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L 8 R 2/08

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 11. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Die Klagen gegen die Rentenanpassungsmitteilungen der Jahre 2008-2011 werden abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Verfahren vor dem Landessozialgericht nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Höhe einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die Klägerin ist im Oktober 1941 geboren worden. Bis zum 2. Oktober 1990 hat sie ihr Berufsleben in der DDR zurückgelegt; auch danach war sie bis zum 31. Oktober 2006 durchgehend versicherungspflichtig beschäftigt.

Mit Wirkung ab 1. März 1967 war sie in die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (AVI) mit einem Rentensatz von 60 % aufgenommen worden (Urkunde vom 23. Mai 1967). Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens stellte der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) bei der Beklagten durch bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 27. Februar 2001 die Zeit vom 1. August 1964 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der AVI und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte fest.

Auf ihren Antrag hin bewilligte die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 10. August 2006 Regelaltersrente ab dem 1. November 2006. Der monatliche Höchstwert des Rechts auf Rente (die „Rentenhöhe“) wurde von der Beklagten aus Rangwerten (Summen der Entgeltpunkte) von 24,9789 Entgeltpunkten - entsprechend einem Höchstwert zu Rentenbeginn von 652,70 € - und 46,3381 Entgeltpunkten (Ost) - entsprechend einem Höchstwert von 1.064,39 € - errechnet. In die Feststellung des Rentenhöchstwertes flossen die während der Zeit der Zugehörigkeit zur AVI tatsächlich erzielten Entgelte entsprechend dem Bescheid des Trägers der Zusatzversorgung bis zur Beitragsbemessungsgrenze ein.

Mit ihrem Widerspruch wandte sich die Klägerin der Sache nach gegen die sogenannte „Systementscheidung“, die in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften auf Renten und Versorgungen einheitlich in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen. Hierdurch würden ihre in der DDR rechtmäßig erworbenen Ansprüche im Sinne einer Vollversorgung aberkannt. Sie erreiche bestenfalls eine Grundversorgung in Höhe von 30 bis 50 % des letzten Nettos. Die durch den Einigungsvertrag geschützten Ansprüche würden ferner unzumutbar dadurch reduziert, dass die faktische Rentenangleichung Ost an West zum 1. Juli in den Jahren 2000 bis 2005 verweigert worden sei. Wegen Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Bevollmächtigten der Klägerin vom 1. November 2006 Bezug genommen.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2007 zurück. Der Bescheid entspreche der Rechtslage.

Mit der Klage hat sich die Klägerin mit im Wesentlichen gleicher Begründung wie im Widerspruchsverfahren weiter gegen die Rentenhöhe gewandt. Im besonderen vertritt sie die Auffassung, dass der Grundkonsens des Einigungsvertrages, das Grundgesetz und die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt würden und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht umgesetzt werde. Sie hat in der Sache mit Schriftsatz vom 23. August 2007 den Antrag gestellt, „die Beklagte zu verpflichten, ihm unter Abänderung der seit Rentenbeginn erteilten Bescheide über die Erwerbsunfähigkeits- und Altersrente und unter Abänderung der Entscheidungen über die Rentenanpassungen seit dem 01.07.2000 eine höhere Rente zu gewähren. Dazu sind insbesondere:

2.1.1 der garantierte Zahlbetrag - einschließlich der Erhöhung um 6,84 % zum 31.12.91 - exakt nach dem Beispiel des Ausgangsfalles für das Leiturteil des BVerfG vom 28.4.99 (BVerfGE 100, 1ff.) zu bestimmen und ab 01.01.1990 zu berechnen sowie gemäß der Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet bereits in der Zeit ab 01.07.1990 und danach dauerhaft, hilfsweise ab dem 01.01.1992 anzupassen;

2.1.2 eine Vergleichsrente nach den Vorgaben des BVerfG (BVerfG 100, 1ff. und 104ff.) zu berechnen;

2.1.3 die Versichertenrente nach dem SGB VI im Rahmen der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze (§ 260 SGB VI) und nicht abgesenkt nach dem besonderen Alterssicherungsrecht Ost auf die verfassungswidrig abgesenkte besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost (§§ 228a und 256a SGB VI) zu berechnen;

2.1.5 der Bescheid über die Beitragsänderungen zum 01.04.2004 aufzuheben und die Anpassungen der Rente sowie die Rentenangleichung Ost an West zum 01.07.2000, zum 01.07.2001, zum 01.07.2002, zum 01.07.2003, zum 01.07.2004 sowie zum 01.07.2005, 01.07.2006 (fiktiv) und zum 01.07.2007 nach den verbindlichen Vorgaben des EV und des GG durchzuführen, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Anspruch auf die „Anpassung Ost“ nach dem Leiturteil des BVerfG vom 28.04.1999 unter Eigentumsschutz steht (BVerfGE 100, 1, <44, 54>);

2.1.7 dem Kläger für die ihm in unterschiedlichen Zeiträumen zustehenden Renten den Zahlbetrag einschließlich der Nachzahlungen zu gewähren, der im Vergleich der auf den unterschiedlichen Rechtsgrundlagen erfolgten Rentenberechnungen am höchsten ist.“

Darüber hinaus hat sie weitere Anträge gestellt, die nach ihrer Auffassung zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlich sind, und angeregt, dem Bundesverfassungsgericht mehrere Fragen zur Entscheidung vorzuliegen. Im Einzelnen wird auf den Schriftsatz der Bevollmächtigten der Klägerin vom 23. August 2007 Bezug genommen.

Durch Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Regelaltersrente sei zutreffend berechnet worden. Insbesondere habe die Beklagte die ihr vom Versorgungsträger mitgeteilten tatsächlichen Arbeitsentgelte als Verdienst bei der Berechnung der Rente berücksichtigt. Eine Verletzung des Grundrechts auf Eigentum könne die Kammer nicht erkennen. Die Voraussetzungen für die Berechnung eines besitzgeschützten Zahlbetrags oder eines weiterzuzahlenden Betrags lägen nicht vor, da der Versorgungsfall erst nach der gesetzlichen Frist des 30. Juni 1995 eingetreten sei. Ebenso wenig gebe es eine Rechtsgrundlage für die Berechnung einer Vergleichsrente. Beides sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Angesichts dessen gebe es auch keine Rechtsgrundlage für eine Erhöhung oder Anpassung der Rente, wie mit dem Klageantrag zu 2.1.1 geltend gemacht. Eine Rechtsgrundlage fehle ferner für das mit dem Klageantrag zu 2.1.3 geltend gemachte Begehren. Auch das halte die Kammer für verfassungsgemäß. Keinen Verfassungsverstoß sehe die Kammer weiter in der vom Gesetz vorgegebenen Berechnung von Renten für Versicherte mit Beitragszeiten im Beitrittsgebiet; das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe zuletzt 2006 entschieden, dass die Dynamisierung nach dem aktuellen Rentenwert und nicht mit dem Rentenwert (Ost) mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Da keine unterschiedlichen Berechnungsarten anfielen, sei auch der Klageantrag zu 2.1.7 unbegründet. Die zu entscheidenden Rechtsfragen seien durch höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, auf die die Klägerin hinweise, entfalteten keine Bindungswirkung für dieses Verfahren. Weitere Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhalts seien nicht erforderlich.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klageanliegen weiter und wiederholt und erweitert zur Begründung ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren und dem Klageverfahren erster Instanz. Sie verweist zuletzt auf die Abschließenden Betrachtungen des Ausschusses über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten Nationen vom 20. Mai 2011 betreffend die Überprüfung der Berichte der Vertragsstaaten nach Art. 16 und 17 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (vom 19. Dezember 1966; deutsches Zustimmungsgesetz vom 23. November 1973, BGBl. II, 1569). Darin seien die Bundesrepublik Deutschland und speziell eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010 nachhaltig wegen einer allgemein bestehenden Diskriminierung der ehemaligen DDR-Bürger hinsichtlich ihrer sozialen Rechte kritisiert worden.

Die Klägerin beantragt ausweislich des Schriftsatzes ihrer Bevollmächtigten vom 24. März 2011 in der Sache,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 11. Dezember 2007 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 10. August 2006 sowie alle weiteren erteilten Bescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2007 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihr ein höheres Alterseinkommen aus den von ihr in ihrem Arbeitsleben rechtmäßig erworbenen Anwartschaften auf Ansprüche auf ein angemessenes Alterseinkommen ab Rentenbeginn zu gewähren. Dazu sind alle seit Rentenbeginn erteilten Bescheide und Widerspruchsbescheide abzuändern. Der Anspruch der Klägerin auf Renten aus der SV und der Zusatzversorgung sind in ihrer realen Höhe zu berücksichtigen und an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet anzupassen, in der diese Ansprüche in der DDR rechtmäßig erworben und als Eigentum in die Bundesrepublik Deutschland mitgebracht wurden. Es sind analog der Regelung für die Bestandsrentner der Zahlbetragsschutz des EV sowie ein angemessener Eigentums-, realer Bestands- und dauerhafter Vertrauensschutz zu gewähren. Dazu sind insbesondere:

2.1 das Eigentum der Klägerin, das sie in Form von Ansprüchen und Anwartschaften aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland mitgebracht hat, umfassend zu achten, die Ansprüche auf Rente aus der SV und auf Zusatzversorgung in Übereinstimmung mit dem Zahlbetragsschutz des EV, zum 31.12.91 erhöht um 6,84 % und ab 1.7.90 (zunächst fiktiv) angepasst wie die Löhne und Einkommen im Beitrittsgebiet, zu berücksichtigen und ab Rentenbeginn nach den gleichen Konditionen zu gewähren, wie sie vom EV für Bestandsrentner vorgesehen und vom BVerfG (BVerfGE 100, 1ff) bestätigt wurden;

2.2 die Versichertenrente nach dem SGB VI unter Berücksichtigung der Anwartschaften/Ansprüche im Rahmen der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze gemäß § 260 SGB VI, also nicht abgesenkt auf die verfassungswidrige besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost (§§ 228a und 256a SGB VI), also auch nicht nach dem ebenfalls verfassungswidrigen besonderen Alterssicherungsrecht Ost zu berechnen, und die Zusatzrentenansprüche aus dem Versorgungssystem anzuerkennen, die in der DDR per Gesetz, Verordnung, Verwaltungsakt und Versicherungsvertrag dauerhaft zum Erhalt des im Berufsleben erworbenen Lebensniveaus zugesichert worden sind; die Versichertenrente ist somit unter Einbeziehung der in der Bundesrepublik ab 01.07.90 ergänzend erworbenen Anwartschaft zu einer mit Eintritt des Leistungsfalls im Rentenrecht lebensstandardwahrenden Vollversorgung aufzustocken;

2.3 die Anpassungen der Rente sowie die Rentenangleichung Ost an West seit dem 1.7.2000 und bis zum Rentenbeginn fiktiv und danach fortlaufend bis Rentenende nach den verbindlichen Vorgaben des EV und des GG durchzuführen, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Anspruch auf die „Anpassung Ost“ nach dem Leiturteil des BVerfG vom 28.04.1999 unter Eigentumsschutz steht (BVerfGE 100, 1, <44, 54>); wobei die jährliche Anpassung die Inflationsrate nicht unterschreiten darf (B 4 RA 120/00) beziehungsweise mindestens in Höhe der Anpassung bei der Beamtenversorgung zu erfolgen hat.

2.4 Die sich aus den unterschiedlichen Berechnungsarten des zu erwartenden Alterseinkommens ergebenden Resultate sind zu vergleichen; der höchste Betrag ist zu zahlen.

Weiter sind ihre tatsächlichen Verdienste während der Zeit der Zugehörigkeit im Versorgungssystem im vollen Umfang anzuerkennen und der Rentenberechnung zugrunde zu legen.

Die Klägerin hat ferner Anträge zur Beweiserhebung gestellt; insoweit wird auf die Schriftsätze vom 24. März 2011 und 16. Januar 2012 Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

  • die Berufung zurückzuweisen und die Klagen gegen die Rentenanpassungsmitteilungen der Jahre 2008 bis 2011 abzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung und ihre Bescheide für zutreffend. Die Entscheidungen über die Rentenanpassung seien nicht Gegenstand des Verfahrens geworden.

Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Senat hatte erstinstanzlich kraft Klage zu entscheiden, soweit die Klägerin im Verfahren vor dem Landessozialgericht der Sache nach auch die Änderung von Rentenanpassungsentscheidungen geltend gemacht hat, und im Übrigen als Rechtsmittelgericht über die Berufung.

Die Klagen, über die der Senat erstinstanzlich zu entscheiden hatte, sind unzulässig. Für eine Sachentscheidung fehlt dem Senat die instanzielle Zuständigkeit (s. BSG SozR 3-1500 § 29 Nr. 1). Die Verwaltungsakte über die Rentenanpassung in den Jahren ab 2008, also in der Zeit nach dem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts, sind nicht gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen. Rentenanpassungsentscheidungen ändern die ursprüngliche Rentenhöchstwertfestsetzung weder, noch ersetzen sie sie; die Rentenwertfestsetzung stellt vielmehr lediglich die Grundlage für die Rentenanpassungsentscheidung her (s. BSG SozR 4-2600 § 260 Nr. 1).

Die Berufung ist unbegründet. Aus dem eben genannten Grund bereits unzulässig ist die erstinstanzlich erhobene Klage, soweit sie sich gegen die Rentenanpassung zum 1. Juli 2007 richtet. Der entsprechende Verwaltungsakt ist nicht gemäß § 96 Abs. 1 SGG zulässiger Gegenstand des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht geworden.

Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet. Für die Festsetzung einer höheren oder vom SGB VI abweichenden Rente oder „Versorgung“ gibt es keine Rechtsgrundlage.

Die Festsetzung des monatlichen Rentenhöchstwerts des Rechts auf Rente wegen Alters ist nicht zu beanstanden. Renten auf Grund von rentenrechtlichen Zeiten, die im Beitrittsgebiet zurückgelegt worden sind, berechnen sich gemäß §§ 254b, 64 SGB VI, indem (1.) die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte Ost (§ 254d SGB VI), (2.) der Rentenartfaktor (§ 67 SGB VI) und (3.) der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Die Entgeltpunkte (Ost) werden ermittelt, indem der tatsächlich erzielte - gegebenenfalls der nach dem AAÜG höchstens berücksichtigungsfähige (§ 259 d SGB VI) - und mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI vervielfältigte Verdienst (§ 256a Abs. 2 und 3 SGB VI) durch das Durchschnittsentgelt nach Anlage 1 zum SGB VI geteilt wird (§ 256a Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Berücksichtigungsfähig sind Verdienste jedoch nur bis zur Höhe der im Bundesgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenzen (§ 260 Satz 2 SGB VI). Es ist weder von der Klägerin vorgetragen worden noch für das Gericht nach eigener Prüfung ersichtlich, dass die Beklagte diese gesetzlichen Vorgaben bei der Festsetzung des monatlichen Wertes des Rechts auf Altersrente außer Acht gelassen hätte.

Keine rechtliche Grundlage gibt es dafür, weitere Arbeitsentgelte zu berücksichtigen, was erfordern würde, dass eine andere als die bestehende oder gar keine Beitragsbemessungsgrenze angewendet wird. Die Klägerin verkennt, dass auf Grund des § 260 Satz 2 SGB VI die im Bundesgebiet (West) geltenden Bemessungsgrenzen bereits für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet anwendbar sind. Diese allgemeine Beitragsbemessungsgrenze ist mit dem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) vereinbar. Die Erstreckung der Beitragsbemessungsgrenze (West) auf die überführten Leistungen ist durch die verfassungsrechtlich zulässige Eingliederung der Renten- und Versorgungsanwartschaften der DDR in die gesetzliche Rentenversicherung des vereinigten Deutschlands vorgeprägt (so genannte „Systementscheidung“), sie kann nicht entfallen, ohne dass das System der gesetzlichen Rentenversicherung insgesamt gesprengt würde (BVerfG, Beschluss vom 6. August 2002 - 1 BvR 586/98 -, Abs. 11 und 13; BverfGE 100, 1 [40 f.]). Dass Arbeitsentgelte, die in der DDR erzielt wurden, überhaupt über dieser Beitragsbemessungsgrenze liegen können, ergibt sich im Regelfall allein daraus, dass sie gemäß § 256a SGB VI nicht in ihrer tatsächlich zu DDR-Zeiten erzielten Höhe berücksichtigt werden. Bereits dadurch aber, dass sie im Gegensatz zu allen anderen Forderungen und Verbindlichkeiten der DDR nicht in einem Verhältnis von 1 zu 2 oder niedriger (Art. 10 Abs. 5 des Staatsvertrags über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 18. Mai 1990, BGBl. II S. 537 sowie dessen Anlage 1 Artikel 6), sondern im Nominalwert von 1 zu 1 von M auf DM umgestellt worden sind, ergibt sich eine Wertsteigerung, die sich zugunsten der Klägerin auswirkt. Eine zweite Wertsteigerung folgt daraus, dass die umgestellten Arbeitsverdienste durch Vervielfältigung mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI durchschnittlich um mehr als das Zweifache angehoben wurden, um das gegenüber dem bundesdeutschen geringere Lohnniveau der DDR auszugleichen. Die Versicherten aus dem Beitrittsgebiet stehen also so, als ob sie die auf- und hochgewerteten Verdienste während eines Erwerbslebens in den alten Bundesländern erzielt und durch Beiträge bis zur Beitragsbemessungsgrenze (West) versichert hätten (s. zum Ganzen BSG SozR 4-2600 § 260 Nr. 1). Ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Eigentum kann darin - wenn es überhaupt anwendbar ist - schon deshalb nicht liegen, weil den in die Rentenberechnung einfließenden Entgelten kein entsprechendes Beitragsvolumen gegenübersteht, ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) deshalb nicht, weil die Versicherten aus dem Beitrittsgebiet durch die Aufwertung über § 256a SGB VI gerade den Versicherten aus den alten Bundesländern gleichgestellt werden.

Mangels Rechtsgrundlage besteht auch kein Anspruch auf Feststellung von „besitzgeschützten Zahlbeträgen“ oder die Berechnung von Vergleichsrenten oder Ähnlichem und folglich auch nicht auf „Dynamisierung“ derartiger Rechengrößen oder Zahlung des höchsten von verschiedenen zu errechnenden Beiträgen.

Der Bestandsschutz, den der Einigungsvertrag (EV) für die Angehörigen von Zusatzversorgungssystemen garantiert (Art 30 Abs. 5 EV, Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst b Satz 5) und der durch § 4 Abs. 4 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes in einfaches Gesetzesrecht umgesetzt worden ist, kommt der Klägerin nicht zugute. Denn nach Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst b Satz 5 EV darf nur bei Personen, die in der Zeit vom 4. Oktober 1990 bis zum 30. Juni 1995 leistungsberechtigt wurden, der Zahlbetrag nicht unterschritten werden, der für Juli 1990 aus der Sozialversicherung (s. dazu Art. 30 Abs. 5 Satz 2 EV) und dem Versorgungssystem zu erbringen wäre. Auch § 4 Abs. 4 AAÜG gilt dem entsprechend nur für Personen, die im Zeitpunkt des Beitritts der neuen Länder nach dem Stand des DDR-Rechts per 1. Juli 1990 eine Anwartschaft auf Versorgung und damit zum 31. Dezember 1991 eine in eine Anwartschaft aus der Rentenversicherung des Beitrittsgebietes überführte und am 1. Januar 1992 durch eine übergeleitete Anwartschaft auf eine SGB VI-Rente ersetzte Berechtigung hatten, die bis zum 30. Juni 1995 zum Vollrecht erstarkte. Vertrauensschutz wird mithin lediglich gewährt für Anwartschaften, die am 1. Juli 1990 bestanden. Die Klägerin hatte zu diesem Zeitpunkt lediglich eine Anwartschaft auf eine Versorgung im Alter ab dem 60. Lebensjahr und „beim Eintritt vorzeitiger Berufsunfähigkeit“ erworben (§ 8 Buchstaben a und b der Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Juli 1951, GBl. Nr. 85 S. 675). Bis zu dem im EV und in § 4 Abs. 4 AAÜG vorgesehenen Stichtag hatte die Klägerin, die erst 2001 das 60. Lebensjahr vollendet hat, keinen Tatbestand erfüllt, der eine Versorgung auslöst.

§ 4 Abs. 4 AAÜG in dieser Auslegung verstößt nicht gegen das Grundrecht auf Eigentum (Art 14 Abs. 1 GG). Die in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften genießen den Schutz dieses Grundrechts überhaupt nur in der Form, die sie auf Grund der Regelungen des Einigungsvertrags erhalten haben (BVerfGE 100, 1 [37]). Denn die Schutzwirkung der Grundrechte erstreckte sich vor der Vereinigung der beiden deutschen Staaten nicht auf das Gebiet der DDR. Das Grundgesetz ist dort auch nicht rückwirkend in Kraft getreten (BVerfGE 100, 1 [33]). Die Zahlbetragsgarantie war somit - neben den sogenannten Bestandsrentnern - nur für bestimmte, im Zeitpunkt der Vereinigung „rentennahe“ Jahrgänge des Beitrittsgebiets als Eigentumsposition ausgestaltet.

Die Stichtagsregelung im Einigungsvertrag und § 4 Abs. 4 AAÜG verstößt auch nicht gegen Art 3 Abs. 1 GG. Dem Gesetzgeber ist es zur Regelung bestimmter Sachverhalte nicht verwehrt, Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl. BVerfGE 87, 1 [43]). Die Ungleichbehandlung der Klägerin, die sich daraus ergibt, dass sie wegen des Stichtags nicht in den Genuss der Regelung über die Vergleichberechnung kommt, ist sachlich gerechtfertigt. Denn der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nur verletzt, wenn eine Personengruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten ohne sachlichen Grund anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (s. etwa BVerfGE 55, 72 [88]; 82, 60 [86]; 94, 241 [260]). Im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung war dem Gesetzgeber bei der Neuordnung sozialrechtlicher Rechtsverhältnisse ein besonders großer Gestaltungsspielraum eingeräumt (s. BVerfGE 100, 59 [94 f.]; BVerfG SozR 3-2600 § 256a Nr. 9). Im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums konnte auch die Stichtagsregelung vorgesehen werden. Denn welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung als maßgeblich anzusehen seien, entscheidet grundsätzlich der Gesetzgeber. Es bleibt innerhalb seiner Gestaltungsbefugnis, wenn er es ablehnt, zu Lasten der Versichertengemeinschaft oder Allgemeinheit den alters- oder schicksalsbedingten Umstand voll auszugleichen, dass Personen im erwerbsfähigen Alter bessere Chancen haben, ihre Altersversorgung an geänderte Bedingungen anzupassen als Rentner und Angehörige rentennaher Jahrgänge (so ausdrücklich BVerfGE 100, 1 [46]; daran anschließend BSG SozR 3-8120 Kap VIII H Nr. III Nr. 9 Nr. 14, BSG SozR 3-8575 Art 2 § 44 Nr. 1 und BSG SozR 4-2600 § 260 Nr. 1).

Eine Verfassungswidrigkeit der Stichtagsregelung ergibt sich auch nicht aus Art 2 Abs. 1 GG i. V. mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Der Gesetzgeber hat die Grenzen, die seiner Gestaltungsfreiheit durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes gezogen sind, gewahrt. Weder der EV noch in dessen Fortschreibung § 4 Abs. 4 AAÜG haben einen Vertrauenstatbestand geschaffen, auf den sich die Zugangsrentner ab 1. Juli 1995 berufen könnten. Vielmehr hatte der EV als das Regelungswerk, das den Umfang der Ansprüche und Anwartschaften beschrieben hat, die unter den Schutz des Grundgesetzes fallen sollten, selbst diesen Stichtag gesetzt, so dass keine Erwartungen auf Ansprüche nach dem Stichtag entstehen konnten (in diesem Sinne BVerfG SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr. 6 Nr. 3).

Für eine Vergleichsberechnung in Anlehnung an § 307b Abs. 3 SGB VI bleibt ebenfalls kein Raum. Unmittelbar ist die Vorschrift schon deshalb nicht anwendbar, weil die Klägerin gegen einen Versorgungsträger nicht das Recht hatte, Zahlung einer Versorgung für Dezember 1991 (oder früher) zu verlangen. Dies hätte durch einen bindend gewordenen Verwaltungsakt oder durch eine Verwaltungsentscheidung einer Versorgungsstelle der DDR oder der Funktionsnachfolgerin einer solchen Stelle festgestellt werden müssen (s. BSG SozR 3-2600 § 307b Nr. 10). Solch eine Entscheidung ist vorliegend nicht getroffen worden und die Klägerin behauptet selbst nicht, einen Versorgungsanspruch (wegen Alters oder Invalidität) gehabt zu haben, der schon in der Zeit bis Dezember 1991 zahlbar gewesen wäre. Raum für eine analoge Anwendung des § 307 b SGB VI auf „Zugangsrentner“ wie die Klägerin besteht bereits deshalb nicht, weil für diesen Personenkreis spezielle und abschließende Regelungen, im Besonderen in Gestalt von § 4 Abs. 4 AAÜG bestehen. Außerdem ist die Vergleichsberechnung lediglich zu dem Zweck eingeführt worden, eine vom Bundesverfassungsgericht gesehene Ungleichbehandlung von „Bestandsrentnern“ mit Ansprüchen aus Zusatz- und Sonderversorgungen gegenüber „Bestandsrentnern“ mit Ansprüchen lediglich aus der Sozialpflichtversicherung und der FZR zu beseitigen und erfasst damit ausdrücklich nicht Fälle wie den vorliegenden (s. dazu BVerfGE 100, 104 [132 ff.]). Somit liegt keine planwidrige Regelungslücke vor, die eine Voraussetzung für einen Analogieschluss ist.

Keine verfassungsrechtlichen Bedenken ergeben sich schließlich dagegen, dass der aktuelle Rentenwert (Ost), der den Rentenhöchstwert bestimmt, vom aktuellen Rentenwert abweicht (s. dazu BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. Juli 2007 - 1 BvR 824/03 u.a., SozR 4-2600 § 68 Nr. 2).

Erst recht fehlt es angesichts dessen an einer Rechtsgrundlage für eine irgendwie geartete „Vollversorgung“.

Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention sind unter keinem Gesichtspunkt erkennbar. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat bislang auch keine Menschenrechtsbeschwerde aus dem Problemkreis der Rentenüberleitung auf Grund von Einwendungen der Beschwerdeführer zur materiellen Rechtslage zur Entscheidung angenommen (s. Nichtannahmebeschlüsse vom 2. März 2000 zur Beschwerde Nr. 52442/99, vom 10. April 2001 zur Beschwerde Nr. 52449/99 und vom 25. September 2007 zur Beschwerde Nr. 12923/03, SozR 4-6021 Art. 1 Nr. 1).

Auf die weiteren Anträge der Klägerin zu Beweiserhebungen beziehungsweise zu Vorlagen an das Bundesverfassungsgericht musste der Senat nicht weiter eingehen. Die Anträge zu Beweiserhebungen haben ausschließlich rechtspolitische Inhalte und sind deshalb nicht entscheidungserheblich. Daran ändert sich auch nichts durch die von der Klägerin für sich in Anspruch genommenen Abschließenden Betrachtungen des Ausschusses der Vereinten Nationen, der die Berichte der Vertragsstaaten über die Einhaltung des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte aus dem Jahr 2010 bewertet. Abgesehen davon, dass der Bericht offen lässt, worin genau eine Diskriminierung zu sehen sein könnte und aus welchen Gründen, könnte sich aus ihm allenfalls ein Handlungsauftrag für den innerstaatlichen Gesetzgeber herleiten lassen. Die Gerichte sind aber nur an im Inland tatsächlich geltendes Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG).

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Es ist allein deshalb davon abgesehen worden, der Klägerin gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. mit Satz 2 SGG Verursachungskosten aufzuerlegen, weil nach dem Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 4. August 2011 nicht mehr der gebotene Hinweis auf die unverändert fortbestehende Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung gegeben worden war.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

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