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§ 199 SGG: Vollstreckungstitel, Aussetzung der Vollstreckung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Dokumentdaten
Stand24.08.2015
Erstellungsgrundlage in der Fassung des 6. SGG-ÄndG vom 17.08.2001 in Kraft getreten am 02.01.2002
Rechtsgrundlage

§ 199 SGG

Version001.01

Inhalt der Regelung

§ 199 SGG enthält Sondervorschriften hinsichtlich der Durchführung der Zwangsvollstreckung. Die Sondervorschriften betreffen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung und die Aussetzung des Vollstreckungsverfahrens im Rechtsmittelverfahren durch einstweilige Anordnung.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Aufschiebende Wirkung der Berufung

Vollstreckungstitel (§ 199 Abs. 1 SGG)

Die Zwangsvollstreckung setzt das Vorhandensein eines vollstreckbaren Schuldtitels - eines sogenannten Vollstreckungstitels - voraus. In der Praxis ergibt sich nur selten die Notwendigkeit einer Zwangsvollstreckung, da die Rentenversicherungsträger regelmäßig ihren Verpflichtungen zur Umsetzung sie belastender Gerichtsentscheidungen nachkommen.

Die Vollstreckungstitel werden in § 199 Abs. 1 SGG abschließend aufgezählt:

  • gerichtliche Entscheidungen (siehe Abschnitt 2.1),
  • einstweilige Anordnungen (siehe Abschnitt 2.2),
  • Anerkenntnisse und gerichtliche Vergleiche (siehe Abschnitt 2.3),
  • Kostenfestsetzungsbeschlüsse (siehe Abschnitt 2.4),
  • Vollstreckungsbescheide (siehe Abschnitt 2.5).

§ 199 Abs. 1 SGG stellt damit eine Sonderregelung zu den §§ 704, 722, 723 und 794 ZPO dar, die nach § 198 Abs. 1 SGG keine Anwendung finden.

Gerichtliche Entscheidungen (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 SGG)

Zu den gerichtlichen Entscheidungen im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 SGG gehören alle Arten von Urteilen, insbesondere

  • Endurteile (einschließlich Teilurteile) gemäß § 125 SGG sowie
  • Grundurteile (§ 130 SGG),
  • Beschlüsse (§ 142 SGG) und
  • Gerichtsbescheide (§ 105 SGG - Ausnahme: Wird nach Erlass des Gerichtsbescheides der Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt, kann nicht mehr vollstreckt werden. Der Gerichtsbescheid gilt dann als nicht ergangen.).

Vollstreckt werden kann aus diesen gerichtlichen Entscheidungen aber nur dann, wenn sie einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben. Das ist immer dann der Fall, wenn

  • die Entscheidung auf ein bestimmtes Verhalten, beispielsweise die Zahlung einer Leistung (sogenannte. „Leistungsurteile“ - zum Beispiel Zahlung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit) oder
  • die Gewährung einer Dienst- oder Sachleistung (zum Beispiel Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben), gerichtet ist.

Nicht vollstreckungsfähig sind dagegen sogenannte „Gestaltungsurteile“ und „Feststellungsurteile“. Diese Urteile entfalten ihre Wirkung (Rechtsfolge) unmittelbar. So lebt beispielsweise der „alte“ Rentenbescheid wieder auf, wenn das Gericht den angefochtenen Rentenentziehungsbescheid antragsgemäß aufhebt (siehe GRA zu § 154 SGG, Abschnitt 2).

Eine Vollstreckung ist ebenfalls nicht möglich, wenn der Rentenversicherungsträger die Entscheidung mit einem Rechtsmittel anficht und dieses aufschiebende Wirkung hat.

Einstweilige Anordnung (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 SGG)

Das Gericht kann gemäß § 86b Abs. 2 SGG (siehe GRA zu § 86b SGG) auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen. Aus dieser einstweiligen Anordnung kann der Antragsteller vollstrecken lassen.

Anerkenntnis und gerichtlicher Vergleich (§ 199 Abs. 1 Nr. 3 SGG)

Das angenommene Anerkenntnis (§ 101 Abs. 2 SGG, siehe GRA zu § 101 SGG) erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache, daraus kann unmittelbar vollstreckt werden. Nimmt der Kläger das Anerkenntnis hingegen nicht an, ergeht ein Anerkenntnisurteil.

Der vor einem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit abgeschlossene Vergleich (§ 101 Abs. 1 SGG, siehe GRA zu § 101 SGG) ist ein Vollstreckungstitel, ein außergerichtlicher Vergleich hingegen nur dann, wenn es sich um einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag in Form eines Beschlusses handelt (siehe GRA zu § 101 SGG, Abschnitt 2.2).

Kostenfestsetzungsbeschluss (§ 199 Abs. 1 Nr. 4 SGG)

Aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss (§ 197 SGG) kann vollstreckt werden.

Vollstreckungsbescheid (§ 199 Abs. 1 Nr. 5 SGG)

Diese Vorschrift spielt in der Praxis des RV-Trägers keine Rolle.

Aussetzung der Vollstreckung bei Rechtsmitteln ohne aufschiebende Wirkung (§ 199 Abs. 2 SGG)

Als Ausgleich, dass die Vollstreckung aus einer nicht rechtskräftigen Entscheidung betrieben werden kann, besteht nach § 199 Abs. 2 SGG die Möglichkeit, die Vollstreckung im Rechtsmittelverfahren durch einstweilige Anordnung auszusetzen (Jansen SGG, § 199, Rdnr. 20).

Für die Träger der Rentenversicherung ist dies von Bedeutung, wenn sie zum Beispiel zur Gewährung einer Rente verurteilt wurden. Die Berufung gegen ein derartiges Urteil bewirkt (nur) für die Zeit bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung aufschiebende Wirkung (siehe GRA zu § 154 SGG, Abschnitt 2). Für die Zeit ab Erlass der angefochtenen Entscheidung kann ein Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung gestellt werden.

Der Antrag ist an keine Frist gebunden, wird jedoch regelmäßig mit der Begründung des Rechtsmittels gestellt. Eine Begründung ist erforderlich. Die Rechtsprechung zur „Qualität“ der Begründung ist durchaus kritisch. Es reicht nicht aus, wenn in der Begründung pauschal behauptet wird, es bestehe die Gefahr, dass aufgrund der vorläufigen Urteilsausführung zu Unrecht gezahlte Leistungen nicht zurückgefordert werden könnten (Beschluss des Bayerischen LSG vom 02.07.2009, AZ: L 19 R 518/09 ER).

Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung

Der Vorsitzende des Rechtsmittelgerichts entscheidet über den Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung durch Beschluss. Die Anordnung der Aussetzung der Vollstreckung ist unanfechtbar, sie kann aber jederzeit aufgehoben beziehungsweise abgeändert werden (§ 199 Abs. 2 Satz 3 SGG).

Auch der Beschluss eines LSG über die Ablehnung der Aussetzung der Vollstreckung ist unanfechtbar (§ 177 SGG). In einem derartigen Fall hat der Rentenversicherungsträger die angefochtene Gerichtsentscheidung (auch) für die Zeit ab Erlass vorläufig auszuführen (siehe GRA zu § 154 SGG, Abschnitt 3.1).

Wirkung der Aussetzung

Die Anordnung der Aussetzung ist „einstweilig“. Sie wird hinfällig, sobald der Rechtsstreit erledigt ist oder über das Rechtsmittel gegen die angefochtene Gerichtsentscheidung entschieden wurde.

6. SGG-ÄndG vom 17.08.2001 (BGBl. I S. 2144)

Inkrafttreten: 02.01.2002

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 14/5943

Die einstweilige Anordnung wurde als Vollstreckungstitel hinzugefügt.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 199 SGG