Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

1 RA 132/60

Aus den Gründen

Der Kläger bezieht seit 1958 ein Altersruhegeld aus der RentV der Angestellten. Unter seinen Beiträgen, die zur Rentenbewilligung geführt haben, befinden sich 12 Pflichtbeiträge, die von seinem Arbeitgeber 1928 für das Jahr 1923 nachentrichtet worden sind. Die Beteiligten streiten darüber, ob diese Beiträge bei der Ermittlung der „für den Versicherten maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage“ zu berücksichtigen sind oder nicht. Die Beklagte rechnet Beiträge dieser Art bei der Berechnung der persönlichen Bemessungsgrundlage an und beruft sich dafür auf die Vorschrift in § 32 Abs. 7 AVG. Der Kläger möchte diese Beiträge, gestützt auf § 32 Abs. 3a AVG, unberücksichtigt wissen; dadurch würde seine persönliche Rentenbemessungsgrundlage günstiger und sein Ruhegeld höher. Das SG schloß sich im Ergebnis der Auffassung des Klägers an und verpflichtete die Beklagte zu einer entsprechenden Änderung ihres Bewilligungsbescheids. Das LSG hob auf die Berufung der Beklagten hin dieses Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Revision des Klägers ist begründet.

Der VersFall, auf dem das Ruhegeld des Klägers beruht, ist 1958 eingetreten. Das Ruhegeld ist daher nach den Vorschriften des AnVNG festzustellen (Art. 2 § 6 AnVNG). Nach der Rentenformel dieses Gesetzes wird die Höhe eines Ruhegeldes neben anderen Faktoren durch das Verhältnis bestimmt, in dem während der Beitragszeiten der Bruttoarbeitsentgelt des Versicherten zu dem durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt aller Versicherten der RentVen gestanden hat (§ 32 Abs. 1 AVG n.F.). Wie dieses Verhältnis zu ermitteln ist, ist im Gesetz selbst näher festgelegt. Danach wird für Zeiten, für die - wie beim Kläger - Beiträge nach Beitragsklassen entrichtet sind, die Zahl der Beiträge jeder einzelnen Klasse mit bestimmten, nach Zeiträumen unterschiedenen Faktoren vervielfältigt, die in einer zum Gesetz gehörenden Tabelle angegeben sind (§ 32 Abs. 3a AVG n.F. mit der als Anl. 1 bezeichneten Tabelle). Für Beiträge, die für die Zeit vom 01.08.1921 bis zum 31.12.1923 entrichtet worden sind, enthält die Tabelle keine Vervielfältigungsfaktoren. Beiträge, die für das Jahr 1923 gelten sollen, können also nicht mit einem gesetzlichen Faktor vervielfältigt und daher bei der Feststellung der maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage nicht berücksichtigt werden. Das ergibt sich aus der Wortfassung dieser Vorschrift und entspricht auch der vom Gesetz gewählten Methode der Rentenberechnung. Für die Inflationsjahre lassen sich wegen des von Tag zu Tag sich ändernden Geldwerts weder für längere noch für kürzere Zeitabschnitte verbindliche durchschnittliche Arbeitsentgelte aller Versicherten angeben noch spiegeln die damals entrichteten Beiträge den wirklichen Arbeitsentgelt des einzelnen Versicherten wider. Für diese Zeit fehlt es an Werten, deren Verhältnis zueinander nach § 32 Abs. 1 AVG für die Rentenberechnung maßgebend sein soll; aus diesem Grunde enthält die Anlage 1 zu § 32 AVG auch keine Faktoren für die Inflationsjahre.

Aber auch Beiträge in fester Währung, die nachträglich für Zeiten der Inflation entrichtet worden sind, können bei der neuen Rentenformel nicht berücksichtigt werden. Die Beitragsklassen, in denen sie entrichtet worden sind, entsprechen Arbeitsentgelten, die in der neuen Währung erdient wurden, beziehen sich aber nicht auf den Arbeitsentgelt des Versicherten in den Inflationsjahren. Die Faktoren, die für solche Beiträge in die Anl. 1 zu § 32 AVG aufgenommen worden sind, beruhen auf dem Verhältnis des der Beitragsklasse entsprechenden Entgelts neuer Währung zu dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt neuer Währung aller Versicherten in den einzelnen Zeiträumen nach der Inflation. Sie sind also für die Bewertung der Inflationsjahre unbrauchbar. Die für die Inflationsjahre nachentrichteten Beiträge neuer Währung müssen deswegen bei der Rentenberechnung nach der neuen Rentenformel außer Betracht bleiben (im Ergebnis ebenso: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 6. Aufl., S. 702 a; Jantz / Zweng, Das neue Recht der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten S. 108/109).

Diesem Ergebnis steht § 32 Abs. 7 AVG n.F. nicht entgegen, wie die Beklagte und das LSG irrtümlich annehmen. Nach dieser Vorschrift bleiben „bei der Anwendung der Absätze 1 und 3“ des § 32 AVG n.F. Beiträge unberücksichtigt, die in der Zeit vom 01.08.1921 bis zum 31.12.1923 entrichtet worden sind. Abs. 7 verweist ausdrücklich auf den im vorliegenden Rechtsstreit in Betracht kommenden Abs. 3 und schreibt vor, daß „bei dessen Anwendung“ Beiträge, die „in“ der Inflationszeit geleistet worden sind, außer acht zulassen sind. Die Vorschriften im Abs. 3 stellen also die Grundregeln dar, nach denen zur Ermittlung des Entgeltverhältnisses zu verfahren ist; sie werden durch die Vorschrift in Abs. 7 ergänzt für den Fall, daß Beiträge, die in der Inflationszeit entrichtet sind, vorliegen. Diese Beiträge scheiden kraft positiver gesetzlicher Anordnung in jedem Fall bei der Ermittlung der maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage aus, und zwar gerade dann, wenn sie für Zeiten außerhalb der Inflation gelten sollen. Für diese Zeiten sind - wie schon ausgeführt - in der Anlage 1 zu § 32 AVG Faktoren festgesetzt, die auf dem Verhältnis der den Beitragsklassen entsprechenden Arbeitsentgelte zu dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt aller Versicherten in den einzelnen Zeiträumen beruhen. Die in der Inflationszeit entrichteten Beiträge haben aber mit den den Beitragsklassen außerhalb der Inflation entsprechenden Arbeitsentgelten nichts zu tun. Deswegen mußten solche Beiträge für die Rentenberechnung nach der neuen Rentenformel ausgeschlossen werden (§ 32 Abs. 7 AVG). Aus diesem Ausschluß ergibt sich aber nichts für die Bewertung der Beiträge, die für die Inflationsjahre nachträglich in neuer Währung entrichtet worden sind. Deren Ausschluß ergibt sich vielmehr schon aus der Anl. 1 zu § 32 AVG und der Methode, nach der deren Werte ermittelt worden sind. Danach müssen die für den Kläger 1928 für das Jahr 1923 entrichteten Pflichtbeiträge bei der Ermittlung der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage unberücksichtigt bleiben.

Diese Beiträge haben Bedeutung für die Berechnung der Rente nach der alten Rentenformel, also etwa auch für die Vergleichsberechnung nach Art. 2 § 41 AnVNG. Nach der alten Formel entsprach jedem Beitrag ein bestimmter Steigerungsbetrag. Das alte Recht mußte davon jeden Beitrag berücksichtigen, der einem festen Wert entsprach. Weil aber die Beiträge der Inflationsjahre keinen sicheren Wert repräsentieren, mußten sie auch nach der alten Rentenformel unberücksichtigt bleiben (§ 36 Abs. 3 Satz 3 AVG a.F.). Aus der Ähnlichkeit der Vorschriften des § 36 Abs. 3 Satz 3 AVG a.F. und des § 32 Abs. 7 AVG n.F. lassen sich aber keine Schlüsse auf die Handhabung der neuen Rentenformel ziehen, denn das Verhältnis eines Beitrags zum Steigerungsbetrag beruht auf anderen Grundlagen als das Verhältnis des individuellen Arbeitsentgelts zum durchschnittlichen Arbeitsentgelt aller Versicherten.

Zusatzinformationen