§ 14 SGB IV Abfindungen: Arbeitsentgelt
veröffentlicht am |
12.11.2019 |
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Änderung | Aktualisierung des Abschnitts 5 und Ergänzung von Urteilen |
Stand | 15.11.2017 |
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Rechtsgrundlage | |
Version | 001.01 |
- Allgemeines
- Echte Abfindung - kein Arbeitsentgelt
- Unechte Abfindung - Arbeitsentgelt (Abgeltung arbeitsrechtlich bereits erworbener Ansprüche)
- Sonderzuwendungen im Rahmen eines Sozialplans
- Abfindung einer betrieblichen Altersversorgung
Allgemeines
Unter Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten oder gerichtlich ausgesprochenen Auflösung des Dienstverhältnisses sind Entschädigungen zu verstehen, die der Arbeitnehmer als Ausgleich für die mit der Auflösung des Dienstverhältnisses verbundenen Nachteile erhält, insbesondere also für den Verlust des Arbeitsplatzes und für den Wegfall von Verdienstmöglichkeiten (BFH-Urteil vom 13.10.1978, AZ: VI R 91/77). Hierzu gehören in erster Linie Abfindungen aufgrund der §§ 9 und 10 des Kündigungsschutzgesetzes oder der §§ 111 bis 113 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetzes).
Die beitragsrechtliche Beurteilung einer Abfindung hängt im Wesentlichen davon ab, ob das Beschäftigungsverhältnis weiter fortbesteht.
Echte Abfindung - kein Arbeitsentgelt
Abfindungen wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellen kein Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung dar und unterliegen daher nicht der Beitragspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (BSG vom 21.02.1990, AZ: 12 RK 20/88). Das BSG stützt seine Entscheidung darauf, dass eine solche Abfindung, die als Entschädigung für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten durch den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt wird, zeitlich nicht der früheren Beschäftigung zuzuordnen ist. Die Beitragspflicht kann daher nicht mehr auf die frühere, inzwischen weggefallene Versicherungspflicht gegründet werden. In diesen Fällen handelt es sich um eine sogenannte echte Abfindungen.
Damit hat das BSG ebenso entschieden wie das Bundesarbeitsgericht (BAG-Urteil vom 09.11.1988, AZ: 4 AZR 433/38). Die Träger der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung haben durch gemeinsames Rundschreiben vom 02.07.1990 bekanntgegeben, dass dem Urteil gefolgt wird.
Bis zur BSG-Entscheidung im Jahr 1990 wurden Abfindungen als Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV gewertet und zur Beitragspflicht in der Sozialversicherung herangezogen, soweit nicht Steuerfreiheit bestand. Zum damaligen Zeitpunkt waren nach § 3 Nummer 9 EStG Abfindungen bis zu einem Höchstbetrag von 24.000,00 DM steuerfrei. Sofern der Arbeitnehmer das 50. Lebensjahr vollendet und das Dienstverhältnis mindestens 15 Jahre bestanden hat, blieb eine Abfindung bis zu 30.000,00 DM und falls der Arbeitnehmer das 55. Lebensjahr vollendet und das Dienstverhältnis mindestens 20 Jahre bestanden hat, bis zu 36.000,00 DM steuerfrei. Die über diesen Rahmen hinausgehenden steuerpflichtigen Beträge wurden als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt angesehen.
Kein Arbeitsentgelt stellen Abfindungen dar, die aus steuerlichen Gründen vor dem 01.01.2006 vereinbart wurden (Aufhebung von § 3 Nummer 9 EStG mit Wirkung ab 01.01.2006 durch Art. 1 des Gesetzes zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm vom 22.12.2005; BGBl. I S. 3682), erst nach dem 31.12.2007 fällig sind, aber vorzeitig ausgezahlt oder stattdessen einem Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung zugeführt werden (SVBEIEC 1/2006, TOP 7).
Abfindung aus Anlass der Beendigung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses
Abfindungen aus Anlass der Beendigung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses (zum Beispiel zum Ausgleich einer Rentenminderung bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente) sind als Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes im Sinne der Rechtsprechung des BSG vom 21.02.1990 (AZ: 12 RK 20/88) anzusehen und gehören damit nicht zum Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung.
Unechte Abfindung - Arbeitsentgelt (Abgeltung arbeitsrechtlich bereits erworbener Ansprüche)
Zahlungen von rückständigem Arbeitsentgelt anlässlich einer einvernehmlichen Beendigung von Arbeitsverhältnissen oder ihrer gerichtlichen Auflösung im Kündigungsschutzprozess, selbst wenn sie von den Beteiligten als „Abfindung“ bezeichnet worden sind, sind als Arbeitsentgelt dem beendeten Beschäftigungsverhältnis zuzuordnen und unterliegen somit der Beitragspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (so auch BSG vom 21.02.1990, AZ: 12 RK 65/87). In diesen Fällen handelt es sich um sogenannte unechte Abfindungen.
Das BSG hat mit zwei Urteilen vom 28.01.1999 (AZ: B 12 KR 14/98 R und B 12 KR 6/98 R) die bisherige Rechtsprechung dahingehend ergänzt, dass auch solche Abfindungen Arbeitsentgelt sind, die bei Fortsetzung des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach einer Änderungskündigung oder einer einvernehmlichen Änderung des Arbeitsvertrages als Gegenleistung für die Verschlechterung von Arbeitsbedingungen gezahlt werden.
Soweit die Abfindung ohne Beendigung der Beschäftigung als außerordentliche Einkünfte nach § 24 Nummern 1a oder 1b in Verbindung mit § 34 EStG behandelt wird, betrifft das nur den Steuertarif. Die steuerliche Vergünstigung hat keine Auswirkungen auf die Beitragspflicht in der Sozialversicherung. Diese Zahlungen sind als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nach § 23a SGB IV beitragsrechtlich dem letzten Entgeltabrechnungszeitraum zuzuordnen, in dem sie ausgezahlt werden.
Sind in einer „zur Abgeltung aller Ansprüche“ vereinbarten Pauschalzahlung sowohl Nachzahlungen für das Beschäftigungsverhältnis als auch Abfindungen für die Zeit danach enthalten, so ist für die Beurteilung der Beitragspflicht eine Aufschlüsselung erforderlich.
Sonderzuwendungen im Rahmen eines Sozialplans
Die nach einem Sozialplan an ausscheidende Arbeitnehmer zu zahlenden Sonderzuwendungen (wie Jubiläumsgelder oder tarifliche Sonderzahlungen) sind keine Abfindungen im Sinne des Abschnittes 2, wenn auf diese Zahlungen außerhalb des Sozialplans ein gesonderter Rechtsanspruch der Arbeitnehmer bestehen würde. Um eine solche Abgeltung vertraglicher Ansprüche handelt es sich, wenn der Arbeitnehmer aufgrund von Betriebsvereinbarungen, Tarifverträgen und anderen einen Rechtsanspruch bis zum Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses erlangt hat.
Abfindung einer betrieblichen Altersversorgung
Soweit einem Arbeitnehmer aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber Leistungen der Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung zugesagt werden, handelt es sich um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (§ 1 Abs. 1 BetrAVG).
Abfindungen von verfallbaren und unverfallbaren Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung beziehungsweise Auszahlungen von Rückkaufswerten stellen kein Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV dar.
Die Sozialgerichtsbarkeit (Urteile des BSG’s vom 25.08.2004, AZ: B 12 KR 30/03 R und vom 25.04.2012, AZ: B 12 KR 26/10 R, Urteil des LSG’s Baden-Württemberg vom 24.03.2015, AZ: L 11 R 1130/14) hat in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass es sich bei vor dem Eintritt des Versicherungsfalles ausgezahlten Abfindungen von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung sowohl nach beendetem als auch bei bestehendem Beschäftigungsverhältnis um Versorgungsbezüge in Form einer Kapitalleistung nach § 229 Abs. 1 S. 3 SGB V handelt (SVBEIEC 1/2016 TOP 4).
Weitere Hinweise zur betrieblichen Altersversorgung sind der GRA zu § 14 SGB IV Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung: Arbeitsentgelt zu entnehmen.