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§ 199 SGB VI: Vermutung der Beitragszahlung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

keine Überarbeitung der gemeinsamen GRA

Dokumentdaten
Stand19.03.2015
Erstellungsgrundlage in der Fassung des 4. Euro - Einführungsgesetzes vom 21.12.2000 in Kraft getreten am 01.01.2001
Rechtsgrundlage

§ 199 SGB VI

Version001.01

Inhalt der Regelung

Die Rechtsvorschrift des § 199 Satz 1 SGB VI erlaubt den Trägern der Rentenversicherung bei ordnungsgemäß gemeldeten Beschäftigungszeiten zu vermuten, dass während dieser Zeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit dem gemeldeten Arbeitsentgelt bestanden hat und der Beitrag dafür wirksam gezahlt worden ist.

Diese Regelung ermöglicht es den Trägern der Rentenversicherung, insbesondere bei der Berechnung einer Rente, sämtliche im bestehenden Meldeverfahren gemeldeten Beschäftigungszeiten und Arbeitsentgelte zu berücksichtigen, ohne bei den zuständigen Einzugsstellen rückfragen zu müssen, ob für diese Zeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestand, für die die Beiträge ordnungsgemäß abgeführt worden sind.

Nach § 199 Satz 2 SGB VI haben die Träger der Rentenversicherung den Versicherten auf Verlangen zu bestätigen, dass während der gemeldeten Beschäftigungszeiten ein gültiges Versicherungsverhältnis bestanden hat.

Nach § 199 Satz 3 SGB VI sind die Regelungen zur Vermutung der Beitragszahlung und zum Feststellungsanspruch des Versicherten für Zeiten einer nicht erwerbsmäßigen häuslichen Pflege entsprechend anzuwenden.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Ergänzende Regelungen zu § 199 SGB VI sind

Beschäftigung

Beanstandung und Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge

Meldepflicht

Auskunfts- und Vorlagepflicht des Beschäftigten

Prüfung bei den Arbeitgebern

Prüfung bei den Einzugsstellen und den Trägern der Rentenversicherung

Beschäftigte

Meldepflicht bei Beschäftigten und Hausgewerbetreibenden

Versicherungskarten

Vermutung der Beitragszahlung im Beitrittsgebiet

Auskunftspflicht des Arbeitgebers

Rechtsvermutung

Bei ordnungsgemäß gemeldeten Beschäftigungszeiten nach dem 31.12.1972 in den alten beziehungsweise nach dem 31.12.1991 in den neuen Bundesländern kann der Rentenversicherungsträger vermuten, dass während dieser Zeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit dem gemeldeten Arbeitsentgelt bestanden hat und der Beitrag dafür wirksam gezahlt worden ist.

Eine ordnungsgemäße Meldung liegt vor, wenn die Meldung

  • unter Beachtung der Regelungen der §§ 28a bis 28c SGB IV in Verbindung mit der DEÜV (bis zum 31.12.1998 2. DEVO beziehungsweise 2. DÜVO) erstellt und
  • dem Versicherungsträger innerhalb der Verjährungsfrist auf dem vorgeschriebenen Weg über die Weiterleitungsstellen der Krankenkassen übermittelt wurde.

In der Zeit vom 01.01.1998 bis 31.12.2000 hatten die Rentenversicherungsträger bei nicht vereinbarungsgemäßer Verwendung von Wertguthaben dem Arbeitgeber, der zuständigen Einzugsstelle und dem Versicherten mitzuteilen, in welchem Umfang das Wertguthaben als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt zu berücksichtigen ist. In die Mitteilung waren außerdem die Zeiträume und die diesen zugeordneten Arbeitsentgelte aufzunehmen. Diese Mitteilungen des Rentenversicherungsträgers nach § 23b Abs. 2 Satz 7 SGB IV galten als Beitragsnachweis und Meldung nach § 28a SGB IV. Daher waren die Regelungen über die Rechtsvermutung entsprechend anzuwenden.

Arbeitsentgelte, die einem verjährten Beitragsanspruch zugrunde liegen, sind nicht zu melden und können somit auch nicht von der Rechtsvermutung erfasst werden.

Ein besonderes Problem stellen Meldungen dar, für die keine oder noch keine Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden. Nach § 28a Abs. 3 SGB IV in Verbindung mit der Gesetzesbegründung hierzu (vergleiche BT-Drs. 11/2221) ist als beitragspflichtiges Abeitsentgelt der Betrag anzugeben, von dem Beiträge gezahlt wurden oder zu zahlen sind, zum Beispiel wenn Beiträge gestundet, niedergeschlagen oder erlassen worden sind. Dadurch wird deutlich, dass der Gesetzgeber dem Schutz des Arbeitnehmers einen höheren Stellenwert einräumt als dem Anspruch der Versichertengemeinschaft auf den Beitrag. Die Rechtsvermutung gilt grundsätzlich auch für Meldungen von Zeiten ohne tatsächliche Beitragszahlung.

Die gesetzliche Vermutung einer wirksamen Beitragszahlung besteht, solange der Rentenversicherungsträger sie nicht durch Gegenbeweis entkräftet.

Näheres zur Meldepflicht von Meldepflichtigen und zu den Aufgaben der Einzugsstelle ist in der GRA zu § 28a SGB IV und der GRA zu § 28b SGB IV beschrieben.

Widerlegbarkeit der Rechtsvermutung

Die Vermutung der Beitragszahlung für gemeldete Beschäftigungszeiten kann von den Trägern der Rentenversicherung widerlegt werden, wenn ihnen entsprechende Tatsachen bekannt werden (zum Beispiel, dass Beiträge tatsächlich nicht abgeführt worden sind).

Das gilt sowohl für Zeiten, die ordnungsgemäß gemeldet wurden, als auch für solche, die zu Unrecht gemeldet wurden.

Eine Überprüfung wird nur vorgenommen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden hat oder Beiträge nicht entsprechend dem Entgelt gezahlt worden sind. Gelingt der Gegenbeweis nicht, müssen die ordnungsgemäß gemeldeten Beschäftigungszeiten als Beitragszeiten behandelt werden. Eine bestehen bleibende Ungewissheit geht zulasten des Rentenversicherungsträgers.

Die Rechtsvermutung einer ordnungsgemäßen Beitragsentrichtung kann vom Rentenversicherungsträger nicht mehr widerlegt werden, sobald die ordnungsgemäß gemeldeten Zeiten bereits mit einem Bescheid nach § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI bindend festgestellt sind oder bereits dem Beanstandungsschutz des § 26 Abs. 1 SGB IV unterliegen.

Beim Prüfen des § 26 Abs. 1 SGB IV ist zu berücksichtigen, dass der Beanstandungsschutz nicht gegeben ist, wenn das Vertrauen des Versicherten in die Rechtmäßigkeit der Meldung unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse nicht schutzwürdig im Sinne des § 45 Abs. 2 SGB X ist. In Fällen einer absichtlichen Beitragshinterziehung und im Zusammenhang mit der Feststellung der Versicherungspflicht von sogenannten „Scheinselbständigen“ wird grundsätzlich kein Vertrauensschutz bestehen. Die Besonderheiten des Einzelfalles sind jedoch zu berücksichtigen (siehe auch GRA zu § 26 SGB IV).

Anerkenntnis

Der Versicherte kann nach § 199 Satz 2 SGB VI vom Rentenversicherungsträger die Feststellung verlangen, dass während einer ordnungsgemäß gemeldeten Beschäftigungszeit ein gültiges Versicherungsverhältnis bestanden hat. Der Anspruch zielt auf einen das Versicherungsverhältnis klarstellenden Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers. Die bindende Feststellung, dass während einer ordnungsgemäß gemeldeten Beschäftigungszeit ein gültiges Versicherungsverhältnis bestanden hat, beinhaltet zugleich das Anerkenntnis, dass Beiträge wirksam in richtiger Höhe gezahlt worden sind. Als Folge des Anerkenntnisses sind die fraglichen Zeiten als Beitragszeiten zu behandeln. Damit ist die Vermutung nach § 199 Satz 1 SGB VI im Sinne eines begünstigenden Verwaltungsaktes verstärkt.

Die Rentenversicherungsträger sind vor Abgabe eines Anerkenntnisses gehalten, bei den zuständigen Einzugsstellen rückzufragen, ob während der gemeldeten Beschäftigungszeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden hat und für die gemeldeten Arbeitsentgelte entsprechende Beiträge gezahlt worden sind. Dies ist erforderlich, um die Rentenversicherungsträger vor unberechtigten Leistungsforderungen zu schützen.

Ein Anerkenntnis ist nicht abzugeben, soweit die Zeiten bereits mit einem Bescheid nach § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI bindend festgestellt sind.

Anwendung auf andere Sachverhalte

Die vorstehenden Regelungen sind nach § 199 Satz 3 SGB VI entsprechend für Zeiten einer nicht erwerbsmäßigen häuslichen Pflege anzuwenden (§ 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI).

Außerdem wird § 199 SGB VI analog angewendet in Fällen einer geringfügigen Beschäftigung mit Zahlung von Pauschalbeiträgen nach § 172 SGB VI.

4. Euro-Einführungsgesetz vom 21.12.2000 (BGBl. I S. 1983)

Inkrafttreten: 01.01.2001/01.07.2001

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 14/4375

Durch Artikel 6 Nummer 11 des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21.12.2000 wurde mit Wirkung ab 01.01.2001 (Artikel 68 Absatz 1 des Gesetzes) Satz 3 neu gefasst.

Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom 06.04.1998 (BGBl. I S. 688)

Inkrafttreten: 01.01.1998

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 13/10033

Durch Artikel 4 Nummer 3 des Gesetzes zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom 06.04.1998 wurde rückwirkend ab dem 01.01.1998 (Artikel 14 Absatz 1 des Gesetzes) Satz 3 neu gefasst.

PflegeVG vom 26.05.1994 (BGBl. I S. 1014)

Inkrafttreten: 01.01.1995

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 12/5262

Durch Artikel 5 Nummer 15 des Pflege-Versicherungsgesetzes (PflegeVG) vom 26.05.1994 wurde mit Wirkung ab 01.04.1995 (Art. 68 Abs. 2 PflegeVG) Satz 3 angefügt.

RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4124

§ 199 SGB VI in der Fassung des Artikels 1 Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) vom 18.12.1989 ist am 01.01.1992 in Kraft getreten (Art. 85 Abs. 1 RRG 1992).

Die Vorschrift ist dem bis zum 31.12.1991 geltenden § 1423 Abs. 1 und 3 RVO beziehungsweise § 145 Abs. 1 und 3 AVG nachgebildet und überträgt den bis dahin nur für rechtzeitig umgetauschte Versicherungskarten geltenden Vermutungsschutz und das Recht auf Feststellung des Vorliegens eines gültigen Versicherungsverhältnisses auf ordnungsgemäß gemeldete Zeiten ab 01.01.1973.

Die früheren Regelungen sind in § 286 Abs. 2 SGB VI übernommen worden. Für Zeiten im Beitrittsgebiet bis zum 31.12.1991 regelt § 286c SGB VI die Rechtsvermutung der Beitragszahlung.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 199 SGB VI