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§ 34 SGB I: Begrenzung von Rechten und Pflichten

Änderungsdienst
veröffentlicht am

08.03.2021

Änderung

Abschn. 4 wurde aktualisiert und in Abschn. 5 wurde der Hinweis für Witwerrenten aus Ländern mit Mehrehe präzisiert.

Dokumentdaten
Stand02.03.2021
Rechtsgrundlage

§ 34 SGB I

Version002.00

Inhalt der Regelung

§ 34 Abs. 1 SGB I findet bei nach ausländischem Recht zu beurteilenden familienrechtlichen Tatbeständen Anwendung und soll sicherstellen, dass dabei nur solche Rechtsverhältnisse Berücksichtigung finden, die auch im deutschen Familienrecht existieren und solchen vergleichbar sind. § 34 Abs. 1 SGB I ist somit der Ausschluss unerwünschter Ausweitungen sozialrechtlicher Ansprüche, die sich aus der Anwendung des internationalen Rechts ergeben können.

Nach § 34 Abs. 2 SGB I werden Ansprüche mehrerer Ehegatten auf eine Witwen- oder Witwerrente (Ansprüche aus einer polygamen Ehe) anteilig und endgültig aufgeteilt.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB)

Das deutsche internationale Privatrecht bestimmt in Fällen mit Auslandsberührung, welche Rechtsordnung zur Anwendung kommt.

Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch

§ 34 Abs. 1 SGB I bezieht sich auf alle Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch, die ein familienrechtliches Rechtsverhältnis voraussetzen. Nicht entscheidend ist, ob sich die Rechte aus einem Gesetz im formellen Sinne, einer Rechtsverordnung oder aus autonomen Rechtsvorschriften ergeben.

Ausländische familienrechtliche Rechtsverhältnisse

Familienrechtliche Rechtsverhältnisse im Sinne des § 34 Abs. 1 SGB I finden sich häufig als Tatbestandsvoraussetzungen von Rechten und Pflichten im Sozialgesetzbuch. Anhaltspunkte dafür, welche Rechtsverhältnisse im Einzelnen darunter fallen, geben die Art. 13 ff. EGBGB. Danach gehören hierzu die Eheschließung, der eheliche Güterstand, die Ehescheidung, die gesetzliche Unterhaltspflicht, die eheliche und nichteheliche Kindschaft, die Legitimation und Annahme des Kindes, die Vormundschaft, Betreuung und Pflegschaft sowie die gesetzliche Erbfolge.

Haben familienrechtliche Rechtsverhältnisse einen Auslandsbezug, weil ein oder mehrere Beteiligte die ausländische Staatsangehörigkeit haben oder im Ausland wohnen oder sich dort gewöhnlich aufhalten, so ist für die Beurteilung der Frage, welche Rechtsordnung auf das Rechtsverhältnis anzuwenden ist, das Internationale Privatrecht maßgebend (Art. 3 EGBGB). Damit wird in der Regel auf das deutsche Internationale Privatrecht Bezug genommen, insbesondere auf die Art. 13 ff. EGBGB.

Bestehen zweiseitige Abkommen, die die Anwendbarkeit des Rechts eines bestimmten Staates fordern, so sind diese vorrangig (Art. 3 Abs. 2 EGBGB).

Die Bundesrepublik Deutschland hat mit fast allen europäischen Staaten und mit zahlreichen Staaten außerhalb Europas Abkommen über Fragen der sozialen Sicherheit abgeschlossen, sodass der Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 SGB I wesentlich beschränkt ist.

Vergleichbares Rechtsverhältnis eines anderen Staates

Ein familienrechtliches Rechtsverhältnis, das gemäß Internationalem Privatrecht dem Recht eines anderen Staates unterliegt und nach diesem besteht, reicht für die Begründung von Rechten und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch nur aus, wenn es dem entsprechenden Rechtsverhältnis im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs vergleichbar ist ("entspricht"). Vergleichbarkeit ist gegeben, soweit die zu beurteilenden Rechtsverhältnisse auch im deutschen Familienrecht existieren und zudem die durch das Rechtsverhältnis im fremden Recht geschaffene familienrechtliche Stellung auch sozialrechtlich vergleichbar ist.

Polygame Ehen (Mehrehen), die in einem der in der GRA zu § 46 SGB VI, Abschnitt 4 genannten Ländern nach dortigem Recht eingegangen werden können, würden zunächst an einer Vergleichbarkeit mit deutschem (Sozial-)Recht scheitern, da dieses von einer monogamen Ehe ausgeht. Da aber § 34 Abs. 2 SGB I das Bestehen polygamer Ehen dem Grunde nach anerkennt und nur die Rechtsfolgen regelt, wird man von einer grundsätzlichen Anerkennung der polygamen Ehen im deutschen Sozialrecht für Hinterbliebenenrenten ausgehen müssen.

Nachdem die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft durch § 33b SGB I (eingefügt durch Art. 3 § 48 des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften vom 16.02.2001 - BGBl. I S. 266) als der Ehe ähnliches Verhältnis ausdrücklich anerkannt worden ist und der gleichgeschlechtliche Lebenspartner in vielen Bereichen dem Ehegatten gleichgestellt wird, ist auch die nach ausländischem Recht wirksam begründete gleichgeschlechtliche Ehe oder Partnerschaft grundsätzlich als dem deutschen Recht vergleichbar anzusehen. Voraussetzung ist jedoch, dass dieses nach ausländischem Recht begründete Verhältnis rechtlich verbindlich auf Dauer ausgerichtet, mit Unterhalts- und Einstandspflichten verbunden ist und im Wesentlichen der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes entspricht.

Aufteilung einer Witwen- oder Witwerrente bei mehreren Anspruchsberechtigten

Nach § 34 Abs. 2 SGB I werden Ansprüche mehrerer Ehegatten auf eine Witwen- oder Witwerrente anteilig und endgültig aufgeteilt.

Diese Regelung enthält einerseits die Berücksichtigung polygamer Ehen der entsprechenden Kulturkreise im deutschen Sozialrecht für Hinterbliebenenrenten (vergleiche Abschnitt 4), andererseits eine Begrenzung der Ansprüche mehrerer verwitweter Ehegatten auf die für einen verwitweten Ehegatten vorgesehene Hinterbliebenenrente.

Bei Antragsstellern einer Witwerrente mit Herkunft, früherer oder vorliegender Staatsangehörigkeit aus den in der GRA zu § 46 SGB VI, Abschnitt 4 genannten Ländern ist es geboten, gegebenenfalls ausdrücklich nach dem Bestehen weiterer Ehen zu fragen. Das BSG war der Auffassung, dass der Kreis der Länder, in denen die Mehrehe noch praktiziert wird, für die Rentenversicherungsträger durchaus leicht feststell- und abgrenzbar ist (vergleiche Urteil des BSG vom 07.07.1998, AZ: B 5 RJ 58/97 R). Insoweit hat es eine entsprechende Mitteilungspflicht eines marokkanischen Witwers, der in polygamer Ehe noch mit einer weiteren Frau verheiratet war, verneint.

Anteilige Aufteilung

Die Regelung des § 34 Abs. 2 SGB I geht davon aus, dass in diesen Fällen eine anteilige Aufteilung unter Berücksichtigung von § 91 SGB VI, also entsprechend der Ehedauer, erfolgt.

Der Gesetzeswortlaut lässt hingegen auch eine andere Aufteilung zu, die wegen der tatsächlichen Verhältnisse bei polygamen Ehen, die - anders als bei einer Witwe und einer geschiedenen Ehefrau - nicht immer nach der Ehedauer abgrenzbar sind, möglicherweise auch angebracht sein kann.

So hat das BSG entschieden, dass bei einem marokkanischen Versicherten, der gleichzeitig mit mehreren Frauen verheiratet war, die Witwenrente unabhängig von der jeweiligen Ehedauer zu gleichen Teilen auf die Witwen aufzuteilen ist (vergleiche Urteil des BSG vom 30.08.2000, AZ: B 5 RJ 4/00 R). Dies folgt aus dem - gemäß § 30 Abs. 2 SGB I vorhandenen - Art. 26 Nr. 5 SVA-Marokko, der insoweit das marokkanische Recht über die Hinterbliebenenrentenaufteilung in der Mehrehe aufnimmt.

Endgültige Aufteilung

Der Rentenanspruch wird endgültig unter den Hinterbliebenen aufgeteilt. Fällt der Anspruch bei einer/einem Berechtigten weg (zum Beispiel wegen Tod oder Wiederheirat), so wächst deren Anteil nicht der oder dem anderen Hinterbliebenenrentenberechtigten zu. Eine Neufeststellung wegen Änderung der Verhältnisse (§ 48 SGB X) ist insoweit ausgeschlossen.

Die Endgültigkeit der Aufteilung schließt jedoch eine Überprüfung der ursprünglichen Aufteilungsentscheidung nach §§ 44, 45 SGB X nicht aus. Ebenso wenig ist die Aufteilung an Hinterbliebene endgültig, wenn später weitere Berechtigte bekannt werden.

Art. 6 § 6 des Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25.07.1986 (BGBl. I S. 1142)
Inkrafttreten: 01.09.1986

Nach dem Einigungsvertrag ist § 34 SGB I im Beitrittsgebiet ab 01.01.1991 anzuwenden (Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet D Abschnitt III Nummer 1 Buchstabe a Einigungsvertrag).

Art. 2 Nr. 3 RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261), berichtigt am 27.06.1990 (BGBl. I S. 1337)
Inkrafttreten: 01.01.1992

Absatz 2 wurde redaktionell insoweit geändert, als dass die Worte "verwitweter Ehegatten auf Hinterbliebenenrente" durch die Worte "Ehegatten auf Witwenrente oder Witwerrente" ersetzt worden sind.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 34 SGB I