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§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB VI: Anrechnungszeiten - Bezug von Bürgergeld

Änderungsdienst
veröffentlicht am

02.01.2023

Änderung

MIt Inkrafttreten des Bürgergeld-Gesetzes am 01.01.2023 wird das bisherige Arbeitslosengeld II durch das Bürgergeld im Sinne des § 19 Abs. 1 S. 1 SGB II abgelöst werden. Die GRA wurde daher komplett überarbeitet.

Dokumentdaten
Stand28.11.2022
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom xx.xx.2022, in Kraft getreten am 01.01.2023
Rechtsgrundlage

§ 58 SGB VI

Version003.00
Schlüsselwörter
  • 4

  • 0601

  • 0603

  • 0610

  • 7-60

Inhalt der Regelung

§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 SGB VI regelt, dass Zeiten des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 S. 1 SGB II unter bestimmten Voraussetzungen als Anrechnungszeiten zu berücksichtigen sind.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 58 Abs. 1 S. 3 SGB VI regelt die (Nicht-)Berücksichtigung von Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit neben Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 S. 1 SGB II (siehe GRA zu § 58 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VI, Abschnitt 3).

§ 252 Abs. 10 SGB VI regelt, dass Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld II in der Zeit vom 01.01.2011 bis 31.12.2022 als Anrechnungszeiten zu berücksichtigen sind, sofern keine Ausschlussgründe vorliegen (zum Beispiel darlehensweiser Bezug oder gleichzeitige Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in der Zeit vom 01.01.2011 bis 31.12.2012). Zu den Einzelheiten und weiteren Ausschlussgründen siehe GRA zu § 252 SGB VI, Abschnitt 15.

Anwendbarkeit der Regelung des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 SGB VI

Mit Inkrafttreten des Bürgergeld-Gesetzes am 01.01.2023 ist in § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 SGB VI das Arbeitslosengeld II durch das Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 S. 1 SGB II ersetzt worden. Die Berücksichtigung von Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld kommt daher erst für Zeiten ab 01.01.2023 in Betracht.

Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Zeiten des Bezugs von Bürgergeld als Anrechnungszeiten

Die Berücksichtigung von Anrechnungszeiten im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 SGB VI setzt voraus, dass

  • Versicherte Bürgergeld bezogen haben (siehe Abschnitt 3.1)
    und
  • der Leistungsbezug nicht auf Gründen beruht, die die Berücksichtigung einer Anrechnungszeit ausschließen (siehe Abschnitt 3.2).

Die Unterbrechung einer "versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit" im Sinne des § 58 Abs. 2 S. 1 SGB VI ist nicht erforderlich.

Bezug von Bürgergeld

Anrechnungszeiten im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 SGB VI sind zu berücksichtigen, wenn Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 S. 1 SGB II (im Folgenden kurz "Bürgergeld") tatsächlich - auch als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft - bezogen worden ist.

Das Bürgergeld umfasst folgende Leistungen (§§ 19 ff. SGB II):

  • Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts
  • Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt
  • Bedarfe für Unterkunft und Heizung

Beachte:

Zeiten des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 S. 2 SGB II (vormals Sozialgeld) sind nicht als Anrechnungszeiten im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 SGB VI zu berücksichtigen.

Voraussetzung für die Berücksichtigung von Anrechnungszeiten im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 SGB VI ist der tatsächliche Bezug von Bürgergeld. Daher beginnen entsprechende Anrechnungszeiten mit dem Tag, für den das Bürgergeld erstmalig gezahlt wird. Sie enden mit dem Tag, für den die Leistung letztmalig gezahlt wird.

Nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II erhalten Bürgergeld Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben. Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld können daher frühestens am Tag des 15. Geburtstages beginnen. In Anwendung von § 7a SGB II enden sie mit Ablauf des Monats, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wird.

Entfällt der Anspruch auf Bürgergeld rückwirkend und wird deshalb der Leistungsbescheid aufgehoben und die Leistung zurückgezahlt, ist keine Anrechnungszeit gegeben. In diesem Fall wurde Bürgergeld tatsächlich nicht (mehr) bezogen.

Wurde Bürgergeld bezogen und wird rückwirkend eine Rente bewilligt, kommt eine Berücksichtigung als Anrechnungszeit für den Zeitraum in Betracht, für den ein Erstattungsanspruch aus der Rentennachzahlung geltend gemacht wird. Während des Erstattungszeitraumes ist weiterhin der Tatbestand des Bezugs von Bürgergeld gegeben (siehe GRA zu § 107 SGB X, Abschnitt 3.2). Kommt hingegen ein Erstattungsanspruch nicht in Betracht und hebt der SGB II-Leistungsträger wegen einer Rentenbewilligung den Bescheid über den Anspruch auf Bürgergeld auf, liegt eine Anrechnungszeit nicht vor.

Für Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld kommt es nicht auf das Vorliegen von Arbeitslosigkeit im Sinne des SGB III an. Entsprechende Anrechnungszeiten können daher auch dann gegeben sein, wenn während des Bezugs von Bürgergeld eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung (sogenannter „1-Euro-Job“) mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden ausgeübt wird.

Bezug von Bürgergeld - Ausschlussgründe

Anrechnungszeiten im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 SGB VI sind nicht zu berücksichtigen, wenn

Darlehensweiser Bezug

Eine Anrechnungszeit wegen des Bezugs von Bürgergeld ist nicht gegeben, wenn das Bürgergeld nur darlehensweise bezogen wurde (§ 58 S. 1 S. 1 Nr. 6 Buchst. a SGB VI).

Darlehensweise wird Bürgergeld gezahlt, wenn

  • Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in besonderen Härtefällen bei Auszubildenden (Schülern) gewährt werden (§ 7 Abs. 5 SGB II in Verbindung mit § 27 Abs. 3 SGB II),
  • Hilfebedürftigkeit nur deswegen besteht, weil dem Arbeitsuchenden der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder dies eine besondere Härte darstellen würde (§ 9 Abs. 4 SGB II, § 24 Abs. 5 S. 1 SGB II),
  • Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile erbracht und/oder Schulden für Unterkunft/Heizung übernommen werden (§ 22 Abs. 6 und 8 SGB II),
  • Leistungen nach § 24 Abs. 1 SGB II erbracht werden,
  • in einem Monat, für den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen oder einmalige Leistungen bereits verbraucht wurden (§ 24 Abs. 4 SGB II).

Leistungen mit Zweckbindung

Eine Anrechnungszeit wegen des Bezugs von Bürgergeld ist nicht gegeben, wenn ausschließlich Leistungen nach § 24 Abs. 3 S. 1 SGB II bezogen wurden (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 Buchst. b SGB VI). Dabei handelt es sich um Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie um Leistungen für die Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten. Wurden jedoch die Leistungen nach § 24 Abs. 3 S. 1 SGB II zusätzlich zum Beispiel zu den Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gezahlt, ist aufgrund des Bezugs der Regelleistungen eine Anrechnungszeit gegeben.

Ausschluss von Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit

Nach § 58 Abs. 1 S. 3 SGB VI schließen nach Vollendung des 25. Lebensjahres Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld die Berücksichtigung von Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VI aus (siehe GRA zu § 58 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VI, Abschnitt 3).

Nachweis des Bezugs von Bürgergeld

Die Anrechnungszeittatsachen im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 SGB VI sind nur berücksichtigungsfähig, wenn sie nachgewiesen werden. Grundsätzlich werden die Zeiten des Bezugs von Bürgergeld im Rahmen des § 39 Abs. 2 DEÜV vom zuständigen Leistungsträger gemeldet (siehe GRA zu § 193 SGB VI). Sind entsprechende Anrechnungszeiten durch den Leistungsträger nicht gemeldet worden, sind nach § 21 SGB X alle sonstigen Nachweise möglich und zulässig, die Auskunft über diese Zeiten geben können; zum Beispiel Leistungsnachweise und Bescheinigungen des Leistungsträgers. Aus den Nachweisen müssen sich gegebenenfalls auch die Ausschlussgründe für die Anrechnungszeit (vergleiche Abschnitt 3.2) ergeben.

Zuordnung zur knappschaftlichen Rentenversicherung

Wegen der Zuordnung der Anrechnungszeiten zur knappschaftlichen Rentenversicherung siehe GRA zu § 60 SGB VI.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 58 SGB VI