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B 8 KN 1/05 R

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin Witwenrente zu zahlen ist.

Die 1932 geborene Klägerin lebt seit März 2000 in der Bundesrepublik und ist als Spätaussiedlerin anerkannt. Von der LVA H. bezieht sie eine Versichertenrente mit dem Rentenfaktor 1,0, der 25 Entgeltpunkte (EP) für nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu berücksichtigende Zeiten (FRG-Zeiten) zu Grunde liegen. Auf den im April 2000 gestellten Antrag erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 13. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2003 der Klägerin auch einen Anspruch auf kleine Witwenrente aus der Versicherung des schon vor der Übersiedlung verstorbenen Ehemanns zu, verfügte aber, ein Zahlbetrag ergebe sich nicht, weil nach § 22b FRG die Gesamtheit der Renten auf 25 EP begrenzt sei.

Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts Gießen <SG> vom 25. Mai 2004 und Urteil des Hessischen Landessozialgerichts <LSG> vom 16. Dezember 2004). Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, der angefochtene Bescheid sei zutreffend, er entspreche § 22b FRG in der durch Art. 9 des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) vom 21. Juli 2004 geänderten Fassung. Diese nach Art. 15 Abs. 3 RV-Nachhaltigkeitsgesetz mit Wirkung vom 7. Mai 1996 in Kraft getretene Vorschrift sei hier maßgeblich; § 300 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sei nicht anwendbar, weil der Rentenantrag nicht innerhalb von drei Monaten nach dem 7. Mai 1996 gestellt worden sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin verstoße die dem Gesetz beigelegte Rückwirkung von annähernd acht Jahren auch nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Grundgesetz (GG). Denn dies würde voraussetzen, dass § 22b FRG in der vormaligen Formulierung (§ 22b FRG a.F.) entsprechend der Auslegung des Bundessozialgerichts (BSG) in den Urteilen vom 30. August 2001 (B 4 RA 118/00 R) und vom 11. März 2004 (B 13 RJ 44/03 R) keine Anwendung fände, wenn ein Begünstigter neben einem Recht aus eigener Versicherung ein abgeleitetes Recht auf Hinterbliebenenrente habe. Nur dann würde man bei einer Ungültigkeit der Rückwirkungsklausel des neuen § 22b FRG zu einer abweichenden Entscheidung kommen. Die Rechtsprechung des BSG zur Auslegung der früheren Fassung von § 22b FRG sei aber in der Vergangenheit umstritten gewesen, von den Versicherungsträgern nicht anerkannt worden und auch bei den Instanzgerichten auf Widerstand gestoßen. Die Darlegungen des BSG im Urteil vom 11. März 2004, mit denen es der Ansicht der Instanzgerichte entgegengetreten sei, seien weiterhin angreifbar, die Auslegung der Instanzgerichte werde jetzt durch die Neuformulierung des § 22b FRG im RV-Nachhaltigkeitsgesetz bestätigt. Nach der Gesetzesbegründung sei es dem Gesetzgeber darum gegangen klarzustellen, dass entgegen der Auffassung des BSG auch für einen einzelnen Berechtigten mit Anspruch auf eine eigene Versichertenrente und auf eine Hinterbliebenenrente der Höchstwert für alle seine Renten insgesamt auf 25 EP begrenzt werden solle. Dies sei zwar keine authentische Interpretation des bisherigen Gesetzestextes, wohl aber eine gewichtige Stimme zu dessen Auslegung. Nach Ausfertigung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes am 21. Juli 2004 und dessen Inkrafttreten am 1. August 2004 sei auch im Hinblick auf die Auslegung des vormaligen Gesetzestextes eine neue Situation eingetreten. Das BSG habe zwar zu der beabsichtigten Gesetzesänderung in den Urteilen vom 11. März 2004 und vom 7. Juli 2004 (B 8 KN 10/03 R) vorauseilend Stellung genommen; für die Zeit nach dem tatsächlichen Inkrafttreten fehle aber eine Entscheidung. Der Senat sehe sich daher nicht gehindert, entgegen der bisherigen Ansicht des BSG an der Auslegung festzuhalten, dass auch nach dem vorherigen Wortlaut des § 22b FRG der Höchstwert aller Renten eines Berechtigten insgesamt auf 25 EP begrenzt werde.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 22b Abs. 1 FRG a.F. und Art. 20 GG durch die Anwendung von § 22b Abs. 1 FRG n.F.. Die Argumentation des LSG zur Auslegung von § 22b Abs. 1 FRG a.F. treffe nicht zu. Aus § 14a FRG, wonach bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen im Fall von Personen, die nicht dem Personenkreis des § 1 FRG angehörten, nach ihrem Versterben Hinterbliebenenrente gewährt werde, ergebe sich, dass mit den Begriffen „Berechtigte“ und „anrechenbare Zeiten“ keine einheitliche Berechtigung ungeachtet des Unterschieds zwischen einem Rentenanspruch aus eigenem Recht und einem Hinterbliebenenrentenanspruch gemeint sei. Auch die Neufassung durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz führe zu keiner anderen Betrachtungsweise. Allerdings habe das LSG zutreffend erkannt, dass eine „authentische Interpretation“ eines Gesetzes durch ein nachfolgendes Änderungsgesetz dem Gesetz keinen neuen Inhalt vermitteln, somit auch nicht nachträglich den Norminhalt abändern könne. Der Regelungsgehalt einer Vorschrift bestimme sich nach seinem objektiven Normverständnis, und dieses werde wiederum durch die Rechtsprechung repräsentiert. Wenn der Gesetzgeber mit der Rechtsprechung nicht einverstanden sei, könne er wegen des objektiven Normverständnisses nicht selbst bestimmen, wie eine Vorschrift „authentisch“ zu interpretieren sei. Damit bleibe auch kein Raum für eine methodisch beachtliche „gewichtige Stimme“. Bei der Begründung des entsprechenden Teils des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes handele es sich vielmehr lediglich um die Rechtsauffassung der maßgeblichen Ministerialbeamten bzw. Ausschussmitglieder, die für die Interpretation des vorherigen Gesetzestextes nicht zwingend beachtlich sei. Für die Auslegung des alten Rechts komme es weiterhin maßgeblich darauf an, wie diese durch das BSG vorgenommen worden sei; abweichende Entscheidungen der unteren und mittleren Instanzen hätten keine Bedeutung. Gegen eine verfassungswidrige Rückwirkung könne daher nicht eingewendet werden, dass kein rückwirkender Eingriff in die Rechtsposition der Betroffenen vorliege. Die vorgesehene Rückwirkung verstoße aber, wie das BSG bereits angedeutet habe, gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 GG. Sie habe nicht nur klarstellende Bedeutung, sondern sei eine echte, retroaktive Rückwirkung. Der Gesetzgeber greife gegenüber den davon Betroffenen, denen unabhängig vom Zuzugsdatum nach den für sie vorteilhaften Entscheidungen des BSG eigene Rente und Hinterbliebenenrente zustehe, nachträglich in abgewickelte Sachverhalte ein, indem er sie von einer erhöhten gesamten Rente ausschließe. Das GG schütze aber grundsätzlich das Vertrauen darauf, dass die mit abgeschlossenen Sachverhalten durch höchstrichterliche Rechtsprechung festgestellten und verbundenen Folgen anerkannt blieben. Auch fehle in dem Gesetz eine Übergangsregelung für bereits laufende Verfahren.

Die Klägerin beantragt,

  • das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 16. Dezember 2004 und das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 25. Mai 2004 aufzuheben sowie die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 13. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2003 zu verurteilen, der Klägerin Witwenrente auf der Grundlage der für ihren verstorbenen Ehemann zu berücksichtigenden Entgeltpunkte zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

  • die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend und führt ergänzend - und im Weiteren in näherer Erläuterung eines von ihr vorgelegten Rechenwerks des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) - aus, die Klägerin erhalte die Hinterbliebenenrente als Berechtigte nach § 1 Buchst. a FRG i.V.m. der Rechtsprechung des Großen Senats des BSG zum eigenständigen Hinterbliebenenrentenanspruch von Vertriebenen, deren Ehegatte im Vertreibungsgebiet verstorben sei. Sie werde aber nicht wegen ihrer Herkunft anders behandelt als eine hiesige Witwe. Der Grund dafür beruhe vielmehr in dem anderen Rechtscharakter der anrechenbaren fremdstaatlichen Zeiten, deren Anrechnung und Bewertung im weitestgehenden Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liege. Begrenzt werde dabei nur die Anrechnung von nach dem FRG anrechenbaren Zeiten. Insoweit sei die Verfassungsmäßigkeit von § 22b FRG durch die bisherige Rechtsprechung auch nicht in Frage gestellt, die betont habe, dass der Gesetzgeber damit für Spätaussiedler eine Sozialrente geschaffen habe, die als Fürsorgeleistung nur dem äußeren Schein nach noch dem System der gesetzlichen Rentenversicherung zuzuordnen sei. Das LSG habe zutreffend darauf abgestellt, dass im Fall der Klägerin § 22b FRG n.F. anzuwenden sei. Diese Vorschrift sei rückwirkend zum 7. Mai 1996 in Kraft getreten und daher ab sofort auch von den Gerichten zu beachten. Der Gesetzgeber habe damit lediglich klargestellt, dass auch für den einzelnen Berechtigten mit Anspruch auf eine eigene Versichertenrente und auf eine Hinterbliebenenrente der Höchstwert für alle seine Renten auf insgesamt 25 EP begrenzt werde; dies habe auch dem objektiven Normverständnis des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. entsprochen. Durch das rückwirkende Inkrafttreten habe der Gesetzgeber sichergestellt, dass alleinstehende Berechtigte mit mehreren Renten weiterhin eine Rentensumme höchstens in einer Höhe erhielten, die sich an der Höhe der Eingliederungshilfe orientiere. Es handele sich dabei um eine authentische Interpretation, mit der der Gesetzgeber angeordnet habe, wie die bisherige Bestimmung zu verstehen gewesen sei. Eine solche rückwirkende Klarstellung sei nach der Rechtsprechung des BSG und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) von den Gerichten in den verfassungsrechtlichen Grenzen einer rückwirkenden Gesetzesänderung auch bei einer zusätzlichen Belastung des Bürgers zu beachten, wenn das Vertrauen auf die zuvor bestehende Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig gewesen sei, insbesondere, wenn das durch die Norm veränderte geltende Recht unklar und verworren gewesen sei oder sich der Bürger ohnedies nicht auf den von der Norm erzeugten Rechtsschein habe verlassen können. Hier sei die Rechtslage durch die Entscheidung des 4. Senats des BSG unklar und verworren geworden. Dies ergebe sich aus zahlreichen gegensätzlichen obergerichtlichen Entscheidungen sowie der differierenden Rechtsprechung des BSG zu der Frage, in welcher Anzahl die EP beim Zusammentreffen von Versicherten- und Hinterbliebenenrente zu berücksichtigen seien. Allen Beteiligten seien im Übrigen die deutlichen Verschlechterungen der Rentenleistungen für die nach dem 6. Mai 1996 zuziehenden Personen bekannt gewesen; die Betroffenen hätten gewusst, dass sich der pauschal zugebilligte Bedarf nach der Zahl der Berechtigten richte, wobei ein(e) Alleinstehende(r) generell nur eine Leistung aus maximal 25 EP habe erhalten können. Hierauf hätten sie sich eingerichtet und insbesondere die Entscheidungen der Rentenversicherungsträger über diese Begrenzung und über die Nichtzahlung einer ggf. dem Grunde nach bestehenden Hinterbliebenenrente bis zum Bekanntwerden der Entscheidung des 4. Senats in der Regel auch akzeptiert. § 22b FRG n.F. sei aber auch dann verfassungskonform, falls § 22b FRG a.F. nach seinem Wortlaut tatsächlich nicht eindeutig der beabsichtigten Regelung entsprochen haben sollte. Denn insoweit handele es sich dann um eine zulässige echte Rückwirkung, weil die Betroffenen nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen werde, wegen des allen Beteiligten bewussten Gesetzeszwecks damit hätten rechnen müssen, dass der Gesetzgeber die Regelung wie geschehen neu fassen werde, und die Rückwirkung im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG auch aus dem Gebot der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes übergeordneten zwingenden Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt sei. Diese Gründe lägen hier in den großen finanziellen Belastungen, die der Bund zusätzlich tragen müsse, wenn die RV-Träger mit Inkrafttreten des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) ab 7. Mai 1996 die Renten an die Hinterbliebenen beim Zusammentreffen mit Renten aus eigener Versicherung so gewährt hätten, wie sie nach dem Verständnis des BSG von § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. hätten geleistet werden müssen. Ausgehend von den entsprechenden Rentenanträgen ab dem 7. Mai 1996 bis zum Inkrafttreten des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes und dem Finanzvolumen für die Rentenzugänge aus den Jahren 1997 bis 2003 hätte sich in diesem Fall unter Berücksichtigung der üblichen Zahlungsdauer einer Hinterbliebenenrente von 8,8 Jahren nach Ermittlungen des VDR bereits eine finanzielle Mehrbelastung der RV-Träger von 243.673.767 EUR ergeben; unter Berücksichtigung auch der Zeiträume vom 7. Mai bis 31. Dezember 1996 sowie vom 1. Januar bis 31. Juli 2004 dürfte sich ein Mehrbedarf von rund 270 Millionen EUR ergeben. Auch wenn diese zusätzlichen Belastungen in Relation zum insgesamt für FRG-Leistungen zu tragenden Bundeszuschuss nicht als überragend hoch angesehen werden könnten, reiche ihr Umfang gleichwohl aus, um ihnen bei Abwägung mit der Position der Klägerin Vorrang zu geben. Vertrauen in die Rechtslage vor Verabschiedung des WFG habe bei der im März 2000 in die Bundesrepublik eingereisten Klägerin überhaupt nicht entstehen können. Das Verständnis von § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F., wie es vom Gesetzgeber des WFG 1996 beabsichtigt und den Beteiligten bekannt gewesen sowie von der Beklagten durchgehend und auch im Fall der Klägerin im Bescheid vom 13. September 2000 praktiziert worden sei, habe durch die Entscheidung des 4. Senats des BSG vom 30. August 2001 nicht so nachhaltig erschüttert werden können, dass nunmehr sogleich ein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand in die vom 4. Senat gefundene Gesetzesauslegung geschaffen worden sei. Die in der Folgezeit erlassenen vielfältigen obergerichtlichen Entscheidungen hätten vielmehr gezeigt, dass dieses Normverständnis nicht akzeptiert worden sei. Auch unter Berücksichtigung der im Grundsatz der Auffassung des 4. Senats zustimmenden Entscheidungen des 13. Senats vom 11. März 2004 und des 8. Senats vom 7. Juli 2004 könne noch nicht von einem schutzwürdigen Vertrauen ausgegangen werden, weil diese Entscheidungen zumindest bezüglich der Anzahl der beim Zusammentreffen von Versicherten- und Hinterbliebenenrente maximal zu berücksichtigenden EP differierten.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

Die Anspruchsvoraussetzungen für die Hinterbliebenenrente sind im vorliegenden Fall dem Grunde nach unstreitig und von der Beklagten mit insoweit bestandskräftigem Bescheid anerkannt. Der Ehemann der Klägerin hat zwar in der Bundesrepublik Deutschland keine Versicherungszeiten zurückgelegt und gehört auch nicht zu den Berechtigten i.S. des § 1 FRG, insbesondere nicht des § 1 Buchst. a FRG in der hier maßgeblichen Fassung durch Art. 12 Kriegsfolgenbereinigungsgesetz (KfbG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2094). Diese Vorschrift erfasst ausdrücklich nur Personen, die selbst als Vertriebene i.S. von § 1 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) oder als Spätaussiedler i.S. von § 4 BVFG anerkannt sind und erstreckt sich demgemäß nicht auch auf diejenigen, die als Ehegatte eines Spätaussiedlers lediglich unter § 7 BVFG fallen (vgl. Senatsurteil vom 16. Mai 2001 - B 8 KN 2/00 KR R - veröffentlicht in JURIS sowie BSG, Urteile vom 23. Juni 1999 - B 5 RJ 44/98 R - SozR 3-5050 § 1 Nr. 4, vom 26. Januar 2000 - B 13 RJ 39/98 R - veröffentlicht in JURIS und vom 30. August 2001 - B 4 RA 118/00 R - BSGE 88, 288 = SozR 3-5050 § 22b Nr. 2). Allerdings haben die Rentenversicherungsträger nach Inkrafttreten des KfbG (am 1. Januar 1993 - vgl. Art. 22 Abs. 1 KfbG) weiterhin die Rechtsprechung des BSG beachtet, wonach als Vertriebene i.S. des § 1 BVFG anerkannte Personen einen (eigenständigen) Anspruch auf Hinterbliebenenrente haben mit der Folge, dass für diesen Anspruch die bis zur Vertreibung des Hinterbliebenen vom Verstorbenen zurückgelegten Beitragszeiten nach §§ 14, 15 FRG zu berücksichtigen sind, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob dessen Tod vor oder nach der Vertreibung des Hinterbliebenen eingetreten ist (Beschluss des Großen Senats vom 6. Dezember 1979 - GS 1/79 - BSGE 49, 175 = SozR 5050 § 15 Nr. 13), und sie haben diese Rechtsprechung ungeachtet der Frage, inwieweit sie durch das KfbG überholt war, auch auf Personen bezogen, die - wie die Klägerin - die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 verlassen haben und daher nach dem ab 1. Januar 1993 geltenden Recht nicht mehr als Vertriebene nach § 1 BVFG, sondern nur noch als Spätaussiedler nach § 4 BVFG anerkannt werden können. Dem trägt § 14a FRG, eingefügt durch Art. 7 des Altersvermögensergänzungsgesetzes vom 21. März 2001 (BGBl I, 403) für die Zeit bis 31. Dezember 2001 Rechnung (vgl. Senatsurteil vom 7. Juli 2004 - B 8 KN 10/03 R - SozR 93, 85 = SozR 4-5050 § 22b Nr. 2 jeweils RdNr. 17 f). Nach § 14a FRG werden bei Renten wegen Todes an Witwen und Witwer von Personen, die nicht zum Personenkreis des § 1 FRG gehören, Zeiten nach diesem Gesetz nicht angerechnet; dies gilt jedoch nicht für Berechtigte, die vor dem 1. Januar 2002 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und deren Ehegatte vor diesem Zeitpunkt verstorben ist (§ 14a Satz 2 FRG). Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die vor dem 1. Januar 2002 übergesiedelten Berechtigten weiterhin die der früheren Verwaltungspraxis entsprechende „Hinterbliebenenrente nach einer fiktiven FRG-Rente des Verstorbenen“ (so BT-Drucks. 14/4595 S. 78 zu Art. 11 Nr. 1 = § 14a FRG) erhalten.

Für den Anspruch der Klägerin auf Witwenrente ergibt sich aber kein Zahlbetrag, weil die Höchstzahl von nach dem FRG anrechenbaren EP bereits durch ihre Regelaltersrente ausgeschöpft ist. Dies folgt zwar nicht schon aus § 22b FRG a.F., sondern ist erst aus § 22b FRG n.F. abzuleiten (1.). Die letztgenannte Vorschrift ist hier indes anzuwenden (2. und 3.). Verfassungsmäßige Rechte der Klägerin werden dadurch nicht verletzt (4. und 5.). Einer weiteren Aufklärung und Entscheidung, welche Zahl von EP der Hinterbliebenenrente der Klägerin bei Anwendung von § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. zu Grunde zu legen wären, bedarf es daher nicht.

1. Entgegen der Ansicht der Beklagten und des LSG hat § 22b FRG, eingefügt durch Art. 3 Nr. 5 WFG vom 25. September 1996 (BGBl I, 1461) und in Kraft getreten am 7. Mai 1996 (Art. 12 Abs. 2 WFG), die einer Rente für FRG-Zeiten zu Grunde zu legenden EP nicht in der Weise begrenzt, dass die Höchstgrenze nach § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. von 25 EP („Für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz werden für einen Berechtigten höchstens 25 Entgeltpunkte der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten zu Grunde gelegt“) auch für den Fall des Zusammentreffens einer Rente aus eigener Versicherung mit einer Hinterbliebenenrente gilt, wenn für beide Renten FRG-Zeiten berücksichtigt sind, für die § 22b Abs. 1 anzuwenden ist. Der Senat hat dies bereits mit Urteil vom 7. Juli 2004 (B 8 KN 10/03 R - BSGE 93, 85 = SozR 4-5050 § 22b Nr. 2) im Anschluss an das Urteil des 4. Senats vom 30. August 2001 (B 4 RA 118/00 R - BSGE 88, 288 = SozR 3-5050 § 22b Nr. 2) und die Urteile des 13. Senats vom 11. März 2004 (B 13 RJ 44/03 R - BSGE 92, 248 = SozR 4-5050 § 22b Nr. 1, B 13 RJ 52/03 R und B 13 RJ 56/03 R, jeweils nicht veröffentlicht) entschieden und hält nach erneuter Prüfung daran fest. Der Hinweis der Beklagten auf die Absicht des Gesetzgebers des WFG, Hinterbliebenenrenten in die Begrenzungsregelung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. einzubeziehen, ändert nichts daran, dass diese Absicht darin nicht hinreichend zum Ausdruck gekommen ist (Senatsurteil a.a.O., BSGE 93, 85 = SozR 4-5050 § 22b Nr. 2 jeweils RdNr. 15 ff..). Denn ungeachtet des Fürsorgecharakters und der darauf beruhenden Orientierung an der Höhe der Eingliederungshilfe nach dem Arbeitsförderungsrecht handelt es sich auch bei den auf FRG-Zeiten beruhenden Renten oder Rentenanteilen um eine „echte“, d.h. in das System des allgemeinen Rentenrechts eingeordnete Rentenleistung, die nicht dem für die Sozialhilfe geltenden Bedürftigkeitsprinzip unterliegt (vgl. BSG, Urteil vom 3. Juli 2002 - B 5 RJ 22/01 R - SozR 3-5050 § 22b Nr. 3 S. 25, 33). Mit der von der Beklagten unterstellten Deutlichkeit lässt sich im Übrigen auch den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen, entgegen dieser Systematik sei die Höchstgrenze auch für eine Kumulierung von eigenen begrenzten EP für FRG-Zeiten mit den der Hinterbliebenenrente zu Grunde liegenden begrenzten EP für FRG-Zeiten gewollt.

In der Begründung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Gesetzentwurfs des WFG (BT-Drucks. 13/4610), der insoweit textgleich mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (BT-Drucks. 13/4814) ist, welcher in den parlamentarischen Beratungen mit dem erstgenannten Gesetzentwurf verbunden wurde (vgl. Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung BT-Drucks. 13/5088), ist zu den Änderungen des FRG allgemein ausgeführt: „Das mit der Fremdrentengesetzgebung verfolgte Ziel, die Vertriebenen und Spätaussiedler, die infolge der Auswirkungen des 2. Weltkriegs ihre soziale Sicherung in den Herkunftsgebieten verloren haben, in das Rentenversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland einzugliedern, ist weitgehend erreicht. Über 50 Jahre nach Kriegsende ist eine unveränderte Beibehaltung der für einen Übergangszeitraum konzipierten, ein hohes Rentenniveau sichernden Regelungen sachlich nicht mehr zu rechtfertigen. Einschränkende Regelungen sind auch zur Erhaltung der Akzeptanz der Leistungen nach dem Fremdrentengesetz erforderlich. Deshalb sollen bei allen künftigen Rentenzugängen unabhängig vom Zeitpunkt des Zuzugs die für den einzelnen Berechtigten maßgeblichen Tabellenwerte des Fremdrentengesetzes um 40 % abgesenkt werden. Im Gegensatz zum bisherigen Recht, nach dem die Höhe der Rente vom Zeitpunkt des Zuzugs abhängt, sollen künftig alle Rentenzugänge gleich behandelt werden. Außerdem soll die Rente nach dem Fremdrentengesetz für Personen, die erst künftig in die Bundesrepublik zuziehen, höchstens in Orientierung an der Höhe der Eingliederungshilfe geleistet werden“ (BT-Drucks. 13/4610 S. 19; BT-Drucks. 13/4814 S. 9). Hiervon bezieht sich allein der letzte Satz auf die Regelungen des § 22b FRG, und die Rede ist von „der“ Rente, nicht allen Renten einer Person, die künftig zuzieht. Nicht wesentlich anders lautet insoweit die besondere Begründung zur Einfügung von § 22b FRG; dort ist ausgeführt: „Durch die Vorschrift wird der Rentenanteil aus Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) für Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt ab dem 15. Mai 1996 (gemeint ist: 7. Mai 1996 - vgl. die Übergangsregelung in § 4b Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz) in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben oder noch nehmen, an der Höhe der Eingliederungshilfe, bei Ehepaaren und Berechtigten, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, am 1,6 fachen der Eingliederungshilfe orientiert“ (BT-Drucks. 13/4610 S. 28 zu Art. 3 Nr. 4; BT-Drucks. 13/4814 S. 8 zu Art. 2 Nr. 3). Im Bericht des federführenden Ausschusses ist auf den Fall, dass der FRG-Berechtigte eine eigene Rente und eine Hinterbliebenenrente bezieht, ebenfalls nicht eingegangen; die Erläuterungen zu § 22b FRG beschränken sich auf die vom Ausschuss empfohlene Ergänzung hinsichtlich der der knappschaftlichen Versicherung zuzuordnenden EP, die sicherstellen solle, dass auch für diese EP „die angestrebte Begrenzung auf den Wert von maximal 25 Entgeltpunkten der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten erreicht wird“ (BT-Drucks. 13/5108 S. 15).

2. § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. ist jedoch durch Art. 9 Nr. 2 i.V.m. Art. 15 Abs. 3 RV-Nachhaltigkeitsgesetz rückwirkend zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens am 7. Mai 1996 durch § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. ersetzt worden, der lautet: „Für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz werden für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten zu Grunde gelegt“. Der Anwendung dieser Vorschrift steht nicht entgegen, dass sie erst nach Erlass des angefochtenen Bescheids verkündet worden ist. Die Klägerin verfolgt ihren Anspruch auf Zahlung von Witwenrente mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage. Dabei ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beantwortung der Frage, nach welchem Recht die Begründetheit des Anspruchs zu prüfen ist, grundsätzlich die mündliche Verhandlung; somit sind vom Gericht Rechtsänderungen, die nach Erlass der angefochtenen Entscheidung während des anhängigen Rechtsstreits (hier während des Berufungsverfahrens) eintreten, zu beachten, wenn - wie hier nach Art. 9 Nr. 2 RV-Nachhaltigkeitsgesetz - das neue Recht nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfasst (stRspr vgl. BSG, Urteile vom 14. Juli 1993 - 6 RKa 71/91 - BSGE 73, 25, 27 = SozR 3-2500 § 116 Nr. 4 S. 26 und vom 2. Juli 1997 - 9 RVs 9/96 - veröffentlicht in JURIS, jeweils m.w.N.; Senatsurteil und Vorlagebeschluss vom 28. Mai 1997 - 8 RKn 27/95 - SozR 3-2600 § 93 Nr. 3 S. 27 f; Senatsurteil vom 26. Februar 2003 - B 8 KN 11/02 R - SozR 4-2600 § 93 Nr. 4 RdNr. 7 und Senatsbeschluss vom 18. August 2004 - B 8 KN 18/03 B - veröffentlicht in JURIS).

3. Eine gesetzliche Bestimmung, welche die Anwendung des neuen Rechts im vorliegenden Fall ausschließen könnte, existiert nicht. Der Ausschluss lässt sich insbesondere nicht aus § 300 Abs. 2 SGB VI herleiten, wobei dahingestellt bleiben kann, ob § 300 SGB VI in Bezug auf Änderungen des FRG generell - etwa auf Grund des allgemeinen Verweises in § 14 FRG (so BSG, Urteil vom 19. Mai 2004 - B 13 RJ 46/03 R - BSGE 93, 15 RdNr. 13) oder speziell für die hier in Rede stehende Rechtsänderung grundsätzlich anwendbar ist.

Nach § 300 Abs. 1 SGB VI sind die Vorschriften „dieses Gesetzbuchs“ von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Als Ausnahme davon bestimmt § 300 Abs. 2 SGB VI, dass aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuchs und durch dieses Gesetzbuch ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden sind, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Ungeachtet, ob aus § 300 Abs. 1 SGB VI eine „Vorwirkung“ für Zeiträume vor Inkrafttreten neuen Rechts abgeleitet werden kann (BSG, Urteile vom 8. November 1995 - 13 RJ 5/95 - SozR 3-2600 § 300 Nr. 5 S. 10 und vom 18. Juni 1997 - 5 RJ 36/96 - SozR 3-2600 § 300 Nr. 11 S. 47) oder sich die Anwendung neuen Rechts nur auf nach seinem Inkrafttreten liegende Zeiträume beschränkt (so BSG, Urteile vom 18. Juli 1996 - 4 RA 108/94 - SozR 3-2600 § 300 Nr. 7 S. 28 und vom 30. Januar 1997 - 4 RA 55/95 - SozR 3-2600 § 300 Nr. 10 S. 38), ist Voraussetzung der den Grundsatz des § 300 Abs. 1 SGB VI einschränkenden Regelung in § 300 Abs. 2 SGB VI, dass der Anspruch während der Geltung des alten Rechts entstanden und bis zum Inkrafttreten neuen Rechts (hier: bis zum 6. Mai 1996) bestanden hat. Das war hier eindeutig nicht der Fall. Denn der Rentenanspruch der Klägerin konnte erst nach diesem Zeitpunkt, nämlich mit ihrem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland, entstehen. Im Verhältnis von § 300 Abs. 1 zu Abs. 2 SGB VI bezeichnet der Begriff „Aufhebung“ in § 300 Abs. 2 SGB VI nicht den tatsächlichen Akt der Aufhebung im Sinne der Verkündung des Änderungsgesetzes, sondern den Zeitpunkt für das Außerkrafttreten des alten Rechts, wie er durch Gesetz ausdrücklich oder durch den Zeitpunkt bestimmt wird, zu dem altes Recht ersetzende neue Vorschriften i.S. von Art. 82 Abs. 2 GG in Kraft treten (BSG, Urteil vom 19. Mai 2004 - B 13 RJ 46/03 R - BSGE 93, 15 RdNr. 19); dieser Zeitpunkt - hier der 7. Mai 1996 - ist dann nach § 300 Abs. 2 SGB VI auch maßgeblich für den Beginn der dreimonatigen Frist (zum Inkrafttretenszeitpunkt als maßgeblichem Zeitpunkt für den Fristbeginn i.S. des § 300 Abs. 2 SGB VI vgl. auch BSG, Urteil vom 24. Februar 1999 - B 5 RJ 28/98 R - SozR 3-2600 § 300 Nr. 14 S. 63 m.w.N.).

4. Der Gesetzgeber war von Verfassungs wegen nicht gehindert, den Anspruch auf Hinterbliebenenrente in die Begrenzungsregelung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. einzubeziehen.

a) Das BSG hat die Begrenzungsregelungen in § 22b Abs. 1 FRG a.F. und § 22b Abs. 3 FRG bereits für verfassungsmäßig erachtet (Urteil vom 30. August 2001 - B 4 RA 87/00 R - BSGE 88, 274 = SozR 3-5050 § 22b Nr. 1 <zu § 22b Abs. 1 FRG a.F.>; Urteile vom 3. Juli 2002 - B 5 RJ 22/01 R - SozR 3-5050 § 22b Nr. 3 und vom 19. Mai 2004 - B 13 RJ 46/03 R - BSGE 93, 15 sowie Senatsurteil vom 7. Juli 2004 - B 8 KN 10/03 R - BSGE 93, 85 = SozR 4-5050 § 22b Nr. 2, jeweils RdNr. 28 <zu § 22b Abs. 1 und Abs. 3 FRG>). Der in weitgehender Abkehr von dem das frühere Fremdrentenrecht beherrschenden Eingliederungsprinzip erfolgte Systemwechsel hin zu an der Höhe der Eingliederungshilfe orientierten Rentenleistungen für neu zuziehende Spätaussiedler ist sowohl mit Art. 116 als auch mit Art. 14 und Art. 3 GG vereinbar; der Senat verweist insoweit auf die eingehenden Begründungen in den Urteilen des BSG vom 3. Juli 2002 (B 5 RJ 22/01 R - SozR 3-5050 § 22b Nr. 3 S. 26 ff.) und vom 19. Mai 2004 (B 13 RJ 46/03 R - BSGE 93, 15 RdNr. 23 ff.). Die Abkehr vom Eingliederungsprinzip in der Rentenversicherung spiegelt letztlich die Änderungen des BVFG durch das KfbG im Hinblick auf die ab 1. Januar 1993 zugezogenen Spätaussiedler. Der frühere § 90 BVFG, wonach Vertriebene in der Sozialversicherung den Berechtigten im Geltungsbereich des Gesetzes gleichgestellt waren, entfiel (Art. 1 Nr. 30 Buchst. b KfbG); nach § 7 Abs. 1 BVFG i.d.F. des KfbG ist ihnen die Eingliederung in das berufliche, kulturelle und soziale Leben in der Bundesrepublik nur noch „zu erleichtern“, durch die Spätaussiedlung bedingte Nachteile sind „zu mildern“.

b) § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. führt den mit Einfügung des § 22b FRG durch das WFG vorgenommenen Systemwechsel in dem Sinne fort, dass einem Berechtigten durch eine Rente wegen Todes Leistungen der Rentenversicherung für FRG-Zeiten nur noch gewährt werden, so weit die FRG-Anteile in seiner eigenen Rente den Wert der Eingliederungshilfe noch nicht erreichen. Daher ist die Erweiterung der Begrenzungsregelung durch Einbeziehung des Anspruchs auf Hinterbliebenenrente verfassungsrechtlich im Grundsatz nicht anders zu beurteilen als die bisherige Regelung. Im Übrigen fällt auch der Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach einem ausschließlich in der bundesdeutschen Rentenversicherung Versicherten nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht unter den Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG (BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 1998 - 1 BvR 1318/86 und 1 BvR 1484/86 - BVerfGE 97, 271 = SozR 3-2940 § 58 Nr. 1). Die Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber Hinterbliebenen, deren Renten keine EP für FRG-Zeiten zu Grunde liegen, beruht wie die übrigen Begrenzungen des § 22b FRG darauf, dass dem FRG-Anteil ihrer Renten keine Beiträge zur bundesdeutschen Rentenversicherung zugeordnet werden können, die entsprechenden Leistungen vielmehr aus sozialstaatlichen Gründen gewährt werden; dies ist ein sachgerechtes Kriterium. Wenn der Gesetzgeber bei seiner Wahl, Rentenleistungen an Spätaussiedler höchstens nur noch zur Deckung eines (pauschalierten) Bedarfs zu erbringen, frei war, verstößt es auch nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot, durch Einbeziehung des Hinterbliebenenrentenanspruchs zu verhindern, dass die Berechtigten infolge des Tods ihres Ehegatten weitergehende Rentenleistungen erhalten. Die Klägerin wird damit gegenüber deutschen hinterbliebenen Ehefrauen, deren Ehemänner ihr Berufsleben in Deutschland verbracht haben, und bei denen ein durch eigene Beiträge erworbener Rentenanspruch lediglich als sonstiges Einkommen gemäß § 97 SGB VI angerechnet wird, nicht ungerechtfertigt benachteiligt.

5. § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. ist auch insoweit verfassungsgemäß, als er den bereits vor Verkündung dieser Vorschrift bestehenden Anspruch der Klägerin vom Zeitpunkt seines Entstehens an erfasst. Zwar handelt es sich dabei im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG um eine verfassungsrechtlich grundsätzlich verbotene sog echte Rückwirkung bzw. Rückbewirkung von Rechtsfolgen (zur Unterscheidung von echter und unechter Rückwirkung BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200, 242, 255, 257). Sie ist hier jedoch ausnahmsweise zulässig.

a) Die rückwirkende Anwendung rechtfertigt sich allerdings nicht wegen einer „authentischen Interpretation“ des früheren Rechts durch den Gesetzgeber. Ungeachtet, welche Vorstellungen mit diesem Begriff verbunden werden und ob er für die Gesetzgebung im demokratischen Rechtsstaat überhaupt Sinn macht (vgl. dazu Meyer in Festschrift 50 Jahre Bundessozialgericht, 221 ff.), ist bei Anwendung eines Gesetzes, das ein bestehendes Gesetz rückwirkend aufhebt, stets von Verfassungs wegen zu prüfen, ob sich die Rechtslage objektiv geändert hat, und wenn ja, ob dem verfassungsmäßige Rechte der Betroffenen entgegenstehen (BVerfG, Beschluss vom 31. März 1965 - 2 BvL 17/63 - BVerfGE 18, 429, 436 ff. = SozR Nr. 5 zu Art. 28 GG); denn der Deutsche Bundestag ist bei allen seinen legislativen Akten an die Verfassung gebunden. Der erkennende Senat versteht auch die Verwendung des genannten Begriffs im Sinne einer rückwirkenden Inhaltsbestimmung in der bisherigen Rechtsprechung der anderen Senate des BSG (vgl. Urteile vom 11. Juli 1985 - 5b/1 RJ 92/84 - BSGE 58, 243, 246 = SozR 2200 § 182 Nr. 98 S. 208, vom 27. September 1989 - 11 RAr 53/88 - SozR 4100 § 168 Nr. 22, vom 23. März 1994 - 5 RJ 40/92 - BSGE 74, 112 = SozR 2200 § 1259 Nr. 15, vom 16. Oktober 2002 - B 10 LW 10/02 R - veröffentlicht in JURIS, vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 18/02 R - SozR 3-4300 § 202 Nr. 3 S. 6 und vom 11. Dezember 2003 - B 10 LW 17/02 R - SozR 4-5868 § 92 Nr. 2 RdNr. 13) nicht dahin, dass ein nachfolgendes, nach der Behauptung des Gesetzgebers nur interpretierendes Gesetz bereits aus diesem Grund verfassungsrechtlich geringeren Anforderungen unterworfen wäre.

Abgesehen davon, dass der Gesetzgeber des in der laufenden Legislaturperiode erlassenen RV-Nachhaltigkeitsgesetzes wegen der personellen Diskontinuität nicht identisch ist mit dem Gesetzgeber des WFG, das in der vorvergangenen Legislaturperiode erlassen wurde, kommt im demokratischen, auf Gewaltenteilung beruhenden Rechtsstaat eine Kompetenz zur verbindlichen Interpretation des Gesetzes durch den Gesetzgeber selbst nicht in Betracht. Der Bundestag kann seinen Gesetzesbeschluss nicht einmal innerhalb einer Legislaturperiode und vor der Gesetzesverkündung „zurückholen“. Änderungen in der vom Bundestag angenommenen Fassung eines Gesetzes sind ohne eine neue Gesetzesinitiative nur bei Feststellung offenbarer Unrichtigkeiten möglich (BVerfG, Beschlüsse vom 25. Juli 1962 - 2 BvL 4/62 - BVerfGE 14, 245, 250 und vom 15. Februar 1978 - 2 BvL 8/74 - BVerfGE 48, 1, 18 f; zum Berichtigungsverfahren s § 122 Abs. 3 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. Juli 1980 - BGBl I, 1237, § 61 Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung vom 9. August 2000 - GMBl S. 26); ansonsten sind die Gesetzesbeschlüsse des jeweiligen Bundestags unverrückbar (vgl. Trossmann, Parlamentsrecht des Deutschen Bundestags, 2. Aufl. 1977, Anhang A 1, 4.2 zu § 54 und Anhang A 10 zu § 88 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags; Stettner in Dreier, GG-Komm, 1998, Art. 77 RdNr. 9; Rubel in Umbach / Clemens, GG-Komm, 2002, Art. 77 RdNr. 18; Pieroth in Jarass / Pieroth, GG-Komm, 7. Aufl. 2004, Art. 77 RdNr. 3). Im Übrigen steht aber der Wille des Gesetzgebers auch nicht neben dem Gesetzesbeschluss; er manifestiert sich in ihm und kann nur durch Gesetzesauslegung erschlossen werden (BVerfG, Beschlüsse vom 7. Mai 1963 - 2 BvL 8/63 - BVerfGE 16, 82, 88 und vom 27. Mai 1964 - 1 BvL 4/59 - BVerfGE 18, 38, 45 = SozR Nr. 54 zu Art. 3 GG). Letztere ist nach Verkündung eines Gesetzes indes Aufgabe der Rechtsprechung, wobei die Rechtsprechung des zuständigen höchsten Fachgerichts (ggf. des Gemeinsamen Senats der obersten Bundesgerichte) die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung bewirken soll. Die durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bestimmte Rechtslage - hier § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. in der Auslegung durch das BSG - kann daher vom Gesetzgeber nur in den durch die Verfassung gezogenen Grenzen rückwirkend geändert werden (vgl. BSG, Urteil vom 27. September 1989 - 11 RAr 53/88 - SozR 4100 § 168 Nr. 22 S. 55 f; BVerfG, Beschluss vom 31. März 1965 - 2 BvL 17/63 - BVerfGE 18, 429, 439 = SozR Nr. 5 zu Art. 28 GG). Hiervon ist im Blick auf das seinerzeit noch nicht verkündete RV-Nachhaltigkeitsgesetz der Senat in seinem Urteil vom 7. Juli 2004 (B 8 KN 10/03 R - BSGE 93, 85 = SozR 4-5050 § 22b Nr. 2, jeweils RdNr. 24) auch ausgegangen (ebenso der 13. Senat im Urteil vom 11. März 2004 - B 13 RJ 44/03 R - BSGE 92, 248 = SozR 4-5050 § 22b Nr. 1 RdNr. 25 ff.). Allerdings gibt eine vermeintlich „authentische Interpretation“ des bisherigen Rechts durch eine beabsichtigte oder bereits erlassene Neuregelung immer Anlass, die Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung zu erwägen und dabei die Überlegungen des Gesetzgebers zu berücksichtigen. Wie oben unter 1. dargelegt, führt diese Prüfung hier aber nicht zu einer anderen Gesetzesauslegung.

b) Das Verbot rückwirkender belastender Gesetze folgt nach der Rechtsprechung des BVerfG aus dem Rechtsstaatsgebot des GG. Zu dessen wesentlichen Elementen gehört die Rechtssicherheit, der auf Seiten des Einzelnen das Vertrauen in den Bestand von Rechtsnormen und Rechtsakten bis zu ihrer ordnungsgemäßen Aufhebung entspricht (BVerfG a.a.O., BVerfGE 72, 200, 257 f; stRspr).

Das Verbot der echten Rückwirkung kann nach dieser Rechtsprechung allerdings ausnahmsweise durchbrochen werden; die echte Rückwirkung ist zulässig, (1) wenn es sich um eine Bagatelle handelt (Beschlüsse vom 23. März 1971 - 2 BvL 2/66, 2 BvR 168/66 u.a. - BVerfGE 30, 367, 388, vom 8. Juni 1977 - 2 BvR 499/74, 1042/75 - BVerfGE 45, 142, 173 und vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200, 259), (2) wenn das geltende Recht in einem Maß systemwidrig und unbillig ist, dass ernsthafte Zweifel an dessen Verfassungsmäßigkeit bestehen (Beschlüsse vom 14. November 1961 - 2 BvR 345/60 - BVerfGE 13, 215, 224, vom 16. November 1965 - 2 BvL 8/64 - BVerfGE 19, 187, 197 und vom 23. März 1971 - 2 BvL 2/66, 2 BvR 168/66 u.a. - BVerfGE 30, 367, 388), oder wenn sich die Rechtsnorm im Nachhinein als ungültig erweist (Urteil vom 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261, 272), (3) wenn der Betroffene zu dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz bezogen wird, mit der Neuregelung rechnen musste (Beschlüsse vom 31. März 1965 - 2 BvL 17/63 - BVerfGE 18, 429, 439 = SozR Nr. 5 zu Art. 28 GG, vom 25. Juni 1974 - 2 BvF 2, 3/73 - BVerfGE 37, 363, 397 = SozR 5724 Allg. Nr. 1 S. 14, vom 8. Juni 1977 - 2 BvR 499/74, 1042/75 - BVerfGE 45, 142, 173, vom 25. Mai 1993 - 1 BvR 1509, 1648/91 - BVerfGE 88, 384, 404 und vom 23. Juni 1993 - 1 BvR 133/89 - BVerfGE 89, 48, 67), (4) wenn das geltende Recht unklar und verworren war, sodass eine baldige Klärung erwartet werden musste (Beschlüsse vom 23. März 1971 - 2 BvL 2/66, 2 BvR 168/66 u.a. - BVerfGE 30, 367, 388, vom 8. Juni 1977 - 2 BvR 499/74, 1042/75 - BVerfGE 45, 142, 173, vom 17. Januar 1979 - 1 BvR 446, 1174/77 - BVerfGE 50, 177, 193 = SozR 5750 Art. 2 § 9a Nr. 8 S. 25 und vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200, 259), und schließlich (5) wenn zwingende Belange des Gemeinwohls, die dem Gebot der Rechtssicherheit übergeordnet sind, eine echte Rückwirkung rechtfertigen (Urteil vom 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261, 272; Beschlüsse vom 23. März 1971 - 2 BvL 2/66, 2 BvR 168/66 u.a. - BVerfGE 30, 367, 390 f, vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200, 260 und vom 25. Mai 1993 - 1 BvR 1509, 1648/91 - BVerfGE 88, 384, 404).

Abgesehen von dem Bagatellvorbehalt sind diese vom BVerfG falltypisch und nicht abschließend (vgl. Beschluss vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200, 258) entwickelten Gründe für eine zulässige echte Rückwirkung sämtlich Ausprägungen des Grundgedankens, dass allein zwingende Gründe des gemeinen Wohls oder ein nicht - oder nicht mehr - vorhandenes schutzwürdiges Vertrauen des Einzelnen eine Durchbrechung des rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbots zu Gunsten der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers rechtfertigen oder gar erfordern können (BVerfG a.a.O., BVerfGE 72, 200, 258). Normativer Anknüpfungspunkt für das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot ist mithin die Existenz einer Vertrauensgrundlage und eine schützenswerte Vertrauensbildung (vgl. auch Schwarz, Vertrauensschutz als Verfassungsprinzip, 2002, S. 295 f, 302). Das BVerfG hat dazu im Beschluss vom 25. Mai 1993 (1 BvR 1509, 1648/91 - BVerfGE 88, 384, 404) ausgeführt: „Im Grundsatz des Vertrauensschutzes findet das Rückwirkungsverbot aber nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze. Es gilt dort nicht, wo sich ausnahmsweise kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte.“ Letzteres war hier der Fall, und zwar auch dann, wenn davon ausgegangen wird, dass die mit § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. gegebene Rechtslage bei Verkündung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes geklärt war. Denn schutzwürdiges Vertrauen in diese ihnen günstige Rechtslage hat sich bei den Betroffenen nicht bilden können. Das gilt auch unter dem Aspekt des Eigentumsschutzes, aus dem das BVerfG Bedenken gegen die nachträgliche Besteuerung bereits steuerfrei zugeflossener Einkünfte hergeleitet hat (vgl. Beschluss vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200, 258, 263 f). Solange umstritten ist, ob eine Norm einen Rentenanspruch begründet, und darüber zahlreiche Prozesse anhängig sind, greifen Gesichtspunkte des Eigentumsschutzes nicht ein, die bei einer unstreitig zuzusprechenden Rente ähnlich wie bei unstreitig steuerfrei zugeflossenen Einkünften zu beachten wären (so im Ergebnis auch BSG Urteil vom 11. Dezember 2003 - B 10 LW 17/02 R - SozR 4-5868 § 92 Nr. 2 RdNr. 12). Mangels schutzwürdigen Vertrauens kann dahinstehen, inwieweit zwingende Belange des Gemeinwohls die Einbeziehung der Hinterbliebenenrente in die Begrenzungsregelung des § 22b Abs. 1 FRG erfordern könnten.

aa) Schutzwürdiges Vertrauen auf einen bestimmten Gesetzesinhalt kann sich nur bilden, wenn er für die Betroffenen auch erkennbar ist. Daran fehlt es bei einer unklaren oder verworrenen Rechtslage (vgl. nochmals BVerfG a.a.O., BVerfGE 72, 200, 259; in diesem Sinne bereits BSG vom 11. Dezember 2003 - B 10 LW 17/02 R - SozR 4-5868 § 92 Nr. 2 RdNr. 13; der Senat misst der Formulierung „unklar und verworren“ in u.a. BVerfGE, Beschluss vom 25. Mai 1993 - 1 BvR 1509/91, 1648/91 - BVerfGE 88, 384, 404 keinen wesentlich anderen Inhalt bei). Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des BVerfG erfüllt, wenn die ursprüngliche Norm von vornherein Anlass zu Auslegungsproblemen gibt, „deren Lösung nur in einer Zusammenschau von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, System und gesetzgeberischer Zielsetzung“ möglich ist (Beschluss vom 17. Januar 1979 - 1 BvR 446, 1174/77 - BVerfGE 50, 177, 194 = SozR 5750 Art. 2 § 9a Nr. 8). In diesem Fall entsteht Rechtssicherheit hinsichtlich des Norminhalts erst durch die Rechtsprechung, insbesondere die des zuständigen höchsten Fachgerichts und/oder eine ständige Praxis der Gesetzesanwendung, die dann Grundlage für eine schutzwürdige Vertrauensbildung wird. Schutzwürdiges Vertrauen kann sich zudem immer nur in einer konkreten Situation bilden. Der Regelungsinhalt einer Vorschrift bestimmt sich zwar nach dem objektiven Normverständnis, repräsentiert durch die das Gesetz auslegende Rechtsprechung (vgl. dazu BSG, Urteil vom 11. März 2004 - B 13 RJ 44/03 R - BSGE 92, 248 = SozR 4-5050 § 22b Nr. 1, jeweils RdNr. 26), nicht erst ab dem Zeitpunkt einer höchstrichterlichen Entscheidung, sondern auch für den vergangenen Zeitraum, in dem nach diesem Normverständnis Ansprüche begründet worden sind (vgl. BSG, Urteile vom 21. März 1996 - 11 RAr 101/94 - BSGE 78, 109, 114 = SozR 3-1300 § 48 Nr. 48 S. 115 und vom 28. April 1999 - B 9 V 16/98 R - veröffentlicht in JURIS, jeweils m.w.N.). Bei einer unklaren Rechtslage, die erst durch höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt wird, ist Rechtssicherheit hinsichtlich des Normverständnisses aber bis zu dieser Klärung nicht vorhanden, und dementsprechend kann sich berechtigtes Vertrauen der Betroffenen als Gegenstück der Rechtssicherheit erst mit und ab dieser Klärung bilden (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Juli 1968 - 1 BvR 537/65 - BVerfGE 24, 75, 98). Nicht anders ist im Ergebnis die Situation zu beurteilen, wenn erst durch die Rechtsprechung ein Norminhalt erschlossen wird, der zuvor wegen der besonderen Auslegungsprobleme nicht erkannt wurde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1986 - 2 BvL 5/80, 17/82 und 2 BvR 635/80 - BVerfGE 72, 302, 325 f). Die an anderer Stelle getroffene Aussage des BVerfG, der Gesetzgeber dürfe die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht ins Unrecht setzen und korrigieren (BVerfG, Beschluss vom 31. März 1965 - 2 BvL 17/63 - BVerfGE 18, 429, 439 = SozR Nr. 5 zu Art. 28 GG, Blatt A b 2), bezieht sich auf eine „völlig klare“ Rechtslage bzw. ein „zutreffend angewandtes Gesetz“ und nicht auf die hier erörterten Fallgestaltungen (so im Ergebnis auch BSG, Urteil vom 11. Dezember 2003 - B 10 LW 17/02 R - SozR 4-5868 § 92 Nr. 2).

Die Bildung schutzwürdigen Vertrauens ist des Weiteren nicht (mehr) möglich, wenn mit der Änderung einer Rechtslage gerechnet werden muss. Letzteres ist - wie der Senat bereits zur rückwirkenden Änderung von § 93 Abs. 5 SGB VI durch Art. 1 Nr. 17 i.V.m. Art. 12 Abs. 8 WFG ausgeführt hat - regelmäßig ab dem Gesetzesbeschluss über eine Rechtsänderung der Fall, hier ab 11. März 2004, an dem das RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom Deutschen Bundestag beschlossen wurde (s BR-Drucks. 191/04); damit entfällt dann auch ein zu dem Zeitpunkt bereits vorhandenes berechtigtes Vertrauen in die alte Rechtslage (Teilurteil und Vorlagebeschluss vom 28. Mai 1997 - 8 RKn 27/95 - SozR 3-2600 § 93 Nr. 3 sowie Senatsurteile vom 13. März 2002 - B 8 KN 4/00 R - SozR 3-2600 § 93 Nr. 11 S. 106 und vom 26. Februar 2003 - B 8 KN 11/02 R - SozR 4-2600 § 93 RdNr. 10 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschlüsse vom 10. März 1971 - 2 BvL 3/68 - BVerfGE 30, 272, 287 m.w.N., vom 25. Juni 1974 - 2 BvF 2, 3/73 - BVerfGE 37, 363, 397 = SozR 5724 Allg. Nr. 1 S. 14 und vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200, 260 ff.).

bb) Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das RV-Nachhaltigkeitsgesetz schutzwürdiges Vertrauen in den für die Betroffenen günstigen Norminhalt des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. nicht verletzt; denn ein solches Vertrauen konnte sich vor dem Gesetzesbeschluss nicht bilden. Es bedurfte daher auch keiner Übergangsregelung.

Bis zum Urteil des 4. Senats vom 30. August 2001 (B 4 RA 118/00 R - BSGE 88, 288 = SozR 3-5050 § 22b Nr. 2) wurde die Vorschrift von den Rentenversicherungsträgern durchgehend dahin verstanden, dass der Höchstwert von 25 EP alle für FRG-Zeiten ermittelten EP erfasse, unabhängig davon, aus welcher Versicherung sie stammten, also auch beim Zusammentreffen einer eigenen mit einer Rente wegen Todes (vgl. Heller in DAngVers 1997, 1, 7; Bönisch in MittLVA Oberfr 2000, 149, 153; Moser in Kompass 1996, 499, 500; Spegel in MittLVA Württemberg 1996, 384, 385; Silber in MittLVA Württemberg 1997, 11, 12; Stockhaus in AmtlMittLVA Rheinprovinz 1997, 325, 327; Krohm in Kompass 1998, 212, Polster in DRV 1998, 97, 99; Verbandskomm § 22b FRG Anm. 4.5, Stand Januar 1998), und dieses Verständnis wurde, soweit ersichtlich, von den Gerichten der ersten und zweiten Instanz und den Betroffenen nicht in Frage gestellt. Auch in dem Fall, der dem Urteil des 4. Senats zu Grunde liegt, war es nach den Ausführungen des Berufungsgerichts zwischen den Beteiligten unstreitig (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Oktober 2000 - L 12 RA 2663/99 - veröffentlicht in JURIS); gestritten wurde darüber, ob die Begrenzung verfassungsgemäß sei. Der objektive Regelungsinhalt der Norm, wie ihn das BSG festgestellt hat, war mithin den Betroffenen zunächst nicht erkennbar. Das BSG hat ihn auch nur mit einem erheblichen Interpretationsaufwand unter rechtssystematischen und übergeordneten Gesichtspunkten der Rechtsklarheit bestimmen können (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2004 - B 13 RJ 44/03 R - BSGE 92, 248 = SozR 4-5050 § 22b Nr. 1, jeweils RdNr. 7 ff. und Senatsurteil vom 7. Juli 2004 - B 8 KN 10/03 R - BSGE 93, 85 = SozR 4-5050 § 22b Nr. 2, jeweils RdNr. 11 ff.). Die Auslegung des 4. Senats überraschte daher und stieß auf erhebliche Kritik.

Die Rentenversicherungsträger verabredeten, ihr nicht zu folgen (vgl. Göhde in MittLVA Rheinprovinz 2002, 316, 317 m.w.N.). Die Gerichte der unteren Instanzen schlossen sich der Auslegung des 4. Senats nur zum Teil an, so: LSG Baden-Württemberg (Urteile vom 1. Juli 2003 - L 11 RJ 511/03 und vom 15. Juli 2003 - L 13 KN 974/03 - jeweils veröffentlicht in JURIS), LSG für das Land Brandenburg (Urteil vom 26. August 2003 - L 2 RJ 78/03 - veröffentlicht in JURIS), LSG Nordrhein-Westfalen (Urteile vom 26. August 2003 - L 18 KN 27/03 - und vom 13. Oktober 2004 - L 8 RJ 68/03 - jeweils veröffentlicht in JURIS sowie vom 13. Oktober 2004 - L 8 RA 58/03 und L 8 RJ 107/04 - jeweils nicht veröffentlicht), ferner SG Detmold (Gerichtsbescheid vom 8. Februar 2003 - S 2 RA 46/03 - nicht veröffentlicht), SG Frankfurt/Oder (Urteil vom 26. März 2003 - S 9 RJ 273/02 - nicht veröffentlicht), SG Freiburg (Urteil vom 30. Januar 2003 - S 2 KN 440/02 - nicht veröffentlicht), SG Gelsenkirchen (Gerichtsbescheid vom 25. August 2004 - S 14 RJ 57/04 - nicht veröffentlicht), SG Heilbronn (Urteil vom 5. Juni 2003 - S 5 RJ 2780/02 - nicht veröffentlicht), SG Karlsruhe (Urteil vom 11. Februar 2003 - S 2 RA 4039/02 - veröffentlicht in JURIS), SG Kiel (Urteile vom 25. März 2002 - S 4 KN 26/99 - und vom 4. Juni 2003 - S 4 KN 8/02 - jeweils nicht veröffentlicht), SG Köln (Urteile vom 13. Februar 2003 - S 15 KN 55/02 -, vom 21. März 2003 - S 11 RJ 237/02 - und vom 27. März 2003 - S 15 KN 43/02 - jeweils nicht veröffentlicht) und SG Saarbrücken (Urteil vom 5. November 2002 - S 15 RJ 418/02 und Gerichtsbescheid vom 2. April 2003 - S 15 RJ 596/02 - jeweils nicht veröffentlicht).

Wie im vorliegenden Fall das SG Gießen und das Hessische LSG widersprachen hingegen andere Gerichte der Auslegung des 4. Senats und hielten an ihrem Widerspruch teilweise auch noch nach Bestätigung dieser Auslegung durch die Urteile des 13. Senats vom 11. März 2004 (B 13 RJ 44/03 R - BSGE 92, 248 = SozR 4-5050 § 22b Nr. 1; B 13 RJ 52/03 R und B 13 RJ 56/03 R - jeweils nicht veröffentlicht) und das Urteil des erkennenden Senats vom 7. Juli 2004 (B 8 KN 10/03 R - BSGE 93, 85 = SozR 4-5050 § 22b Nr. 2) fest; so: LSG Baden-Württemberg (Urteile vom 29. Oktober 2003 - L 3 RJ 2485/03 - und L 3 RJ 2585/03 - jeweils veröffentlicht in JURIS), LSG Berlin (Urteil vom 17. September 2004 - L 5 RJ 23/04 - veröffentlicht in JURIS), LSG Nordrhein-Westfalen (Urteile vom 30. Juli 2003 - L 8 RJ 64/03 - und vom 26. Februar 2004 - L 2 KN 42/03 - jeweils veröffentlicht in JURIS), LSG für das Saarland (Urteile vom 29. Oktober 2004 - L 7 RJ 199/03 - und L 7 RJ 155/03 - veröffentlicht in JURIS) und Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteile vom 12. Dezember 2002 - L 5 KN 2/02 - und vom 12. August 2004 - L 5 KN 5/03 - jeweils veröffentlicht in JURIS); ferner SG Altenburg (Urteil vom 2. September 2003 - S 17 RJ 2055/02 - veröffentlicht in JURIS), SG Berlin (Urteile vom 24. Juli 2003 - S 30 RJ 526/03 -, vom 8. Januar 2004 - S 30 RJ 824/03 -, vom 29. März 2004 - S 18 KN 25/03 - und vom 11. Oktober 2004 - S 18 KN 13/04, 18/04 und 21/04 - jeweils veröffentlicht in JURIS sowie vom 28. Juli 2003 - S 3 RA 5529/02 -, vom 11. März 2004 - S. 30 RJ 323/03 - und vom 22. Juni 2004 - S 26 RJ 737/04 - jeweils nicht veröffentlicht), SG Düsseldorf (Urteil vom 27. März 2003 - S 15 RJ 209/02 - nicht veröffentlicht und vom 9. September 2003 - S 15 RJ 275/02 - veröffentlicht in JURIS), SG Freiburg (Urteil vom 29. April 2003 - S 9 RJ 2625/02 - veröffentlicht in JURIS) und SG Mannheim (Urteil vom 27. November 2002 - S 9 RJ 2074/02 - veröffentlicht in JURIS).

Hinzu kommt, dass die Entscheidung des 4. Senats noch keine Antwort darauf gab, welche Begrenzung der EP für FRG-Zeiten bei der Hinterbliebenenrente gilt, wenn sich § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. nicht auf das Zusammentreffen einer eigenen Rente mit einer Hinterbliebenenrente bezieht. Wie die nachfolgenden Urteile des 13. und des erkennenden Senats zeigen, ergeben sich insoweit Unterschiede, je nachdem, ob der verstorbene Ehegatte bereits vor oder nach der Übersiedlung verstorben ist bzw. die Ehegatten zu Lebzeiten bereits Renten auf der Grundlage von nach § 22b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 FRG begrenzten EP bezogen haben. Im Hinblick auf den bedeutsamen Widerspruch gegen die Auslegung des 4. Senats und die damit verbundenen weiteren Fragen war das Ergebnis der ausstehenden Prüfung durch die anderen Rentensenate des BSG offen. Auf eine entsprechende Beschwerde hin hätte z.B. die Revision auch durch das BSG zugelassen werden müssen (zur Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage, die höchstrichterlich bereits entschieden ist, vgl. BSG, Beschlüsse vom 21. November 1983 - 9a BVi 7/83 - SozR 1500 § 160 Nr. 51 und vom 30. September 1992 - 11 BAr 47/92 - SozR 3-4100 § 111 Nr. 1; BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 1997 - 5 B 155/96 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff 1 VwGO Nr. 15; Fichte in NzS 1998, 1 ff.). Von der Entscheidung des 4. Senats konnte daher noch keine Rechtssicherheit ausgehen. Erst mit den bereits erwähnten Urteilen des 13. Senats vom 11. März 2004 (B 13 RJ 44/03 R - BSGE 92, 248 = SozR 4-5050 § 22b Nr. 1, B 13 RJ 52/03 R und B 13 RJ 56/03 R - jeweils nicht veröffentlicht) und des erkennenden Senats vom 7. Juli 2004 (B 8 KN 10/03 R - BSGE 93, 85 = SozR 4-5050 § 22b Nr. 2) konnte erwartet werden, dass es bei dieser Auslegung bleiben werde. Ein berechtigtes Vertrauen in den ihnen günstigen Inhalt des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. konnte sich daher bei den Betroffenen vor dem Gesetzesbeschluss über das RV-Nachhaltigkeitsgesetz am 11. März 2004 nicht bilden. Ob wegen des anhaltenden Widerspruchs gegen die Rechtsprechung des BSG auch nach dem Urteil des 13. Senats noch Klärungsbedarf bestand, kann deshalb dahinstehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz.

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