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L 16 R 1458/06

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 27. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in der Zeit vom 01. Januar 1999 bis 27. Juni 2001 nach § 2 Satz 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtig war und Beiträge in Höhe von 10.972,43 € zu zahlen hat.

Der 1956 geborene Kläger ist Volljurist und war vom 01. Mai 1993 bis 31. Dezember 1997 auf der Grundlage von zeitlich befristeten, aneinander anschließenden Verträgen mit der E D U AG (E) für die Treuhandanstalt (ab 1995: B f v S - B) in B als „freier Mitarbeiter“ im Bereich der Wahrnehmung von Aufgaben der Reprivatisierung tätig. Seit 1998 ist der Kläger nach eigenen Angaben als Rechtsanwalt zugelassen. Das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B setzte mit Wirkung ab 01. Oktober 1999 den Beitrag des Klägers auf den Regelbeitrag (West) fest.

Vom 01. Januar 1998 bis 30. Juni 2000 war der Kläger als „Einzelberater“ auf der Grundlage von aneinander anschließenden drei- bzw. sechsmonatigen befristeten „Dienstleistungsverträgen“ mit der B und einem vereinbarten Stundensatz von 110 DM tätig. Die B beauftragte die K F- u B (F) mit der Durchführung von Aufgaben des Vertragsmanagements und längerfristigen Reprivatisierungsaufgaben. Vom 01. Juli 2000 bis 31. Mai 2002 war der Kläger auf der Grundlage von aneinander anschließenden „Dienstleistungsverträgen“ mit der F als „Freiberufler“ tätig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in den Akten der Beklagten enthaltenen Verträge mit der B vom 17. Dezember 1998, 1. Juni 1999, 15. September 1999 und 30. November 1999 sowie mit der F vom 3. Juli 2000 und vom 28. Dezember 2000 Bezug genommen.

Am 28. Juni 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten „vorsorglich die Befreiung von einer eventuell bestehende Versicherungspflicht“. Mit Bescheid vom 23. Januar 2002 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger ab 01. Januar 1999 nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig ist. Dem Bescheid war eine Beitragsrechnung auf der Grundlage des Regelbeitrags über rückständige Pflichtbeiträge für die Zeit vom 01. Januar 1999 bis 27. Juni 2001 in Höhe von insgesamt 21.460,36 DM beigefügt (von der Beklagten umgerechnet in 10.972,43 €). Mit Bescheid vom 11. Februar 2002 befreite die Beklagte den Kläger ab 28. Juni 2001 von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 23. Januar 2002 mit Widerspruchsbescheid vom 03. Juni 2004 zurück.

Die Klage des Klägers gegen die B auf Urlaubsentgelt für die Jahre 1998 bis 2000 blieb erfolglos (Urteile des ArbG Berlin vom 01. November 2002 - 96 Ca 17316/02 - und des LAG Berlin vom 20. März 2003 - 14 Sa 30/03 -). Die auf die Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses über den 28. bzw. 31. Mai 2002 hinaus gerichtete arbeitsgerichtliche Klage (47 Ca 17237/02 = 14 Sa 713/03) endete durch gerichtlichen Vergleich, in dem sich die Rechtsnachfolgerin der F zur Zahlung eines restlichen Honorars in Höhe von 1.000 € zzgl. Mehrwertsteuer verpflichtete.

Das Sozialgericht (SG) Potsdam hat die auf die Aufhebung des Bescheides vom 23. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juni 2004 gerichtete Klage mit Urteil vom 27. Juli 2006 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Anfechtungsklage sei nicht begründet. Der Kläger gehöre zum Personenkreis der Selbstständigen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI der Versicherungspflicht unterliegen könnten. Diese Vorschrift erfasse keinen besonderen Berufsstand. Der Kläger sei als zugelassener Rechtsanwalt selbstständig tätig. In dieser selbstständigen Tätigkeit sei der Kläger, der selbst keine Arbeitnehmer beschäftigt habe, versicherungspflichtig, weil er im Wesentlichen und auf Dauer nur für einen Auftraggeber, nämlich vom 01. Januar 1998 bis 30. Juni 2000 für die B und vom 01. Juli 2000 bis 30. September 2001 für die F, tätig gewesen sei. Die Einbeziehung eines Selbstständigen bzw. Rechtsanwalts in die Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sei nicht verfassungswidrig.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung führt er aus: Das SG habe die Passivlegitimation der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) ohne Grund willkürlich unterstellt. In der Sache stehe er nach wie vor zu der Aussage, dass sich sein Auftragsverhältnis von den Arbeitsverhältnissen der dort beschäftigten Arbeitnehmer nur dadurch unterschieden habe, dass er bei der Einteilung seiner Arbeitszeit frei gewesen sei. Tatsächlich sei er damals möglicherweise rechtsirrtümlich von einem durchgehenden Beschäftigungsverhältnis ausgegangen. Vertragsverlängerungen mit der B bzw. der F hätten nicht vorgelegen. Er sei nicht durchgehend, sondern immer wieder neu für die B bzw. F tätig gewesen. Er sei weder am 30. Juni 2000 noch am 01. Juli 2000 auf Dauer nur für die B oder nur für die F tätig gewesen. Auch habe sich das SG über seine zahlreichen verfassungsrechtlichen Bedenken hinweggesetzt, ohne sich mit diesen auseinander zu setzen. Es verstoße gegen Art. 2 Grundgesetz (GG), dass die Beklagte ihn per Bescheid zu einer unverhältnismäßigen Überversicherung zwingen wolle.

Der Kläger beantragt,

  • das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 27. Juli 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juni 2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

  • die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Verwaltungsakten der Beklagten (zwei Bände) und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist nur der Bescheid vom 23. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juni 2004. Der Bescheid vom 11. Februar 2002 über die Befreiung von der Versicherungspflicht mit Wirkung ab 28. Juni 2001 ist nicht nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Widerspruchverfahrens gegen den Bescheid vom 23. Januar 2002 geworden. Denn Verwaltungsentscheidungen zum Bestehen von Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI und zur Befreiung von der Versicherungspflicht stellen unterschiedliche Verwaltungsakte dar, die sich nicht iS von §§ 86, 96 Abs. 1 SGG abändern oder ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 23. November 2005, B 12 RA 15/04 R = SozR 4-2600 § 2 Nr. 5). Über den vom Kläger gegen den Bescheid vom 11. Februar 2002 eingelegten Widerspruch wird daher durch Widerspruchsbescheid noch zu entscheiden sein. Die Bescheide über Säumniszuschläge vom 6. März 2002, 4. April 2002 und 3. Januar 2003 sind mit Bescheid vom 19. April 2007 aufgehoben worden.

Die Klage auf Aufhebung des Bescheides vom 23. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juni 2004 ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten, die zwar nach Artikel 82 des Gesetzes zur Organisationsreform der gesetzlichen Rentenversicherung vom 09. Dezember 2004 (BGBl. I 3242) mit Wirkung ab 01. Oktober 2005 in der jetzigen Bezeichnung geführt wird, aber - das verkennt der Kläger - weiterhin dieselbe Rechtspersönlichkeit darstellt, sind rechtmäßig. Die erforderliche Rechtsgrundlage für die im Bescheid vom 23. Januar 2002 getroffene Entscheidung über die Feststellung von Versicherungspflicht bildet die Regelung des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI in der rückwirkend ab 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 1a des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2000). Danach sind versicherungspflichtig Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 630,- DM im Monat übersteigt, und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Der Kläger unterlag daher der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung in der Zeit vom 01. Januar 1999 bis 27. Juni 2001 als Selbständiger. Insoweit hat die Vertreterin der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht durch die Abgabe einer entsprechenden Erklärung klargestellt, dass die Entscheidung im angefochtenen Bescheid vom 23. Januar 2002 über die Feststellung der Versicherungspflicht auf die Zeit bis 27. Juni 2001 begrenzt ist.

Für die Einbeziehung der arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen in die Rentenversicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI gilt, dass nicht die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe maßgeblich ist, sondern allein die Beziehung des unter bestimmten Bedingungen selbstständig Tätigen zu seinem Auftraggeber. Insoweit geht der Gesetzgeber von einer typisierenden Betrachtung aus (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2005, B 12 RA 1/04 R = SozR 4-2600 § 2 Nr. 7). Für die Beurteilung der Versicherungspflicht ist es deshalb unerheblich, dass der Kläger aufgrund der Höhe der Einkünfte aus seiner Tätigkeit für die B bzw. F nicht sozial schutzbedürftig und er zudem Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte war.

Entgegen der vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung ist er nicht als abhängig Beschäftigter der B und der F zu qualifizieren. Dies ergibt sich zwar nicht schon daraus, dass die Beklagte in einem Statusfeststellungsverfahren nach §§ 7a ff Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) gegenüber dem Kläger mit bestandskräftigem Bescheid vom 13. November 2003 festgestellt hatte, dass während der Tätigkeit des Klägers als juristischer Berater für die B in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis 30. Juni 2000 und für die F ab 1. Juli 2000 abhängige Beschäftigungen nicht vorlagen. An diese Statusfeststellung ist der Senat bei der vorzunehmenden Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung nämlich nicht gebunden. Denn für die Beurteilung und Abgrenzung ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung maßgebend, das sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2005, B 12 KR 28/03 R = SozR 4-2400 § 7 Nr. 5). Davon ausgehend war der Kläger aber als Selbständiger für die B und die F tätig.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Das Weisungsrecht kann jedoch, vornehmlich bei Diensten höherer Art, eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (BSG, Urteil vom 25. Januar 2006, B 12 KR 12/05 R = SozR 4-2400 § 7 Nr. 6). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2005, B 12 KR 28/03 R, aaO, mwN). Hiervon ausgehend war der Kläger im streitigen Zeitraum nicht bei der B bzw. der F abhängig beschäftigt iS des § 7 SGB IV. Denn er war nach den vertraglichen Regelungen und den darauf beruhenden tatsächlichen Verhältnissen nicht in den Betrieb der B bzw. F eingegliedert und unterlag auch nicht einem irgendwie gearteten Weisungsrecht seiner Auftraggeber. So enthielten die Verträge mit der B und der Fu.a. die Regelungen, dass der Auftragnehmer bezüglich der fachlichen, zeitlichen und räumlichen Art der Erledigung Einzelanweisungen nicht unterworfen ist (§ 2 Abs. 2), ihm gestattet ist, die Einrichtung des Auftraggebers (Räume, Bürogeräte, Telefon, Telefax, Schreibdienste) für Zwecke der Erledigung des Auftrags zu nutzen (§ 2 Abs. 3 Satz 1) und der Auftragnehmer keine Weisungsbefugnisse gegenüber Mitarbeitern der B bzw. der F hat (§ 3 Abs. 3). Der Kläger war somit befugt, aber nicht verpflichtet, die Einrichtungen der B bzw. F zu nutzen. Nach eigenen Angaben unterschied er sich von den bei der B bzw. F beschäftigten Arbeitnehmern (nur) dadurch, dass er bei der Einteilung seiner Arbeitszeit frei war. Dies ist im Rahmen des Gesamtbildes aber gerade ein überragend gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit. Auch wirtschaftlich trug der Kläger die Risiken eines selbständig Tätigen; denn er hatte keinen Anspruch auf Honorar für Ausfälle wegen Krankheit, Urlaub oder sonstiger Leerzeiten (§ 5 Abs. 1 Satz 2 der Verträge mit der B bzw. der F). Die der Höhe nach schwankenden monatlichen Einnahmen aus der Tätigkeit für die B bzw. F (siehe Kontoauszüge Blatt 334 ff Verwaltungsakte) lassen zusätzlich darauf schließen, dass der Kläger über seine Arbeitskraft frei verfügt hatte.

Der Kläger war auch im streitigen Zeitraum auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber iS des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI tätig. Von einer Dauerhaftigkeit der Tätigkeit für einen Auftraggeber ist entgegen der von dem Kläger vertretenen Rechtsauffassung dann auszugehen, wenn diese Tätigkeit im Rahmen eines Dauerauftragsverhältnisses oder eines regelmäßig wiederkehrenden Auftragsverhältnisses erfolgt. Das Merkmal dauerhafter und wesentlicher Bindung an einen Auftraggeber enthält zudem nicht nur zeitliche, sondern auch wirtschaftliche Elemente (vgl. Fichte in Hauk/Haines, Sozialgesetzbuch SGB VI, § 2 Rn. 83, und BT-Drucksache 14/1855 Seite 6f). Hiernach war der Kläger zunächst dauerhaft für die B und damit für einen Auftraggeber selbständig tätig, und zwar vom 01. Januar 1998 bis 30. Juni 2000 durchgehend auf der Grundlage von aneinander anschließenden befristeten Verträgen. Denn Auftraggeber iS des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI ist derjenige, dem das wirtschaftliche Ergebnis der Tätigkeit dauerhaft und allein zugute kommt (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2005, B 12 RA 1/04 R, aaO). Davor war der Kläger bereits schon ab 1. Mai 1993 ebenfalls ohne Unterbrechung für die Treuhand und dann für die B auf der Grundlage von Verträgen mit der EDU tätig gewesen. Daraus ergibt sich, dass das Berufs- und Erwerbskonzept des Klägers auf eine langfristige Tätigkeit für die B (vormals Treuhand) ausgerichtet war. Es ist unschädlich, dass die einzelnen Dienstleistungsverträge im Voraus zeitlich befristet waren. Denn die tatsächlichen Verhältnisse bei Abschluss jedes einzelnen neuen Vertrages sind aufgrund der bereits vorangegangenen jahrelangen Tätigkeit für die B nicht mit einer - die Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI nicht begründenden - Fallgestaltung vergleichbar, in denen eine im Voraus begrenzte (insbesondere projektbezogene) Tätigkeit ohne begründete Aussicht auf eine Verlängerung aufgenommen wird. Die Dienstverträge mit der B waren auch inhaltlich im Wesentlichen deckungsgleich. Sie sind damit Ausdruck eines regelmäßig wiederkehrenden Auftrags-, aber nicht eines Arbeitsverhältnisses.

Aber auch für die Zeit ab 1. Juli 2000 war der Kläger bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise weiterhin für die B als „Auftraggeber“ tätig, obgleich er nunmehr Dienstleistungsverträge mit der F abgeschlossen hatte. Denn das Ergebnis seiner selbständigen Tätigkeit kam weiterhin der B zugute, die die F zur Sicherstellung der weiteren Aufgabenerledigung mit der Durchführung von Aufgaben des Vertragsmanagements, längerfristigen Reprivatisierungsaufgaben und der damit im Zusammenhang stehenden Rechtsfragen und Streitigkeiten, von Abwicklungsaufgaben und der Koordination des Finanzvermögens betraut hatte. Die Verantwortung für die sachgerechte Aufgabenerledigung verblieb indes bei der B; dies ergibt sich aus der Präambel der Dienstleistungsverträge mit der F.

Selbst wenn zum 1. Juli 2000 der „Auftraggeber“ des Klägers iS des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI wegen des Abschlusses eines Dienstleistungsvertrages mit der F als neuem Vertragspartner gewechselt hätte, würde dies zu keinem anderen Ergebnis führen. Zwar wäre der Kläger dann im Jahr 2000 nacheinander für zwei Auftraggeber tätig gewesen. Allerdings wäre er nach dem Gesamtbild und den tatsächlichen Verhältnissen ab 01. Juli 2000 zukunftsgerichtet und mit der begründeten Aussicht auf eine Verlängerung auf Dauer wiederum für einen einzigen (anderen) Auftraggeber (F) tätig geworden. Die zwei Tatbestände der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI würden in dieser Fallgestaltung nahtlos aneinander anschließen. Diese Fallgestaltung ist aber nicht vergleichbar mit den Fällen, in denen ein Selbständiger von vornherein immer wieder für verschiedene Auftraggeber tätig wird.

Auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise war der Kläger im Wesentlichen für einen Auftraggeber tätig. Er hat unter dem 25. Juni 2001 (im Fragebogen der Beklagten) angegeben, dass der Anteil seiner Einkünfte in 2001 aus der Beratertätigkeit, gemessen an seinen Gesamteinkünften aus selbstständiger Tätigkeit, mehr als 5/6 beträgt. Im Jahr 2001 hatte der Kläger mit dem Aufbau seiner Rechtsanwaltskanzlei begonnen. In den Jahren 1999 und 2000 erzielte er demgegenüber allein Einkünfte aus der Tätigkeit für die B bzw. F. Daraus erhellt, dass das Gesamteinkommen des Klägers im streitigen Zeitraum im Wesentlichen aus der selbständigen Tätigkeit für die B bzw. F resultierte. Es bedarf dabei keiner Entscheidung, ob für die anhand der erzielten Bruttoeinkünfte zu bestimmende „Wesentlichkeitsgrenze“ ein Einkommen aus der zu beurteilenden selbständigen Tätigkeit für einen Auftraggeber von mehr als 50 % oder mindestens 5/6 der Gesamteinkünfte erforderlich ist (vgl. dazu Fichte in Hauk/Haines, aaO, § 2 Rn. 84).

Als versicherungspflichtiger Selbständiger muss der Kläger die Beiträge selbst tragen (§ 169 Nr. 1 SGB VI). Die von der Beklagten erhobene Gesamtforderung in Höhe von 24.460,36 DM im angefochtenen Bescheid vom 23. Januar 2002 auf der Grundlage des Regelbeitrages (§ 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) ist rechtmäßig. Die Beklagte hat den Regelbeitrag mathematisch richtig aus der Bezugsgröße für das Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 2 SGB IV) in Höhe von 3710 DM monatlich für das Jahr 1999, 3640 DM für das Jahr 2000 und 3780 DM für das Jahr 2001 sowie dem Beitragssatz (§§ 158, 160 SGB VI) in Höhe von 20,3% ab 1. Januar 1999, 19,5% ab 1. April 1999, 19,3% ab 1. Januar 2000 und 19,1% ab 1. Januar 2001 berechnet. Die von der Beklagten vorgenommene Umrechnung in eine Gesamtforderung in Höhe von 10.972,43 € ist rechtswidrig begünstigend (21.460,36 DM ÷ 1,95583 = 10.972,51 €).

Die Versicherungspflicht für Selbstständige nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI verstößt entgegen der vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung weder gegen eigentumsrechtlich geschützte Positionen noch gegen die allgemeine Handlungsfreiheit (vgl. dazu BSG, Urteil vom 24. November 2005, B 12 RA 1/04 R, aaO). Denn die Entrichtung von Pflichtbeiträgen stellt nicht nur eine finanzielle Belastung für den Kläger dar, sondern begründet auch einen Schutz gegen die durch das SGB VI versicherten Wechselfälle des Lebens. Überdies hat der Gesetzgeber zur Vermeidung von Unbilligkeiten unter bestimmten Voraussetzungen ein Recht zu Befreiung von der Rentenversicherungspflicht eingeräumt (vgl. §§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 1a, 231 Abs. 5 SGB VI).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.

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