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§ 68a SGB VI: Schutzklausel

Änderungsdienst
veröffentlicht am

26.09.2022

Änderung

Die GRA wurde aufgrund des Rentenanpassungs- und Erwerbsminderungsrenten-Bestandsverbesserungsgesetzes überarbeitet.

Dokumentdaten
Stand19.09.2022
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze vom 15.07.2009 in Kraft getreten am 22.07.2009
Rechtsgrundlage

§ 68a SGB VI

Version003.00

Inhalt der Regelung

Absatz 1 der Vorschrift enthält eine Schutzklausel für die Veränderung des aktuellen Rentenwertes zum 1. Juli eines Jahres. Danach vermindert sich der bisherige aktuelle Rentenwert nicht, wenn der nach § 68 SGB VI berechnete aktuelle Rentenwert geringer ist als der bisherige aktuelle Rentenwert. Ergänzend zu dieser Garantie gegen Rentenkürzungen wird geregelt, dass die unterbliebene Minderungswirkung bei späteren Rentenerhöhungen im Wege einer Verrechnung auszugleichen ist, ohne dass es dadurch wiederum zu einer Minderung des bisherigen aktuellen Rentenwertes kommen darf. Die unterbliebene Minderungswirkung wird als Ausgleichsbedarf bezeichnet.

Kommt es erneut zur Anwendung der Schutzklausel, wird der Ausgleichsbedarf mit dem nach Absatz 2 zu bestimmenden Ausgleichsfaktor fortgeschrieben.

Nach Absatz 3 führen mögliche Rentenerhöhungen demgegenüber zur Abschmelzung des Ausgleichsbedarfs. Die Rentenerhöhungen werden in diesen Jahren nur in entsprechend verminderter Höhe vorgenommen.

In den Jahren, in denen es weder zur Anwendung der Schutzklausel und damit zur Fortschreibung des Ausgleichsbedarfs noch zur Abschmelzung des Ausgleichsbedarfs kommt, bleibt der Ausgleichsbedarf gemäß Absatz 4 unverändert.

Für den Ausgleichsbedarf beziehungsweise seine Fortschreibung und Abschmelzung wird auch der Begriff „Nachholfaktor“ verwendet.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Die Vorschrift ergänzt § 68 SGB VI (Aktueller Rentenwert). In Verbindung mit § 255a Abs. 4 SGB VI in der Fassung bis 31.12.2017 ergänzte die Vorschrift die Regelungen zur Veränderung des aktuellen Rentenwertes (Ost) bis zum 01.07.2017 in § 255a Abs. 1 bis 3 SGB VI in der Fassung bis 31.12.2017. Andererseits enthalten die folgenden Vorschriften ergänzende Regelungen zu § 68a SGB VI:

Mit § 255d SGB VI in der Fassung bis 21.04.2015 wurde der Ausgleichsbedarf zum 30.06.2007 festgelegt. Die Anwendung der Schutzklausel für die Zeit vom 01.07.2005 bis zum 01.07.2013 war in § 255e Abs. 5 SGB VI in der Fassung bis 30.06.2018 geregelt. Die in Absatz 3 der Vorschrift vorgesehene Verrechnung unterbliebener Rentenminderungen (Ausgleichsbedarf) mit künftigen Rentenerhöhungen durfte nach § 255g Abs. 2 SGB VI in der Fassung bis 21.04.2015 erst seit dem Jahr 2011 vorgenommen werden.

Die Veränderung des Ausgleichsbedarfs erfolgt gemäß § 69 Abs. 1 SGB VI durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates. Die entsprechende Verordnungsermächtigung zur Veränderung des Ausgleichsbedarfs (Ost) bis zum 01.07.2017 befand sich in § 255b Abs. 1 SGB VI in der Fassung bis 31.12.2017. Für die Zeit ab 01.07.2018 ist eine Bestimmung des Ausgleichsbedarfs (Ost) nicht mehr erforderlich, weil der aktuelle Rentenwert (Ost) seitdem im Verhältnis zum aktuellen Rentenwert festgesetzt wird (vergleiche GRA zu § 255a SGB VI und GRA zu § 255b SGB VI).

Nach § 255g SGB VI in der Fassung vom 01.01.2019 bis 30.06.2022 betrug der Ausgleichsbedarf bis zum 30.06.2022 1,0000. Bis zu diesem Zeitpunkt fand eine Berechnung des Ausgleichsbedarfs nicht statt (vergleiche GRA zu § 255g SGB VI).

Durch § 255h SGB VI wird die Berechnung des Ausgleichsbedarfs wieder eingeführt, jedoch unter Beachtung der Haltelinie für das Rentenniveau von mindestens 48 Prozent (siehe GRA zu § 255h SGB VI).

Der durch § 255g SGB VI in der Fassung ab 01.07.2022 bestimmte Wert des Ausgleichsbedarfs ab dem 01.07.2021 in Höhe von 0,9883 ist Basis für die Verrechnung unterbliebener Minderungswirkungen aus der Rentenanpassung 2021 und damit für die weitere Berechnung des Ausgleichsbedarfs ab dem 01.07.2022.

Erweiterte Schutzklausel (Garantie gegen Rentenkürzungen)

Für die Rentenanpassung zum 1. Juli eines Jahres sind nach § 68 Abs. 1 S. 3 SGB VI die folgenden drei Faktoren von Bedeutung:

  • die Veränderung der Bruttolöhne und ‑gehälter je Arbeitnehmer,
  • die Veränderung des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung und
  • die Veränderung des Verhältnisses der Anzahl von Rentnern zur Anzahl von Beitragszahlern (Nachhaltigkeitsfaktor).

Dabei kommt es jeweils auf die Veränderungen im vergangenen Kalenderjahr gegenüber dem vorvergangenen Kalenderjahr an.

Grundsätzlich können alle drei Faktoren sowohl Rentenerhöhungen als auch Rentenminderungen bewirken. Die in Absatz 1 Satz 1 der Vorschrift enthaltene erweiterte Schutzklausel (Garantie gegen Rentenkürzungen, siehe Historie) stellt jedoch sicher, dass eine Minderung des aktuellen Rentenwertes aufgrund der Rentenanpassungsformel des § 68 SGB VI generell ausgeschlossen ist. Ausgeschlossen ist damit auch eine Verminderung des aktuellen Rentenwertes infolge einer negativen Bruttolohnentwicklung.

Bewirken die drei Faktoren der Rentenanpassungsformel des § 68 SGB VI in ihrer Summe eine Erhöhung des aktuellen Rentenwertes, bleiben sie selbst dann anwendbar, wenn einer der Faktoren für sich zu einer Verminderung des aktuellen Rentenwertes führen würde. Die anpassungsmindernde Wirkung eines Faktors kann also durch die Anwendung der anderen Faktoren ausgeglichen oder sogar überlagert werden.

Durch die Schutzklausel in der bis zum 21.07.2009 geltenden Fassung (siehe Historie) sind in den alten Bundesländern Rentenminderungen von insgesamt 1,78 Prozent verhindert worden, in den neuen Bundesländern waren es 1,32 Prozent. Diese unterbliebenen Rentenminderungen mussten aufgrund der Modifikation der Schutzklausel zum 01.03.2007 mit nachfolgenden Rentenerhöhungen verrechnet werden, um die langfristigen Beitragssatz- und Niveausicherungsziele in der gesetzlichen Rentenversicherung einhalten zu können. Dasselbe gilt für Rentenminderungen, die bei den Rentenanpassungen vom 01.07.2010 an durch die erweiterte Schutzklausel verhindert werden. Die Verrechnung unterbliebener Rentenminderungen (Ausgleichsbedarf) mit nachfolgenden Rentenerhöhungen darf allerdings erst seit dem Jahr 2011 vorgenommen werden (§ 255g Abs. 2 SGB VI in der Fassung bis 21.04.2015). Sie darf nicht zu einer Minderung des bisherigen aktuellen Rentenwertes führen.

Fortschreibung des Ausgleichsbedarfs

Der Ausgleichsbedarf aufgrund der Anwendung der Schutzklausel seit dem 01.07.2005 belief sich zum 30.06.2007 auf 0,9825 (§ 255d Abs. 1 SGB VI in der Fassung bis 21.04.2015). Das entsprach unterbliebenen Rentenminderungen von insgesamt 1,78 Prozent (1,0000 geteilt durch 0,9825 gleich 1,0178). Kommt es erneut zur Anwendung der Schutzklausel, wird der Ausgleichsbedarf mit dem nach Absatz 2 der Vorschrift zu bestimmenden Ausgleichsfaktor fortgeschrieben. So führte die Anwendung der erweiterten Schutzklausel bei der Rentenanpassung zum 01.07.2010 zu einem weiteren Aufbau des Ausgleichsbedarfs auf 0,9619. Das entsprach unterbliebenen Rentenminderungen von insgesamt 3,96 Prozent (1,0000 geteilt durch 0,9619 gleich 1,0396).

Der Ausgleichsfaktor verkörpert die unterbliebene Rentenminderung durch die Anwendung der Schutzklausel des Absatzes 1. In den betroffenen Jahren ist der nach der allgemeinen Rentenanpassungsformel des § 68 SGB VI rechnerisch ermittelte aktuelle Rentenwert kleiner als der bisherige aktuelle Rentenwert. Der Ausgleichsfaktor errechnet sich, indem der rechnerisch ermittelte ‑ kleinere ‑ aktuelle Rentenwert durch den ‑ höheren ‑ bisherigen aktuellen Rentenwert geteilt wird. Der so errechnete Wert wird deshalb als Ausgleichsfaktor bezeichnet, weil er die Veränderung des Ausgleichsbedarfs steuert. Der Ausgleichsbedarf verändert sich im Zeitverlauf, indem in den Jahren, in denen die Schutzklausel wirkt, der Wert des Vorjahres mit dem Ausgleichsfaktor des laufenden Jahres multipliziert wird.

Mathematisch gesehen handelt es sich beim Ausgleichsbedarf und beim Ausgleichsfaktor jeweils um die Kehrwerte unterbliebener Rentenminderungen. Der Ausgleichsbedarf und der Ausgleichsfaktor sind deshalb desto geringer, je höher die unterbliebenen Rentenminderungen sind.

Abschmelzung des Ausgleichsbedarfs

Mögliche Rentenerhöhungen ab dem Jahr 2011 (vergleiche § 255g Abs. 2 SGB VI in der Fassung bis 21.04.2015) führen nach Absatz 3 der Vorschrift zur Abschmelzung des Ausgleichsbedarfs. Die Abschmelzung des Ausgleichsbedarfs führt aber nicht dazu, dass die Rentner auf Rentenerhöhungen verzichten müssen. Denn der durch die Anwendung der Schutzklausel entstandene Ausgleichsbedarf wird nicht durch eine vollständige Verrechnung mit möglichen Rentenerhöhungen abgeschmolzen. Im Interesse der Generationengerechtigkeit und mit Blick auf die Lohnorientierung der Rente erfolgt lediglich eine Halbierung möglicher Rentenerhöhungen.

Eine Abschmelzung des Ausgleichsbedarfs kommt seit dem 01.07.2011 dann in Betracht, wenn der nach der allgemeinen Rentenanpassungsformel des § 68 SGB VI rechnerisch ermittelte aktuelle Rentenwert größer ist als der bisherige aktuelle Rentenwert und der im Vorjahr bestimmte Wert des Ausgleichsbedarfs kleiner als 1,0000 ist. Hierzu wird zunächst der rechnerisch ermittelte ‑ höhere ‑ aktuelle Rentenwert durch den ‑ kleineren ‑ bisherigen aktuellen Rentenwert geteilt. Dieser Faktor wird als Anpassungsfaktor bezeichnet. Aus dem Anpassungsfaktor wird sodann der hälftige Anpassungsfaktor ermittelt, indem der Anpassungsfaktor um 1 vermindert, durch 2 geteilt und um 1 erhöht wird. Sowohl der bisherige aktuelle Rentenwert als auch der bisherige Ausgleichsbedarf werden mit dem hälftigen Anpassungsfaktor vervielfältigt.

Ergibt sich nach der Vervielfältigung des bisherigen Ausgleichsbedarfs mit dem hälftigen Anpassungsfaktor ein Wert größer als 1,0000, so bedeutet dies, dass der Ausgleichsbedarf so weit abgeschmolzen ist, dass eine Halbierung des Anpassungsfaktors nicht mehr erforderlich ist. In diesem Fall wird die Anpassung nur in dem Umfang reduziert, wie es zur Abschmelzung des verbliebenen Ausgleichsbedarfs notwendig ist. Der reduzierte Anpassungsfaktor ergibt sich durch Vervielfältigung des Anpassungsfaktors mit dem verbliebenen Ausgleichsbedarf.

Nach einer derart reduzierten Rentenanpassung ist der Ausgleichsbedarf vollständig abgeschmolzen, weil er dann 1,0000 beträgt. Die Abschmelzung des Ausgleichsbedarfs ist in den alten Bundesländern zum 01.07.2014 abgeschlossen worden, der Ausgleichsbedarf beläuft sich nunmehr auf 1,0000. Der Ausgleichsbedarf (Ost) in den neuen Bundesländern war bereits zum 01.07.2012 vollständig abgeschmolzen. Für die Zeit ab 01.07.2018 wird ein Ausgleichsbedarf (Ost) nicht mehr bestimmt.

Keine Veränderung des Ausgleichsbedarfs

Kommt es weder zur Anwendung der Schutzklausel noch zur Abschmelzung des Ausgleichsbedarfs, bleibt der Ausgleichsbedarf gemäß Absatz 4 der Vorschrift ‑ wie zum Beispiel in den Jahren von 2007 bis 2009 ‑ unverändert.

Bei den Rentenanpassungen vom 01.07.2019 bis 01.07.2021 betrug der Ausgleichsbedarf jeweils unverändert 1,0000. Rechtsgrundlage hierfür war aber nicht § 68a Abs. 4 SGB VI, sondern die Sonderregelung des § 255g SGB VI in der Fassung vom 01.01.2019 bis 30.06.2022 (vergleiche GRA zu § 255g SGB VI).

Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze vom 15.07.2009 (BGBl. I S. 1939)

Inkrafttreten: 22.07.2009

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 16/13424

Durch Artikel 4 Nummer 3 des Gesetzes zur Änderung des SGB IV, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze wurde die im Absatz 1 Satz 1 der Vorschrift enthaltene Schutzklausel mit Wirkung ab 22.07.2009 (Artikel 10 Absatz 1 des Gesetzes) in der Weise erweitert, dass eine Minderung des aktuellen Rentenwertes aufgrund der Anwendung der Rentenanpassungsformel des § 68 SGB VI generell ausgeschlossen ist (Garantie gegen Rentenkürzungen). Im Unterschied zur bisherigen Schutzklausel gilt der Ausschluss der Minderung des aktuellen Rentenwertes nun nicht nur in Bezug auf die Minderungswirkung der anpassungsdämpfenden Faktoren in der Rentenanpassungsformel, sondern auch für den Fall einer negativen anpassungsrelevanten Lohnentwicklung. Eine negative Lohnentwicklung kann somit nicht zu Rentenminderungen führen. Da die unterbliebene Minderungswirkung nach Absatz 3 der Vorschrift auch insoweit nachgeholt wird, folgen die Renten grundsätzlich weiterhin der Lohnentwicklung und das Prinzip der lohnbezogenen Rente bleibt gewahrt.

Im Absatz 2 Satz 1 der Vorschrift wurden die Wörter „nach Absatz 1 Satz 1 ermittelten“ durch das Wort „bisherigen“ ersetzt. Dabei handelte es sich um eine Folgeänderung aufgrund der erweiterten Schutzklausel im Absatz 1 Satz 1 der Vorschrift.

RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl. I S. 554)

Inkrafttreten: 01.03.2007

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 16/3794

§ 68a SGB VI wurde durch Artikel 1 Nummer 20 des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpas­sungsgesetz) zum 01.03.2007 (Artikel 27 Absatz 6 des Gesetzes) in das SGB VI eingefügt.

Die bis zum 28.02.2007 in § 68 Abs. 6 SGB VI enthaltene Schutzklausel bei der Veränderung des aktuellen Rentenwertes hat in Absatz 1 Satz 1 der neuen Vorschrift ihren Niederschlag gefunden. Danach waren der Faktor für die Veränderung des durchschnittlichen Beitragssatzes in der allgemeinen Rentenversicherung und der Nachhaltigkeitsfaktor so weit nicht anzuwenden, als die Wirkung dieser Faktoren in ihrem Zusammenwirken den bisherigen aktuellen Rentenwert verminderte oder einen geringeren als bisher festzusetzenden aktuellen Rentenwert zusätzlich verminderte. In den weiteren Regelungen der Vorschrift ist diese Schutzklausel modifiziert worden.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 68a SGB VI