B 13 R 28/10 R
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 5. Januar 2010 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt eine Regelaltersrente unter Berücksichtigung höherer Entgeltpunkte (EP) für ihre Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung.
Die Beklagte bewilligte der 1941 geborenen Klägerin, die in Medizin studiert hatte und anschließend als Ärztin versicherungspflichtig beschäftigt war, mit Neufeststellungsbescheid vom 25.6.2007 ab 1.10.2006 Regelaltersrente in Höhe von 993,05 Euro unter Zugrundelegung von 43,2326 persönlichen EP (Ost). Der monatliche Zahlbetrag betrug (zuzüglich eines Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag) 1059,09 Euro. Im Versicherungsverlauf der Anlage 2 des Bescheids berücksichtigte sie die Zeiten vom 27.9.1958 bis 31.8.1960 als Zeiten der Schulausbildung und die Zeiten vom 1.10.1962 bis 31.7.1965 als Zeiten der Hochschulausbildung sowie zum Teil gleichzeitig als Zeiten für Schwangerschaft/Mutterschutz (vom 1.6.1964 bis 7.9.1964) sowie Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung (1.8.1964 bis 31.7.1965). Bei der Feststellung der EP für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten (Anlage 4 des Bescheids) ergab sich als Gesamtleistungswert aus dem Vergleich von Vergleichsbewertung (0,0778 EP) und - der hier zu einem höheren Ergebnis kommenden - Grundbewertung ein Durchschnittswert von 0,0800 EP. Diesen Wert multiplizierte die Beklagte (gemäß § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes <RVNG> vom 21.7.2004 <BGBl I 1791> wegen des Rentenbeginns im Oktober 2006) mit 42,19 vH, was zu einem monatlichen Wert von 0,0338 EP führte. Nach Multiplikation mit 36 Monaten Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung ergaben sich insgesamt 1,2168 EP (Ost).
Mit Überprüfungsantrag vom 29.1.2008 wandte sich die Klägerin gegen die geringere Bewertung der EP ihrer Schul- und Hochschulzeiten gegenüber der Rechtslage bei Rentenbeginn vor Februar 2005. Die zugrunde liegenden Normen des RVNG seien verfassungswidrig.
Der Überprüfungsantrag blieb erfolglos (Bescheid vom 11.2.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.6.2008).
Das SG Dresden hat mit Urteil vom 13.7.2009 die Klage abgewiesen. Ein Anspruch gemäß § 44 SGB X auf Abänderung des bestandskräftigen Rentenbescheids vom 25.6.2007 bestehe nicht. Die Bewertung der Anrechnungszeiten für Schul- und Hochschulausbildung entspreche den gesetzlichen Bestimmungen. § 74 Satz 4, § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI (jeweils idF des RVNG) seien nicht verfassungswidrig. Die unterschiedliche Behandlung der Klägerin gegenüber solchen Rentnern, deren Anrechnungszeiten wegen Fachschulausbildung oder berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen weiterhin mit bis zu monatlich 0,0625 EP bewertet werden könnten, sei sachlich gerechtfertigt und verstoße nicht gegen Art 3 Abs. 1 GG. Es sei nicht zu beanstanden, wenn der Abbau dieser nicht auf eigenen Beiträgen beruhenden Fürsorgeleistungen bei denjenigen vorgenommen werde, die dies wegen der - typisierend - zu erwartenden höheren Rente finanziell voraussichtlich besser verkraften könnten.
Das Sächsische LSG hat mit Urteil vom 5.1.2010 die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen auf die Gründe der Entscheidung des SG Bezug genommen und ergänzend darauf hingewiesen, dass die Regelungen in § 74 Satz 4, § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI (jeweils idF des RVNG) auch nicht gegen Art 14 Abs. 1 GG und das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs. 1 iVm Art 28 Abs. 1 GG) verstießen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verfassungswidrigkeit des § 74 Satz 3 und 4 iVm der Übergangsregelung des § 263 Abs. 3 SGB VI (jeweils idF des RVNG). Die unterschiedliche Behandlung der Gruppe der Hochschulabsolventen einerseits und der Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen andererseits bei der Bewertung ihrer schulischen Ausbildungszeiten verstoße gegen Art 3 Abs. 1 GG. Es gebe keinen allgemeinen Grundsatz, dass Hochschulabsolventen durch ihre Ausbildung im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten hätten und dadurch überdurchschnittliche Rentenanwartschaften aufbauen könnten. Der vom Gesetzgeber angenommene sachliche Grund sei reine Spekulation. Es sei nicht ersichtlich, aufgrund welcher Datenlage er zu dieser Annahme gekommen sei. Auch könnten die Verdienstmöglichkeiten von Hochschulabsolventen kaum einheitlich und typisierend betrachtet werden, weil deutliche Unterschiede zwischen geistes- und naturwissenschaftlichen Studiengängen denkbar seien. Das BVerfG habe in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 (BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 12) jedoch Transparenz des Gesetzgebers sowie eine empirische und methodische Fundierung der gesetzlichen Regelung gefordert. Aus dem Urteil des BSG vom 20.10.2009 (B 5 R 72/08 R) könne nicht auf die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Normen geschlossen werden. Zwar habe das BSG in dieser Entscheidung die Streichung des Mindestwerts für Berufsausbildungszeiten zum 1.1.1997 als mit Art 14 Abs. 1 und Art 3 Abs. 1 GG vereinbar erachtet. Dort sei jedoch nicht die Ungleichbehandlung zwischen Hochschul- und Fachschulabsolventen bei der Bewertung ihrer schulischen Ausbildungszeiten geprüft worden. Auch das Urteil des erkennenden Senats vom 13.11.2008 (B 13 R 77/07 R) führe nicht weiter, da die verfassungsrechtliche Bewertung dort ausschließlich im Hinblick auf Art 14 Abs. 1 GG vorgenommen worden sei. Schließlich habe sich das BVerfG in seiner Entscheidung vom 27.2.2007 (BVerfGE 117, 272 = SozR 4-2600 § 58 Nr. 7) im Rahmen des Art 3 Abs. 1 GG nicht mit der unterschiedlichen Behandlung zweier Personengruppen auseinandergesetzt, sondern nur mit der Einführung einer Stichtagsregelung. Zudem stelle die schulische Ausbildung eine notwendige Vorleistung für das Rentenversicherungssystem dar (Hinweis auf BSG vom 18.10.2005 - SozR 4-2600 § 71 Nr. 1). Daher sei es verfassungsrechtlich bedenklich, eine derartige Anrechnungszeit nur noch als "reine Versicherungslücke" zu behandeln.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
- die Urteile des Sächsischen Landessozialgerichts vom 5. Januar 2010 und des Sozialgerichts Dresden vom 13. Juli 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 11. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juni 2008 zu verurteilen, den Rentenbescheid vom 25. Juni 2007 abzuändern und bei der Berechnung die Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung vom 27. September 1958 bis 30. September 1963 im Rahmen der Höchstdauer des § 74 Abs. 3 (gemeint: Satz 3) SGB VI mit monatlich 0,0625 Entgeltpunkten zu bewerten und ihr eine entsprechend höhere Rente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
- die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der vom Gesetzgeber angeführte Differenzierungsgrund, dass bei typisierender Betrachtung Versicherte mit akademischer Ausbildung im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten hätten als Versicherte ohne eine solche Ausbildung und damit im Regelfall auch höhere Rentenanwartschaften aufbauen könnten, sei ein ausreichender sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung dieser beiden Versichertengruppen bei der Bewertung ihrer schulischer Anrechnungszeiten. Der Einwand, dem Gesetz fehle eine empirische und methodische Fundierung, treffe nicht zu. Insoweit sei auf die von der Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung vom 3.3.2004 (BT-Drucks 15/2591 S 2-3 zu Nr. 6) zur ablehnenden Stellungnahme des Bundesrats (BR-Drucks 1/04 <Beschluss> S 3) vom 13.2.2004 genannten Studien verwiesen: diese belegten, dass Akademiker vergleichsweise höhere Verdienste hätten. Auch neuere Studien bestätigten, dass bessere Bildung im Regelfall zu höherem Einkommen führe. Die Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 lasse sich auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht übertragen, weil es dort um die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art 1 Abs. 1 iVm Art 20 Abs. 1 GG gegangen sei; hier gehe es aber lediglich darum, ob die vom Gesetzgeber angegebene Begründung für eine Differenzierung zwischen zwei Personengruppen - Hochschulabsolventen einerseits und Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen andererseits - bei der Bewertung von beitragsfreien Anrechnungszeiten ausreichend sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 165 Satz 1, § 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet.
Das LSG hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Mit ihrem Überprüfungsbegehren verfolgt die Klägerin eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 SGG; vgl. BSG vom 25.1.1994 - SozR 3-1300 § 44 Nr. 8 S 19; BSG vom 28.6.1995 - BSGE 76, 156, 157 f = SozR 3-4100 § 249e Nr. 7 S 52; BSG vom 5.11.1997 - BSGE 81, 150, 152 = SozR 3-3100 § 30 Nr. 18 S 43; BSG vom 3.4.2001 - BSGE 88, 75, 77 = SozR 3-2200 § 1265 Nr. 20 S 132; BSG vom 10.4.2003 - SozR 4-1300 § 44 Nr. 3 RdNr. 8), die unbegründet ist. Der angefochtene Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 11.2.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.6.2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Rücknahme des bestandskräftigen Rentenbescheids vom 25.6.2007 und auf Neufeststellung der Regelaltersrente (§ 35 SGB VI) unter Berücksichtigung höherer EP für die Zeiten ihrer Schul- und Hochschulausbildung. Denn die festgesetzte Rentenhöhe im Bescheid vom 25.6.2007 entspricht den gesetzlichen Bestimmungen (dazu unter A.) und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (dazu unter B.).
A. Streit besteht hier allein über den Gesamtbetrag an EP, der sich aus den 36 Monaten Anrechnungszeiten der Klägerin wegen Schul- und Hochschulausbildung innerhalb der dreijährigen Höchstbewertungsdauer ergibt. Von der Klägerin nicht angegriffen ist die Nichtbewertung der über diesen Zeitraum hinausgehenden Zeit ihrer Hochschulausbildung. Für die von ihr angestrebte Höherbewertung ihrer Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung mit 0,0625 EP je Kalendermonat gibt es keine gesetzliche Grundlage. Vielmehr hat die Beklagte zutreffend § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des RVNG vom 21.7.2004 (BGBl I 1791) angewandt und die Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung bei einem Rentenbeginn am 1.10.2006 zu Recht (nur) mit 0,0338 EP (Ost) je Kalendermonat rentenerhöhend bewertet.
1. Gemäß § 64 SGB VI ist der Monatsbetrag der Rente das Produkt aus den unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Die genannten Faktoren sind mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander zu vervielfältigen.
Die persönlichen EP für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente errechnen sich aus der Summe aller EP ua auch für beitragsfreie Zeiten (§ 66 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI).
Aus im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten werden gemäß § 254b Abs. 1 SGB VI für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente persönliche EP (Ost) und ein aktueller Rentenwert (Ost) gebildet. Für beitragsfreie Zeiten werden die nach der Gesamtleistungsbewertung ermittelten EP in dem Verhältnis als EP (Ost) berücksichtigt, in dem die für die Ermittlung des Gesamtleistungswerts zugrunde gelegten EP (Ost) zu allen zugrunde gelegten EP stehen (§ 263a Satz 1 SGB VI).
Zu den beitragsfreien Zeiten (§ 54 Abs. 4 SGB VI) zählen auch Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI). Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 SGB VI in der hier maßgeblichen, ab 1.1.2005 geltenden Fassung sind Anrechnungszeiten ua Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren (Nr. 4). Dementsprechend hat die Beklagte im Versicherungsverlauf des Rentenbescheids vom 25.6.2007 die Zeiten der Schulausbildung des Klägerin vom 27.9.1958 bis 31.8.1960 und die Zeiten der Hochschulausbildung vom 1.10.1962 bis 31.7.1965 berücksichtigt.
Beitragsfreie Zeiten sind mit dem aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Gesamtzeitraum erzielten Durchschnittswert (= EP/Monat) zu bewerten (§ 71 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), der entweder im Rahmen der Grundbewertung nach § 72 Abs. 1 SGB VI auf der Grundlage sämtlicher EP für Beitragszeiten (Zeiten mit vollwertigen Beiträgen und beitragsgeminderte Zeiten) und Berücksichtigungszeiten oder - falls für den Versicherten günstiger - im Rahmen der Vergleichsbewertung nach § 73 SGB VI auf der Grundlage nur der vollwertigen Beiträge und daher insbesondere ohne beitragsgeminderte Zeiten zu ermitteln ist (§ 71 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Vorliegend ergab sich ein Durchschnittswert aus der Grundbewertung von 0,0800 EP und aus der Vergleichsbewertung von 0,0778 EP. Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit dieser Werte sind nicht erkennbar; solche wurden auch von der Klägerin nicht vorgebracht. Zutreffend hat die Beklagte daher der Gesamtleistungsbewertung den höheren Durchschnittswert aus der Grundbewertung zugrunde gelegt.
2. Im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung findet allerdings gemäß § 74 SGB VI in der hier maßgeblichen, ab 1.1.2005 geltenden Fassung des RVNG eine Begrenzung statt (sog begrenzte Gesamtleistungsbewertung). Gemäß § 74 Satz 1 und 2 SGB VI wird der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme auf 75 vH begrenzt; der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 EP nicht übersteigen. Ausbildungszeiten der genannten Art werden gemäß § 74 Satz 3 SGB VI insgesamt für höchstens drei Jahre "bewertet" (dh sie wirken sich für höchstens drei Jahre unmittelbar rentenerhöhend aus), vorrangig die Zeiten der Fachschulausbildung und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Gemäß § 74 Satz 4 SGB VI werden ua Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung nicht bewertet.
3. Für Rentenneuzugänge der Jahre 2005 bis 2008, zu denen die Klägerin gehört, hat der Gesetzgeber des RVNG hinsichtlich der Bewertung von Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung in § 263 Abs. 3 SGB VI aus Gründen des Vertrauensschutzes eine Übergangsregelung getroffen (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149 S 29 zu Nr. 51 <§ 263> zu Buchst c).
Gemäß § 263 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB VI wird der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Anrechnungszeiten wegen einer Schul- oder Hochschulausbildung auf 75 vH begrenzt; der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 EP nicht übersteigen. Für Renten, die im Zeitraum von Februar 2005 bis Dezember 2008 beginnen, wird gemäß § 263 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB VI der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung abweichend von § 74 Satz 4 SGB VI insgesamt für höchstens drei Jahre (unter Anrechnung von Zeiten einer Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme) gleichwohl rentenerhöhend berücksichtigt, jedoch in Abhängigkeit vom Rentenbeginn nicht mit 75 vH bzw. (höchstens) 0,0625 EP je Kalendermonat, sondern mit einem sich stufenweise in monatlichen Schritten von 1,56 vH bzw. 0,0013 EP mindernden und sich aus der Tabelle des § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI ergebenden niedrigeren Prozentwert bzw. EP-Wert.
4. Beginnt die Rente allerdings im Januar 2009 oder später, werden Zeiten der Schul- oder Hochschulausbildung nicht mehr bewertet, dh sie erhalten keine EP und haben insoweit keine rentenerhöhende Wirkung mehr.
Das bedeutet jedoch nicht, dass den Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung nach dem vollendeten 17. Lebensjahr für die gesetzliche Rente keinerlei Bedeutung mehr zukäme. Denn zum einen bleibt deren rentenbegründende Wirkung erhalten: Dies zeigt sich nicht nur bei den Renten wegen Erwerbsminderung (wo Anrechnungszeiten den Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung, von denen drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sein müssen, verlängern, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 iVm Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 4 SGB VI), sondern (nach § 50 Abs. 4 iVm § 51 Abs. 3, § 54 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 SGB VI) auch bei der Anrechnung auf die 35-jährige Wartezeit für die (vorzeitige Inanspruchnahme der) Altersrenten für langjährig Versicherte (§ 36 SGB VI) bzw. für schwerbehinderte Menschen (§ 37 SGB VI). Zum anderen wirken sich Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung auch künftig dadurch rentenerhöhend aus, dass sie im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung als "nicht belegungsfähige Kalendermonate" berücksichtigt werden und insoweit eine Versicherungslücken schließende Funktion haben (§ 72 Abs. 3 Nr. 1 iVm § 54 Abs. 4 SGB VI; s hierzu auch BSG vom 2.3.2010 - SozR 4-2600 § 72 Nr. 3 RdNr. 14 ff; ferner zur Rechtsentwicklung Senatsbeschluss vom 27.8.2009 - B 13 R 6/09 S - BeckRS 2010, 66400 RdNr. 12 ff; vgl. insoweit auch BSG vom 26.1.2005 - SozR 4-2600 § 58 Nr. 6 RdNr. 15).
5. Die Beklagte hat in Anwendung der erläuterten Vorschriften die Zeiten der Klägerin wegen Schul- und Hochschulausbildung im Rahmen der Höchstdauer von drei Jahren zutreffend mit 0,0338 EP für jeden Kalendermonat bewertet. Bei einem Rentenbeginn im Oktober 2006 ergibt sich bei der Multiplikation des für die Gesamtleistungsbewertung maßgeblichen Durchschnittswerts aus der Grundbewertung von 0,0800 EP mit dem Tabellenwert des § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI von 42,19 vH (in Anwendung von § 121 SGB VI) ein Wert von (gerundet) 0,0338 EP (= 0,0800 EP x 42,19 : 100). Diesen - unter dem Höchstwert von 0,0352 EP liegenden - Betrag hat die Beklagte zu Recht der begrenzten Gesamtleistungsbewertung für die Zeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung zugrunde gelegt. Nach Multiplikation mit 36 Monaten Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung ergeben sich 1,2168 EP (Ost) (= 36 x 0,0338 EP <Ost>). Diesen EP-Wert für die Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung hat die Beklagte bei der Rentenberechnung (Ermittlung des Monatsbetrags der Rente) der Klägerin berücksichtigt (s Anlage 4 Seite 5 des Bescheids vom 25.6.2007).
B. Der Auffassung der Klägerin, die Begrenzung des Gesamtleistungswerts für Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung durch § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs. 3 SGB VI (jeweils idF des RVNG) sei verfassungswidrig, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr stimmt der erkennende Senat mit den Vorinstanzen überein, dass diese Vorschriften mit dem GG vereinbar sind. Sie verstoßen weder gegen Art 14 Abs. 1 (dazu unter 1.) noch gegen Art 3 Abs. 1 GG (dazu unter 2.) und auch nicht gegen das Sozialstaatsprinzip (dazu unter 3.). Er hat daher keine Veranlassung, gemäß Art 100 Abs. 1 GG eine Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit der von der Klägerin angegriffenen Regelungen herbeizuführen.
1. Eine Verletzung des Art 14 Abs. 1 GG liegt nicht vor.
a) Die von der Klägerin in der Zeit bis zum Inkrafttreten der angegriffenen Normen erworbene Rentenanwartschaft wird vom Schutzbereich dieser Verfassungsnorm erfasst (vgl. BVerfGE 53, 257, 289 f; 55, 114, 131; 58, 81, 109; 69, 272, 298; 70, 101, 110; 100, 1, 32 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 3 S 47; BVerfGE 117, 272, 292 = SozR 4-2600 § 58 Nr. 7 RdNr. 50; stRspr). Es handelt sich um eine vermögenswerte Rechtsposition, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet ist; sie genießt den Schutz der Eigentumsgarantie, weil sie auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruht und zudem der Sicherung seiner Existenz dient (vgl. zB BVerfGE 69, 272, 300). Für Rentenanwartschaften, die in der DDR begründet wurden, gilt dies mit der Einschränkung, dass Art 14 Abs. 1 GG sie nur in der Form schützt, die sie aufgrund der Regelungen des Einigungsvertrags erhalten haben (vgl. BVerfGE 100, 1, 33 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr. 3 S 48 ff; BVerfGE 112, 368, 396 = SozR 4-2600 § 307a Nr. 3 RdNr. 43). Dabei ist auf die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt abzustellen und nicht auf einzelne Berechnungselemente (vgl. BVerfGE 58, 81, 109; 117, 272, 293 = SozR 4-2600 § 58 Nr. 7 RdNr. 51) wie hier die Bewertung von Zeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung als Anrechnungszeiten.
b) Die Rechtsänderung hat die Rentenanwartschaft der Klägerin beeinträchtigt. Während nach den bis zum 31.12.2004 geltenden Bestimmungen der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für Zeiten wegen schulischer Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres für jeden Kalendermonat auf 75 vH begrenzt war und für die Dauer von drei Jahren noch mit (höchstens) 0,0625 EP je Kalendermonat rentenerhöhend berücksichtigt werden konnte (§ 74 Satz 1, 2 und 4 SGB VI in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung), werden nach der Neuregelung durch das RVNG Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung (für Rentenzugänge ab 2009) überhaupt nicht mehr bewertet (§ 74 Satz 4 SGB VI idF des RVNG). Eines der Ziele des Gesetzgebers war es, allgemeine Schulzeiten sowie Fachhochschul- und Hochschulzeiten (im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung) nur noch bis zu acht Jahren als (Versicherungslücken füllende) "unbewertete" (dh nicht rentenerhöhende) Anrechnungszeiten zu berücksichtigen (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149, S 24 zu Nr. 13 <§ 74>). Übergangsweise galt für die Rentenneuzugänge 2005 bis 2008 eine Abschmelzung des begrenzten Gesamtleistungswerts um jeweils 1,56 vH bzw. 0,0013 EP je Kalendermonat, beginnend mit 75 vH bzw. 0,0625 EP bei einem Rentenzugang im Januar 2005 und endend mit 1,56 vH bzw. 0,0013 EP bei einem Rentenzugang im Dezember 2008 (§ 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI idF des RVNG). Hiervon wird auch die Klägerin erfasst, da ihre Rente am 1.10.2006 begann und daher ihre Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung im Rahmen der dreijährigen Höchstbewertungsdauer je Kalendermonat (nur) mit 0,0338 EP (Ost) zu berücksichtigen sind.
c) Soweit dadurch in die bis dahin vorhandene Rechtsposition der Klägerin eingegriffen wurde, handelt es sich um eine verfassungsrechtlich zulässige gesetzgeberische Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums iS von Art 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Der Gesetzgeber hatte hier nicht nur deswegen eine besonders große Gestaltungsfreiheit, weil bei Rentenanwartschaften die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen bereits von vornherein angelegt ist (vgl. BVerfGE 53, 257, 293; 58, 81, 110; 70, 101, 111; 117, 272, 293 = SozR 4-2600 § 58 Nr. 7 RdNr. 53; BVerfGE 122, 151, 182 = SozR 4-2600 § 237 Nr. 16 RdNr. 79; BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr. 9 RdNr. 34), sondern auch, weil es hier um die Begrenzung von Positionen ging, die Ausdruck besonderer Vergünstigungen waren. Denn Anrechnungszeiten beruhen - da ohne eigene Beitragsleistung erworben - überwiegend auf staatlicher Gewährung und sind somit Ausdruck besonderer staatlicher Fürsorge (so BVerfGE 58, 81, 112). Sie sind zwar Bestandteil der Rentenanwartschaft und unterliegen damit dem Bestandsschutz des Art 14 Abs. 1 GG; es handelt sich jedoch um einen abgeleiteten Eigentumsschutz von geringerer Intensität (Wahl, jurisPR-SozR 12/2005, Anm 4 unter D 2b). Ebenso wie es im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers lag, diese Zeiten als ein Element des sozialen Ausgleichs für die mit der Ausbildung für den Einzelnen verbundene Minderung seiner sozialen Sicherheit vorzusehen (vgl. BVerfGE 58, 81, 113; BVerfG SozR 2200 § 1259 Nr. 46), ist es ihm auch überlassen, ob und inwieweit er diesen Ausgleich weitergewähren will.
Allerdings sind Eingriffe in Rentenanwartschaften nur zulässig, wenn sie einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sind (vgl. BVerfGE 53, 257, 293; 70, 101, 111; 117, 272, 294 = SozR 4-2600 § 58 Nr. 7 RdNr. 54; BVerfGE 122, 151, 182 = SozR 4-2600 § 237 Nr. 16 RdNr. 79; BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr. 9 RdNr. 35; stRspr). Sie müssen zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich sein. Insbesondere dürfen sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten und für ihn deswegen unzumutbar sein (vgl. BVerfGE 58, 81, 121; 76, 220, 238; 122, 151, 182 = SozR 4-2600 § 237 Nr. 16 RdNr. 79; stRspr). Diesen Anforderungen genügen die hier von der Klägerin angegriffenen Regelungen des § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI (jeweils idF des RVNG).
aa) Mit den durch das RVNG vorgesehenen Maßnahmen sollten vor dem Hintergrund der sich "immer deutlicher abzeichnenden Auswirkungen" des sich verändernden demografischen Aufbaus der Bevölkerung und "einer schwierigen finanziellen Situation" der gesetzlichen Rentenversicherung "die Beiträge langfristig bezahlbar und die Renten so sicher gemacht werden, wie das in einer sich ständig verändernden Gesellschaft möglich ist" (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149, S 2, 17). Richtschnur war dabei der "Grundsatz der Generationengerechtigkeit". Die Jüngeren sollten nicht durch zu hohe Beiträge überfordert ("erdrückt") werden, da nur mit "verkraftbaren Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung" der Spielraum geschaffen werde, der erforderlich sei, um eigenverantwortlich ergänzende Altersvorsorge betreiben zu können. Gleichzeitig sollte das Vertrauen der Älteren in das Funktionieren der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten bleiben (aaO).
Zu den im Rahmen eines Gesamtpakets vorgesehenen Maßnahmen, die zur Stabilisierung des Beitragssatzes und langfristigen Sicherung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung beitragen sollten (aaO S 33; s auch Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Annette Widmann-Mauz, Andreas Storm, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU über die Auswirkungen des Wegfalls der bewerteten Anrechnungszeiten bei schulischer Ausbildung in der gesetzlichen Rentenversicherung, BT-Drucks 15/2305, S 7, 13), gehörte als "mittel- und langfristig wirkende" Maßnahme (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149, S 18 f) die Abschaffung der Bewertung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung (mit Ausnahme der Zeiten des Fachschulbesuchs und der Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen) als rentensteigernde Anrechnungszeiten nach einer vierjährigen Übergangsfrist für Rentenneuzugänge ab 2009 (zur Verfassungsmäßigkeit des ebenfalls mit dem RVNG in die Rentenformel eingefügten sog Nachhaltigkeitsfaktors s Senatsurteil vom 13.11.2008 - SozR 4-2600 § 255e Nr. 1 RdNr. 27 ff).
bb) Zur Erreichung dieser weitreichenden Ziele war die gesetzliche Neuregelung in § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI geeignet. Es wurden Vergünstigungen zurückgenommen, die dem Gesetzgeber im Hinblick auf die Betonung der Beitragssatzstabilität und der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente sowie angesichts der angespannten Gesamtlage vor dem Hintergrund einer steigenden demografischen Belastung der gesetzlichen Rentenversicherung als unangemessen erscheinen konnten. Der damit erzielte Spareffekt ist nicht lediglich marginal (vgl. dazu allgemein BVerfGE 70, 101, 112). Die Einsparungen aus dem Wegfall der bewerteten (rentensteigernden) Anrechnungszeiten wegen Fachhochschul- und Hochschulausbildung werden auf langfristig rund 200 Mio Euro/Jahr geschätzt. Hinzu kommt die Einsparung aus dem Wegfall der bewerteten Anrechnungszeiten wegen (allgemeiner) Schulausbildung. Insgesamt wird vom Wegfall der bewerteten Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung langfristig ein Einsparvolumen von 0,1 Beitragssatzpunkten erwartet (vgl. Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003 aaO, BT-Drucks 15/2305, S 4, 8).
Unter diesen Umständen kann auch die Erforderlichkeit dieser Maßnahme nicht verneint werden. Sie würde nur dann fehlen, wenn evident wäre, dass die angestrebte Einsparung und Konsolidierung mit weniger einschneidenden Mitteln hätte erreicht werden können (vgl. BVerfGE 76, 220, 241). Der Gesetzgeber war unter dem Gesichtspunkt des Erforderlichkeitsgrundsatzes nicht verpflichtet, auf andere Maßnahmen auszuweichen (etwa auf die vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger vorgeschlagene Minderung der Höchstbewertung für alle schulischen Ausbildungszeiten von bisher 75 vH des Durchschnittsverdiensts auf 60 vH des Durchschnittsverdiensts: s hierzu den auf diesem Vorschlag beruhenden Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kolb ua und der Fraktion der FDP vom 10.3.2004, BT-Drucks 15/2688); er kann insbesondere nicht darauf verwiesen werden, die mit § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI verfolgten Einsparungen in anderen Bereichen des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung zu erzielen (vgl. BVerfGE 75, 78, 101 f; 76, 220, 241; 116, 96, 127 = SozR 4-5050 § 22 Nr. 5 RdNr. 91; BVerfGE 117, 272, 298 f = SozR 4-2600 § 58 Nr. 7 RdNr. 65; BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr. 9 RdNr. 44).
cc) Die zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erforderliche Abwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse an dem Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen des RVNG das Interesse der Betroffenen an dem Fortbestehen der günstigeren Bewertung ihrer Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung nach altem Recht überwiegt.
Soweit der Rentenanwartschaft der Klägerin eine höhere, über die versicherten Arbeitsentgelte hinausgehende rentenrechtliche Bewertung der Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung zugrunde liegt, beruht sie nicht auf ihrer eigenen Beitragsleistung. Ist es aber zur Sicherung der Finanzgrundlagen und zum Erhalt der Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung geboten, rentenrechtliche Positionen zu verändern, so kann der soziale Bezug, der dem Gesetzgeber größere Gestaltungsfreiheit bei Eingriffen gibt, diesen berechtigen, in Abwägung zwischen Leistungen an Versicherte und Belastungen der Solidargemeinschaft vor allem jene Positionen zu kürzen, die Ausdruck einer besonderen Vergünstigung sind (vgl. BVerfGE 58, 81, 111). Denn eine durch einkommensbezogene Beitragszahlungen begründete rentenrechtliche Position genießt einen höheren Schutz gegen staatliche Eingriffe als eine Anwartschaft, soweit sie nicht auf Beitragsleistungen beruht (vgl. BVerfGE 58, 81, 112 f). Dies ist hier in Bezug auf die Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung der Fall. Die Schul- und Hochschulausbildung begründet als solche allein noch keinen personalen Bezug zur Rentenversicherung. Sie stellt für sich genommen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keine Eigenleistung des Versicherten dar, die der Rentenversicherung zugute kommt, sondern dient seiner eigenen Qualifizierung und liegt in seinem Verantwortungsbereich (BVerfGE 58, 81, 113; s auch BVerfGE 117, 272, 299 = SozR 4-2600 § 58 Nr. 7 RdNr. 67 zur Berufsausbildung).
Der Senat teilt nicht die Auffassung, schulische Ausbildungszeiten unterlägen als notwendige Vorleistungen für Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung einem höheren verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. aber BSG vom 18.10.2005 - SozR 4-2600 § 71 Nr. 1 RdNr. 40 ff; ferner W. Meyer/Blüggel, NZS 2005, 1, 8 f; Blüggel, Soziale Sicherheit 2004, 61, 66 ff). Dies ist auch nicht die Sichtweise des BVerfG. Denn die Höhe der Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 SGB VI). Insofern ist es durchaus konsequent, die Ausbildung vorwiegend dem Bereich der Eigenverantwortung des Einzelnen zuzuordnen, deren besondere Honorierung dem System der Rentenversicherung jedenfalls nicht immanent ist, weil es grundsätzlich an den Eintritt in das Arbeitsleben anknüpft (BVerfGE 58, 81, 113; Senatsbeschluss vom 27.8.2009 - B 13 R 6/09 S - BeckRS 2010, 66400 RdNr. 15; BSG vom 2.3.2010 - SozR 4-2600 § 72 Nr. 3 RdNr. 33 f).
Demgegenüber fallen die mit dem RVNG verfolgten Ziele erheblich ins Gewicht, da sie auf eine Verbesserung der Finanzlage und der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung, auf die Herstellung von Generationengerechtigkeit sowie auf eine Begrenzung der Lohnzusatzkosten mit dem Ziel der Förderung eines hohen Beschäftigungsstandes gerichtet sind. In diesem Zusammenhang haben alle Maßnahmen besondere Bedeutung, die einer Stärkung der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente dienen. Dazu gehört auch die Regelung des § 74 Satz 4 SGB VI.
dd) Auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, der ebenfalls im Rahmen des Art 14 Abs. 1 GG zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfGE 70, 101, 114; 76, 220, 244 f), sind die angegriffenen Bestimmungen nicht zu beanstanden.
Für den Versichertenkreis, dem die Klägerin angehört, also den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes "rentennahen Jahrgängen", wurden die Auswirkungen des § 74 Satz 4 SGB VI durch die Übergangsvorschrift des § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI mit ihrem vierjährigen "Abschmelzungsprogramm" abgemildert (s hierzu bereits oben unter A.3.). Dadurch kam es auch bei ihr noch zu einer rentenerhöhenden Bewertung von Zeiten mit Schul- und Hochschulausbildung.
Die Rentenminderung, die daraus resultiert, dass die Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung nicht mehr - wie nach altem Recht - mit (höchstens) 0,0600 EP (nicht - wie die Klägerin meint - mit 0,0625 EP), sondern nur noch mit 0,0338 EP je Kalendermonat in die Rentenberechnung eingehen, hält sich im vertretbaren Rahmen; insoweit errechnet sich bei der Klägerin im Vergleich zum alten Recht (unter Zugrundelegung des beim Rentenbeginn im Oktober 2006 maßgeblichen aktuellen Rentenwerts <Ost>) eine Rentenminderung von 21,67 Euro/Monat.
Nach altem Recht hätte sich der auf die Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung entfallende Teil des Rentenbetrags auf 49,62 Euro/Monat belaufen (0,0800 EP <Durchschnittswert aus der Grundbewertung> x 75 : 100 = 0,0600 EP; da der Höchstwert von 0,0625 EP/Monat nicht erreicht wird, verbleibt es bei 0,0600 EP; 0,0600 EP (Ost) x 36 Monate Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung = 2,1600 EP <Ost> x 22,97 Euro <aktueller Rentenwert - Ost - im Oktober 2006> = 49,62 Euro/Monat <gerundet gemäß § 121 SGB VI>). Diese Bewertung fällt bei der Klägerin wegen der Übergangsregelung in § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI mit Rentenbeginn im Oktober 2006 nicht vollständig weg; es ergibt sich aber ein verminderter Betrag von 27,95 Euro/Monat (0,0800 EP <Durchschnittswert aus der Grundbewertung> x 42,19 : 100 = 0,0338 EP, da der Tabellen-Höchstwert von 0,0352 EP/Monat nicht erreicht wird, verbleibt es bei 0,0338 EP; 0,0338 EP <Ost> x 36 Monate Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung = 1,2168 EP <Ost> x 22,97 Euro <aktueller Rentenwert - Ost - im Oktober 2006> = 27,95 Euro/Monat <gerundet gemäß § 121 SGB VI>), sodass sich eine Differenz von 21,67 Euro/Monat zwischen altem (49,62 Euro/Monat) und neuem Recht (27,95 Euro/Monat) errechnet.
Die maximale Minderung betrug beim Auslaufen der Übergangsregelung in § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI und Wegfall der Bewertung von höchstens drei Jahren Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung 2,25 EP (= 36 x 0,0625 EP). Dies entsprach in den alten Bundesländern bei Rentenbeginn im Januar 2009 einem Betrag von 61,20 Euro/Monat (= 2,25 EP x 27,20 Euro aktueller Rentenwert im Januar 2009), in den neuen Bundesländern einem von 58,79 Euro/Monat (= 2,25 EP <Ost> x 26,13 Euro aktueller Rentenwert <Ost> im Januar 2009; vgl. auch die Werte in der Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003 aaO, BT-Drucks 15/2305, S 3, wonach sich die Rentenhöhe durch die Abschaffung der Bewertung der Anrechnungszeiten wegen des Besuchs von allgemeinbildenden Schulen und Hochschulen um durchschnittlich 15,23 Euro/Monat <bei Frauen um 12,02 Euro/Monat, bei Männern um 16,40 Euro/Monat, in den alten Bundesländern um 15,68 Euro/Monat und in den neuen Bundesländern um 13,78 Euro/Monat> reduziert; vgl. zu den Auswirkungen auf die Rentenhöhe auch Loose, Soziale Sicherheit 2003, 431, 432 f).
Angesichts der Übergangsregelung in § 263 Abs. 3 SGB VI mag offenbleiben, ob sich bei der wechselhaften Geschichte der Ausfall- und Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung (vgl. hierzu zB Senatsbeschluss vom 27.8.2009 - B 13 R 6/09 S - BeckRS 2010, 66400 RdNr. 12 ff, Blüggel, Soziale Sicherheit 2004, 61 ff) überhaupt ein schutzwürdiges Vertrauen auf deren rentensteigernde Wirkung entwickeln konnte. Allein aufgrund eines bestimmten Lebensalters ist ein gesteigerter Bestandsschutz einer vorhandenen Rechtsposition verfassungsrechtlich jedenfalls nicht geboten (vgl. BVerfGE 117, 272, 294 f = SozR 4-2600 § 58 Nr. 7 RdNr. 56; BSG vom 2.3.2010 - SozR 4-2600 § 72 Nr. 3 RdNr. 31).
2. Mit den von der Klägerin angegriffenen Regelungen hat der Gesetzgeber nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs. 1 GG verletzt. Auch an diese Verfassungsnorm ist der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums gebunden (vgl. BVerfGE 74, 203, 214). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz ist jedoch nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner - hier bestehenden weiten - Gestaltungsfreiheit überschritten hat (vgl. BVerfGE 52, 277, 280 f; 68, 287, 301; 81, 108, 117 f; 84, 348, 359).
a) Art 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (BVerfGE 126, 29, 43 mwN). Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 87, 1, 36; 112, 50, 67; 117, 272, 300 f; 122, 151, 188; 126, 29, 47; stRspr).
Die Klägerin gehört - wie oben ausgeführt - zu der Gruppe von Versicherten, deren Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung durch das RVNG in ihrer Bewertung im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung gemindert worden sind. Damit wird sie zum einen gegenüber Versicherten mit Rentenbeginn bis einschließlich Januar 2005 (dazu unter aa) und zum anderen gegenüber Versicherten mit Zeiten einer Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (dazu unter bb) ungleich behandelt. Denn diese Versicherten werden von der Neubewertung der Zeiten wegen schulischer Ausbildung durch das RVNG nicht erfasst, obwohl auch sie während dieser Zeiten keine Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt oder getragen haben.
b) Die unterschiedliche Behandlung der dargestellten Gruppen bei der Bewertung ihrer schulischen Ausbildungszeiten wird durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt:
aa) Die Regelung des Wegfalls der rentensteigernden Bewertung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung (§ 74 Satz 4 SGB VI) durch das RVNG ist am 1.1.2005 in Kraft getreten (Art 15 Abs. 11 aaO). Das neue Recht findet auf Versicherte mit Rentenbeginn ab diesem Zeitpunkt und damit auch auf die Klägerin Anwendung (vgl. § 300 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI); seine Wirkung wird allerdings durch die ebenfalls zum 1.1.2005 in Kraft getretene Übergangsregelung in § 263 Abs. 3 SGB VI (vgl. Art 15 Abs. 11 RVNG) abgeschwächt, die auch der Klägerin zugute gekommen ist; lediglich Versicherte mit Rentenbeginn bis einschließlich Januar 2005 sind von dem Wegfall bzw. der Kürzung der Bewertung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung nicht betroffen.
Eine solche Stichtagsregelung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Dem Gesetzgeber ist es durch Art 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Einführung des Stichtags überhaupt und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (vgl. BVerfGE 101, 239, 270; 117, 272, 301 = SozR 4-2600 § 58 Nr. 7 RdNr. 73; stRspr). Dies war hier der Fall. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes danach differenziert, ob ein Versicherter bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits ein Vollrecht auf Rente erworben hat, und damit in abgeschlossene Rentenbiografien nicht mehr eingreift (vgl. BVerfGE 58, 81, 126; 75, 78, 106; 117, 272, 301 f = SozR 4-2600 § 58 Nr. 7 RdNr. 73).
bb) Auch bei Versicherten, die Zeiten an Fachschulen (zur Begriffsbestimmung s BSG vom 9.6.1988 - 4/11a RA 68/87 - Juris RdNr. 14 f; BSG vom 21.2.1989 - SozR 2200 § 1259 Nr. 109 S 290) und für berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (zur Begriffsbestimmung s § 58 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) aufweisen, bleibt es insoweit bei der bisherigen rentenrechtlichen Bewertung; diese Zeiten werden weiterhin nach Vollendung des 17. Lebensjahres für die Dauer von höchstens drei Jahren als Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung mit bis zu 0,0625 EP je Kalendermonat (0,75 EP/Jahr x 3 = maximal 2,25 EP) rentensteigernd berücksichtigt (§ 74 Satz 1 bis 3 SGB VI idF des RVNG).
(1) Die ungleiche Behandlung gegenüber Versicherten, die - wie die Klägerin - "nur" Zeiten der allgemeinen Schul- und Hochschulausbildung aufweisen, wird in den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren des RVNG damit begründet, dass die rentenrechtliche Besserstellung derjenigen Versicherten mit Zeiten schulischer Ausbildung beseitigt werden soll, die - bei typisierender Betrachtung - durch ihre akademische Ausbildung und die damit im Regelfall einhergehenden besseren Verdienstmöglichkeiten überdurchschnittliche Rentenanwartschaften aufbauen können. Vor dem Hintergrund steigender demografischer Belastungen der Alterssicherungssysteme könne es nicht länger Aufgabe der Versichertengemeinschaft sein, diese Zeiten zu privilegieren. Zeiten einer nichtakademischen Ausbildung an Schulen mit überwiegend berufsbildendem Charakter (Fachschulen) und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme sollten hingegen auch weiterhin mit bis zu 75 vH des Durchschnittsentgelts bewertet werden. Denn hier könne regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, dass im späteren Erwerbsleben Rentenanwartschaften im selben Umfang aufgebaut würden wie auf der Grundlage einer akademischen Ausbildung. Zudem solle eine sozialpolitisch bedenkliche Ungleichbehandlung von Zeiten der beruflichen Ausbildung an Schulen einerseits und von Zeiten der beruflichen Ausbildung im dualen System andererseits vermieden werden, da bei letzteren - wie bisher auch - eine Höherbewertung der Pflichtbeiträge auf bis zu 75 vH des Durchschnittsentgelts erfolge. Durch die Begrenzung der Bewertung bzw. Höherbewertung von schulischen und beruflichen Ausbildungszeiten auf insgesamt 36 Monate solle eine unverhältnismäßige rentenrechtliche Besserstellung nichtakademischer Ausbildung verhindert werden (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149, S 19 zu Nr. 4).
(2) Diese Begründung für die unterschiedliche Behandlung der Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung bei den genannten Versichertengruppen ist nicht sachfremd. Der Gesetzgeber durfte insbesondere von der typisierenden Annahme ausgehen, dass Absolventen von Hochschulen (Universitäten, Fachhochschulen ua) im späteren Erwerbsleben im Vergleich zu Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen durch ihre höhere berufliche Qualifikation im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten haben und deswegen höhere Rentenanwartschaften und Renten aufbauen können.
Entgegen der Rechtsmeinung der Klägerin geht der Senat davon aus, dass das BVerfG in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 (BVerfGE 125, 175, 225 f = SozR 4-4200 § 20 Nr. 12 RdNr. 141 ff) spezifische Anforderungen an die Begründungspflicht des Gesetzgebers nur für die Bestimmung (Bemessung) des menschenwürdigen Existenzminimums gemäß Art 1 Abs. 1 iVm Art 20 Abs. 1 GG aufgestellt hat (vgl. zur Begründungspflicht des Gesetzgebers aus verfassungsrechtlicher Sicht kritisch Hebeler, DÖV 2010, 754 ff; s hierzu auch Meßling in Festschrift für Renate Jaeger, 2011, S 787 ff). Dennoch kann es für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer Regelung auch allgemein von Relevanz sein, ob sich für die ihr zugrunde liegenden tatsächlichen Einschätzungen des Gesetzgebers hinreichend tragfähige Grundlagen finden lassen (vgl. hierzu BVerfGE 50, 50, 51; 50, 290, 333; 86, 90, 109; 88, 203, 262 f; 121, 317, 350 ff). Ist dies nicht der Fall oder erweisen sich die Erwägungen des Gesetzgebers als so offensichtlich fehlerhaft, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben können, können die Gerichte diese trotz eines insoweit grundsätzlich bestehenden weiten gesetzgeberischen Einschätzungs- und Prognosespielraums beanstanden (vgl. BVerfGE 77, 84, 106; 91, 1, 29).
(3) Soweit der Senat die angegriffenen Regelungen im Hinblick auf die Vergleichsgruppen - Hochschulabsolventen einerseits und Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen andererseits - zu überprüfen hat, sind die Erwägungen des Gesetzgebers des RVNG, die der unterschiedlichen Bewertung der Ausbildungszeiten dieser beiden Versichertengruppen zugrunde liegen, nicht unvertretbar. Dass Versicherte mit einer Hochschulausbildung im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten und höhere Altersrenten haben als Versicherte der Vergleichsgruppe, wird durch mehrere Studien belegt:
Bereits im Gesetzgebungsverfahren hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung vom 3.3.2004 (BT-Drucks 15/2591 S 2-3 zu Nr. 6) zur ablehnenden Stellungnahme des Bundesrats (BR-Drucks 1/04 <Beschluss> S 3) vom 13.2.2004 ausgeführt, dass sie zwar mit dem Bundesrat darin übereinstimme, dass eine akademische Ausbildung erst nach längerer Zeit zur Realisierung höherer Rentenanwartschaften führe. Zugleich hat sie aber darauf hingewiesen, dass ein Studium auch unter Berücksichtigung der höheren Kosten der Ausbildung und einer tendenziell kürzeren Erwerbsphase, besonders bei einem weitgehend öffentlich finanzierten Ausbildungsangebot, in der Regel zu einer "positiven Bildungsrendite" führt und sich dies sowohl in der Einkommenssituation während der Erwerbsphase als auch im Alter widerspiegelt. Insoweit hat die Bundesregierung auf die "Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998" (EVS '98) und die Infrateststudie "Alterssicherung in Deutschland 1999" (ASiD '99) Bezug genommen. Danach verdienten unter Zugrundelegung der EVS '98 in der gesetzlichen Rentenversicherung als Arbeitnehmer pflichtversicherte Akademiker mit 2299 Euro fast das 1,5 fache des monatlichen Durchschnittsverdiensts der Versicherten (1584 Euro), Arbeitnehmer mit einer abgeschlossenen Lehre oder Gesellenprüfung lagen dagegen mit 1480 Euro knapp unterhalb des Durchschnittsverdiensts (s auch die Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003 aaO, BT-Drucks 15/2305, S 16). Nach der ASiD '99 bezogen Versicherte mit Hochschulausbildung mit 1163 Euro eine um durchschnittlich 350 Euro höhere Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Versicherte mit abgeschlossener Lehre oder Gesellenprüfung, welche nur auf 813 Euro kamen (BT-Drucks 15/2591 S 3; s auch die Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003 aaO, BT-Drucks 15/2305, S 14, wonach in den neuen Bundesländern nach der ASiD '99 Versicherte mit einer akademischen Ausbildung mit monatlich 1219 Euro <Männer: 1311 Euro, Frauen: 999 Euro> sogar eine um 475 Euro <Männer: 322 Euro, Frauen: 396 Euro> höhere Rente bezogen als Versicherte mit abgeschlossener Lehre oder Gesellenprüfung, welche nur auf monatlich 744 Euro <Männer: 989 Euro, Frauen: 603 Euro> kamen).
Auch aktuelle Studien bestätigen, dass in den vergangenen Jahren die wirtschaftlichen Vorteile einer Ausbildung an Universitäten oder Fachhochschulen (sog tertiäre Ausbildung) in Deutschland weiter zugenommen haben. Nach der von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erstellten (und von der Beklagten in ihrer Revisionserwiderung benannten) Studie "Bildung auf einen Blick 2010" verdienten Hochqualifizierte im Jahre 2008 im Schnitt 67 Prozent mehr als Erwerbstätige, die "nur" über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügten. 2007 lag dieser Einkommensvorsprung bei 62 Prozent, seit 1998 hat er sich nach Angaben der OECD mehr als verdoppelt. Hinzu kommen ein deutlich geringeres Risiko von Arbeitslosigkeit und weit höhere Erwerbsquoten bei den Älteren. So waren etwa 2009 von den 60 bis 65-Jährigen mit einer Ausbildung an einer Universität oder Fachhochschule 56 Prozent erwerbstätig; bei den 60 bis 65-Jährigen mit nur einer beruflichen Ausbildung dagegen lediglich 36 Prozent (s hierzu nur Pressemitteilung der OECD vom 7.9.2010 "Mehr Hochschulabsolventen in Deutschland - aber auch weiter steigende wirtschaftliche Vorteile aus guter Bildung" zur Studie "Bildung auf einen Blick 2010", veröffentlicht im Internet unter http://www.oecd.org). Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die Autorengruppe "Bildungsberichterstattung" in ihrem im Auftrag der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erstatteten (und von der Beklagten in ihrer Revisionserwiderung ebenfalls benannten) Bericht "Bildung für Deutschland 2010". Danach lag im Jahre 2008 die relative Einkommensposition von Hochschulabsolventen bei 174 Prozent und von Fachhochschulabsolventen bei 163 Prozent des Medians der monatlichen Bruttoerwerbseinkommen aller Erwerbstätigen, die relative Einkommensposition von Personen mit Hauptschulabschluss/mittlerem Schulabschluss und beruflichem Abschluss dagegen lediglich bei 107 Prozent des Medians (s Tabellenanhang Tab I2-5A <S 336> im Bericht "Bildung für Deutschland 2010", ua veröffentlicht im Internet unter http://www.kmk.org/bildung-schule/bildungsberichterstattung/bildungsbericht-2010.html).
(4) Vor diesem Hintergrund liegt ein ausreichender Differenzierungsgrund zwischen den hier zu vergleichenden Gruppen von Normadressaten vor. Gemessen an seinem Konzept ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber an der Realität vorbeigegangen ist. Vielmehr konnte er bei der Ausgestaltung der rentenrechtlichen Vergünstigung der Bewertung von beitragsfreien Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung in typisierender Betrachtung daran anknüpfen, dass Absolventen von Hochschulen bereits durch ihre qualifizierte Ausbildung und die damit im Regelfall auch einhergehenden besseren Verdienstmöglichkeiten höhere Rentenanwartschaften und Renten aufbauen können als Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen.
Dass der Gesetzgeber beim Abbau dieser auf dem Gedanken der staatlichen Fürsorge beruhenden Vergünstigung (vgl. BVerfGE 58, 81, 112) bei denjenigen Versicherten ansetzt, die die dadurch bedingte Minderung ihrer Rentenanwartschaften und Renten finanziell voraussichtlich besser verkraften können, ist nicht zu beanstanden. Soweit er bei seiner Entscheidung, bei welchen beitragsfreien Zeiten wegen schulischer Ausbildung er zukünftig auf deren (begrenzt) rentenerhöhende Wirkung verzichtet, nicht auf die im Erwerbsleben von den Versicherten tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste abgestellt hat, sondern typisierend darauf, dass eine höhere berufliche Qualifikation zu einem höheren Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und damit auch zu einer höheren Rente führen (vgl. BVerfGE 58, 81, 113), liegt dies jedenfalls nicht außerhalb seines hier bestehenden weiten Gestaltungsspielraums. Überdies liegen Art und Umfang der Ausbildung grundsätzlich im Bereich der Eigenverantwortung des Einzelnen, der selbst entscheidet, ob er durch eine qualifizierte Ausbildung seine Erwerbschancen auf dem Arbeitsmarkt unter Verzicht auf mit Beiträgen belegte Zeiten in der Rentenversicherung erhöhen will oder nicht (BVerfGE aaO). Dies schließt aber auch das Risiko ein, später - aus welchen Gründen auch immer - trotz einer solchen Ausbildung nicht die erhofften höheren Arbeitsverdienste zu erzielen.
Von daher mag die Klägerin zu Recht darauf hinweisen, dass Hochschulabsolventen nicht in jedem Fall überdurchschnittlich verdienen bzw. dass bei einem im Vergleich zu Absolventen einer Fachschule oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme höheren Arbeitsverdienst im Einzelfall dieser Verdienst nicht ausreicht, den Verlust an Beitragsjahren auszugleichen. Aber auch dieser Einwand ist nicht geeignet, die typisierende Betrachtungs- und Vorgehensweise des Gesetzgebers zu beanstanden. Anderslautende Untersuchungsergebnisse als die vorliegenden, wonach Versicherte mit Hochschulausbildung im Durchschnitt über höhere Arbeitsverdienste verfügen als Versicherte ohne eine solche Ausbildung, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
3. Schließlich verstoßen die angegriffenen Regelungen des § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI auch nicht gegen das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs. 1 iVm Art 28 Abs. 1 GG). Zwar begründet das Sozialstaatsprinzip die Pflicht des Staates, für eine gerechte soziale Ordnung Sorge zu tragen; die Erfüllung dieser Verpflichtung obliegt jedoch der eigenverantwortlichen Gestaltung des Gesetzgebers. Selbst wenn durch eine Regelung im Einzelfall Unbilligkeiten auftreten, ist das Sozialstaatsgebot nicht verletzt; denn es dient nicht der Korrektur jeglicher (aus Sicht des Normadressaten) hart oder unbillig erscheinender Einzelregelungen (vgl. hierzu BVerfGE 66, 234, 247 f; 69, 272, 314 f).
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.