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§ 56 SGB I: Sonderrechtsnachfolge

Änderungsdienst
veröffentlicht am

27.02.2021

Änderung

Die GRA wurde in den Abschnitten 1, 2, 3, 3.1, 4.1 und 4.2 überarbeitet. Darüber hinaus wurde dier Abschnitt 2.1 ergänzt.

Dokumentdaten
Stand13.05.2015
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen und Änderung anderer Gesetze (Behindertengleichstellungsgesetz - BGG) vom 27.04.2002 in Kraft getreten am 01.05.2002
Rechtsgrundlage

§ 56 SGB I

Version003.00

Inhalt der Regelung

§ 56 SGB I regelt den Übergang fälliger Ansprüche auf Iaufende Geldleistungen beim Tod des Berechtigten auf sogenannte Sonderrechtsnachfolger. § 56 SGB I ist am 01.01.1976 in Kraft getreten (Art. II § 23 SGB I) und hat die bis zu diesem Zeitpunkt geltende Regelung des § 65 AVG ersetzt. § 56 SGB I gilt für Todesfälle ab 01.01.1976. Ist der Berechtigte noch vor dem 01.01.1976 verstorben, finden § 65 AVG beziehungsweise § 1288 RVO weiterhin Anwendung (Art. II § 19 SGB I).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

In § 57 SGB I ist festgelegt, dass der Sonderrechtsnachfolger auf die Sonderrechtsnachfolge verzichten kann. Darüber hinaus wird die Haftung des Sonderrechtsnachfolgers für die gegenüber dem Rentenversicherungsträger bestehenden Verbindlichkeiten des verstorbenen Berechtigten geregelt.

Die Vorschrift des § 58 SGB I bestimmt die Vorrangigkeit der Regelungen über die Sonderrechtsnachfolge gegenüber den allgemeinen erbrechtlichen Vorschriften des BGB.

In § 59 S. 2 SGB I ist geregelt, in welchen Fällen die Sonderrechtsnachfolge ausgeschlossen ist.

Anwendbarkeit der Regelung des § 56 SGB I

Die Sonderrechtsnachfolge für Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem Tode des Berechtigten ist in § 56 SGB I spezialgesetzlich geregelt. Ansprüche auf laufende Geldleistungen stehen nach dem Tode des Berechtigten abweichend von den erbrechtlichen Regelungen des BGB zunächst den in § 56 SGB I aufgeführten Sonderrechtsnachfolgern zu. Erst, wenn Sonderrechtsnachfolger nicht vorhanden sind oder, wenn sie auf ihre Ansprüche im Rahmen von § 57 SGB I verzichtet haben, werden die fälligen Geldleistungen nach den Vorschriften des BGB vererbt (§ 58 SGB I).

Allgemeines

Von der Regelung des § 56 SGB I werden nur fällige Ansprüche (§ 41 SGB I, für Rentenansprüche gelten ausschließlich die Regelungen der §§ 118 Abs. 1, 272a SGB VI) auf laufende Geldleistungen erfasst, soweit die Rechtsnachfolge nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist (siehe hierzu GRA zu § 59 SGB I - Ausschluss der Rechtsnachfolge -). Laufende Geldleistungen im Sinne dieser Vorschrift sind vor allem Ansprüche auf Renten.

Die Sonderrechtsnachfolge erfasst sowohl den Anspruch auf bereits festgestellte aber noch nicht ausgezahlte laufende Geldleistungen als auch die Berechtigung zur Fortsetzung eines zum Zeitpunkt des Todes des Berechtigten anhängigen Verfahrens.

Soweit der Übergang von einmaligen Geldleistungen (zum Beispiel Rentenabfindungen gemäß § 107 SGB VI, Beitragserstattungen gemäß § 210 SGB VI) in Betracht kommt, finden die in der GRA zu § 58 SGB I - Vererbung - getroffenen Regelungen Anwendung. Auch bei Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung, die der Renten Service im Fall des Todes des Rentenberechtigten zurückerstattet, handelt es sich nicht um laufende Geldleistungen im Sinne der Vorschriften über die Sonderrechtsnachfolge.

Die Sonderrechtsnachfolge tritt kraft Gesetzes ein. Auf den Sonderrechtsnachfolger geht der Anspruch mit dem Tod des Berechtigten in dem Zustand über, wie er gegenüber dem Berechtigten zu erfüllen war. Auch für den nach § 56 SGB I übergegangenen Anspruch gelten die Übertragungs-, Verpfändungs- und Pfändungsbeschränkungen der §§ 53 bis 55 SGB I. Erstattungsansprüche anderer Sozialleistungsträger (§§ 102 ff. SGB X) gehen der Sonderrechtsnachfolge vor. Eine Aufrechnung und Verrechnung nach den §§ 51 und 52 SGB I ist ohne die in diesen Vorschriften genannten Beschränkungen zulässig (vergleiche GRA zu § 57 SGB I, Abschnitt 5).
Sonderrechtsnachfolge und Erbschaft bestehen unabhängig voneinander. Wer Sonderrechtsnachfolger ist, erwirbt eine eigene materielle Berechtigung. Der nach § 56 SGB I übergegangene Sozialleistungsanspruch gehört nicht zum Nachlass und unterliegt damit auch nicht den entsprechenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches. Eine Verknüpfung zwischen beiden Rechtsnachfolgetatbeständen findet nicht statt. Für die im Wege der Sonderrechtsnachfolge übergegangenen Leistungsansprüche gelten die erbrechtlichen Vorschriften selbst dann nicht, wenn der Sonderrechtsnachfolger zugleich auch Erbe des Verstorbenen ist.
Derjenige, der die Erbschaft nach § 1942 Abs. 1 BGB wirksam ausgeschlagen hat, scheidet daher auch nicht aus dem Kreis der möglichen Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Abs. 1 SGB I aus.

Personenkreis

Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I sind ausschließlich folgende Personen:

1.

der Ehegatte

Ehegatte im Sinne dieser Vorschrift ist derjenige, der zum Zeitpunkt des Todes des Berechtigten mit diesem rechtsgültig verheiratet war. Nicht zu den Ehegatten im Sinne des § 56 SGB I gehört danach der frühere Ehegatte des Berechtigten.

1a.

der Lebenspartner - ab 01.08.2001 -

Lebenspartner im Sinne dieser Vorschrift ist derjenige, der zum Zeitpunkt des Todes des Berechtigten mit diesem rechtsgültig eine Partnerschaft auf Lebenszeit (Lebenspartnerschaft) geführt hat (§ 1 LPartG).

Die Lebenspartnerschaft wird durch eine entsprechende Erklärung vor der zuständigen - von den Ländern zu bestimmenden - Behörde begründet.

2.

die Kinder

Kinder im Sinne dieser Vorschrift sind

a)die leiblichen Kinder eines Berechtigten (das sind bei einem männlichen Berechtigten auch Kinder, für die die Vaterschaft des Betreffenden anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist);
b)die Adoptivkinder im Sinne der §§ 1741 ff. BGB;
c)die Stiefkinder, Enkel und Geschwister, soweit sie zum Zeitpunkt des Todes des Berechtigten in dessen Haushalt aufgenommen waren. Die Aufnahme in den Haushalt des Berechtigten setzt eine Aufnahme in die Familiengemeinschaft voraus. Dazu gehört das Bestehen eines auf längere Dauer gerichteten Betreuungs- und Erziehungsverhältnisses familienhafter Art;
d)die Pflegekinder. Dies sind Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind.
3.

die Eltern

Eltern im Sinne dieser Vorschrift sind

a)die leiblichen Eltern. Handelt es sich bei dem verstorbenen Berechtigten um ein Kind, dessen Mutter zum Zeitpunkt seiner Geburt nicht verheiratet war, so ist neben der Mutter nur die männliche Person als Elternteil anzusehen, dessen Vaterschaft anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist;
b)die sonstigen Verwandten der gerade aufsteigenden Linie. Dies sind die Großeltern sowie die Urgroßeltern des Berechtigten;
c)die Adoptiveltern;
d)die Stiefeltern;
e)die Pflegeeltern. Dies sind Personen, die den Berechtigten zum Zeitpunkt des Todes bereits als Pflegekind (vergleiche hierzu Nummer 2d) aufgenommen hatten.
4.

der Haushaltsführer

Haushaltsführer ist derjenige männliche beziehungsweise weibliche Verwandte oder Verschwägerte, der anstelle des verstorbenen oder geschiedenen oder an der Führung des Haushalts aus gesundheitlichen Gründen dauernd gehinderten Ehegatten oder Lebenspartners den Haushalt des Berechtigten mindestens ein Jahr lang vor dessen Tode geführt hat und von ihm überwiegend unterhalten worden ist. Der Leistungsberechtigte hat den Haushaltsführer überwiegend unterhalten, wenn er dessen Unterhalt zu mehr als der Hälfte getragen hat.

Haushaltsführer ist nicht, wer den Haushalt eines Berechtigten geführt hat, ohne mit ihm verwandt oder verschwägert zu sein. Damit ist der Lebensgefährte, soweit er mit dem Berechtigten nicht verwandt oder verschwägert ist, kein Sonderrechtsnachfolger.

Anspruchsvoraussetzungen für die Sonderrechtsnachfolge

Außer der Zugehörigkeit zum vorgenannten Personenkreis setzt § 56 SGB I zur Sonderrechtsnachfolgeberechtigung voraus, dass der Betreffende

  • mit dem verstorbenen Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat (Abschnitt 3.1) oder
  • von ihm wesentlich unterhalten worden ist (Abschnitt 3.2).

Leben im gemeinsamen Haushalt

Diese Voraussetzung ist regelmäßig erfüllt, wenn der Betreffende zum Zeitpunkt des Todes des Berechtigten nachweislich den gleichen Wohnsitz hatte wie der Verstorbene. Voraussetzung ist somit, dass die Beteiligten in einem gemeinsamen Hausstand lebten und eine familienähnliche gemeinsame Haushalts- und Wirtschaftsführung bestanden hat. Der gemeinsame Hausstand ist regelmäßig durch eine Auskunft aus dem Melderegister nachzuweisen.

Wesentlicher Unterhalt

Ein wesentlicher Unterhalt ist dann gegeben, wenn durch den Wegfall der Unterhaltsleistung der Lebensunterhalt des Unterstützten gefährdet wird, weil sein eigenes Einkommen so gering ist, dass es zur Bestreitung der notwendigen Lebensbedürfnisse nicht ausreicht. Das Gesetz nennt hier weder einen Betrag noch eine Quote. In Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 1265 RVO, § 243 SGB VI sollten Unterhaltszahlungen des Berechtigten in Höhe von wenigstens 25 % des Unterhaltsbedarfs als „wesentlich“ im Sinne dieser Regelung angesehen werden (vergleiche Verbandskommentar, Anmerkung 11 zu § 56 SGB I, Kasseler Kommentar, RdNr 8 zu § 56 SGB I).

Rangfolge im Rahmen der Sonderrechtsnachfolge

Werden die Voraussetzungen für die Sonderrechtsnachfolge von mehreren Personen zugleich erfüllt, so ist die vom Gesetzgeber in § 56 SGB I vorgegebene Rangfolge zu beachten. Danach stehen die fälligen Ansprüche zum Beispiel dem Ehegatten beziehungsweise dem Lebenspartner vor den Kindern sowie den Kindern vor den Eltern und den Eltern vor dem Haushaltsführer zu.

Sind mehrere Sonderrechtsnachfolger derselben Personengruppe vorhanden (zum Beispiel mehrere Kinder beziehungsweise Vater und Mutter des Verstorbenen) so stehen die fälligen Ansprüche den Sonderrechtsnachfolgern zu gleichen Teilen zu.

Tod des Sonderrechtsnachfolgers

Stirbt der Sonderrechtsnachfolger vor Erfüllung des fälligen Sozialleistungsanspruches, fällt der Anspruch des ursprünglich Berechtigten nicht in den Nachlass des verstorbenen Sonderrechtsnachfolgers (BSG vom 11.05.2000, AZ: B 13 RJ 85/98 R).

Die Rechtsposition des ursprünglich Berechtigten nach dem Tod seines Sonderrechtsnachfolgers geht auf die Person über, die ohne den verstorbenen Sonderrechtsnachfolger berechtigt gewesen wäre. Danach kommt ein weiterer Sonderrechtsnachfolger - zum Beispiel die Kinder - immer dann in Betracht, wenn zum Beispiel der Ehegatte als (erster) Sonderrechtsnachfolger nicht (mehr) vorhanden ist.

Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen und Änderung anderer Gesetze (Behindertengleichstellungsgesetz - BGG) vom 27.04.2002 (BGBl. I S. 1467)

Inkrafttreten: 01.05.2002

Quellen zum Entwurf: BR-Drucksache 928/01

Durch das BGG wurde § 56 SGB I im Absatz 4 dahingehend redaktionell geändert, dass die Worte „Krankheit, Gebrechen oder Schwäche“ durch die Formulierung „aus gesundheitlichen Gründen“ ersetzt wurden.

Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften-Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz - LPartG -) vom 16.02.2001 (BGBl. I S. 266)

Inkrafttreten: 01.08.2001

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 14/4545, 14/4550

Durch das zum 01.08.2001 in Kraft getretene LPartG ist § 56 SGB I im Absatz 1 um eine Nummer 1a „dem Lebenspartner“ ergänzt worden; im Absatz 4 wurden nach dem Wort „Ehegatten“ die Wörter „oder Lebenspartners“ eingefügt (Art. 3 § 48 a.a.O.).

Gesetz zur Einführung des Euro im Sozial- und Arbeitsrecht sowie zur Änderung anderer Vorschriften (4. Euro-Einführungsgesetz) vom 21.12.2000 (BGBl. I S. 1983)

Inkrafttreten: 01.01.2001

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 14/4375

Durch das 4. Euro-Einführungsgesetz wurde § 56 SGB I redaktionell geändert.

Gesetz zur Anpassung rechtlicher Vorschriften an das Adoptionsgesetz (Adoptionsanpassungsgesetz - AdAnpG -) vom 24.06.1985 (BGBl. I S. 1144)

Inkrafttreten: 28.06.1985

Quellen zum Entwurf: BR-Drucksache 139/84

Durch das AdAnpG wurde der Begriff „Kind“ für alle Rechtsgebiete einheitlich festgelegt. § 56 SGB I ist mit Wirkung ab 28.06.1985 im Wortlaut geändert worden. Die Neufassung bedingte keine rechtlichen Änderungen, sondern war lediglich redaktioneller Art.

Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil -

Sozialgesetzbuch I (BGBl. I S. 3015)

Inkrafttreten: 01.01.1976

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 7/868

Die Vorschrift des § 56 SGB I befasst sich damit, dass Leistungsansprüche des Berechtigten, die im Zeitpunkt seines Todes bestehen und noch nicht erfüllt sind, bei seinem Tode nicht untergehen. Werden Ansprüche auf laufende Geldleistungen nicht rechtzeitig erfüllt, beschränkt das in der Regel die Lebensführung nicht nur des Leistungsberechtigten, sondern aller Familienangehörigen, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt leben. Um die dadurch entstandene Benachteiligung auszugleichen, sieht § 56 in Abweichung zum Erbrecht eine Sonderrechtsnachfolge vor.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 56 SGB I