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§ 255 SGB VI: Rentenartfaktor

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Die GRA ist mit den anderen Rentenversicherungsträgern abgestimmt worden.

Dokumentdaten
Stand21.07.2015
Erstellungsgrundlage in der Fassung des AVmEG vom 21.03.2001 in Kraft getreten am 01.01.2002
Rechtsgrundlage

§ 255 SGB VI

Version001.00

Inhalt der Regelung

Absatz 1 der Vorschrift regelt Besonderheiten für große Witwenrenten und Witwerrenten. Der Rentenartfaktor für diese Hinterbliebenenrenten beträgt 0,6, wenn der Ehegatte vor dem 01.01.2002 verstorben ist oder der Ehegatte nach dem 31.12.2001 verstorben ist, die Ehe jedoch vor dem 01.01.2002 geschlossen wurde und wenigstens ein Ehegatte vor dem 02.01.1962 geboren ist.

Absatz 2 der Vorschrift regelt, dass Witwenrenten und Witwerrenten an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten von Beginn an mit dem Rentenartfaktor ermittelt werden, der für Witwenrenten und Witwerrenten nach dem Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats maßgebend ist, in dem der Ehegatte verstorben ist, das heißt nach dem Ende des Sterbevierteljahres.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Die Vorschrift des § 255 SGB VI ist eine Sonderregelung zu § 67 SGB VI und zu § 82 SGB VI.

Die Regelung des § 255 Abs. 1 SGB VI wird durch § 265 Abs. 7 SGB VI ergänzt.

Rentenartfaktor 0,6 bei großen Witwenrenten und Witwerrenten (Absatz 1)

Durch das Altersvermögensergänzungsgesetz ist der Rentenartfaktor für große Witwenrenten und Witwerrenten (§ 46 Abs. 2 SGB VI) aus der Rentenversicherung der Angestellten und der Arbeiter (seit 2005 allgemeine Rentenversicherung) von bisher 0,6 auf 0,55 gemindert worden (vergleiche GRA zu § 67 SGB VI).

Nach § 255 Abs. 1 erste Alternative SGB VI beträgt der Rentenartfaktor bei großen Witwenrenten oder Witwerrenten nach dem Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist, das heißt nach dem Ende des Sterbevierteljahres, weiterhin 0,6, wenn der Ehegatte vor dem 01.01.2002 verstorben ist. Bei der Prüfung, welcher Rentenartfaktor bei der Berechnung einer großen Witwenrente oder Witwerrente zu berücksichtigen ist, kommt es somit bei der Regelung des § 255 Abs. 1 erste Alternative SGB VI nicht auf den Rentenbeginn, sondern allein auf den Zeitpunkt des Todes an.

Darüber hinaus beträgt der Rentenartfaktor bei großen Witwenrenten oder Witwerrenten nach dem Ende des Sterbevierteljahres gemäß § 255 Abs. 1 zweite Alternative SGB VI ebenfalls 0,6, wenn die Ehe vor dem 01.01.2002 geschlossen wurde, beide Ehegatten das Inkrafttreten der Neuregelung durch das Altersvermögensergänzungsgesetz erlebt haben und wenigstens einer der beiden Ehegatten zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung das 40. Lebensjahr vollendet hatte, das heißt vor dem 02.01.1962 geboren ist. Auf das Alter des anderen Ehegatten kommt es ebenso wenig an wie auf den Zeitpunkt, in dem der Leistungsfall der großen Witwenrente oder Witwerrente eingetreten ist. Aufgrund der großen Anzahl der potentiell Berechtigten wird die Übergangsregelung des § 255 Abs. 2 zweite Alternative SGB VI noch für eine lange Zeit Anwendung finden.

Siehe Beispiele 1 bis 3

Die durch das Altersvermögensergänzungsgesetz bei großen Witwenrenten und Witwerrenten eingeführte Kinderkomponente (vergleiche GRA zu § 78a SGB VI und GRA zu § 264c SGB VI) findet in den Fällen des § 255 Abs. 1 SGB VI keine Anwendung.

Rentenartfaktor bei Witwenrenten und Witwerrenten an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten (Absatz 2)

Geschiedenen Ehegatten entstehen durch den Tod der früheren Ehepartner üblicherweise keine zusätzlichen finanziellen Aufwendungen. Aus diesem Grunde sollen geschiedene Ehegatten während der ersten drei Kalendermonate nach dem Ablauf des Kalendermonats des Todes, das heißt im Sterbevierteljahr, keine höheren Renten erhalten.

Für die großen Witwenrenten und Witwerrenten an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten (§ 243 Abs. 2 und 3 SGB VI) ist auch im Sterbevierteljahr der Rentenartfaktor maßgebend, der für große Witwenrenten und Witwerrenten nach dem Ende des Sterbevierteljahres gilt, also in der allgemeinen Rentenversicherung ein Rentenartfaktor in Höhe von 0,6 (§ 255 Abs. 1 SGB VI) und in der knappschaftlichen Rentenversicherung ein Rentenartfaktor in Höhe von 0,8 (§ 265 Abs. 7 SGB VI). Diese Regelung gilt auch für kleine Witwenrenten und Witwerrenten an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten (§ 243 Abs. 1 SGB VI); sie hat jedoch für diese Renten wegen Zeitablaufs ihre ohnehin geringe rechtliche Bedeutung inzwischen vollständig verloren.

Siehe Beispiel 4

Für die Berechnung von Witwenrenten und Witwerrenten an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten gelten die allgemeinen Vorschriften für Witwenrenten und Witwerrenten. Somit gilt dem Grunde nach auch für große Witwenrenten und Witwerrenten an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten die mit Wirkung ab 01.01.2002 eingeführte Absenkung des Rentenartfaktors von 0,6 auf 0,55 in der allgemeinen Rentenversicherung und von 0,8 auf 0,7333 in der knappschaftlichen Rentenversicherung. Wegen Zeitablaufs kann es jedoch nicht mehr zur Berücksichtigung eines Rentenartfaktors in Höhe von 0,55 beziehungsweise 0,7333 kommen. Sofern der geschiedene Ehegatte vor dem 01.01.2002 verstorben ist, ist nach § 255 Abs. 1 SGB VI ein Rentenartfaktor in Höhe von 0,6 beziehungsweise 0,8 ohne Einschränkung bei der Ermittlung der Rentenhöhe maßgeblich. Bei einem Todesfall nach dem 31.12.2001 dürfte die Regelung des § 255 Abs. 1 beziehungsweise § 265 Abs. 7 SGB VI ebenfalls immer zur Anwendung kommen. Da Voraussetzung für die Bewilligung einer großen Witwenrente oder Witwerrente eine Scheidung vor dem 01.07.1977 ist, muss die Ehe zwangsläufig vor dem 01.07.1977 und folglich auch vor dem 01.01.2002 geschlossen worden sein. Bei einer Scheidung am 30.06.1977 als spätmöglichstem Zeitpunkt lässt sich ausschließen, dass beide geschiedenen Ehegatten nach dem 01.01.1962 geboren wurden. Anderenfalls hätten sie zum Zeitpunkt der Scheidung am 30.06.1977 erst 15 Jahre alt gewesen sein müssen.

Siehe Beispiel 5

Da für die Witwenrenten und Witwerrenten an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten ein Sterbevierteljahr mit einem Rentenartfaktor in Höhe von 1,0 beziehungsweise in Höhe von 1,3333 nicht zu berücksichtigen ist, ist bei diesen Witwenrenten und Witwerrenten eine Einkommensanrechnung nach § 97 SGB VI vom Rentenbeginn an vorzunehmen. Denn eine Einkommensanrechnung findet nach § 97 Abs. 1 Satz 2 SGB VI nur für die Zeit nicht statt, für die der Rentenartfaktor mindestens 1,0 beträgt (vergleiche GRA zu § 97 SGB VI, Abschnitt 6.1).

Beispiel 1: Rentenartfaktor für die große Witwenrente bei Tod des Versicherten vor dem 01.01.2002

(Beispiel zu Abschnitt 2)

Der Versicherte wurde am 25.01.1969 geboren. Er verstarb am 19.12.2001.

Die Witwe wurde am 28.02.1970 geboren.

Die Eheschließung war am 28.02.1995.

Die Witwe bezieht seit dem 01.07.1998 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Lösung:

Der Rentenartfaktor bei der großen Witwenrente aus der allgemeinen Rentenversicherung (bis 2004 Rentenversicherung der Angestellten und der Arbeiter) beträgt 0,6.

Beispiel 2: Rentenartfaktor für die große Witwenrente bei Tod des Versicherten nach dem 31.12.2001, Eheschließung vor dem 01.01.2002, Geburt des Versicherten vor dem 02.01.1962

(Beispiel zu Abschnitt 2)

Versicherter wurde am 28.01.1960 geboren. Er verstarb am 02.01.2012.

Die Witwe wurde am 07.07.1970 geboren.

Die Eheschließung war am 04.04.1997.

Ein Kind aus der Ehe, geboren am 01.05.2003, wird von der Witwe erzogen.

Lösung:

Der Rentenartfaktor bei der großen Witwenrente aus der allgemeinen Rentenversicherung beträgt 0,6.

Beispiel 3: Rentenartfaktor für die große Witwenrente bei Tod des Versicherten nach dem 31.12.2001, Eheschließung vor dem 01.01.2002, Geburt der Witwe vor dem 02.01.1962

(Beispiel zu Abschnitt 2)

Der Versicherte wurde am 28.01.1963 geboren. Er verstarb am 02.01.2012.

Die Witwe wurde am 31.12.1961 geboren.

Die Eheschließung war am 22.04.1995.

Lösung:

Der Rentenartfaktor bei der großen Witwenrente aus der allgemeinen Rentenversicherung beträgt 0,6.

Beispiel 4: Rentenartfaktor für die große Witwenrente an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Der Versicherte wurde am 07.12.1940 geboren. Er verstarb am 08.06.2012.

Die geschiedene Ehefrau wurde am 12.01.1940 geboren.

Die Eheschließung war am 28.10.1966. Die Scheidung erfolgte am 30.11.1976.

Die große Witwenrente an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten wurde am 22.06.2012 beantragt.

Lösung:

Der Rentenartfaktor bei der großen Witwenrente an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten aus der allgemeinen Rentenversicherung beläuft sich ab dem Rentenbeginn am 01.07.2012 auf 0,6.

Beispiel 5: Rentenartfaktor für die große Witwenrente an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Der Versicherte wurde am 11.01.1959 geboren. Er verstarb am 04.05.2012.

Die geschiedene Ehefrau wurde am 01.02.1961 geboren.

Die Eheschließung fand am 05.03.1977 unter Befreiung von der Voraussetzung der Volljährigkeit nach § 1303 Abs. 2 BGB statt. Die Scheidung erfolgte am 25.06.1977.

Die große Witwenrente an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten wurde am 22.06.2012 beantragt.

Lösung:

Der Rentenartfaktor bei der großen Witwenrente an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten aus der allgemeinen Rentenversicherung beläuft sich ab dem Rentenbeginn am 01.07.2012 auf 0,6.

AVmEG vom 21.03.2001 (BGBl. I S. 403)

Inkrafttreten: 01.01.2002

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 14/4595

Durch Artikel 1 Nummer 49 des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz - AVmEG -) ist die Vorschrift mit Wirkung ab 01.01.2002 (Artikel 12 Absatz 1 des Gesetzes) neu gefasst worden. Aufgrund der Neuregelung des Hinterbliebenenrentenrechts ist im Absatz 1 der für die Witwenrenten und Witwerrenten bisher in § 67 Nr. 6 SGB VI geregelte Rentenartfaktor 0,6 für die Fälle aufgenommen worden, für die er weiterhin gelten soll. Die bisher im Absatz 1 enthaltene Regelung zum Rentenartfaktor für die Witwenrenten und Witwerrenten an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten ist in den Absatz 2 aufgenommen worden.

EM-ReformG vom 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827)

Inkrafttreten: 24.12.2000

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 14/4230

Durch Artikel 22 Nummer 1 Buchstabe a des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (EM-ReformG) ist Artikel 1 Nummer 92 des Rentenreformgesetzes 1999 mit der Neufassung des § 255 SGB VI mit Wirkung ab 24.12.2000 (Artikel 24 Absatz 3 des Gesetzes) aufgehoben worden. Damit war der nach dem Rentenreformgesetz 1992 gültige Wortlaut wieder maßgebend.

Korrekturgesetz vom 19.12.1998 (BGBl. I S. 3843)

Inkrafttreten: 01.01.1999

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 14/45

Durch Artikel 1 § 1 des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte (Korrekturgesetz) ist das zum 01.01.2000 vorgesehene Inkrafttreten der durch Artikel 1 Nummer 92 des Rentenreformgesetzes 1999 geänderten Vorschrift auf den 01.01.2001 verschoben worden. Sie wäre allerdings nur dann zu diesem Zeitpunkt in Kraft getreten, wenn bis zu diesem Zeitpunkt durch Gesetz nicht - wie mit dem Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geschehen - etwas anderes geregelt worden wäre.

RRG 1999 vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2998)

Inkrafttreten: 01.01.2000

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 13/8011

Durch Artikel 1 Nummer 92 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999 -) sollten mit Wirkung ab 01.01.2000 (Artikel 33 Absatz 13 RRG 1999) die bisher in § 82 Satz 1 Nr. 4 und Satz 2 Nr. 2 SGB VI enthaltenen Rentenartfaktoren bei Renten für Bergleute in den Absatz 1 der Vorschrift übernommen werden. Der bisherige Wortlaut der Vorschrift sollte ebenfalls mit Wirkung ab 01.01.2000 in den Absatz 2 übernommen werden.

RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4124

Durch Artikel 1 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992 -) ist die Vorschrift am 01.01.1992 mit dem SGB VI in Kraft getreten (Artikel 85 Absatz 1 RRG 1992). Im § 255 SGB VI sind die Rentenartfaktoren für Witwenrenten und Witwerrenten an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten festgelegt worden. Diese Renten waren vom Rentenbeginn an mit den Rentenartfaktoren 0,6 beziehungsweise 0,25 in der Rentenversicherung der Angestellten und der Arbeiter beziehungsweise mit den Rentenartfaktoren 0,8 beziehungsweise 0,3333 in der knappschaftlichen Rentenversicherung zu berechnen. Die Vorschrift hat damit das bis zum 31.12.1991 geltende Recht übernommen, wonach bei Renten an geschiedene Ehegatten ein Sterbevierteljahr nicht zu gewähren war.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 255 SGB VI