KVdR/PflegeV/BZ Brasilien
veröffentlicht am |
12.11.2019 |
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Änderung | Im Abschnitt 2.1 wurde ein Hinweis zur sogenannten multilateralen Vertragsanwendung aufgenommen. Die GRA wurde redaktionell überarbeitet. |
Stand | 25.06.2018 |
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Version | 001.01 |
- Deutsche gesetzliche Krankenversicherung und Pflegeversicherung
- Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI
- Krankenversicherung in Brasilien
Deutsche gesetzliche Krankenversicherung und Pflegeversicherung
Eine Pflichtmitgliedschaft in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner (KVdR) und Pflegeversicherung (PflegeV) ist bei gewöhnlichem Aufenthalt in Brasilien nicht zulässig.
Der sachliche Geltungsbereich des SVA-Brasilien erstreckt sich nicht auf die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung (siehe GRA zu Art 2 SVA-Brasilien, Abschnitt 3). Die Pflichtmitgliedschaft in der deutschen KVdR (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 bis 12 SGB V) und PflegeV (§§ 20 ff. SGB XI) beurteilt sich daher allein nach innerstaatlichem deutschen Recht. Dies sieht solche Pflichtversicherungen bei gewöhnlichem Aufenthalt in Brasilien nicht vor (siehe GRA zu §§ 5 ff. SGB V, Abschnitt 12).
Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI
Die Zahlung eines Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI ist bei gewöhnlichem Aufenthalt in Brasilien nur in bestimmten Fällen zulässig.
Das SVA-Brasilien enthält keine sich unmittelbar auf den Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI beziehende Norm. Das Abkommen kann sich jedoch bei gewöhnlichem Aufenthalt in Brasilien auswirken, und zwar durch die Gebietsgleichstellungsnorm des Art. 5 SVA-Brasilien. Dabei ist zwischen von der Gebietsgleichstellung erfassten Personen (siehe Abschnitt 2) und nicht erfassten Personen (siehe Abschnitt 2.2) zu unterscheiden.
Von der Gebietsgleichstellung erfasste Personen
Aufgrund der Gebietsgleichstellung nach Art. 5 SVA-Brasilien ist die Bestimmung des § 111 Abs. 2 SGB VI auf deutsche und brasilianische Staatsangehörige, Flüchtlinge, Staatenlose, Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats der EU, des EWR oder der Schweiz sowie Hinterbliebene der vorgenannten Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Brasilien haben, nicht anzuwenden (siehe GRA zu Art. 5 SVA-Brasilien, Abschnitt 2 und 5 sowie GRA zu Art. 3 Buchst. a und b SVA-Brasilien und Nr. 4 SP zum SVA-Brasilien).
Bei den Hinterbliebenen der oben angeführten Personen gilt die Gebietsgleichstellungsnorm nur für die Zahlung eines Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI zu einer Hinterbliebenenrente. Beziehen die Hinterbliebenen auch eine eigene deutsche Versichertenrente, können sie hierzu einen Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI nur erhalten, wenn sie selbst deutsche oder brasilianische Staatsangehörige, Flüchtlinge, Staatenlose oder Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU, des EWR oder der Schweiz sind.
Den vorgenannten Rentnern kann somit bei gewöhnlichem Aufenthalt in Brasilien ein Zuschuss nach § 106 SGB VI gezahlt werden, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind.
Hierbei ist in Bezug auf Brasilien Folgendes zu beachten:
- Es ist unbeachtlich, ob der Anspruch auf deutsche Rente bereits innerstaatlich, unter Anwendung des SVA-Brasilien oder eines anderen multi- oder bilateralen Abkommens besteht. Die Erfüllung der Voraussetzungen für die Zahlung des Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI ist getrennt von der Frage der Erfüllung der Voraussetzungen für den Rentenanspruch zu beurteilen. Die Anwendung abweichender über- oder zwischenstaatlicher Rechtsvorschriften zur Erfüllung des Rentenanspruchs einerseits und zur Zahlung des Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI andererseits stellt keinen Verstoß gegen das Verbot der multilateralen Vertragsanwendung des Art. 2 Abs. 2 SVA-Brasilien dar (siehe GRA zu § 106 SGB VI, Abschnitt 9.1).
- In Brasilien besteht eine gesetzliche Pflichtkrankenversicherung (siehe Abschnitt 3). Sie stellt seit dem 01.05.2007 eine den Zuschuss ausschließende ausländische gesetzliche Pflichtkrankenversicherung dar (siehe GRA zu § 106 SGB VI, Abschnitt 5.2), sofern nicht die Besitzstandsregelung des § 315 Abs. 4 SGB VI (siehe GRA zu § 315 SGB VI, Abschnitt 5) anzuwenden ist.
- Eine private brasilianische Krankenversicherung stellt keine zuschussfähige Krankenversicherung im Sinne des § 106 SGB VI dar (siehe GRA zu § 106 SGB VI, Abschnitt 4.3).
- Eine freiwillige Versicherung in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung dürfte bei gewöhnlichem Aufenthalt in Brasilien nicht anzutreffen sein, weil dies nach § 3 SGB IV nicht zulässig ist. Darüber hinaus wäre auch hier zu beachten, dass eine brasilianische Pflichtkrankenversicherung den Anspruch auf Zuschuss ausschließt.
- Eine private Krankenversicherung, die der deutschen Aufsicht oder der Aufsicht eines anderen Mitgliedstaates der EU, des EWR oder der Schweiz unterliegt, stellt grundsätzlich eine zuschussfähige Krankenversicherung im Sinne des § 106 SGB VI dar. Der zuvor angegebene Ausschlussgrund durch die brasilianische Pflichtkrankenversicherung ist jedoch zu beachten.
Weitere Einzelheiten zu den Voraussetzungen des § 106 SGB VI sind der GRA zu § 106 SGB VI zu entnehmen.
Nicht von der Gebietsgleichstellung erfasste Personen
Auf Rentenbezieher mit gewöhnlichem Aufenthalt in Brasilien, die von der Gebietsgleichstellungsnorm des Art. 5 SVA-Brasilien nicht erfasst werden (beispielsweise argentinische Staatsangehörige), ist die Ausschlussnorm des § 111 Abs. 2 SGB VI anzuwenden. Diese Personen haben damit bei gewöhnlichem Aufenthalt in Brasilien keinen Anspruch auf einen Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI.
Eine andere Beurteilung kann sich für sie im Einzelfall ergeben, wenn ausnahmsweise die Übergangsbestimmung des § 319 Abs. 1 SGB VI anzuwenden ist (siehe GRA zu § 319 Abs. 1 SGB VI).
Krankenversicherung in Brasilien
Das brasilianische Gesundheitssystem Sistema Único de Saúde (SUS) erfasst alle Einwohner Brasiliens, einschließlich ausländischer Staatsangehöriger, die in Brasilien wohnhaft sind (Einwohnerkrankenversicherung). Es handelt sich um eine gesetzliche Pflichtkrankenversicherung.
Neben den staatlichen Gesundheitseinrichtungen (Krankenhäuser usw.) des SUS existieren auch private Einrichtungen, die zum Teil nur privat krankenversicherten Personen offen stehen. Die Einwohner Brasiliens, die über eine private Krankenversicherung verfügen, nehmen das SUS daher nicht mehr oder nur noch teilweise in Anspruch, weil sie die vom SUS angebotenen Leistungen nicht nutzen. Der Abschluss einer privaten Krankenversicherung bewirkt aber keine Befreiung von oder einen Ausschluss aus dem SUS. Auch die privat krankenversicherten Personen werden von der brasilianischen gesetzlichen Pflichtkrankenversicherung erfasst.