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§ 171 SGG: Neuer Bescheid während des Revisionsverfahrens

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Dokumentdaten
Stand17.08.2015
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011 in Kraft getreten am 01.01.2012
Rechtsgrundlage

§ 171 SGG

Version002.00
Schlüsselwörter
  • 0601

  • 0603

  • 0610

  • 0615

  • 0616

  • 0620

  • 0624

  • 0739

Inhalt der Regelung

§ 171 SGG enthält eine Sonderregelung zu § 96 SGG für die Erteilung eines neuen Bescheides während des Revisionsverfahrens.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Die Regelung im Einzelnen

Die Vorschrift regelt im Einzelnen:

  • Wird während des Revisionsverfahrens (siehe Abschnitt 2.1)
  • der angefochtene Verwaltungsakt (siehe Abschnitt 2.2)
  • durch einen neuen abgeändert oder ersetzt (siehe Abschnitt 2.3),
  • so gilt der neue Verwaltungsakt als mit der Klage beim Sozialgericht angefochten (siehe Abschnitt 2.4),
  • es sei denn, dass der Kläger durch den neuen Verwaltungsakt klaglos gestellt (siehe Abschnitt 2.5)
  • oder dem Klageverfahren durch die Entscheidung des Revisionsgerichts zum ersten Verwaltungsakt in vollem Umfang genügt wird (siehe Abschnitt 2.6).

Revisionsverfahren

Mit Revisionsverfahren (also dem Rechtsmittelverfahren beim BSG) ist in § 171 SGG neben der Revision (§ 160 SGG) auch

Für die Anwendung des § 171 SGG kommt es nicht darauf an, ob das Rechtsmittel zum BSG zulässig ist. Es ist auch nicht von Bedeutung, welcher der Beteiligten (§ 69 SGG) die Revision eingelegt hat.

Verwaltungsakt (§ 31 SGB X, § 54 SGG)

Hier gilt die in § 31 Satz 1 SGB X enthaltene Definition des Verwaltungsaktes (siehe GRA zu § 31 SGB X, Abschnitt 3).

Abänderung und Ersetzung

Hier gilt das in der GRA zu § 96 SGG unter Abschnitt 2 Gesagte. Diese Prüfung erfolgt im Zeitpunkt der Erteilung des neuen Bescheides.

Ein Bescheid, der den angefochtenen Bescheid weder abändert noch ersetzt, fällt nicht unter § 171 SGG (BSG vom 14.07.2004, AZ: B 12 KR 10/02 R).

Ein Bescheid, der den angefochtenen Bescheid zwar aufhebt, aber die gleiche Rechtsfolge nur mit neuer rechtlicher Begründung ausspricht, fällt nicht unter § 171 SGG; er ist vom Revisionsgericht nachzuprüfen (BSG vom 20.09.1961, AZ: 7 RAr 28/58, SozR Nr. 3 zu § 171 SGG).

Neuer Verwaltungsakt gilt vor dem Sozialgericht als angefochten

Dem BSG ist es entsprechend dem Wesen der Revision verwehrt, Bescheide, die während des Revisionsverfahrens erteilt worden sind, in tatsächlicher Hinsicht zu prüfen (§§ 162, 163 SGG). Um diese Nachprüfung in tatsächlicher Hinsicht gewähren zu können, sieht § 171 SGG abweichend von §§ 96, 153 Abs. 1 SGG (GRA zu § 96 SGG) vor, dass ein während des Revisionsverfahrens ergangener Bescheid als mit der Klage beim Sozialgericht angefochten gilt.

§ 171 SGG ist somit im Ergebnis eine Schutzvorschrift, die den Kläger vor Rechtsnachteilen infolge der Unterlassung weiterer prozessrechtlicher Schritte hinsichtlich im Revisionsverfahren erteilter Bescheide bewahren soll.

Neuer Bescheid stellt Kläger klaglos

§ 171 SGG findet keine Anwendung, wenn der erteilte Bescheid den Kläger klaglos stellt, das heißt die Beschwer vollständig beseitigt worden ist (BSG vom 25.03.1997, AZ: 4 RA 40/95, DAngVers. 7/98, S. 256). Diese Prüfung erfolgt im Zeitpunkt der Erteilung des neuen Bescheides. Das Revisionsverfahren wird dann in der Regel durch Klagerücknahme beziehungsweise durch Erledigung in der Hauptsache abgeschlossen.

Entscheidung des BSG genügt Klagebegehren in vollem Umfang

§ 171 findet keine Anwendung, wenn dem Klagebegehren durch die Entscheidung des BSG zum ersten Verwaltungsakt in vollem Umfang genügt wird. In einem derartigen Fall fehlt es an der Beschwer als Voraussetzung für die (weitere) Inanspruchnahme von Rechtsschutz (Fichte in Breitkreuz/Fichte, § 171, Rdnr. 13).

Rechtslage nach Revisionserledigung

Bei der Entscheidung des BSG über die Revision kommt es für den während des Verfahrens ergangenen Bescheid darauf an, ob der Kläger im Revisonsverfahren

  • nur teilweise durchgedrungen ist (Abschnitt 3.1),
  • voll durchgedrungen ist (Abschnitt 3.2) oder
  • der Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen wurde (Abschnitt 3.3).

Der Kläger dringt im Revisionsverfahren teilweise durch

Die Rechtshängigkeit beim Sozialgericht eines während des Revisionsverfahrens nach § 171 SGG erteilten Bescheides bleibt nach Abschluss des BSG-Verfahrens bestehen, sofern der Kläger mit seinem Begehren in der Revisionsinstanz zum ersten Bescheid nicht voll durchdringt. Ist dies der Fall, wird das Klageverfahren in der üblichen Weise fortgesetzt.

Der Kläger dringt im Revisionsverfahren voll durch

Dringt der Kläger mit seinem Begehren in der Revisionsinstanz voll durch, wird hierdurch gleichzeitig die zunächst beim Sozialgericht eingetretene Rechtshängigkeit (§ 94 SGG) rückwirkend beseitigt, es sei denn, dass ausdrücklich gegen den neuen Bescheid deswegen Klage erhoben wurde, weil dieser neue Bescheid weitergehende Ansprüche regelt.

Zurückverweisung des Rechtsstreites an das LSG

Ist während des Revisionsverfahrens ein neuer Bescheid erteilt worden, der gemäß § 171 SGG als mit der Klage beim Sozialgericht angefochten gilt, so ist im Falle einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG dieser Bescheid so zu behandeln, als wenn er während des Berufungsverfahrens erlassen worden wäre, das heißt also, dass dieser Bescheid Gegenstand des wieder rechtshängigen Berufungsverfahrens wird (BSG vom 06.05.2010, AZ: B 13 R 118/08 R; BSG vom 09.08.1995, AZ: 13 RJ 25/94, SozR 3-5070 § 20 Nr. 6). Dies gilt auch, wenn der neue Bescheid ausdrücklich mit der Klage angefochten worden ist. Das Sozialgericht ist auf die Rechtshängigkeit beim LSG hinzuweisen.

Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl. I.S. 3057)
Inkrafttreten: 01.01.2012

Bis zum 31.12.2011 enthielt der ursprüngliche Absatz 1 eine Sonderregelung zu § 60 SGG (Richterablehnung).

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 171 SGG