Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

§ 4 SGB X: Voraussetzungen und Grenzen der Amtshilfe

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Abstimmung der GRA mit dem Regionalträger

Dokumentdaten
Stand10.07.2015
Erstellungsgrundlage in der Fassung des SGB X vom 18.08.1980 in Kraft getreten am 01.01.1981
Rechtsgrundlage

§ 4 SGB X

Version001.00

Inhalt der Regelung

§ 4 SGB X legt die Voraussetzungen und Grenzen der Amtshilfe fest. Der Gesetzgeber ging bei § 4 SGB X wie bei § 3 SGB X von dem Grundgedanken aus, dass Amtshilfe nur ergänzende Hilfe sein kann, die ausnahmsweise in Anspruch genommen werden soll. Die Zuständigkeit der jeweiligen Behörde für die ihr übertragenen Aufgaben bleibt grundsätzlich erhalten.

Nach Absatz 1 kann Amtshilfe grundsätzlich nur gefordert werden, wenn die an sich zuständige Behörde auf die Hilfe anderer Behörden angewiesen ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur dann, wenn die Durchführung einzelner Verfahrenshandlungen oder eines Teilabschnittes des Verfahrens durch die an sich zuständige Behörde weitaus aufwändiger wäre, als wenn die einzelne Verfahrenshandlung oder der Teilabschnitt durch eine andere Behörde erledigt werden würde.

Absatz 2 enthält eine abschließende Aufzählung von Fällen, in denen aus rechtlichen Gründen und solchen des öffentlichen Interesses der Pflicht zur Amtshilfe Grenzen gesetzt sind.

Absatz 3 regelt die Voraussetzungen, unter denen die Leistung der Amtshilfe von der ersuchten Behörde abgelehnt werden kann.

Absatz 4 bestimmt, dass nur die ersuchende Behörde allein berechtigt ist, über die Frage der Zweckmäßigkeit des gesamten Verfahrens zu entscheiden. Die ersuchte Behörde darf deshalb die Hilfe aus Zweckmäßigkeitsgründen nur in den im Absatz 3 genannten Ausnahmefällen ablehnen.

Absatz 5 regelt für die Fälle, in denen es zweifelhaft ist, ob eine Verpflichtung zur Durchführung des Amtshilfeersuchens besteht, welche Stelle über die Verpflichtung zur Amtshilfe zu bestimmen hat.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Folgende Regelungen stehen in Zusammenhang mit der Vorschrift § 4 SGB X:

Voraussetzungen der Amtshilfe

Grundsätzlich muss jede Behörde die ihr übertragenen Aufgaben selbst wahrnehmen, die Inanspruchnahme einer anderen Behörde soll die Ausnahme sein.

Die Gesetzesformulierung "insbesondere" in Absatz 1 Satz 1 macht deutlich, dass die Aufzählung der in diesem Absatz genannten Fälle, in denen eine Behörde um Amtshilfe ersuchen darf, nicht abschließend ist. Es werden jedoch die häufigsten Fallgestaltungen genannt. Liegt eine der in den Nummern 1 bis 5 genannten Voraussetzungen vor, ohne dass einer der in den Absätzen 2 und 3 aufgeführten Verbote zur Amtshilfe beziehungsweise Ablehnungsgründe gegeben sind, hat die ersuchende Behörde gegenüber der ersuchten Behörde einen Anspruch auf die Erbringung der ersuchten Amtshilfehandlung. Aus § 4 SGB X ergibt sich gleichwohl nicht die Verpflichtung der Behörde, um Amtshilfe zu ersuchen.

Der Rentenversicherungsträger wird regelmäßig sein Amtshilfeersuchen auf § 4 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB X stützen können. Das sind die Fälle, in denen er zur Durchführung seiner Aufgaben

  • auf die Kenntnis von Tatsachen angewiesen ist, die ihm unbekannt sind und die er nicht selbst ermitteln kann (siehe weitere Ausführungen im Abschnitt 2.3) oder
  • Urkunden oder sonstige Beweismittel benötigt, die sich im Besitz der ersuchten Behörde befinden (siehe weitere Ausführungen im Abschnitt 2.4).

Der ersuchten Behörde ist der Grund für das Amtshilfeersuchen im jeweiligen Einzelfall mitzuteilen.

Rechtliche Unmöglichkeit

Eine Behörde kann nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB X eine andere Behörde um Amtshilfe ersuchen, wenn sie aus rechtlichen Gründen die Amtshandlung nicht selbst vornehmen kann. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn die ersuchende Behörde zwar für die Gesamtmaßnahme generell zuständig und zu ihr befugt ist, ein Teilaspekt aber ohne Rechtsverstoß nicht von ihr selbst erledigt werden kann, weil sie dafür örtlich oder sachlich unzuständig ist (zum Beispiel Maßnahmen zur Vollstreckung, § 66 SGB X). Diese Regelung ist allerdings kein Mittel, den Aufgabenbereich der ersuchenden Behörde zu erweitern.

Ersucht ein Rentenversicherungsträger ein Sozialgericht um die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder Sachverständigen, da er selbst sachlich nicht für die Vernehmung zuständig ist, handelt es sich jedoch nicht um Amtshilfe, sondern um Rechtshilfe (siehe GRA zu § 3 SGB X, Abschnitt 3). Die §§ 3 bis 7 SGB X sind nicht anwendbar; es gilt hier ausschließlich § 22 SGB X.

Tatsächliche Unmöglichkeit

Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB X liegen die Voraussetzungen der Amtshilfe vor, wenn die Behörde aus tatsächlichen Gründen die Amtshandlung nicht selbst vornehmen kann. Als Beispiel nennt das Gesetz das Fehlen erforderlicher Dienstkräfte oder Einrichtungen. Da es sich bei der Amtshilfe um ergänzende Hilfe im Einzelfall handelt, ist auf diesen Einzelfall auch das Fehlen der Dienstkräfte und Einrichtungen zu beziehen. Die allgemeine Überlastung einer Behörde ist nicht ausreichend. Beispielsweise kann ein tatsächlicher Grund für das Nichttätigwerden eines Rentenversicherungsträgers darin bestehen, dass dieser nicht über eigene Vollstreckungsbeamte zur Beitreibung von geschuldeten Beitragsforderungen verfügt.

Fehlende Kenntnisse

Nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 SGB X kann eine Behörde Amtshilfeleistungen in Anspruch nehmen, wenn sie zur Durchführung ihrer Aufgaben auf die Kenntnis von Tatsachen angewiesen ist, die ihr unbekannt sind und die sie selbst nicht ermitteln kann. Die Amtshilfehandlung beschränkt sich auf die Mitteilung von Tatsachen. Die Vorschrift umfasst daher keine Amtshilfeersuchen, die auf die Erteilung von Rechtsauskünften oder die Übersendung von Gutachten gerichtet sind. Der Vorschrift sind zum Beispiel Tatsachen zuzuordnen, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsleben eines Versicherten in der Rentenversicherung stehen. So können dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 Nr. 3 SGB X beispielsweise Amtshilfeersuchen der Rentenversicherungsträger an Arbeitsagenturen und an Krankenkassen wegen Zeiten der Arbeitslosigkeit beziehungsweise Beschäftigungszeiten und Arbeitsunfähigkeitszeiten zugeordnet werden.

Des Weiteren muss die Kenntnis von Tatsachen erforderlich sein, um die Aufgaben der ersuchenden Behörde durchzuführen und nicht nur wie in § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB X eine Amtshandlung vorzunehmen. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Amtshilfe geht hier also weiter. Durch die Formulierung "angewiesen" wird ausdrücklich betont, dass die Amtshilfe für eine konkrete Aufgabenerledigung notwendig sein muss und damit eine vorbeugende Informationsbeschaffung (wie ansonsten auch) ausgeschlossen ist.

Fehlende Beweismittel

Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB X kann sich eine Behörde Urkunden und sonstige Beweismittel, die sich im Besitz einer anderen Behörde befinden, im Wege der Amtshilfe besorgen. Die Unterlagen müssen sich bereits in der Hand der ersuchten Behörde befinden. Es darf sich nicht um erst durch diese zu beschaffende Unterlagen, wie beispielsweise noch zu erstellende Zeugenerklärungen, handeln. Es handelt sich hierbei regelmäßig um Fälle der Aktenübersendungen, die eine erneute Anhörung, ärztliche Untersuchungen und Zeugenvernehmungen erübrigen.

Die Anforderung von Akten von Gerichten fällt ebenfalls unter § 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB X, da das Ersuchen sich an das Gericht als Behörde und nicht als Spruchkörper richtet. Es handelt sich daher nicht um eine richterliche Handlung, um die das Gericht ersucht wird.

Häufig ergibt es sich erst nach Einsichtnahme der Urkunden oder sonstigen Beweismitteln, ob sie für die jeweilige Entscheidung von Bedeutung sind. Für die Zulässigkeit des Ersuchens reicht es aber aus, wenn die ersuchende Behörde im Zeitpunkt des Amtshilfeersuchens von der Annahme ausgehen durfte, dass einzelne Beweismittel für die Durchführung ihrer Aufgaben bedeutsam sind, auch wenn sich nach ihrer Übersendung ergibt, dass diese für das Vorhaben doch unbedeutend sind. Dass die Behörde ein Verwaltungsverfahren bereits begonnen hat, ist nicht erforderlich, da im Einzelfall die Urkunden oder sonstigen Beweismittel auch zu den Entscheidungen benötigt werden, ob überhaupt ein Verwaltungsverfahren begonnen werden soll.

Können die erforderlichen Angaben beziehungsweise Unterlagen vom Versicherten (Antragsteller) eingeholt werden, ist grundsätzlich von einem Amtshilfeersuchen abzusehen.

Erhöhter Aufwand

Amtshilfe kann auch aus Gründen der Einfachheit und Billigkeit der Verwaltung beansprucht werden. Da aber jede Behörde grundsätzlich die ihr übertragenen Aufgaben in vollem Umfang selbst durchzuführen hat, darf sie andere Behörden zur teilweisen Aufgabenerfüllung im Wege der Amtshilfe nur dann in Anspruch nehmen, wenn die dadurch erzielte Vereinfachung oder Verbilligung wesentlich ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 5 SGB X). So kann der Rentenversicherungsträger, wenn er rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, die Amtshandlung selbst durchzuführen, von der Hilfeleistung einer anderen Behörde Gebrauch machen, wenn die Maßnahme beim Rentenversicherungsträger wesentlich höhere Sach- und/oder Personalkosten verursachen würde als bei der anderen Behörde. Die Vorschrift entspricht einerseits dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit in der Verwaltung (§ 69 Abs. 2 SGB IV) und andererseits der einfachen und zweckmäßigen Durchführung eines Verwaltungsverfahrens (§ 9 SGB X). Der Aufwand der ersuchenden Behörde muss wesentlich größer sein. Zulässig ist die Amtshilfe regelmäßig, wenn die ersuchte Behörde die Amtshilfe wesentlich billiger, einfacher, schneller und für die Beteiligten weniger belastend als die ersuchende Behörde durchführen kann; dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn zur Vermeidung von Reisekosten die Vernehmung eines auswärtigen Zeugen bei einem Versicherungsamt in der Nähe des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen erfolgt (siehe FAO 1/83, TOP 9). Das Ersuchen um Amtshilfe ist untersagt, wenn die wesentliche Vereinfachung oder Kostenersparnis nicht eintritt. Ausreichend ist aber nicht die Tatsache, dass die andere Behörde mit besseren personellen und sachlichen Mitteln ausgestattet ist und deshalb rationeller arbeiten kann.

Zwingender Ausschluss der Amtshilfe

§ 4 Abs. 2 SGB X enthält eine abschließende Aufzählung von Fällen, in denen eine Amtshilfe von der ersuchten Behörde aus rechtlichen Gründen und solchen des öffentlichen Interesses nicht geleistet werden darf. Ein Ermessen der ersuchten Behörde hinsichtlich der Erbringung der Hilfeleistung besteht nicht. Die ersuchte Behörde muss das Amtshilfeersuchen zurückweisen.

Ablehnung der Amtshilfe aus Rechtsgründen

Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X darf die ersuchte Behörde keine Amtshilfe leisten, wenn sie aus rechtlichen Gründen dazu nicht in der Lage ist. Eine Hilfeleistung ist dann verboten, wenn sie nach dem für die ersuchte Behörde geltenden Recht unzulässig ist (vergleiche auch § 6 Abs. 1 2. Teilsatz SGB X). Die Unzulässigkeit nach dem für die ersuchte Behörde geltenden Recht kann sich beispielsweise daraus ergeben, dass die ersuchte Behörde für die erbetene Amtshilfemaßnahme nicht zuständig ist (örtliche oder sachliche Unzuständigkeit). Die ersuchte Behörde hat kein Recht, bei einer von ihr angenommenen Rechtswidrigkeit des Grundverfahrens die Amtshilfeleistung zu verweigern. Jede Behörde ist nur an das auf ihre Maßnahmen anzuwendende Recht gebunden und auch nur insoweit verantwortlich. Deshalb ist lediglich auf die Rechtmäßigkeit der Amtshilfehandlung abzustellen.

Einer der wichtigsten Gründe für Sozialleistungsträger, ein Amtshilfeersuchen abzulehnen, ist gegeben, wenn die ersuchte Behörde insbesondere nicht zur Vorlage von Urkunden oder Akten sowie zur Erteilung von Auskünften verpflichtet ist, weil die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen. Besonders zu beachten ist in diesem Zusammenhang § 35 SGB I, wonach jeder einen Anspruch darauf hat, dass Einzelangaben über seine persönlichen und sachlichen Verhältnisse sowie über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von den Sozialleistungsträgern als Sozialgeheimnis gewahrt und nicht unbefugt übermittelt werden dürfen. Gemäß § 35 Abs. 2 SGB I ist eine Verarbeitung von Sozialdaten nur unter den Voraussetzungen der §§ 67 ff. SGB X gestattet. Ein Unterfall der Datenverarbeitung ist gemäß § 67 Abs. 6 SGB X die Übermittlung (siehe auch GRA zu § 67 SGB X, Abschnitt 2.6). Soweit eine Übermittlung nicht zulässig ist, darf gemäß § 35 SGB I keine Auskunft erteilt werden.

Nachteile für den Bund oder ein Bundesland

Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB X darf die Behörde Amtshilfe nicht leisten, wenn durch sie dem Wohl des Bundes oder eines Landes erhebliche Nachteile bereitet würden. In der gesetzlichen Rentenversicherung ist dies nicht von praktischer Bedeutung.

Berechtigung zur Amtshilfeablehnung

§ 4 Abs. 3 SGB X enthält eine Aufzählung von Fällen, in denen es im Ermessen der ersuchten Behörde steht, die Amtshilfe zu verweigern. Hierbei handelt es sich um folgende Sachverhalte:

  • Bessere Eignung einer anderen Behörde (siehe Abschnitt 4.1),
  • unverhältnismäßig großer Aufwand (siehe Abschnitt 4.2),
  • ernstliche Gefährdung der eigenen Aufgabe (siehe Abschnitt 4.3).

Bessere Eignung einer anderen Behörde

Nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 SGB X braucht die ersuchte Behörde Amtshilfe nicht zu leisten, wenn eine andere Behörde die Hilfe wesentlich einfacher oder mit wesentlich geringerem Aufwand leisten kann. Die bessere Eignung der anderen Behörde kann sich beispielsweise daraus ergeben, dass sie dauernd Amtshandlungen dieser Art ausführt. Die ersuchte Behörde muss die "andere Behörde" konkret nennen, darf das Amtshilfeersuchen aber nicht direkt (von sich aus) an die in Betracht kommende Behörde weiterleiten.

Richtet zum Beispiel ein Rentenversicherungsträger ein Amtshilfeersuchen auf eine Zeugenvernehmung an einen anderen Rentenversicherungsträger, da der Zeuge im Einzugsgebiet des ersuchten Rentenversicherungsträgers wohnt, so kann der ersuchte Rentenversicherungsträger das Amtshilfeersuchen an den um Unterstützung bittenden Rentenversicherungsträger mit dem Hinweis zurückgeben, das Ersuchen direkt an ein Versicherungsamt im Wohnbereich des betreffenden Zeugen zu richten, da dieses die Zeugenvernehmung wesentlich einfacher durchführen kann. Zwar ist die Zeugenvernehmung eine Handlung, die dem Versicherungsamt als eigene Aufgabe obliegt (§ 93 Abs. 2 Satz 2 SGB IV) und somit läge keine Amtshilfe vor. Dies gilt aber nur für die Inanspruchnahme eines nach § 93 Abs. 3 SGB IV zuständigen Versicherungsamtes. Zuständig ist das Versicherungsamt, in dessen Bezirk der Versicherte zur Zeit des Antrags seinen Wohnsitz oder Beschäftigungsort hat. Die Inanspruchnahme eines unzuständigen Versicherungsamtes ist demgegenüber Amtshilfe (vergleiche FAO 1/83 TOP 9).

Unverhältnismäßiger Aufwand

Gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 SGB X kann die Behörde das Amtshilfeersuchen ablehnen, wenn die Amtshilfe nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand geleistet werden könnte. Hierbei ist sowohl der finanzielle Aufwand als auch der Aufwand für Personal- und Sachmittel zu betrachten. Unverhältnismäßig groß ist der Aufwand, wenn er in einem erkennbaren oder offensichtlichen Missverhältnis zu dem Aufwand steht, den die ersuchte Behörde für die Erledigung ihrer eigenen Aufgaben benötigt. Die ersuchte Behörde darf die Amtshilfe nur dann ablehnen, wenn sie die erbetene Amtshandlung, wäre sie ihr als eigene Aufgabe übertragen, wegen Unwirtschaftlichkeit nicht durchführen würde.

Kommen für die Amtshilfe mehrere Behörden in Betracht, ist das Ersuchen an die Behörde zu richten, die - sofern dies erkennbar ist - die Hilfe am einfachsten und mit dem geringsten Aufwand leisten kann.

Ernstliche Gefährdung der eigenen Aufgabe

Nach § 4 Abs. 3 Nr. 3 SGB X kann die ersuchte Behörde die Amtshilfe in solchen Fällen ablehnen, in denen sie unter Berücksichtigung der Aufgaben der ersuchenden Behörde durch die Hilfeleistung die Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben ernstlich gefährden würde.

Die eigenen Aufgaben der ersuchten Behörde haben Vorrang, sind aber nicht bereits "ernstlich gefährdet", wenn nur kurzfristige Verzögerungen bei der Erfüllung wichtiger Aufgaben eintreten. Die ersuchte Behörde muss bei der Prüfung der Voraussetzungen die Bedeutung und Dringlichkeit des Anliegens der ersuchenden Behörde in ihre Abwägung mit einbeziehen.

Kein Recht zur Verweigerung der Amtshilfe

Nach § 4 Abs. 4 SGB X darf die ersuchte Behörde die Hilfe aus Gründen der Zweckmäßigkeit nur in den in § 4 Abs. 3 SGB X genannten Ausnahmegründen ablehnen. Über die Frage der Zweckmäßigkeit entscheidet nur die ersuchende Behörde.

Rentenversicherungsträger als ersuchte Behörde

Wird ein Rentenversicherungsträger (zum Beispiel Deutsche Rentenversicherung Bund) von einer anderen Behörde um Amtshilfe ersucht, so ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die andere Stelle den Rentenversicherungsträger berechtigterweise um Amtshilfe ersucht. Regelmäßig ist deshalb Amtshilfe zu leisten, es sei denn, dass die Vorschriften über die Geheimhaltung personenbezogener Daten (§ 35 SGB I in Verbindung mit § 67 ff. SGB X) die Amtshilfe einschränken oder völlig ausschließen oder der Amtshilfe andere rechtliche Gründe entgegenstehen (siehe Abschnitt 3.1).

Wird Amtshilfe von einem Rentenversicherungsträger an einen Sozialleistungsträger in Form einer Auskunft geleistet, können personenbezogene Daten nur offenbart werden, soweit deren Kenntnis für die ersuchende Behörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist (siehe auch GRA zu § 69 SGB X, Abschnitt 2). Fiktive oder anonymisierte Daten werden vom Sozialgeheimnis nicht erfasst und können daher uneingeschränkt mitgeteilt werden.

Soweit ein Rentenversicherungsträger um Übersendung von Versicherungsverläufen, Rentenbescheiden und/oder Probeberechnungen aus dem Versicherungskonto des Versicherten ersucht wird, sind die Ausführungen im GRA zu § 69 SGB X, Abschnitt 10 zu beachten.

Werden Amtshilfeersuchen zur Erfüllung von Aufgaben der Polizeibehörden, der Staatsanwaltschaften und Gerichte, der Behörden der Gefahrenabwehr und der Justizvollzugsanstalten an einen Rentenversicherungsträger herangetragen, sind die Ausführungen im GRA zu § 68 SGB X zu beachten.

Verfahren bei Streitfällen zwischen ersuchter und ersuchender Behörde

Im Amtshilfeverfahren kann zweifelhaft sein, ob eine Verpflichtung zur Durchführung des Amtshilfeersuchens besteht. Für diese Fälle bestimmt § 4 Abs. 5 SGB X, welche Stelle über die Verpflichtung zur Amtshilfe zu bestimmen hat.

Die ersuchte Behörde hat der ersuchenden Behörde mitzuteilen, wenn sie sich nicht zur Hilfe verpflichtet sieht. Damit die Verweigerung der Amtshilfe nicht zu Lasten des Bürgers geht, hat die ersuchte Behörde dieser Verpflichtung unverzüglich nachzukommen. Die Mitteilung der Ablehnung ist kein Verwaltungsakt. Zwar besteht kein Begründungszwang nach § 35 SGB X, dennoch hat die ersuchte Behörde der ersuchenden Behörde den Ablehnungsgrund zu benennen und die Ablehnung näher zu begründen, schon allein deshalb, um der ersuchenden Behörde die Entscheidung zu ermöglichen, ob sie weiterhin auf das Amtshilfeersuchen bestehen sollte. Teilt die ersuchende Behörde nicht die Auffassung der ersuchten Behörde über das Nichtbestehen einer Amtshilfeverpflichtung und besteht weiter auf der Amtshilfe, so entscheidet endgültig die gemeinsame Aufsichtsbehörde oder, wenn keine gemeinsame vorhanden ist, die für die ersuchte Behörde zuständige Aufsichtsbehörde. Sofern die ersuchte Behörde selbst oberste Aufsichtsbehörde ist, ist ihre Entscheidung maßgeblich. Welche Behörde die Angelegenheit an die Aufsichtsbehörde heranzutragen hat, ist gesetzlich nicht geregelt. Es wird in der Regel aber die ersuchende Behörde sein, da sie das stärkere Interesse an der Klärung hat.

Die jeweils zuständigen Rechtsaufsichtsbehörden sind in § 90 SGB IV bestimmt. Diese haben zu prüfen, ob obligatorische Ablehnungsgründe (siehe Abschnitt 3) vorliegen oder das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden ist (siehe Abschnitt 4). Die Aufsichtsbehörde kann bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns aber nicht ihr eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens des Versicherungsträgers setzen, sondern nur feststellen, dass das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden ist. Die Aufsicht über die Deutsche Rentenversicherung Bund führt das Bundesversicherungsamt.

Die Regionalträger unterliegen der Aufsicht der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder oder der von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmten Stellen (zum Beispiel Landesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales).

SGB X vom 18.08.1980 (BGBl. I S. 1469, 2218)

Inkrafttreten: 01.01.1981

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 8/2034

§ 4 SGB X wurde mit dem SGB X vom 18.08.1980 (BGBl. I S. 1469) eingeführt und ist ab dem 01.01.1981 in Kraft (Art. 2 § 40 Abs. 1 SGB X). Seither ist er nicht mehr verändert worden.

Nach dem Einigungsvertragsgesetz vom 23.09.1990 (BGBl. II S. 885) ist § 4 SGB X in den neuen Bundesländern für den Bereich der Rentenversicherung ab dem 01.01.1991 anzuwenden.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 4 SGB X