Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

Art. 11 VO (EG) Nr. 987/2009: Bestimmung des Wohnortes

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Aktualisiert. Erfahren Sie hier, wie Sie den „Wohnort“ bestimmen können.

Dokumentdaten
Stand02.02.2015
Version001.01

Inhalt der Regelung

Art. 11 VO (EG) Nr. 987/2009 regelt die Bestimmung des „Mittelpunkts der Interessen“ einer Person, für die die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 gilt. Dort, wo sich der Mittelpunkt der Interessen einer Person befindet und wo diese wohnt, hat sie ihren „gewöhnlichen Aufenthalt“ und damit ihren „Wohnort“ im Sinne der Verordnung (Art. 1 Buchst. j VO (EG) Nr. 883/2004).

Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Trägern mehrerer Mitgliedstaaten über den Wohnort wird der Mittelpunkt der Interessen anhand bestimmter Kriterien ermittelt (siehe Abschnitt 3). Können die Träger keine Einigung erzielen, so ist der Wille der Person für die Bestimmung des tatsächlichen Wohnortes ausschlaggebend (siehe Abschnitt 4).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Nach Art. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 gelten die Begriffsbestimmungen der Grundverordnung (EG) Nr. 883/2004 auch für die Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009 (siehe GRA zu Art. 1 VO (EG) Nr. 987/2009, Abschnitt 1.2).

Art. 1 Buchst. j VO (EG) Nr. 883/2004 legt fest, dass mit dem Begriff „Wohnort“ der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person gemeint ist (siehe GRA zu Art. 1 Buchst. j und k VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 3).

Art. 1 Buchst. k VO (EG) Nr. 883/2004 legt fest, dass mit dem Begriff „Aufenthalt“ der vorübergehende Aufenthalt gemeint ist (siehe GRA zu Art. 1 Buchst. j und k VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 4).

Art. 1 Buchst. p VO (EG) Nr. 883/2004 definiert den Begriff des „Trägers“ (siehe GRA zu Art. 1 Buchst. p VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 2).

Art. 1 Buchst. r VO (EG) Nr. 883/2004 bestimmt, was unter den Begriffen „Träger des Wohnorts“ und „Träger des Aufenthaltsorts“ zu verstehen ist (siehe GRA zu Art. 1 Buchst. r VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 2).

Bestimmung des Wohnortes

Unter „Wohnort“ wird in der Verordnung der „Ort des gewöhnlichen Aufenthalts“ einer Person verstanden. Dieser befindet sich dort, wo die Person wohnt und sich der Mittelpunkt ihrer Interessen befindet (siehe GRA zu Art. 1 Buchst. j und k VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 3). Der Art. 11 VO (EG) Nr. 987/2009 setzt daher den „Wohnort“ mit dem „Mittelpunkt der Interessen“ der betreffenden Person gleich und enthält die vom EuGH herausgearbeiteten Kriterien zu dessen Bestimmung (EuGH vom 11.09.2014, Rechtssache C-394/13, Rdnr. 34). Als Vorschrift des überstaatlichen Rechts geht Art. 11 VO (EG) Nr. 987/2009 den innerstaatlichen Vorschriften vor. Die Beurteilung des Wohnsitzes ausschließlich für Zwecke der deutschen Sozialversicherung richtet sich aber weiterhin nach § 30 SGB I. Im Übrigen stützen sich beide Vorschriften auf ähnliche Kriterien (AGZWSR 1/2009, TOP 4, Auslegungsfrage 69).

Die Mitgliedstaaten sollen bei der Feststellung des Wohnortes von Personen, für die die Verordnung gilt, zusammenarbeiten und bei Beanstandungen alle einschlägigen Kriterien berücksichtigen, um das Problem zu lösen (Erwägungsgrund 11 zur VO (EG) Nr. 987/2009). Bestehen zwischen Trägern mehrerer Mitgliedstaaten Meinungsverschiedenheiten über den Wohnort einer von der Verordnung erfassten Person, sollen die Träger im gegenseitigen Einvernehmen den Mittelpunkt der Interessen dieser Person ermitteln. Eine Ad-hoc-Gruppe der Verwaltungskommission hat sich näher mit der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts befasst und dazu am 13.02.2013 einen Abschussbericht vorgelegt (EMPL/0262/13 - DE, AC 046/13), der in den „Praktischen Leitfaden zum anwendbaren Recht in der EU, im EWR und in der Schweiz“, Stand 12/2013 aufgenommen wurde.

Mittelpunkt der Interessen

Der Mittelpunkt der Interessen wird durch eine Gesamtbewertung aller vorliegenden Angaben der Person ermittelt. Jeder Einzelfall muss nach seinen individuellen Merkmalen auf Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller einschlägigen Fakten und Umstände bewertet werden. Dabei werden Dauer und Kontinuität des Aufenthalts im betreffenden Mitgliedstaat und die Situation der Person berücksichtigt (Art. 11 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009). Die alleinige Registrierung eines Wohnsitzes in einem anderen Mitgliedstaat führt nicht zu einem „Wohnort“, wenn der Mittelpunkt der Interessen im anderen Mitgliedstaat faktisch beibehalten wird (EuGH-Urteil vom 11.09.2014, Rechtssache C-394/13, Rdnr. 35). Zur „Situation der Person“ können gegebenenfalls gehören:

  • die Art und die Merkmale der ausgeübten Tätigkeit (Ort, an dem sie in der Regel ausgeübt wird, Dauerhaftigkeit der Tätigkeit, Dauer des Arbeitsvertrages),
  • die familiären Verhältnisse und die familiären Bindungen,
  • die Ausübung einer nicht bezahlten Tätigkeit,
  • die Einkommensquelle von Studierenden,
  • die Wohnsituation (insbesondere deren dauerhafter Charakter),
  • der Mitgliedstaat, der als steuerlicher Wohnsitz gilt.

Siehe Beispiele 1 bis 10

Bei sämtlichen dieser Elemente handelt es sich um rein faktische Kriterien. Die Aufzählung ist nicht abschließend und es besteht keine Rangfolge zwischen ihnen (EuGH-Urteil vom 05.06.2014, Rechtssache C-255/13, I, Rdnr. 46), jedoch haben auch nicht alle dieselbe Gewichtung oder Bedeutung. Ein schnelles und einfaches Kriterium, das als maßgebend betrachtet werden kann, gibt es nicht. Ihre Aufzählung ist auch nicht erschöpfend und sämtliche müssen auch nicht in jedem Fall vorliegen und herangezogen werden.

Tatsächlicher Wohnort

Können sich die Träger mehrerer Mitgliedstaaten bei Streitigkeiten über den „Wohnort“ nach den in Abschnitt 3 aufgezählten Kriterien nicht einigen, so ist der Wille der Person für die Bestimmung des tatsächlichen Wohnortes entscheidend. Dieser lässt sich wiederum aus den in Abschnitt 3 genannten faktischen Umständen erkennen. Hierbei sind die Gründe mit einzubeziehen, die die Person zu einem Wohnortwechsel veranlasst haben (Art. 11 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009).

Der Wille muss durch faktische Beweise untermauert werden. Er kann daher nur berücksichtigt werden, wenn er durch objektive Fakten und Umstände gestützt wird. Die bloße Erklärung einer Person, dass sie davon ausgeht oder sich wünscht, ihren Wohnort an einem bestimmten Ort zu haben, ist nicht ausreichend.

Beispiel 1: Grenzgänger

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Herr A. ist ein belgischer Staatsangehöriger, der mit seiner Frau und zwei Kindern in Belgien lebt. Er arbeitet in Frankreich, wo er eine Wohnung gemietet hat. Er kehrt in der Regel jedes Wochenende zu seiner Familie zurück.

Herr A. verbringt den größten Teil seiner Zeit in Frankreich. Dies ist auch der Ort, an dem er eine feste Anstellung innehat und gewöhnlich eine Erwerbstätigkeit ausübt. Andererseits weisen die Wohnsituation und die familiären Verhältnisse eindeutig darauf hin, dass der Mittelpunkt seiner Interessen weiterhin in Belgien ist. Er unterhält eine enge Bindung zu seiner Familie und zum Wohnsitz seiner Familie, zu dem er regelmäßig an den Wochenenden zurückkehrt. Dies macht deutlich, dass er beabsichtigt, sich nur vorübergehend, und nur solange dies aufgrund seines Arbeitsplatzes erforderlich ist, in Frankreich aufzuhalten.

Lösung:

Da Herr A. beabsichtigt, sich nur vorübergehend in Frankreich aufzuhalten, und da er während dieser Zeit enge Verbindungen zu seiner Familie in Belgien unterhält, ist der Mittelpunkt seiner Interessen und somit der gewöhnliche „Wohnort“ weiterhin in Belgien. Herr A. ist ein typischer Grenzgänger im Sinne des Art. 1 Buchst. f der Verordnung (EG) Nr. 883/2004

Beispiel 2: Saisonarbeitnehmer

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Herr B. ist ein polnischer Studierender, der von Weihnachten bis April als Kellner in einem österreichischen Skiort arbeitet. Während dieser Zeit schläft er in einem kleinen Raum in dem Hotel, in dem er beschäftigt ist. Nach dieser Zeit möchte er nach Polen zum Wohnsitz seiner Eltern zurückkehren.

Im Gegensatz zum vorhergehenden Beispiel kehrt Herr B. während seiner saisonalen Beschäftigung nicht regelmäßig in sein Herkunftsland zurück. Allerdings weist seine Wohnsituation in Österreich eindeutig darauf hin, dass er nicht die Absicht hat, dort dauerhaft zu leben. Er hält sich in Österreich ausschließlich aufgrund seines Arbeitsplatzes auf. Er hat keine feste Anstellung, sondern nur einen befristeten Arbeitsvertrag. Seine Absicht, nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses wieder in sein Herkunftsland zurückzukehren, die durch die Gesamtbetrachtung seiner Wohn- und Arbeitsbedingungen untermauert wird, wird auch dadurch belegt, dass er stets seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Polen aufrechterhalten hat.

Lösung:

Wie die meisten Saisonarbeitskräfte hält sich Herr B. nur vorübergehend in dem Land auf, in dem er beschäftigt ist, und behält somit während seiner saisonalen Beschäftigung seinen „Wohnort“ in seinem Herkunftsland.

Beispiel 3: Entsandte Arbeitnehmer (A)

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Herr C. lebt mit seiner Familie in Frankreich. Er wird von seinem Arbeitgeber für zwei Jahre nach Belgien entsandt. Während des Urlaubs kehrt er nach Frankreich zurück und besucht seine Familie. Gemäß dem Steuerabkommen zwischen Frankreich und Belgien entrichtet er die Einkommensteuer nur in den ersten sechs Monaten in Frankreich und anschließend in Belgien. Nach Beendigung seiner Beschäftigung in Belgien beabsichtigt er, zum Wohnsitz seiner Familie in Frankreich zurückzukehren.

Eine Entsendung erfolgt über einen befristeten Zeitraum und ist ihrer Art nach somit vorübergehend. Auch die Tatsache, dass die Familie von Herrn C. während des Zeitraums der Entsendung weiterhin in Frankreich wohnhaft ist, ist ein Hinweis, dass er seinen gewöhnlichen Aufenthalt während des Zeitraums der Entsendung weiterhin in seinem Herkunftsland hat.

Dies ändert sich auch nicht durch die Tatsache, dass entsprechend den Steuerabkommen die Steuern in der Regel nur in den ersten sechs Monaten der Entsendung im Herkunftsland und anschließend im Land der Beschäftigung zu entrichten sind.

Lösung:

Herr C. ist auch während des Zeitraums seiner Entsendung weiterhin seinen „Wohnort“ in seinem Herkunftsland (Frankreich).

Beispiel 4: Entsandte Arbeitnehmer (B)

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Herr D. lebt mit seiner Familie in Frankreich. Er wird von seinem Arbeitgeber für zwei Jahre nach Belgien entsandt. Er vermietet sein Haus in Frankreich an eine andere Familie und zieht mit seiner eigenen Familie an den neuen Dienstort in Belgien um.

Im Gegensatz zum vorhergehenden Beispiel zieht Herr D. während des Entsendungszeitraums mit seiner Familie in das neue Beschäftigungsland um. Da er sein Haus in Frankreich an eine andere Familie vermietet hat, wird er nicht regelmäßig dorthin zurückkehren.

Lösung:

Sowohl die familiären Verhältnisse als auch die Beschäftigungssituation von Herrn D. weisen darauf hin, dass er den Mittelpunkt seiner Interessen tatsächlich nach Belgien verlagert hat und während des Entsendungszeitraums dort sein „Wohnort“ ist.

Beispiel 5: Studierender (A)

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Herr E. ist Studierender. Seine Eltern leben in Belgien, er hält sich zu Studienzwecken jedoch in Paris auf, wo er eine kleine Wohnung gemietet hat. Sein Studium wird von seinen Eltern finanziert. Er kehrt jedes Wochenende zu seinen Eltern zurück.

Das Studium von Herrn E. stellt eine nicht bezahlte Tätigkeit dar, bei der es sich um eines der in Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 genannten Elemente handelt. Andererseits wird sein Studium von seinen Eltern finanziert, von denen er noch abhängig ist. Für Studierende wurde ihre Einkommensquelle in Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 als zu berücksichtigendes spezifisches Kriterium aufgenommen.

Lösung:

Die Tatsache, dass Herr E. regelmäßig jedes Wochenende zum Wohnsitz seiner Eltern zurückkehrt, er noch Unterhalt von seinen Eltern erhält und diese auch sein Studium finanzieren, ist als deutlicher Hinweis dafür zu werten, dass sein gewöhnlicher Aufenthaltsort noch in Belgien ist, wo seine Eltern leben.

Beispiel 6: Studierender (B)

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Herr F. ist Studierender. Seine Eltern leben in Belgien, er hält sich zu Studienzwecken jedoch in Frankreich auf, wo er eine kleine Wohnung gemietet hat. Er hat Anspruch auf ein französisches Stipendium, das all seine Ausgaben abdeckt. Die Wochenenden verbringt er meistens in Frankreich mit seinen Freunden.

In diesem Fall sprechen die meisten in Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 aufgeführten Anhaltspunkte (nicht bezahlte Tätigkeit, Einkommensquelle, Wohnsituation) für die Annahme, dass Herr F. den Mittelpunkt seiner Interessen nach Frankreich verlagert hat.

Lösung:

Da Herr F. seinen Lebensunterhalt in Frankreich verdient und er dort unabhängig lebt, kann er als dort wohnhaft angesehen werden.

Beispiel 7: Rentner (A)

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Herr G. ist ein deutscher Rentner. In Deutschland besitzt er ein Haus mit Garten. Er verbrachte seine meisten Urlaube mit seiner Frau in Spanien. Nach dem Eintritt in den Ruhestand kauften sie eine kleine Wohnung in dem Sommerurlaubsort in Spanien, in dem sie meistens ihre Urlaube verbracht hatten. Jetzt leben sie die Hälfte des Jahres in der Wohnung in Spanien und die andere Hälfte des Jahres in ihrem Haus in Deutschland.

In diesem Fall liefern weder die Dauer und Kontinuität des Aufenthalts in Deutschland oder in Spanien noch die familiären Verhältnisse einen klaren Hinweis. Es könnte die Annahme in Erwägung gezogen werden, dass sich der Wohnort alle sechs Monate ändert, doch die Zugrundelegung von zwei sich wechselnden Wohnorten innerhalb eines Jahres ist zu vermeiden.

Die Tatsache, dass Herr G. und seine Frau in Deutschland ein Haus und in Spanien nur eine kleine Wohnung besitzen, sie deutsche Staatsangehörige sind, ihr Arbeitsleben größtenteils in Deutschland verbracht haben und (nur) eine deutsche Rente beziehen, sprechen für die Annahme, dass sie ihre engsten Bindungen, das heißt den Mittelpunkt ihrer persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen, selbst in den Zeiträumen, die sie in Spanien verbringen, in Deutschland haben.

Lösung:

Herr G. und seine Frau haben weiterhin in Deutschland ihren „Wohnort“, selbst in den Zeiträumen, die sie in Spanien verbringen.

Beispiel 8: Rentner (B)

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Herr H., ein Staatsangehöriger des Vereinigten Königreichs, beschließt, zusammen mit seiner Frau seinen Ruhestand in Portugal zu verbringen. Er erwirbt ein Haus in Portugal, behält aber sein Haus im Vereinigten Königreich, in dem jetzt die Familie seiner Tochter lebt. Das Ehepaar betrachtet sein neues Haus in Portugal jedoch nicht als seinen „Wohnort“ und nimmt an, dass sein Wohnort nach wie vor im Vereinigten Königreich ist.

Im Gegensatz zum vorhergehenden Fall verbringen Herr H. und seine Frau ihre Zeit größtenteils in Portugal. Sie besitzen zwar noch ein Haus im Vereinigten Königreich, doch in diesem lebt jetzt die Familie ihres Kindes. Sie unterhalten noch gewisse kulturelle und wirtschaftliche Bindungen zum Vereinigten Königreich, in dem sie aufgewachsen ist, größtenteils ihr Arbeitsleben verbracht haben und von dem sie ihre Rente beziehen, doch die Tatsache, dass sie tatsächlich und vollständig nach Portugal umgezogen sind, hat in diesem Fall größeres Gewicht.

Lösung:

Trotz ihrer gegenteiligen Absichtserklärung haben Herr H. und seine Frau in Portugal ihren „Wohnort“.

Beispiel 9: Nicht erwerbstätige, sehr mobile Personen (A)

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Herr I. ist alleinstehend und arbeitslos. Auf der Suche nach einer Beschäftigung verlässt er das Haus seiner Familie und zieht in einen anderen Mitgliedstaat um, in dem er keine Meldeadresse und keine feste Anstellung hat, sondern die Nächte in der Wohnung eines Freundes verbringt. Er versucht, seinen Lebensunterhalt als Straßenmusiker und mit Sammeln von Geld auf der Straße zu verdienen.

Herr I. hat keine engen sozialen und wirtschaftlichen Bindungen zu dem Mitgliedstaat, in dem er jetzt lebt. Er verfügt weder über eine feste Wohnung noch eine Adresse in diesem Land. Daher kann angenommen werden, dass er seinen Wohnort noch an dem Ort unterhält, an dem seine Familie wohnt, da dies das stabilste Element in dieser Situation ist.

Lösung:

Dabei sind insbesondere die Familiensituation des Betroffenen, die Gründe, die ihn zum Wechsel seines Aufenthaltsorts veranlasst haben, die Dauer und die Kontinuität des Wohnens, gegebenenfalls der Umstand, dass er eine feste Anstellung innehat, und seine Absicht zu berücksichtigen, wie sie sich aus einer Gesamtbetrachtung ergibt.

Beispiel 10: Nicht erwerbstätige, sehr mobile Personen (B)

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Herr J. ist alleinstehend und arbeitslos. Auf der Suche nach einer Beschäftigung kündigt er den Mietvertrag für seine Wohnung in seinem Herkunftsland und zieht in einen anderen Mitgliedstaat um, wobei er seine gesamte persönliche Habe mitnimmt. Er behält keine Adresse in seinem Herkunftsland und erklärt, er habe nicht die Absicht, dorthin zurückzukehren.

Herr J. hat keine engen sozialen und wirtschaftlichen Bindungen zu dem Mitgliedstaat, in dem er jetzt lebt. Er verfügt weder über eine feste Wohnung noch eine Adresse in diesem Land. Allerdings hat er seine Bindungen zu seinem Herkunftsland vollständig gelöst und dort auch keinen gewöhnlichen Aufenthalt mehr. Seine Absichtserklärung wird daher durch die faktischen Umstände gestützt.

Lösung:

Selbst wenn Herr J. seinen aktuellen Aufenthalt in der Wohnung eines Freundes nur als „vorübergehende“ Lösung sieht, muss diese als sein gewöhnlicher Aufenthaltsort im Sinne des Art. 1 Buchst. j der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 gesehen werden, da er keine Verbindung oder enge Bindung zu einem anderen Ort unterhält und daher nicht als an einem anderen Ort wohnhaft betrachtet werden kann.

VO (EG) Nr. 987/2009 vom 16.09.2009

Inkrafttreten: 01.05.2010

Quelle: Amtsblatt (EU) Nr. L 284/1 vom 30.10.2009

Art. 11 VO (EG) Nr. 987/2009 ist eine neue Vorschrift, zu der es in der VO (EWG) Nr. 574/72 keine vergleichbaren Regelungen gab.

Zusatzinformationen