben worden ist, hatten freiwillig Versicherte in der Regel für 1939 und zum Teil für 1940 schon für je 26 Wochen Beiträge im Rahmen allgemeinen Anwartschaftsrechts entrichtet. Erfahrungsgemäß haben viele freiwillig Versicherte nach Bekanntwerden der Regelung vom 15.01.1941 die freiwillige Beitragsleistung nicht eingestellt, sondern auch in den weiteren Kriegsjahren für je 26 Wochen Beiträge gezahlt. Für Zeiten des Zweiten Weltkriegs sind somit bei glaubhaft gemachter freiwilliger Beitragsleistung grundsätzlich 26 Wochenbeiträge je Kalenderjahr anzuerkennen.
Geben Versicherte an, über die zur Erhaltung der Anwartschaft notwendigen Beiträge hinaus weitere freiwillige Beiträge entrichtet zu haben, so haben sie diese Beitragsentrichtung durch geeignete Beweismittel nachzuweisen.
Mittel der Glaubhaftmachung
Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (GRA zu § 21 SGB X).
Ob eine Tatsache im Sinne des § 286a Abs. 1 SGB VI glaubhaft gemacht ist, hängt von den Gesamtumständen des Einzelfalles ab (vergleiche Abschnitt 2.1). Zu den Unterlagen, die geeignet sind, rechtserhebliche Tatsachen zu einer versicherungpflichtigen Beschäftigung und der dafür erfolgten Beitragszahlung glaubhaft zu machen, gehören insbesondere:
- Bescheinigungen der Krankenkasse, ohne zusätzliche Angaben über eventuelle Unterbrechungstatbestände,
- Arbeitsbücher,
- Bescheinigungen des Arbeitgebers,
- Lehr- und Arbeitsverträge,
- Zeugenerklärungen.
Als Mittel der Glaubhaftmachung können auch eigene eidesstattliche Erklärungen der Versicherten zugelassen werden, die dann von den Rentenversicherungsträgern abzunehmen sind. Diese Möglichkeit kommt regelmäßig nur in Betracht, wenn die rechtserheblichen Tatsachen nicht auf andere Weise glaubhaft gemacht werden können (GRA zu § 23 SGB X und § 286a Abs. 1 S. 3 und 4 SGB VI).
Für die Glaubhaftmachung einer freiwilligen Versicherung müssen verwertbare Angaben und Erkenntnisse über die Zeit der freiwilligen Versicherung, die Anzahl und die Höhe der Beiträge sowie ihrer Entrichtungsform vorhanden sein, damit die Beitragszahlung für eine in Verlust geratene Versicherungsunterlage überwiegend wahrscheinlich ist.
Ermittlung der Entgeltpunkte für Beitragszeiten
Nachgewiesene Pflichtbeitragszeiten erhalten, sofern die Arbeitsentgelte nicht wirklichkeitsnaher rekonstruiert werden können, Arbeitsentgelte aus den Tabellenwerten der Anlagen 1 bis 16 zum FRG (§ 256c Abs. 2 SGB VI).
Für glaubhaft gemachte Pflichtbeitragszeiten im Sinne von § 286a SGB VI werden - sofern die Arbeitsentgelte nicht wirklichkeitsnaher rekonstruiert werden können - Arbeitsentgelte aus fünf Sechsteln der Tabellenwerte der Anlagen 1 bis 16 zum FRG ermittelt (§ 256b Abs. 1 Satz 9 SGB VI).
Für jeden Teilmonat wird auch nur der auf den Teilmonat entfallende Anteil des Arbeitsentgeltes berücksichtigt.
Für die Bewertung von freiwilligen Beiträgen gilt § 256b Abs. 3 SGB VI in Verbindung mit Anlage 15 zum SGB VI.
Aufteilung von Arbeitsentgelten und Beiträgen (Absatz 2)
Absatz 2 der Vorschrift regelt in Satz 1 Nummer 1, wie Arbeitsentgelte, und in Satz 1 Nummer 2, wie Beiträge aufzuteilen sind, wenn eine genaue zeitliche Zuordnung nicht möglich ist. Infolge Zeitablaufs sowie der späteren Einführung von melderechtlichen Vorschriften (früher: DEVO/DÜVO, aktuell: DEÜV) hat diese Bestimmung in der Praxis nur noch eine geringe Bedeutung.
Auf welchen zeitlichen Rahmen sich der Begriff Lohn- oder Gehaltszeitraum im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 erstreckt, ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen. Dabei ist nicht von einem Zeitraum von einem Tag beziehungsweise einer Woche oder einem Monat auszugehen. Unter Beachtung des in § 63 Abs. 2 SGB VI festgelegten Grundsatzes, dass das im einzelnen Kalenderjahr durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt in Entgeltpunkte umzurechnen ist, findet diese Regelung Anwendung, wenn in den Unterlagen eine Zusammenfassung der Arbeitsentgelte für mehrere Kalenderjahre vorgenommen wurde.
Zur Aufteilung von Arbeitsentgelten: Siehe Beispiele 1 und 2
Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 legt zur Aufteilung von Beiträgen fest, dass Beiträge ohne bestimmbare zeitliche Zuordnung gleichmäßig auf die Beitragszahlungszeiträume zu verteilen sind, wobei nach Satz 2 die niedrigsten Beiträge an den Beginn und die höchsten Beiträge an das Ende des Beitragszahlungszeitraumes zu legen sind. Eine derartige Aufteilung ist nicht möglich, wenn Beiträge erst ab einen bestimmten Zeitpunkt in der entsprechenden Höhe entrichtet werden konnten (zum Beispiel ArV Wochenbeitrag in Beitragsklasse IX ab 04.04.1938).
Die Vermutungsregelung des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 2 in Verbindung mit den Sätzen 2, 3 und 4 Nummern 1 bis 3 ist dann anzuwenden, wenn der tatsächliche Zeitraum der Versicherung nicht bekannt ist.
Ist der Beginn der Versicherung nicht bekannt, wird vermutet, dass die Versicherung mit der Vollendung des 14. Lebensjahres des Versicherten, frühestens am 01.01.1923, begonnen hat.
Ist das Ende der Versicherung nicht bekannt, wird vermutet, dass die Versicherung
- mit dem Kalendermonat vor dem Rentenbeginn (Erziehungs- und Altersrenten) beziehungsweise
- mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung (Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit) oder
- mit dem Tod des Versicherten (Hinterbliebenenrenten)
geendet hat. Diese Vermutungsregelung hat in der Praxis heute keine Bedeutung mehr.
Für die knappschaftliche Rentenversicherung tritt an die Stelle des 14. Lebensjahres die satzungsmäßige Mindestaltersgrenze (Absatz 2 Satz 5).
- Beispiel 1: Entgeltaufteilung
- Beispiel 2: Entgeltaufteilung unter Einhaltung der BBG
- Beispiel 3: Markenaufteilung bei unterschiedlichem Markenwert
- Beispiel 4: Markenaufteilung bei nur teilweiser Belegung des Gesamtzeitraums
Beispiel 1: Entgeltaufteilung
(Beispiel zu Abschnitt 3) | |
Versicherungskarten-Eintrag vom 01.01.1947 bis 31.12.1949 | 9.900,00 RM/DM |
Lösung: | |
Das bescheinigte Gesamtentgelt ist gleichmäßig, das heißt mit jeweils jährlich 3.300,00 RM/DM auf die Kalenderjahre 1947 bis 1949 aufzuteilen. |
Beispiel 2: Entgeltaufteilung unter Einhaltung der BBG
(Beispiel zu Abschnitt 3) | |
Versicherungskarten-Eintrag vom 01.01.1947 bis 31.12.1949 | 11.400,00 RM/DM |
Lösung: | |
Da eine gleichmäßige Aufteilung (= 3.800,00 RM/DM) ein Überschreiten der für die Jahre 1947 und 1948 geltenden Beitragsbemessungsgrenze (3.600,00 RM/DM) bewirken würde, sind für die Jahre 1947 und 1948 jeweils nur 3.600,00 RM/DM und für das Jahr 1949 4.200,00 DM anzusetzen. |
Beispiel 3: Markenaufteilung bei unterschiedlichem Markenwert
(Beispiel zu Abschnitt 3)
In den Unterlagen sind für die Zeit vom 01.01.1934 bis 31.12.1939 insgesamt 312 Wochenmarken der ArV in unterschiedlicher Höhe bescheinigt: 104 Wochenmarken der Klasse V, 104 Wochenmarken der Klasse VI, 104 Wochenmarken der Klasse VII.
Lösung:
Die niedrigsten Beiträge (Klasse V) sind an den Beginn (01.01.1934 bis 31.12.1935), die mittleren Beiträge (Klasse VI) im Anschluss (01.01.1936 bis 31.12.1937) und die höchsten Beiträge (Klasse VII) an das Ende des Zeitraums (01.01.1938 bis 31.12.1939) zu legen.
Beispiel 4: Markenaufteilung bei nur teilweiser Belegung des Gesamtzeitraums
(Beispiel zu Abschnitt 3)
In den Unterlagen sind für die Zeit vom 01.01.1934 bis 31.12.1939 insgesamt 156 Wochenmarken der ArV in unterschiedlicher Höhe bescheinigt: 104 Wochenmarken in Klasse VII und 52 Wochenmarken in Klasse IX (Pflichtbeiträge).
Lösung:
Der Gesamtzeitraum umfasst insgesamt 313 Wochen, das heißt die Belegung mit Beiträgen ist zur Hälfte erfolgt. Eine generell gleichmäßige Aufteilung, das heißt 26 Wochen pro Kalenderjahr, ist hier nicht angezeigt, vielmehr müssen die 52 Wochenbeiträge der Klasse IX anteilmäßig auf die Zeit vom 04.04.1938 bis 31.12.1939 verteilt werden, weil Beiträge dieser Klasse erst ab dem 04.04.1938 für die Pflichtversicherung entrichtet werden durften.
RÜG vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606) |
Inkrafttreten: 01.01.1992 Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 12/405 |
Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 108 RÜG eingefügt und ist am 01.01.1992 in Kraft getreten.
Sie ersetzt die durch Art. 41 Nr. 1 RÜG zum 01.01.1992 aufgehobene Versicherungsunterlagen-Verordnung (VuVO) und ermöglicht weiterhin die „Wiederherstellung“ von Versicherungsunterlagen im Wege der Glaubhaftmachung, wenn ein Kartenersatz nach § 286 Abs. 4 SGB VI ausscheidet.