§ 43 FamFG: Ergänzung des Beschlusses
veröffentlicht am |
02.12.2019 |
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Änderung | Neu aufgenommen |
Stand | 14.11.2019 |
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Erstellungsgrundlage | in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) vom 17.12.2008 in Kraft getreten am 01.09.2009 |
Rechtsgrundlage | |
Version | 002.00 |
- Inhalt der Regelung
- Allgemeines
- Beschlussergänzung auf Antrag (Absatz 1)
- Antragsfrist (Absatz 2)
- Ergänzung nach § 43 FamFG und gesetzliche Rentenversicherung
Inhalt der Regelung
§ 43 FamFG regelt, unter welchen Bedingungen ein Beschluss nachträglich ergänzt werden kann.
Ein Beschluss ist nach Absatz 1 auf Antrag nachträglich zu ergänzen, wenn ein Verfahrensantrag eines Beteiligten ganz oder teilweise übergangen wurde oder die Kostenentscheidung unterblieben ist.
Nach Absatz 2 muss die nachträgliche Entscheidung binnen einer Frist von zwei Wochen, die mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses beginnt, beantragt werden.
Ergänzende/korrespondierende Regelungen
Im Zusammenhang mit § 43 FamFG sind folgende Vorschriften von Bedeutung:
- § 23 FamFG (Verfahrenseinleitender Antrag),
- § 24 FamFG (Anregung des Verfahrens),
- § 38 FamFG (Entscheidung durch Beschluss) sowie
- § 41 FamFG (Bekanntgabe des Beschlusses).
Allgemeines
Die Anwendung des § 43 FamFG ist begrenzt und dient lediglich der Schließung von Entscheidungslücken. Diese entstehen, wenn das Familiengericht unbeabsichtigt keine Entscheidung über einen Teil des beantragten Verfahrensgegenstands oder eine gesetzlich vorgesehene Nebenentscheidung getroffen hat. Zu den gesetzlich vorgesehenen Nebenentscheidungen gehört in Familiensachen nach § 111 FamFG stets die Kostenentscheidung (§ 81 Abs. 1 S. 3 FamFG).
Die Beurteilung, ob eine Entscheidungslücke im Sinne des § 43 FamFG gegeben ist, ergibt sich immer aus der Gesamtschau von Entscheidungsformel und Begründung. Sie muss für die Beteiligten – jedenfalls unter Heranziehung der Akten – eindeutig sein.
Ist lediglich der Ausspruch einer nach den Gründen zu treffenden Entscheidung unterblieben oder wurde in der Beschlussformel eine Entscheidung getroffen, zu der in den Gründen keine Ausführungen erfolgten, liegt kein Fall der Ergänzung nach § 43 FamFG vor. Hier kommt vielmehr eine Berichtigung nach § 42 FamFG in Betracht (siehe GRA zu § 42 FamFG).
Hat das Gericht über einen Teil des Verfahrensgegenstands bewusst nicht entschieden oder lediglich eine zulässige Teilentscheidung getroffen, kommt eine Ergänzung nach § 43 VersAusglG nicht in Betracht. Solche Entscheidungen sind nur mit dem jeweils statthaften Rechtsmittel anfechtbar (BGH vom 06.03.2014, AZ: V ZB 17/14).
Wie bei der Berichtigung nach § 42 FamFG ist mit der Ergänzung nach § 43 FamFG keine Korrektur einer fehlerhaften Rechtsanwendung möglich.
Der Antrag auf Ergänzung nach § 43 FamFG ist, anders als der Berichtigungsantrag nach § 42 FamFG, an eine Frist gebunden (siehe Abschnitt 4).
Sind die Voraussetzungen für eine Ergänzung nach § 43 FamFG gegeben, ist eine Beschwerde nach § 58 FamFG oder eine Rechtsbeschwerde nach § 70 FamFG mit dem Ziel der Ergänzung nicht zulässig. Da das Gericht über den übergangenen Antrag noch nicht entschieden hat, mangelt es für die Erhebung einer Beschwerde oder einer Rechtsbeschwerde an einer rechtlichen Beschwer (§ 59 FamFG).
Wurde ein Ergänzungsbeschluss erlassen, ist dieser gegenüber der zuvor ergangenen unvollständigen Entscheidung selbständig und kann daher – anders als ein Berichtigungsbeschluss nach § 42 FamFG – mit dem Rechtsmittel der Beschwerde beziehungsweise der Rechtsbeschwerde angefochten werden.
Nach § 113 Abs. 1 FamFG ist § 43 FamFG nicht in Ehesachen (§ 121 FamFG ff.) und in Familienstreitsachen (§ 112 FamFG) anzuwenden. Hier gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend.
Die gesetzliche Rentenversicherung ist von der Regelung des § 43 FamFG regelmäßig nicht betroffen (siehe Abschnitt 5).
Beschlussergänzung auf Antrag (Absatz 1)
Nach § 43 Abs. 1 FamFG ist ein Beschluss des Gerichts auf Antrag nachträglich zu ergänzen, wenn ein Antrag eines Beteiligten ganz oder teilweise übergangen wurde oder die Kostenentscheidung unterblieben ist.
Die Anwendung des § 43 FamFG setzt zunächst voraus, dass das Gericht über einen Antrag (§ 23 FamFG) oder eine Anregung (§ 24 FamFG) eines Beteiligten versehentlich nicht entschieden hat.
Wurde eine gebotene Kostenentscheidung versehentlich unterlassen, kann diese im Rahmen der Ergänzung nach § 43 FamFG nachgeholt werden.
Ob eine Entscheidungslücke im Sinne des § 43 Abs. 1 FamFG gegeben ist, beurteilt sich immer nach der Gesamtschau der Beschlussformel und der Begründung (siehe Abschnitt 2). Hat das Gericht eine Entscheidung bewusst nicht getroffen, scheidet eine Ergänzung nach § 43 VersAusglG von vorn herein aus. Das Gleiche gilt, wenn durch die Ergänzung die Berichtigung einer fehlerhaften Entscheidung erfolgen soll.
Liegen die Voraussetzungen für eine Ergänzung vor, kann diese innerhalb der Frist des § 43 Abs. 2 FamFG beantragt werden (siehe Abschnitt 4).
Antragsfrist (Absatz 2)
Der Antrag auf Beschlussergänzung ist nach § 43 Abs. 2 FamFG innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Bekanntgabe des Beschlusses (siehe GRA zu § 41 FamFG) zu stellen.
War jemand ohne sein Verschulden gehindert, die gesetzliche Frist einzuhalten, kann die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 17 FamFG gewährt werden.
In Verfahren, in denen Anwaltszwang besteht (siehe GRA zu § 114 FamFG), kann die Ergänzung nur durch einen Rechtsanwalt beantragt werden.
Der Antrag ist bei dem Gericht zu stellen, das den unvollständigen Beschluss erlassen hat.
Wurde kein Ergänzungsantrag gestellt, entfällt nach dem Ablauf der Ergänzungsfrist nach § 43 Abs. 2 FamFG die Anhängigkeit des Verfahrensgegenstands, über den versehentlich nicht entschieden wurde (BGH vom 06.03.2014, AZ: V ZB 205/13). Ein solcher kann dann nur noch zum Gegenstand eines erneuten Verfahrens gemacht werden.
Ergänzung nach § 43 FamFG und gesetzliche Rentenversicherung
Für die gesetzliche Rentenversicherung ist die Regelung zur Ergänzung von Beschlüssen in § 43 FamFG grundsätzlich nicht relevant. Denn die Rentenversicherungsträger stellen in Versorgungsausgleichsverfahren nur ausnahmsweise Anträge, zum Beispiel zur Abänderung einer Versorgungsausgleichsentscheidung (§§ 225, 226 FamFG) oder einer Entscheidung über die Anpassung wegen Unterhalt nach den §§ 33, 34 VersAusglG.
Diese Anträge werden von den Familiengerichten regelmäßig beschieden.
Ein Ergänzungsantrag des Rentenversicherungsträgers nach § 43 FamFG käme allenfalls dann in Betracht, wenn die Abänderung mehrerer Anrechte nach den §§ 225, 226 FamFG beantragt ist und das Familiengericht versehentlich nur über einen Teil des Antrages entschieden hat.
Darüber hinaus wäre ein Ergänzungsantrag nur denkbar, wenn das Familiengericht im Rahmen eines beantragten Scheidungsverfahrens versehentlich nicht über die Folgesache Versorgungsausgleich entscheidet und im entsprechenden Beschluss diesbezüglich auch nichts ausführt.
Für einzelne im Versorgungsausgleich vergessene Anrechte scheidet eine Ergänzung nach § 43 FamG hingegen aus.
Denn bei Entscheidungen über den Versorgungsausgleich bilden sämtliche auszugleichende Anrechte einen einheitlichen Verfahrensgegenstand (BGH vom 25.06.2014, AZ: XII ZB 410/12). Das einzelne auszugleichende Anrecht erlangt insofern keine eigenständige Verfahrensstellung. Es ist daher davon auszugehen, dass eine gerichtliche Entscheidung über den Versorgungsausgleich grundsätzlich alle ausgleichsreifen Anrechte abschließend regelt. Teilentscheidungen über den Versorgungsausgleich sind daher nur als bewusste Teilentscheidungen denkbar. Bei bewussten Teilentscheidungen scheidet die Anwendung des § 43 FamFG aber von vorn herein aus.
Wurden ausgleichsreife Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung durch eine familiengerichtliche Entscheidung nicht oder nicht vollständig ausgeglichen und enthält der entsprechende Beschluss hierzu keine Feststellungen, liegt daher ein Beschwerdegrund vor (siehe GRA zu § 58 FamFG).
Ist unklar, ob die unterbliebene Entscheidung auf einem Versehen des Gerichts oder auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung beruht, empfiehlt es sich, sowohl Beschwerde einzulegen, als auch hilfsweise die Ergänzung nach § 43 FamFG zu beantragen. Die Antragsfrist des § 43 Abs. 2 FamFG ist dabei zu beachten (siehe Abschnitt 4). Das Gericht hat dann zu entscheiden, ob es den Beschluss ergänzen kann oder ein Beschwerdeverfahren durchzuführen ist.
Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz – FGG-RG) vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586) |
Inkrafttreten: 01.09.2009 Quellen zum Entwurf: BR-Drucksache 309/07, BT-Drucksache 16/6308, 16/9733 |
Artikel 1 des FGG-RG enthält das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Die Vorschrift ist Teil dieses Gesetzes.