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12 RK 10/96

Tatbestand

Streitig ist, ob die Beklagte die Klägerin zur Nachentrichtung zulassen und eine bereits geleistete Zahlung als wirksam entrichtete Beitragszahlung entgegennehmen muß.

Die 1943 geborene Klägerin ist israelische Staatsangehörige und lebt in Israel. Sie beantragte im Juni 1983 die Nachentrichtung von Beiträgen nach Art. 12 der Durchführungsvereinbarung vom 20. November 1978 zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über soziale Sicherheit vom 17. Dezember 1973 (DVbg Abk Israel SozSich - BGBl. II 1980 S. 575). Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die Klägerin weder den Nachweis der israelischen Staatsangehörigkeit erbracht, noch den am 15. Februar 1984 zugestellten Antragsvordruck ausgefüllt übersandt habe (Bescheid vom 15. November 1984). Die Klägerin legte Widerspruch ein. Nach Aufforderung durch die Beklagte während des Vorverfahrens konkretisierte die Klägerin im Februar 1990 den Nachentrichtungsantrag und teilte mit, für den Zeitraum von Juni 1959 bis einschließlich Juni 1980 253 Monatsbeiträge von 149 DM (= 37.697 DM) nachentrichten zu wollen. Mit Schreiben vom 12. März 1990 (dem Bevollmächtigten der Klägerin am 16. März 1990 zugestellt) forderte die Beklagte die Klägerin auf, die angebotenen Beiträge im Fall einer Teilzahlung spätestens drei Jahre nach Zugang des Schreibens einzuzahlen. Die dreijährige Teilzahlungsfrist sei eine gesetzliche Ausschlußfrist, d.h. mit Ablauf der Frist ohne Zahlung würden alle Rechte aus der Zahlungsaufforderung erlöschen. Spätere Geldeingänge könnten nicht mehr berücksichtigt, die Teilzahlungsfrist könne nicht verlängert werden.

Mit Wertstellung vom 25. März 1993 ging auf einem Konto der Beklagten bei der Deutschen Bank ein von der Klägerin überwiesener Betrag von 35.420 DM ein. Im Mai 1993 übersandte die Klägerin die für die Feststellung der Nachentrichtungsberechtigung noch erforderlichen Unterlagen und bat um eine Beitragsbescheinigung. Die Beklagte wies den Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. November 1984 mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 1993 zurück. Das Nachentrichtungsrecht sei erloschen, weil die Klägerin die gesetzliche Ausschlußfrist für die Teilzahlung versäumt habe. Die Nachentrichtungssumme sei bis zum 16. März 1993 einzuzahlen gewesen. Der Betrag gelte jedoch erst als am 17. März 1993 eingegangen. Die Teilzahlungsfrist sei eine gesetzliche Ausschlußfrist, die nicht verlängert werden könne. Nach ihrem Ablauf sei die Durchführung einer Nachentrichtung nicht mehr möglich.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 16. Juni 1994). Das Landessozialgericht (LSG) hat Auskünfte der Deutschen Bank eingeholt. Danach seien die 35.420 DM mangels anders lautender Weisungen am 25. März 1993 der Beklagten gutgeschrieben worden. Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 9. Februar 1996). Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Entgegennahme der Beiträge durch die Beklagte. Diese habe zu Recht den Antrag auf Nachentrichtung im Widerspruchsbescheid endgültig abgelehnt. Die Beklagte habe der Klägerin in der am 16. März 1990 zugestellten Zahlungsaufforderung wirksam die höchstzulässige Zahlungsfrist von drei Jahren eingeräumt. Die am 16. März 1993 endende Frist sei nicht eingehalten worden. Die Überweisung sei am 23. März 1993 ausgeführt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei der letztmögliche Termin fristgerechter Zahlung verstrichen gewesen. Der Betrag sei der Beklagten am 25. März 1993 gutgeschrieben worden. Unter Beachtung des § 6 Satz 1 Nr. 2 der Rentenversicherungs-Beitragszahlungsverordnung (RV-BZV) vom 30. Oktober 1991 (BGBl. I S. 2057) gelte als Tag der Zahlung bei Überweisung auf ein Konto des Trägers der Rentenversicherung der achte Tag vor dem Tag der Wertstellung zugunsten des Trägers der Rentenversicherung oder, falls es für den Versicherten günstiger sei, der Tag der Belastung oder Einzahlung. Lediglich eine Wertstellung am 24. März 1993 hätte noch eine fristgemäße Zahlung bewirken können; jedenfalls hätte eine Wertstellung an diesem Tage nicht zu einer Beanstandung durch die Beklagte geführt. Die Beklagte habe es auch zu Recht abgelehnt, die Beitragszahlung als fristgemäß zu behandeln. Es könne offenbleiben, ob die Frist hier eine gesetzliche Frist oder eine behördliche Frist i.S. des § 26 Abs. 7 des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren (SGB X) darstelle. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder Nachsichtgewährung komme bei einer gesetzlichen Frist nicht in Betracht. Die Klägerin habe nicht einmal behauptet, daß die hierfür erforderlichen Voraussetzungen vorlägen. Die Verlängerung der Frist als behördlicher Frist komme ebenfalls nicht in Betracht. Die Befugnis zur Verlängerung einer solchen Frist reiche nur bis zur Dauer der gesetzlichen Zahlungsfrist, hier von drei Jahren. Sei dieser Rahmen wie bei der Klägerin von vornherein ausgeschöpft, müßten besondere Umstände hinzutreten, um eine Fristverlängerung zu ermöglichen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung des § 6 Nr. 2 RV-BZV, des § 26 Abs. 7 SGB X und des Art. 12 Satz 6 DVbg Abk Israel SozSich. Sie habe die israelische Bank am 23. März 1993 beauftragt, den Nachentrichtungsbetrag auf das Konto der Beklagten bei der Deutschen Bank per Swift zu überweisen. Die israelische Bank habe die Deutsche Bank mittels Swift-Zahlung angewiesen, ihr DM-Konto am Valutatag zu belasten. Danach sei die Deutsche Bank ermächtigt gewesen, das DM-Konto der Auslandsbank am 24. März 1993 zu belasten und der Beklagten „zu erkennen“. Das LSG verkenne den Begriff der Wertstellung in § 6 RV-BZV. Der Tag der Wertstellung sei mit dem Tag des Eingangs des Geldes auf dem Konto einer Bank gleichzusetzen. Aufgrund der Swift-Überweisung sei von einer Wertstellung am 23. März 1993 auszugehen. Dies bedeute eine Beitragsentrichtung zum 15. März 1993. Aber auch wenn man der Anweisung der Auslandsbank folgen wolle und davon ausgehe, daß das DM-Konto der Auslandsbank am 24. März 1993 zu belasten und der Beklagten zuzuerkennen sei, so sei dies mit der Gutschrift auf dem Konto der Deutschen Bank identisch. Rechtlich falle die Gutschriftsvaluta nicht auf den 25. März 1993, sondern auf den 24. März 1993. Die Rechtslage könne durch eine Praxis der Bank der Beklagten, die Gutschriftsvaluta einen Tag nach der Belastung festzusetzen, nicht verändert werden. Das LSG verkenne auch den Anwendungsbereich des § 26 Abs. 7 SGB X. Die von der Behörde gesetzte Frist bleibe eine behördliche Frist, auch wenn die gesetzliche Zahlungsfrist voll ausgeschöpft worden sei. Die Klägerin habe für den Fall einer tatsächlichen Fristversäumnis einen Anspruch darauf, daß die Beklagte eine Ermessensentscheidung nach § 26 Abs. 7 SGB X treffe. Dieses Ermessen habe die Beklagte nicht ausgeübt, so daß eine Ermessensunterschreitung vorliege.

Die Klägerin beantragt,

  • das Urteil des LSG vom 9. Februar 1996, das Urteil des SG vom 16. Juni 1994 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. November 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 1993 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin zur Nachentrichtung zuzulassen und den Betrag von 35.420,00 DM als wirksam nachentrichtete Beiträge entgegenzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

  • die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat die Berufung gegen das klagabweisende Urteil des SG mit Recht zurückgewiesen.

Mit der Klage hat die Klägerin nicht nur die Aufhebung des die Nachentrichtung ablehnenden Bescheides vom 15. November 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 1993 beantragt, sondern sinngemäß auch, die Beklagte zu verpflichten, sie zur Nachentrichtung von Beiträgen zuzulassen. Letzteres war Voraussetzung für die mit der Klage ebenfalls beantragte Verpflichtung der Beklagten, den tatsächlich gezahlten Betrag als wirksam nachentrichtete Beiträge entgegenzunehmen.

Die Entscheidung der Beklagten, die Nachentrichtung abzulehnen, ist rechtmäßig. Die Klägerin war im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung nicht mehr berechtigt, aufgrund ihres Nachentrichtungsantrags vom Juni 1983 für die Zeit von 1959 bis 1980 freiwillige Beiträge nachzuentrichten. Die Beklagte ist deshalb auch nicht verpflichtet, den im März 1993 gezahlten Betrag entgegenzunehmen.

Die Klägerin gehört nach den Feststellungen des LSG zu dem Personenkreis, der nach Art. 12 DVbg Abk Israel SozSich i.V.m. Art. 2 § 49a Abs. 2 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) zur Nachentrichtung von Beiträgen berechtigt war. Sie hatte den Antrag auf Zulassung zur Nachentrichtung nach dieser Vorschrift im Juni 1983 rechtzeitig gestellt. Ihr Nachentrichtungsverfahren war, wie in anderen Fällen einer außerordentlichen Nachentrichtung, grundsätzlich in drei Schritten zu vollziehen. Der Antragstellung, der Konkretisierung, d.h. der Festlegung der Höhe und Verteilung der zu entrichtenden Beiträge, sowie der Zahlung der Beiträge (vgl. z.B. BSGE 60, 266, 268 = SozR 5750 Art. 2 § 51a Nr. 66). Regelmäßig folgen diese Schritte zeitlich aufeinander. In den Nachentrichtungsverfahren können auch vor einer endgültigen Entscheidung über die Zulassung zur Nachentrichtung Fristen nicht nur für Mitwirkungshandlungen, wie etwa die Beibringung von notwendigen Unterlagen, sondern auch für die Konkretisierung gesetzt werden. Wenn der Antragsteller nicht innerhalb einer wirksam gesetzten Frist seinen Nachentrichtungsantrag konkretisiert, besteht kein Recht mehr, Beiträge nachzuentrichten; der Nachentrichtungsantrag ist dann abzulehnen (vgl. z.B. BSGE 60, 266, 269 = SozR 5750 Art. 2 § 51a Nr. 66; BSGE 69, 198, 200 = SozR 3-5750 Art. 2 § 51a Nr. 4). Eine Konkretisierungsfrist kann vor der endgültigen Entscheidung über den Nachentrichtungsantrag jedenfalls dann gesetzt werden, wenn zwischen den noch nicht festgestellten Zugangsvoraussetzungen und der Bestimmung des Nachentrichtungszeitraums, der Anzahl der Beiträge und der Beitragshöhe kein unmittelbarer Zusammenhang in dem Sinne besteht, daß eine Konkretisierung nur möglich ist, wenn zuvor die übrigen Voraussetzungen geklärt sind. Bei den auf Art. 12 DVbg Abk Israel SozSich gestützten Nachentrichtungsverfahren hat die Rechtsprechung jedenfalls für die Zugangsvoraussetzung der israelischen Staatsangehörigkeit, die auch im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen war, keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der Konkretisierung angenommen (vgl. BSGE 69, 198, 200 = SozR 3-5750 Art. 2 § 51a Nr. 4). Dementsprechend hat die Beklagte, nachdem sie den Nachentrichtungsantrag zunächst wegen des fehlenden Nachweises der israelischen Staatsangehörigkeit abgelehnt hatte, die Klägerin zur Konkretisierung aufgefordert. Wenn wie im vorliegenden Fall, auch nach der Konkretisierung die israelische Staatsangehörigkeit weiterhin nicht nachgewiesen ist, darf die Beklagte noch vor endgültiger Entscheidung über den Nachentrichtungsantrag auch eine Frist zur Zahlung der Beiträge setzen. Diese Befugnis folgt aus der Verpflichtung sowohl der Beklagten als auch der Klägerin, das Nachentrichtungsverfahren zügig zu betreiben. Auch die Zahlungsfrist ist eine Ausschlußfrist, deren Versäumung zum Verlust der Rechte aus dem Nachentrichtungsantrag führt. Die Beklagte hat demnach die Frist zur Nachentrichtung mit dem Schreiben vom 12. März 1990 wirksam gesetzt. Sie hat die Klägerin über die Frist und die Folgen einer nicht rechtzeitigen Zahlung in diesem Schreiben ausreichend belehrt.

Die Klägerin hat die Teilzahlungsfrist nicht eingehalten. Die Frist endete am 16. März 1993, da die Zahlungsaufforderung dem Bevollmächtigten der Klägerin am 16. März 1990 zugestellt worden war. Bis zum 16. März 1993 hat die Klägerin die Beiträge nicht gezahlt. Für die Zahlung von freiwilligen Beiträgen bei einem Aufenthalt im Ausland, wie im vorliegenden Fall, gilt die RV-BZV (§ 1 Satz 1 RV-BZV). Nach § 6 Satz 1 Nr. 2 RV-BZV gilt bei Überweisung oder Einzahlung auf ein Konto des Trägers der Rentenversicherung als Tag der Beitragszahlung der achte Tag vor dem Tag der Wertstellung zugunsten des Trägers der Rentenversicherung oder, falls es für den Versicherten günstiger ist, der Tag der Belastung oder Einzahlung. Nur bei einer Belastung oder Einzahlung bis zum 16. März 1993 oder einer Wertstellung des Betrages bis zum 24. März 1993 wären die Beiträge deshalb fristgerecht gezahlt gewesen. Das Konto der Klägerin ist jedoch erst am 23. März 1993 belastet worden, und der Betrag ist erst am 25. März 1993 auf dem Konto der Beklagten wertgestellt worden.

Die Ansicht der Klägerin, als Tag der Wertstellung gelte der Tag, an dem eine Überweisung bei der Bank, die das Konto der Beklagten führt, eingeht, ist unrichtig. Im Bankverkehr bedeutet die Wertstellung die Festsetzung des Tages, von dem an Geldeingänge auf Bankkonten bzw. bis zu dem Geldausgänge verzinst werden (vgl. Pleyer./.Huber, Wertstellung und Überweisungslaufzeiten im Giroverhältnis, ZIP 1987, S 424 ff.; BGHZ 106, 259 ff.). Durch Vereinbarung zwischen dem Kontoinhaber und dem Geldinstitut oder durch die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Geldinstituts ist festgelegt, wann ein dem Konto gutgeschriebener Betrag wertgestellt wird. Der Tag der Wertstellung kann, muß aber nicht mit dem Datum der Gutschrift auf dem Girokonto übereinstimmen. Eine andere Bedeutung wird der Wertstellung in § 6 Satz 1 Nr. 2 RV-BZV weder in der RV-BZV selbst noch in der Begründung zu dieser Verordnung oder zu dem früher geltenden und im wesentlichen gleichlautenden § 6 Satz 1 Nr. 3 der Rentenversicherungs-Beitragsentrichtungsverordnung (RV-BEVO) vom 21. Juni 1976 (BGBl. I S 1667) zugeschrieben.

Zeitpunkt der Wertstellung i.S. von § 6 Satz 1 Nr. 2 RV-BZV ist danach das Datum der tatsächlichen Wertstellung des Betrages auf dem Konto der Beklagten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Gutschrift des eingezahlten Betrages auf dem Konto der Beklagten, wie hier, tatsächlich zeitgleich mit dem Wertstellungsdatum oder wenn sie vorher erfolgt. Nicht zu entscheiden ist im vorliegenden Fall, ob die Beklagte eine Wertstellung akzeptieren muß, die unter Verletzung des Bankvertrages von der Bank auf ein Datum vor dem Tag der Gutschrift auf dem Konto der Beklagten festgelegt wird.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, daß ihre Zahlung im Wege einer über den Wortsinn hinausgehenden Auslegung des § 6 Satz 1 Nr. 2 RV-BZV so behandelt wird, als ob sie tatsächlich bereits am 24. März 1993 wertgestellt worden wäre. Denn es ist unerheblich, ob bei ordnungsgemäßer Abwicklung ihres Auftrages der Betrag dem Konto der Beklagten schon am 24. März oder sogar 23. März 1993 gutgeschrieben oder wertgestellt werden mußte, wie die Klägerin dies hier für ihren Swift-Überweisungsauftrag behauptet, und wem ggf. ein schuldhaftes Verhalten zuzurechnen wäre. Der vom Tag der Wertstellung gerechnet acht Tage vorher festgesetzte fiktive Zahlungstag ist stets allein nach dem tatsächlichen Wertstellungsdatum zu berechnen. Dies ergibt sich aus der Bedeutung, welche die vom Wertstellungstag abhängige Fiktion des Tages der Beitragszahlung hat. Diese Fiktion dient der Verwaltungsvereinfachung. Sie entbindet die Verwaltung von der Pflicht, das tatsächliche Datum der Einzahlung bzw. der Belastung des Kontos des Beitragszahlers zu überprüfen, wenn der Betrag nur rechtzeitig, d.h. bis zum achten Tag nach Fristablauf wertgestellt wird. Der Versicherungsträger darf und muß einen rechtzeitig wertgestellten Betrag als rechtzeitig gezahlten Beitrag entgegennehmen, ohne zu überprüfen, wie die Zahlung tatsächlich abgelaufen ist. Die Zahlungsfiktion kann zu einer faktischen Verlängerung der Zahlungsfrist führen, wenn das Konto erst nach dem Ablauf der Zahlungsfrist belastet wird, der Betrag aber noch rechtzeitig wertgestellt wird. Zugunsten des Zahlenden hat die an die Wertstellung anknüpfende Zahlungsfiktion aber keine weitergehende Bedeutung, insbesondere nicht in dem Sinne, daß der Zahlende bei verzögerter Wertstellung durch eine Bank so gestellt werden muß, wie es vertragsgemäßem Verhalten der beteiligten Banken entsprechen würde. Verzögerungen der Wertstellung, gleichgültig auf welchen Gründen sie beruhen mögen, d.h. ob sie der beauftragten Bank zuzurechnen sind oder der Bank, bei der die Beklagte ihr Konto führt, sind für die Entscheidung der Frage unerheblich, wann der Betrag i.S. von § 6 Satz 1 Nr. 2 RV-BZV wertgestellt ist. Der Sinn der Fiktion ist es, die Beklagte von der umständlichen Prüfung der tatsächlichen Einzahlung des Beitrages oder der Belastung des Kontos des Einzahlenden zu entlasten. Er würde in sein Gegenteil verkehrt, wenn die Beklagte bei einer nicht fristgerechten Wertstellung nicht nur die Einzahlung oder Belastung des Kontos des Einzahlenden prüfen müßte, sondern auch noch, ob die Wertstellung wegen Verzögerungen bei der Bearbeitung zu spät erfolgte und wem die Verzögerung zuzurechnen ist, sowie dann möglicherweise zugunsten des Versicherten von einem fiktiven Wertstellungstag ausgehen müßte. Es gibt auch kein schutzwürdiges Interesse der Versicherten, für die Festlegung des fiktiven Zahlungsdatums im Einzelfall ein anderes Datum als das der tatsächlichen Wertstellung zugrunde zu legen.

Der Schutz des Versicherten vor einer Benachteiligung durch Verzögerungen im Zahlungsablauf ist dadurch sichergestellt, daß nach § 6 Satz 1 Nr. 2 RV-BZV jedenfalls die rechtzeitige Einzahlung oder Belastung des Kontos für die fristgerechte Zahlung ausreichend ist. Die Ausgestaltung der Fiktion begünstigt den Versicherten in doppelter Weise. Einmal dadurch, daß Beiträge, die tatsächlich erst nach Fristablauf eingezahlt, aber noch rechtzeitig innerhalb von acht Tagen nach Fristablauf wertgestellt werden, als rechtzeitig entrichtet gelten, während bei rechtzeitiger Einzahlung bzw. Belastung des Kontos Verzögerungen im Zahlungsverkehr und eine verspätete Wertstellung allein zu Lasten der Beklagten gehen. Begünstigt wird der Versicherte aber auch durch die Dauer der Frist zwischen fiktivem Zahlungstag und Wertstellungstag. Der Verordnungsgeber ist schon bei der früher geltenden Frist von fünf Tagen zwischen fiktivem Zahlungstag und Wertstellungstag (vgl. § 6 Satz 1 Nr. 3 RV-BEVO) davon ausgegangen, daß diese Frist zugunsten des Versicherten wirkt (vgl. BR-Drucks 279/76 S. 17). Mit der Verlängerung der Frist auf acht Tage wie jetzt in § 6 Satz 1 Nr. 2 RV-BZV ist diese Begünstigung verstärkt worden. Überweisungen werden regelmäßig schneller als innerhalb von acht Tagen ausgeführt. Sie können auch aus dem Ausland innerhalb von zwei Tagen oder sogar innerhalb eines Tages ausgeführt werden, wie der vorliegende Fall zeigt und die Klägerin vorträgt. Die großzügig bemessene Frist zwischen fiktivem Zahlungstag und Wertstellungstag dient dabei auch der beabsichtigten Verwaltungsvereinfachung, denn so ist sichergestellt, daß kurzfristige Zahlungsverzögerungen sich bei rechtzeitiger Einzahlung nicht in der Weise auswirken, daß die Beklagte das tatsächliche Einzahlungsdatum überprüfen muß (vgl. zur Bedeutung der Fiktion für die Verwaltungsvereinfachung und zu ihrer Wirkung als Begünstigung des Versicherten für § 6 Satz 1 Nr. 3 RV-BEVO schon BSG SozR 5363 § 6 Nr. 2).

Die Beklagte war auch sonst nicht berechtigt, die verspätete Beitragsentrichtung als fristgemäß zu behandeln. Dies hätte die Beklagte nur gekonnt, wenn in bezug auf die Zahlungsfrist eine Fristverlängerung nach § 26 Abs. 7 SGB X eingeräumt werden durfte oder wegen der versäumten Zahlungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X zu gewähren war. Der erforderliche Antrag hierzu ist in der Zahlung der Beiträge zu sehen. Auch konnte die Beklagte hierüber im Rahmen der Entscheidung über den Widerspruch gegen die Ablehnung der Zulassung zur Nachentrichtung entscheiden.

Eine Fristverlängerung nach § 26 Abs. 7 SGB X war im vorliegenden Fall nicht zulässig. Nach dieser Vorschrift können Fristen, die von einer Behörde gesetzt sind, verlängert werden. Sind solche Fristen bereits abgelaufen, können sie rückwirkend verlängert werden, insbesondere wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen (§ 26 Abs. 7 Satz 2 SGB X). Der Senat hat zu Zahlungsfristen, die für die Nachzahlung von Beiträgen nach Art. 2 § 51a Abs. 2 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) gesetzt waren, allerdings bereits entschieden, daß es sich dabei um behördliche Fristen i.S. dieser Vorschrift handelt (vgl. BSG SozR 1300 § 26 Nr. 2 und Urteil vom 25. Oktober 1990 - 12 RK 47/89 - = AmtlMittLVA Rheinprovinz 1991, 292). Damals hatte der Versicherungsträger jedoch nicht die nach dem Gesetz höchstzulässige Zahlungsfrist, sondern kürzere Fristen gesetzt; der Versicherungsträger hatte nicht nur den Fristbeginn, sondern auch das Fristende durch eigene Entscheidung festgelegt. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte dagegen lediglich den Beginn der Zahlungsfrist durch die Aufforderung zur Zahlung in Lauf gesetzt. Als Zahlungsfrist hatte sie dabei die nach dem Gesetz höchstzulässige Frist von drei Jahren eingeräumt. Die nach dem Gesetz höchstzulässige Zahlungsfrist für die Entrichtung von Beiträgen ist eine gesetzliche Frist i.S. von § 27 SGB X. Eine Befugnis des Versicherungsträgers, eine längere Zahlungsfrist einzuräumen, besteht in diesem Fall weder im Zeitpunkt der Fristsetzung noch bei Fristablauf. Dementsprechend hat der Senat für den Rechtszustand vor Inkrafttreten des SGB X bereits entschieden, daß dann, wenn die gesetzlich zulässige Fünf-Jahres-Frist für die Nachentrichtung von Beiträgen nach Art. 2 § 49a Abs. 3 AnVNG (= Art. 2 § 51a Abs. 3 ArVNG) überschritten war, nur die Nachsichtgewährung in Betracht kam, die damals auch die nunmehr ausdrücklich geregelte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand umfaßte (Urteil vom 22. Juni 1983 - 12 RK 59/82, DRV 1983, 561).

Der Klägerin kann auch nicht die bei Versäumnis gesetzlicher Fristen in Betracht kommende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X) gewährt werden. Ob und in welchen Fällen bei Versäumung der nach dem Gesetz zulässigen Teilzahlungsfrist überhaupt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X zulässig ist, ist im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden. Voraussetzung hierfür wäre, daß die Frist ohne Verschulden versäumt worden ist. Dies ist nicht der Fall. Das LSG hat keine Tatsachen dafür festgestellt, daß die Klägerin ohne ihr Verschulden gehindert war, für die rechtzeitige Abbuchung der Beiträge zu sorgen. Von der Klägerin sind solche Tatsachen auch nicht vorgetragen worden.

Der Senat hat im vorliegenden Fall auch nicht zu entscheiden, ob bei Fristversäumnissen in Nachentrichtungsverfahren statt der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Beitragszahlungen nur noch in entsprechender Anwendung von § 197 Abs. 3 SGB VI zuzulassen sind. Auch nach dieser Vorschrift könnte die verspätete Beitragszahlung nur berücksichtigt werden, wenn die Klägerin an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert gewesen wäre. Daran fehlt es hier.

Demnach war die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

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