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5/4a RJ 45/87

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückübertragung von Rentenanwartschaften, die im Wege des Versorgungsausgleichs übertragen worden sind.

Die Ehe des Klägers wurde durch Urteil des Amtsgerichts (AG) - Familiengericht (FamG) - M. vom 28. Juli 1978 geschieden. Vom Versicherungskonto des Klägers bei der Beklagten wurden Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 195,70 DM auf ein noch zu errichtendes Konto seiner früheren Ehefrau S. übertragen. Diese ist am 4. oder 5. Dezember 1983 verstorben.

Der Kläger beantragte am 7. Februar 1984 bei der Beklagten, gemäß § 4 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) vom 21. Februar 1983 (BGBl. I 105) die Übertragung der Rentenanwartschaften rückgängig zu machen. Die Beklagte lehnte das durch Bescheid vom 28. August 1984 ab. Die genannte Vorschrift könne nur angewendet werden, wenn der aus dem Versorgungsausgleich Verpflichtete eine Versorgung erhalte. Der Kläger beziehe aber keine Rente. Der Widerspruch des Klägers wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 1985).

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, von dem für S. errichteten Versicherungskonto Rentenanwartschaften in Höhe von 195,70 DM monatlich, bezogen auf den 30. September 1977, auf das Versicherungskonto des Klägers zurückzuübertragen (Urteil vom 27. September 1985). Auf die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 27. Mai 1987). Alleinige Rechtsfolge des § 4 VAHRG sei es, daß die Versorgung des Verpflichteten oder seiner Hinterbliebenen nicht auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt werde. Ein Versorgungsfall sei aber beim Kläger nicht eingetreten. Die Rückgängigmachung des Versorgungsausgleichs durch Rückübertragung der vom FamG übertragenen Rentenanwartschaften sehe § 4 Abs. 1 VAHRG nicht vor. Die Rechtsnorm könne auch nicht in diesem Sinne erweiternd ausgelegt werden.

Der Kläger hat dieses Urteil mit der vom LSG zugelassenen Revision angefochten. Er rügt sinngemäß eine Verletzung des § 4 Abs. 1 VAHRG.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

  • das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen;

hilfsweise beantragt er,

  • die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Höchstfürsorglich beantragt der Kläger für den Fall, daß das Revisionsgericht die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit für den zur Entscheidung gestellten Antrag verneint, Verweisung des Rechtsstreits an das FamG M.

Die Beklagte beantragt,

  • die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet. Ihm steht ein vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit durchsetzbarer Anspruch gegen die Beklagte auf Rückübertragung der in den Versorgungsausgleich einbezogenen Rentenanwartschaften nicht zu.

Verfahren, die den Versorgungsausgleich betreffen, gehören nach § 23b Abs. 1 Nr. 7 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) zu den Familiensachen, für die bei den AGen besondere Abteilungen, die FamGe, gebildet werden. Deren Zuständigkeit betreffend den Versorgungsausgleich ist ausschließlich und zwingend, wie sich u.a. aus § 64k Abs. 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) und § 621 Abs. 1 Nr. 6 der Zivilprozeßordnung (ZPO) ergibt. Das gilt auch für etwaige Korrekturen eines Versorgungsausgleichs, soweit diese möglich sind. Derartige Änderungsmöglichkeiten betrifft § 10a VAHRG i.d.F. des Gesetzes über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs (VAwMG) vom 8. Dezember 1986 (BGBl. I 2317). In die Zuständigkeit der Sozialgerichte fallen hingegen nach § 51 Abs. 1 SGG öffentlich-rechtliche Streitigkeiten aus dem Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung über die versicherungsrechtlichen Auswirkungen der im Versorgungsausgleich rechtskräftig übertragenen Rentenanwartschaften. Hierher gehören auch die in § 4 VAHRG geregelten Auswirkungen beim Tod des Berechtigten ohne oder nach kurzem Leistungsbezug. Über Maßnahmen nach dieser Vorschrift hat der Leistungsträger gemäß § 9 Abs. 1 VAHRG auf Antrag zu entscheiden. Entsprechende Verwaltungsakte von Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung können dann ggf. vor den SGen angefochten werden (vgl. BT-Drucks. 9/2296 S. 15 zu § 9 Abs. 1).

Soweit der Kläger sein Begehren aus § 4 Abs. 1 VAHRG herleiten will und die Beklagte darüber einen ablehnenden Bescheid erteilt hat, ist von den Vorinstanzen zutreffend die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit bejaht worden. In der Sache vermochte der Senat dem Kläger und seinen Argumenten in der Revisionsbegründung nicht zu folgen.

Zwar ist - wie in § 4 Abs. 1 VAHRG vorausgesetzt wird - der Versorgungsausgleich durchgeführt worden. Auch hat die frühere Ehefrau des Klägers, die Berechtigte, keine Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht erhalten. In der genannten Vorschrift ist aber kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung auf Rückübertragung von solchen Anrechten begründet worden. Vielmehr wird - sofern die erwähnten Voraussetzungen erfüllt sind - „die Versorgung des Verpflichteten ... nicht auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt“. Schon der Wortlaut der zitierten Vorschrift spricht also gegen das Begehren des Klägers.

Die Systematik der Härteregelung im VAHRG unterscheidet zwischen zwei Gruppen von Regelungen: Die eine Gruppe betrifft die Entscheidung des FamGs über den Versorgungsausgleich, die andere läßt diese Entscheidung selbst unberührt und beseitigt Härten in den Auswirkungen des durchgeführten Versorgungsausgleichs. In der ersten Gruppe können rechtskräftige Entscheidungen des FamGs unter den Voraussetzungen des § 10a VAHRG abgeändert werden. Bei den Regelungen, die die Auswirkungen des Versorgungsausgleichs - hier auf Renten in den §§ 1304a und b der Reichsversicherungsordnung (RVO) - betreffen, sind wiederum zwei Untergruppen vorhanden: Zum einen ist in den §§ 4 und 5 VAHRG bestimmt, wann die in § 1304a Abs. 4 RVO vorgeschriebene Minderung der Renten zu unterbleiben hat; zum anderen sind nach den §§ 1304b Abs. 1 und 1304a Abs. 6 RVO entrichtete Beiträge gemäß §§ 7 und 8 VAHRG zurückzuzahlen.

Die §§ 4 bis 10 VAHRG lassen die Entscheidung des FamG über den Versorgungsausgleich unverändert bestehen. Grundsätzlich unterbleibt, wenn es gilt, Härten zu vermeiden, die Minderung der Rente (§§ 4, 5 VAHRG). Nur dann, wenn der Träger der Rentenversicherung aufgrund des Versorgungsausgleichs Geldbeträge erhalten hat, sind diese nach den §§ 7, 8 VAHRG zurückzuzahlen. Eine Rentengewährung setzt notwendigerweise voraus, daß der entsprechende Versicherungsfall eingetreten ist, und erst dann kann die nun zu zahlende Rente gemindert oder gekürzt werden. Dort setzt die Korrektur von Härten in § 4 VAHRG an. Vorher wirkt sich keine Härte aus. Die Vorschrift sieht keine Entscheidung des Versicherungsträgers vor Eintritt des Versicherungsfalles vor.

Auch aus dem Sinn und Zweck des § 4 VAHRG oder aus sonstigen Gesichtspunkten läßt sich ein anderes Ergebnis nicht herleiten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, daß es hier ausschließlich um etwaige Ansprüche gegen den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geht. Der Kläger beruft sich auf die Ausführungen des LSG Baden-Württemberg im Urteil vom 15. Juli 1985 - Aktenzeichen L 9 J 2883/84 -. Darin heißt es, die Regelung des § 4 VAHRG gehe davon aus, daß vor der unterbliebenen Kürzung eine Rückübertragung der im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Anwartschaften erfolge. Dieser Argumentation vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Die Rente des aus dem Versorgungsausgleich Verpflichteten wird zunächst anhand aller für ihn anrechnungsfähigen Versicherungszeiten i.S. des § 1250 RVO, wozu auch die im Versorgungsausgleich ausgeglichenen gehören, errechnet. Der so ermittelte Jahresbetrag der Rente (§§ 1253, 1254 RVO) wird dann gemäß § 1304a Abs. 4 Satz 1 RVO um den Betrag gemindert, dem Werteinheiten der im Versorgungsausgleich übertragenen Anwartschaften entsprechen. Folglich sind dem Träger der Rentenversicherung, bei dem das Konto des Ausgleichspflichtigen geführt wird, dessen sämtliche Versicherungszeiten bekannt, die im übrigen auch zu einer Rentenberechnung benötigt werden. Der Gesetzgeber konnte sich daher beim Härteausgleich nach dem VAHRG die - überflüssige - Rückübertragung von Rentenanwartschaften ersparen, weil alle Berechnungsgrößen ohnehin beim Träger der dem Ausgleichspflichtigen zu gewährenden Rente vorhanden sind und berücksichtigt werden müssen. Daher ist die häufig zu findende Bezeichnung „Rückausgleich“ unpräzise, weil nach § 4 Abs. 1 VAHRG lediglich der Berechnungsvorgang dort beendet wird, wo nach § 1304a Abs. 4 Satz 1 RVO die Minderung der Rente um die im Versorgungsausgleich übertragenen Anwartschaften hätte einsetzen müssen. Alles andere würde den Bereich der Rentenberechnung, für den die Beklagte zuständig ist, überschreiten und den Versorgungsausgleich selbst betreffen, der vor das FamG gehört.

Nach den §§ 7 und 8 VAHRG sind zwar auf Grund des Versorgungsausgleichs geleistete Beiträge und ein aus diesem Grunde gezahlter Kapitalbetrag zurückzuzahlen. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, § 4 VAHRG sei lückenhaft und müsse in entsprechender Weise ausgefüllt werden. Bei Anwendung der §§ 7 und 8 VAHRG sind wegen des Versorgungsausgleichs von dem daraus Verpflichteten Geldbeträge gezahlt worden, die er erstattet bekommt. Da im Falle des § 4 VAHRG die Benachteiligung durch Wegfall der Kürzung unterbleibt, ist keine Lücke im Gesetz darin zu erblicken, daß der Gesetzgeber den überflüssigen Verwaltungsaufwand einer Rückübertragung unterlassen hat. Der Kläger irrt auch mit seiner Meinung, im Falle einer weiteren Ehescheidung müsse der dann durchzuführende Versorgungsausgleich wegen des vorangegangenen notwendigerweise falsch sein. Bei den dann auszugleichenden Anwartschaften handelt es sich um Zeiten, die während der neuen Ehe zurückgelegt sind. Im übrigen hat bei der Berechnung des fiktiven Ruhegeldes - soweit ggf. von Bedeutung - die Kürzung aufgrund des vorangegangenen Versorgungsausgleichs zu unterbleiben.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in mehreren Entscheidungen eine Verfassungswidrigkeit des § 4 Abs. 2 VAHRG verneint (vgl. BSG in SozR 5795 § 4 Nr. 4 m.w.N.). Das gilt in gleicher Weise für Abs. 1 dieser Vorschrift. Schließlich ist auch die Tatsache, daß nach § 13 Abs. 2 VAHRG i.d.F. des VawMG vom 8. Dezember 1986 die hier maßgebende gesetzliche Regelung am 31. Dezember 1994 außer Kraft treten soll, nicht geeignet, das Klagebegehren des Klägers zu rechtfertigen. Die Befristung hat den Sinn, verläßliche Erkenntnisse darüber zu gewinnen, in welchem Maße die in den §§ 4 bis 8 VAHRG vorgesehenen Erleichterungen die öffentlichen Haushalte und die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung belasten (vgl. BT-Drucks. 10/5447 Seite 9). Auch nach diesem Zeitpunkt gilt der Auftrag des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 28. Februar 1980 (SozR 7610 § 1587 Nr. 1) fort, wonach der Gesetzgeber gehalten ist, Härten durch den Versorgungsausgleich zu beseitigen. Schon bei der Begründung der ersten Fassung des VAHRG ist erklärt worden, die Befristung bedeute nicht, daß die neuen Ausgleichsformen über das Ende der Geltungsdauer hinaus keine Bedeutung haben würden (BT-Drucks. 9/2296 Seite 10).

Dem Hilfsantrag des Klägers, den Rechtsstreit an das FamG zu verweisen, kann nicht entsprochen werden. Sind für einen Klageanspruch mehrere selbständige Begründungen gegeben worden und ist für einen Rechtsgrund der Sozialrechtsweg - wie im Falle des Klägers - eröffnet, so ist die Verweisung unzulässig (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 52 Rz 8 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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