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§ 33 SGB X: Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes

Änderungsdienst
veröffentlicht am

22.03.2020

Änderung

Redaktionelle Überarbeitung der GRA inbesondere in Hinblick auf die Begrifflichkeiten 'mit Hilfe automatischer Einrichtungen', 'elektronischer Verwaltungsakt'. Einfügen eines neuen Abschnitts 1.1 ('Ergänzende/korrespondierende Regelungen')

Dokumentdaten
Stand02.03.2020
Rechtsgrundlage

§ 33 SGB X

Version002.00

Inhalt der Regelung

§ 33 SGB X regelt Bestimmtheit und Form eines Verwaltungsaktes. Bestimmtheit und Form sind Voraussetzungen für seine materielle beziehungsweise formelle Rechtmäßigkeit.

Ein Verwaltungsakt ist hinreichend bestimmt, wenn klar und unzweideutig erkennbar ist, wer für wen was für welchen Einzelfall regelt. Verstöße gegen die Bestimmtheit führen zur materiellen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes. In Extremfällen können sie sogar zur Nichtigkeit im Sinne des § 40 SGB X führen.

  • Absatz 1 enthält den Bestimmtheitsgrundsatz von Verwaltungsakten.
  • Absatz 2 beinhaltet die unterschiedlichen Formen des Erlasses eines Verwaltungsaktes.
  • Absatz 3 regelt die Mindestformerfordernisse eines schriftlich oder elektronisch erlassenen Verwaltungsaktes.
  • Absatz 4 bestimmt, dass für die erforderliche Signatur eines elektronischen Verwaltungsaktes die dauerhafte Überprüfbarkeit durch Rechtsvorschrift vorgeschrieben werden kann.
  • Absatz 5 regelt den Sonderfall von mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassenen Verwaltungsakten hinsichtlich Unterschrift, Namenswiedergabe und Verwendung von Schlüsselzeichen sowie bei elektronischen Verwaltungsakten hinsichtlich des der Signatur zugrunde liegenden Zertifikats.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

  • § 31a SGB X stellt klar, dass ein Verwaltungsakt unter bestimmten Voraussetzungen auch vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen werden kann. Dies ist der Fall, wenn - anders als bei einem lediglich mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassenen Verwaltungsakt (vergleiche § 33 Abs. 5 SGB X) - in dem zum Erlass des Verwaltungsaktes führenden Verwaltungsverfahren eine unmittelbare Willensbildung durch einen Menschen nicht stattfindet, sondern die Regelung allein durch automatische Einrichtungen getroffen wird. Die Erfordernisse des § 33 SGB X gelten auch für vollständig durch automatische Einrichtungen erlassene Verwaltungsakte.
  • § 36a SGB I regelt die Übermittlung elektronischer Dokumente. Welche Formerfordernisse für elektronische Verwaltungsakte bestehen, ergibt sich aus § 33 Abs. 2 bis 5 SGB X.

Bestimmtheit des Verwaltungsaktes

Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies gilt für alle Verwaltungsakte unabhängig von der Form, in der sie ergangen sind, sowie der Bezeichnung, die sie tragen (zum Beispiel Bescheid, Anordnung, Verfügung, Entscheidung).

Die Bestimmtheit umfasst die regelnden Teile des Verwaltungsaktes, das heißt den Adressaten und die inhaltliche Regelung (Verfügungssatz). Die getroffene Regelung muss "aus sich heraus" klar, vollständig und unzweideutig sein, damit die betroffene Person ihr Verhalten danach ausrichten kann.

Wird gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstoßen, ist der Verwaltungsakt rechtswidrig. Im Extremfall kann er sogar nichtig im Sinne des § 40 SGB X sein.

Adressat

Sozialrechtsverhältnisse sind personenbezogen. Deshalb muss der Verwaltungsakt den Adressaten unmittelbar oder zumindest eindeutig bestimmbar erkennen lassen.

Inhaltliche Regelung (Verfügungssatz)

Unabhängig von der Form des Verwaltungsaktes sowie der Art der Regelung muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dieses Erfordernis hinreichender Bestimmtheit bezieht sich auf den Verwaltungsakt als Regelung, also auf den Verfügungssatz des Verwaltungsaktes, nicht jedoch auf dessen Gründe (Urteil des BSG vom 06.02.2007, AZ: B 8 KN 3/06 R). Aus dem Verfügungssatz müssen alle Beteiligten klar und unzweideutig erkennen können, was die Behörde will.

Das Erfordernis der inhaltlichen Bestimmtheit bedeutet nicht, dass die Verfügung nicht auch durch Auslegung verständlich sein kann. So kann zur Auslegung des Verfügungssatzes die Begründung des Verwaltungsaktes herangezogen werden. Zudem kann auf ihm beigefügte Unterlagen, aber auch auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte zurückgegriffen werden (Urteil des BSG vom 06.02.2007, AZ: B 8 KN 3/06 R).

Bei einem unterschiedlichen Verständnis des Regelungsinhaltes eines Verwaltungsaktes bei der erlassenden Behörde einerseits und dem Adressaten andererseits ist der Erklärungsgehalt nach objektiven Gesichtspunkten zu ergründen. In derartigen Zweifelsfällen ist als Maßstab für den Regelungsinhalt eines Verwaltungsaktes anstelle des subjektiven Verständnisses des betreffenden Adressaten hilfsweise der sogenannte objektive Empfängerhorizont, also das Erkenntnisvermögen eines verständigen Bürgers, heranzuziehen.

Enthält ein Verwaltungsakt einander widersprechende Regelungen, fehlt es an der Bestimmtheit. Denn das Bestimmtheitserfordernis als materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung verlangt zum einen, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und die betroffene Person bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, ihr Verhalten daran auszurichten. Zum anderen muss der Verwaltungsakt eine geeignete Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung bilden (Urteil des BSG vom 07.07.2011, AZ: B 14 AS 153/10 R).

Folgen unzureichender inhaltlicher Bestimmtheit

Da ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein muss, gehen Unklarheiten zu Lasten der Behörde (Urteil des BSG vom 14.08.1996, AZ: 13 RJ 9/95). Ist ein Verwaltungsakt inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, kann er im Extremfall nichtig sein, zumindest aber ist er materiell rechtswidrig. Die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes kann nicht nach § 41 SGB X geheilt werden. Denn nach dieser Vorschrift sind nur Verfahrens- oder Formfehler heilbar. Für die Beseitigung der materiellen Rechtswidrigkeit gelten die Vorschriften der §§ 44 und 45 SGB X.

Formfreiheit des Verwaltungsaktes

Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Die Wahl der Form des Erlasses ist grundsätzlich in das Ermessen der Behörde gestellt. Eine Formfreiheit besteht jedoch nicht, wenn durch gesonderte Rechtsvorschriften eine bestimmte Form des Verwaltungsaktes vorgeschrieben wird.

Leidet ein Verwaltungsakt an einem Formfehler, ergeben sich die Folgen aus § 42 SGB X.

Schriftlicher Verwaltungsakt

Ein Verwaltungsakt kann unter anderem schriftlich erlassen werden.

In der gesetzlichen Rentenversicherung werden Verwaltungsakte regelmäßig schriftlich erlassen. Wegen der Rechtssicherheit und möglicher Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte ist die Schriftform grundsätzlich geboten. Zumeist wird sie sogar zwingend vorgeschrieben, zum Beispiel nach § 117 SGB VI bei Leistungsbescheiden, nach § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X bei Erstattungsbescheiden und nach § 85 Abs. 3 SGG bei Widerspruchsbescheiden.

Ein schriftlicher Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Dazu genügt die Bezeichnung im Briefkopf, im Text oder in einem Stempel beziehungsweise Dienstsiegel. Regelmäßig ist die volle amtliche Behördenbezeichnung mit Anschrift anzugeben.

Außerdem muss ein schriftlicher Verwaltungsakt die Unterschrift einer zeichnungsberechtigten Person enthalten. Die Unterschrift stellt für den Adressaten klar, dass nicht ein Entwurf, sondern die endgültige Fassung erlassen wurde. Hierbei muss die Unterschrift nicht leserlich sein, jedoch einen individuellen Schriftzug tragen. Anstelle der Unterschrift reicht auch eine Namenswiedergabe aus.

Bei mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassenen schriftlichen Verwaltungsakten können Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen (vergleiche Abschnitt 5).

Elektronischer Verwaltungsakt

Auch der Erlass eines elektronischen Verwaltungsaktes ist möglich (vergleiche hierzu die GRA zu § 36a SGB I).

Dieser muss – ebenso wie der schriftliche Verwaltungsakt – die erlassende Behörde erkennen lassen und Unterschrift oder Namenswiedergabe einer zeichnungsberechtigten Person enthalten. Dem Unterschriftserfordernis wird dadurch entsprochen, dass der Verwaltungsakt mit einer qualifizierten elektronischen Signatur ausgestattet ist (vergleiche GRA zu § 36a SGB I, Abschnitt 5.8).

Bei mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassenen elektronischen Verwaltungsakten dürfen für die Signierung Zertifikate verwenden werden, die nur die erlassende Behörde erkennen lassen (vergleiche Abschnitt 5).

Mündlicher Verwaltungsakt

Mündliche Verwaltungsakte haben im Sozialrecht, insbesondere im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, keine Bedeutung, da regelmäßig die Schriftform vorgeschrieben ist.

In anderer Weise erlassener Verwaltungsakt

Auch diese Form hat im Sozialrecht keine große Bedeutung. In anderer Weise ergeht ein Verwaltungsakt zum Beispiel durch konkludentes Handeln. Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung hat die Rechtsprechung einen konkludenten Verwaltungsakt für den Fall angenommen, dass der Rentenversicherungsträger einem Antrag auf Weitergewährung eines Kinderzuschusses (nur) durch entsprechende Erhöhung des Rentenzahlbetrages nachkam (Urteil des BSG vom 25.04.1990, AZ: 5 RJ 30/88).

Mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassene Verwaltungsakte

Mit Hilfe automatischer Einrichtungen wie elektronischer Datenverarbeitungsanlagen erlassene Bescheide sind Verwaltungsakte im Sinne des § 31 SGB X. Sie stellen keine Unterform des Verwaltungsaktes dar und müssen alle Erfordernisse, die an die Bestimmtheit und Form eines Verwaltungsaktes gerichtet sind, erfüllen. Allerdings können nach § 33 Abs. 5 Satz 1 1. Halbsatz SGB X Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen.

Bei mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassenen elektronischen Verwaltungsakten genügt nach § 33 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz SGB X analog dazu eine fortgeschrittene elektronische Signatur, die nur die erlassende Behörde erkennen lässt (vergleiche GRA zu § 36a SGB I, Abschnitt 5.8)

Es können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn die betroffene Person anhand von Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig nachvollziehen kann. Die Verwendung von Schlüsselzeichen entbindet die Behörde nicht von dem Erfordernis, dass die betroffene Person aus Verfügung und Begründung des Verwaltungsaktes ihre Rechte und Pflichten erkennen muss. So müssen erstellte Bescheide auch die erlassende Behörde und die Adressaten beinhalten.

Die Lesbarkeit von mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassenen Verwaltungsakten ist ein Unterfall der Lesbarkeit von Verwaltungsakten überhaupt. Zu Schlüsselzeichen, die zur Inhaltsangabe verwendet werden, müssen daher Erläuterungen gegeben werden, die diese verständlich machen. Schlüsselzeichen sind zum Beispiel Zahlen, Abkürzungen und Symbole, die für bestimmte Feststellungen oder Begründungen stehen. In der Praxis der Rentenversicherung werden keine Schlüsselzahlen verwendet.

Bei einem mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassenen Verwaltungsakt, der nicht mit einer Unterschrift oder Namenswiedergabe versehen ist, kann sich die Behörde nicht darauf berufen, dass dieser ohne ihren Willen erlassen wurde beziehungsweise dass es sich um einen Entwurf handelt.

Folgen der Verletzung von Formvorschriften

Verstöße gegen die Formvorschriften des § 33 Abs. 2 bis 5 SGB X führen zur formellen Rechtswidrigkeit, soweit ein Formfehler nicht sogar zur Nichtigkeit (§ 40 SGB X) führt. So ist nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB X ein schriftlicher Verwaltungsakt, der die erlassende Behörde nicht erkennen lässt, nichtig.

Fehlt zum Beispiel die erforderliche Unterschrift, ist der Verwaltungsakt nicht nichtig, sondern es liegt ein einfacher Formfehler vor. Einfache Formfehler beeinträchtigen grundsätzlich nicht die materiell-rechtliche Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes.

So besteht ein Anspruch auf Aufhebung des mit einem einfachen Formfehler behafteten (und daher rechtswidrigen) Verwaltungsaktes nicht, wenn offensichtlich ist, dass in der Sache keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können (§ 42 SGB X). Die betroffene Person kann aber die Richtigstellung beantragen.

Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25.07.2013 (BGBl. I S. 2749)

Inkrafttreten: 01.08.2013

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 17/13139, S. 18

Durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25.07.2013 (BGBl. I S. 2749) wurde Absatz 3 mit Wirkung zum 01.08.2013 der Satz 3 angefügt.

3. VwVfÄndG vom 21.08.2002 (BGBl. I S. 3322)

Inkrafttreten: 01.02.2003

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 14/9000, S. 35

Durch das 3. VwVfÄndG vom 21.08.2002 (BGBl. I S. 3322) wurde § 33 SGB X mit Wirkung vom 01.02.2003 in den Absätzen 2 bis 5 geändert beziehungsweise neu gefasst.

Einigungsvertragsgesetz vom 23.09.1990 (BGBl. II S. 885)
Inkrafttreten: 03.10.1990 beziehungsweise 01.01.1991

Im Beitrittsgebiet gilt § 33 SGB X ab dem 03.10.1990 (Art. 1 des Einigungsvertragsgesetzes vom 23.09.1990, BGBl. II S 885), ist aber im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung erst ab dem 01.01.1991 gültig (Art. 8 und Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet D III Nr. 2 Einigungsvertrag vom 31.08.1990, BGBl. II, 889).

SGB X vom 18.08.1980 (BGBl. I S. 1469, 2218)

Inkrafttreten: 01.01.1981

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 8/2034

§ 33 SGB X wurde mit dem SGB X vom 18.08.1980 (BGBl. I S. 1469) eingeführt und ist ab dem 01.01.1981 in Kraft (Art. II § 40 Abs. 1 SGB X).

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 33 SGB X