B 3 KR 10/03 R
Tatbestand
Es ist streitig, ob und in welcher Höhe die Klägerin für das Jahr 1997 zur Zahlung der Künstlersozialabgabe (KSA) verpflichtet ist.
Die früher als „B GmbH“ firmierende, als Unternehmen des Fotografenhandwerks auch in die Handwerksrolle eingetragene Klägerin verfolgt nach dem Gesellschaftsvertrag vom 11. Januar 1989 als Geschäftszweck „das Betreiben von Fotoateliers und eines Verlags für angewandte Fotografie sowie die Herstellung von Mode- und Werbeproduktionen und verwandte geschäftliche Tätigkeiten“ (HRB AG Karlsruhe). Nach Eintritt des Fotografenmeisters W K (K) in die Gesellschaft wurde die Firma im Juni 1997 bei unverändertem Geschäftszweck in „K GmbH“ umbenannt. Jeweils alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer sind K sowie der Kaufmann R B (B), der für den kaufmännischen Bereich zuständig ist. K ist am Stammkapital der Gesellschaft mit 25 v.H. beteiligt. Ihm wurde in der Neufassung des Gesellschaftsvertrags vom 18. Juni 1997 bis zu seinem Ausscheiden als Gesellschafter, jedoch längstens bis zum 31. Dezember 2001, als Sonderrecht ein Mehrfachstimmrecht eingeräumt, wonach er unabhängig von seiner Kapitalbeteiligung über 51 v.H. der Stimmen verfügte. Die übrigen 49 v.H. Stimmen entfielen anteilsmäßig auf die übrigen Gesellschafter entsprechend ihren Kapitalanteilen. Die Klägerin arbeitet teils mit angestellten, teils mit selbstständigen Fotografen, um Aufträge von Werbeagenturen und Versandhandelsunternehmen durchzuführen. K ist mit 70 v.H. seiner Arbeitskraft ebenfalls als Mode- bzw. Werbefotograf tätig und bezog 1997 ein Geschäftsführergehalt von 74.400 DM.
Die Beklagte stellte auf Grund der Handelsregistereintragung mit Erfassungsbescheid vom 21. September 1998 fest, dass die Klägerin wegen des Betreibens eines Verlags und der Herstellung von Werbeproduktionen zum Kreis der grundsätzlich abgabepflichtigen Unternehmen nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) gehöre und deshalb zur Abgabe jährlicher Meldungen über die an selbstständige Künstler und Publizisten gezahlten Honorare verpflichtet sei. Die Klägerin übersandte daraufhin eine „Nullmeldung“ mit der Begründung, sie betreibe tatsächlich weder einen Verlag noch ein Werbeunternehmen. Vielmehr würden ausschließlich Mode- und andere Versandhandelsartikel für Versandhauskataloge fotografiert, wobei für K und die anderen Fotografen wegen der genauen Vorgaben der Auftraggeber kein künstlerischer Gestaltungsspielraum bestehe.
Nachdem die Klägerin die an die freien Werbefotografen gezahlten Entgelte für die Jahre 1993 bis 1997 mitgeteilt hatte, setzte die Beklagte unter Aufhebung ihres Schätzungsbescheides vom 26. November 1998 die KSA für diesen Zeitraum durch Abrechnungsbescheid vom 26. Januar 1999 nach den Abgabensätzen für den Bereich bildende Kunst auf 69.270,60 DM fest, wobei der Bescheid den Vorbehalt enthielt, die KSA für 1997 sei einstweilen ohne Einbeziehung des Geschäftsführergehalts von K festgesetzt worden, weil zur Frage der Selbstständigkeit von K weitere Ermittlungen notwendig seien. Mit Änderungsbescheid vom 3. März 1999 bezog die Beklagte auch das Geschäftsführergehalt von K für das Jahr 1997 in die Abrechnung ein, weil dieser das Mehrheitsstimmrecht in der GmbH besitze und daher als selbstständig tätig zu gelten habe. Die KSA für 1997 erhöhte sich dadurch von 19.487,70 DM auf 23.877,30 DM. Die gegen alle Bescheide erhobenen Widersprüche der Klägerin blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 1999).
Mit ihrer Klage wandte sich die Klägerin nur gegen die Abgabepflicht für das Jahr 1997: Sie betreibe entgegen der Handelsregistereintragung nur ein Handwerksunternehmen, das ausschließlich Fotografien von Mode- und anderen Versandhandelsartikeln für Kataloge liefere. Für eine künstlerische Tätigkeit der Fotografen fehle es am notwendigen Gestaltungsspielraum, weil die Kunden alle Einzelheiten wie z.B. Modellpose, Sicht, Arrangement, Hintergrund, Ausschnitt, Abstand, Farbgestaltung, Ausdruck, Komposition, Licht, Umgebung, Perspektive, Ort der Aufnahme, Ausdruck und Fotomaterial in Briefings und sog Layoutvorlagen genau vorgeben. Gefordert werde ein handwerklich geschicktes schnelles Fotografieren in einer Vielzahl von Fällen; Ergebnis seien Fotografien in bester technisch-handwerklicher Qualität. Jeder Fotograf mache 50 bis 60 Aufnahmen pro Artikel, wobei täglich 15 bis 25 verschiedene Artikel abgelichtet würden. Aus dem gesamten Fotomaterial suche sich der Kunde die ihm genehmen Aufnahmen für jeden Artikel aus.
Das Sozialgericht (SG) hat der Klage stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 3. März 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 1999 aufgehoben (Gerichtsbescheid vom 22. Februar 2001). Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) die Entscheidung des SG geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 8. November 2002): Nach der gebotenen typisierenden, an Berufsgruppen orientierten Betrachtungsweise sei die Werbefotografie eine künstlerische Tätigkeit i.S. der §§ 2 und 25 KSVG und dem Bereich bildende Kunst zuzurechnen. Selbst bei entsprechend genauen Layoutvorlagen der Auftraggeber bestehe für die Fotografen immer noch ein künstlerischer Gestaltungsspielraum. Auf die künstlerische Qualität der Leistung im Einzelfall komme es nicht an. Die Einordnung als bildende Kunst werde bestätigt durch § 2 Abs. 2 Nr. 7 der Verordnung zur Durchführung des Künstlersozialversicherungsgesetzes vom 23. Mai 1984, der neben dem künstlerischen Fotografen, dem Lichtbildner und dem Fotodesigner auch den Werbefotografen nenne. Auch die Einbeziehung des Geschäftsführergehalts von K in die KSA sei rechtmäßig, weil er auf Grund seines Mehrheitsstimmrechts als Gesellschafter nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zur Gesellschaft stehe, sondern selbstständig tätig sei, und der Schwerpunkt seiner Tätigkeit in der Werbefotografie bestehe.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung der §§ 2, 24 und 25 KSVG. Angesichts der engen Vorgaben der Auftraggeber fehle es am notwendigen gestalterischen Freiraum, der die künstlerische von der handwerklichen Fotografie unterscheide. Mit der von ihr betriebenen Werbe- bzw. Katalogfotografie gehöre sie nicht zu den abgabepflichtigen Unternehmen.
Die Klägerin beantragt,
- das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 8. November 2002 zu ändern, die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG Karlsruhe vom 22. Februar 2001 zurückzuweisen und den Erfassungsbescheid der Beklagten vom 21. September 1998 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
- die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das LSG hat ihre Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen.
1) Streitgegenstand ist die KSA-Pflicht der Klägerin für die Zeit ab 1997 dem Grunde und für das Jahr 1997 auch der Höhe nach.
a) Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ist die Feststellung der Beklagten, die Klägerin sei dem Grunde nach zur Zahlung der KSA verpflichtet, nicht bestandskräftig geworden. Über die grundsätzliche Abgabepflicht hat die Beklagte durch den Erfassungsbescheid vom 21. September 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 1999 entschieden. Gegen den Erfassungsbescheid hat sich die Klägerin im Rahmen der „Nullmeldung“ mit dem Argument gewandt, sie betreibe weder einen Verlag noch ein Werbeunternehmen, sondern ausschließlich ein Fotoatelier, in dem in handwerklicher Form Mode- und Werbefotografie für Versandhauskataloge hergestellt werde. Diese Begründung hat die Beklagte zu Recht als - konkludenten - Widerspruch gegen den Erfassungsbescheid aufgefasst und diesen mit ihrem Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 1999 zurückgewiesen, in dem zugleich auch über die Widersprüche der Klägerin gegen die bis dahin erteilten Abgabenbescheide ablehnend entschieden worden ist. Die Einwände gegen die Einstufung als abgabepflichtiges Unternehmen hat die Klägerin im Klage- und Berufungsverfahren stets aufrechterhalten und wiederholt. Damit ist auch die Feststellung der grundsätzlichen Abgabepflicht der Klägerin gemäß Bescheid vom 21. September 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 1999 angefochten und so zum Streitgegenstand geworden.
Dem steht nicht entgegen, dass erst- und zweitinstanzlich insoweit nur der Widerspruchsbescheid, nicht aber auch der Ausgangsbescheid vom 21. September 1998 in den Klageanträgen aufgeführt worden ist. Es handelt sich ersichtlich um ein Versehen. Dieses beruht wesentlich auf dem Umstand, dass die Klägerin trotz der generell bestrittenen Abgabepflicht die mit den Abgabenbescheiden erfolgte Heranziehung zur KSA für die Jahre bis 1996 schon vorprozessual akzeptiert und die insoweit festgesetzte KSA beglichen hat. Bei zutreffender Beurteilung des Streitgegenstands hätte von Anfang an auch der Erfassungsbescheid vom 21. September 1998 in die Klageanträge aufgenommen werden müssen. Die Vorinstanzen hätten auf die sachgerechte Antragstellung gemäß § 106 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hinwirken müssen. Die Unterlassung beruht auf einem Versehen, das auch noch im Revisionsverfahren durch Vervollständigung des Klageantrags korrigiert werden konnte, ohne das Verbot einer Klageänderung (§ 168 SGG) zu verletzen.
Über die von der Klägerin bestrittene Abgabepflicht war allerdings nicht für den gesamten Erfassungszeitraum, sondern nur für die Zeit ab 1997 zu entscheiden, weil die Klägerin die Anfechtung der KSA-Pflicht auf jene Zeit beschränkt hat, ab der erstmals das Geschäftsführergehalt von K in die Bemessung der KSA einbezogen worden ist; auch die Abgabepflicht dem Grunde nach ist ein teilbarer Streitgegenstand, soweit unterschiedliche Zeiträume betroffen sind (zur Teilbarkeit vgl. auch BSG, Urteil vom 12. November 2003 - B 3 KR 39/02 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).
b) Der Höhe nach ist allein die KSA-Pflicht für das Jahr 1997 Gegenstand des Rechtsstreits. Angefochten ist von allen Abgabenbescheiden nur der Bescheid vom 3. März 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 1999, mit dem die Beklagte den Abrechnungsbescheid vom 26. Januar 1999 geändert, das Geschäftsführergehalt von K in die Bemessungsgrundlage einbezogen und die KSA für 1997 von zunächst 19.487,70 DM (Entgelte 330.300 DM, Abgabensatz im Bereich bildende Kunst 5,9 v.H.) auf 23.877,30 DM (Entgelte nunmehr 404.700 DM) erhöht hat. Die in dem Abrechnungsbescheid vom 26. Januar 1999 ebenfalls festgesetzte KSA für die Jahre 1993 bis 1996 ist durch die ausdrückliche Beschränkung des Klagebegehrens auf die KSA-Pflicht für das Jahr 1997 - wie ausgeführt - nicht Streitgegenstand geworden. Auch die während des Rechtsstreits ergangenen Abrechnungsbescheide für die nachfolgenden Jahre sind nicht Streitgegenstand geworden, weil die Voraussetzungen des § 96 SGG bei während des Rechtsstreits erlassenen Abrechnungsbescheiden für spätere Zeiträume nicht erfüllt sind (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr. 17 sowie § 25 Nr. 11 und 13).
2) Der Erfassungsbescheid der Beklagten ist rechtmäßig. Die Klägerin betreibt ein „kunstvermarktendes“ bzw. „kunstverwertendes“ Unternehmen i.S. des § 24 KSVG und unterliegt damit der KSA-Pflicht.
a) Bei als Gesellschaft geführten Unternehmen, die auf Grund ihrer Rechtsform in das Handelsregister einzutragen sind, wie das bei einer GmbH der Fall ist (§§ 7, 8, 10 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung <GmbHG>), ist neben der Firma der im Gesellschaftsvertrag niedergelegte (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG) und aus der Handelsregistereintragung zu entnehmende Unternehmensgegenstand (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 und 6, § 10 Abs. 1 GmbHG) für die Beurteilung der Frage maßgebend, ob das Unternehmen zum Kreis der Kunstvermarkter bzw. Kunstverwerter gehört, die in § 24 KSVG abschließend aufgeführt sind. Das Handelsregister dokumentiert, in welcher Art und Weise ein Unternehmer im Rechtsverkehr gegenüber Dritten auftritt (§§ 9, 10, 15 Handelsgesetzbuch <HGB>). Ist der im Gesellschaftsvertrag niedergelegte Unternehmensgegenstand zutreffend im Handelsregister verzeichnet und bekannt gegeben, muss sich die Gesellschaft an dieser Eintragung festhalten lassen (§§ 10, 15 HGB), auch wenn sie tatsächlich nicht oder nicht mehr jenen Geschäftsgegenstand verfolgt, der sich aus dem Handelsregister ergibt, weil sie ihn jederzeit (erstmals oder wieder) verfolgen kann. Der - auch von der Klägerin geltend gemachte - Einwand, der im Gesellschaftsvertrag niedergelegte und so im Handelsregister verzeichnete Unternehmensgegenstand sei zu weit gefasst, tatsächlich werde nur ein Teilbereich bzw. ein anderer Unternehmensgegenstand verfolgt, ist demgemäß unbeachtlich. Einem Unternehmen steht es jederzeit frei, die vertraglichen Regelungen über den Unternehmensgegenstand den tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen und die Änderung in das Handelsregister eintragen zu lassen (§ 54 GmbHG). Solange dies nicht erfolgt ist, kann ein Unternehmer mit dem Einwand einer tatsächlich ausgeübten nicht kunstvermarktenden Tätigkeit gegenüber der Künstlersozialkasse (KSK) nicht durchdringen.
Die KSK muss sich bei der Erfassung der abgabepflichtigen Unternehmen danach richten, wie sie nach außen im Rechtsverkehr auftreten. Durch die Einbeziehung in den Kreis der abgabepflichtigen Unternehmen wird lediglich vermutet, dass Geschäfte getätigt werden, die der KSA unterliegen. Die Erhebung der Abgabe wird andererseits zum Zweck eines effektiven Verwaltungsvollzugs auf diese Unternehmen konzentriert.
Ein Unternehmer, der entgegen der Handelsregistereintragung nur eine nicht kunstvermarktende Geschäftstätigkeit ausübt, von der KSK aber auf Grund der Eintragung als abgabepflichtig erfasst ist, unterliegt bis zur Aufhebung des Erfassungsbescheides, die er durch Änderung der Firma oder die Berichtigung des verfolgten Unternehmensgegenstands im Handelsregister erreichen kann, zunächst nur der Pflicht, jährlich eine Meldung über die an selbstständige Künstler oder Publizisten gezahlten Vergütungen abzugeben (§ 27 KSVG); dies dient der Feststellung, ob tatsächlich abgabepflichtige Geschäfte vorgenommen worden sind. Die KSA ist nur abzuführen, soweit dies im Abrechnungszeitraum der Fall war (§ 25 KSVG). Solange es daran fehlt, ist der KSK lediglich jährlich eine „Nullmeldung“ zu erstatten.
b) Nach der maßgebenden Handelsregistereintragung führt die Klägerin in ihrer Firma das Adjektiv „kreativ“ und verfolgt als Unternehmensgegenstand „das Betreiben von Fotoateliers und eines Verlags für angewandte Fotografie sowie die Herstellung von Mode- und Werbeproduktionen und verwandte geschäftliche Tätigkeiten“. Damit betreibt sie ein kunstvermarktendes Unternehmen i.S. des § 24 KSVG.
Die Abgabepflicht folgt zum einen aus § 24 Abs. 1 Nr. 7 KSVG (i.d.F. vom 20. Dezember 1988 - BGBl. I 2606), wonach ein Unternehmer zur KSA verpflichtet ist, der mit seinem Unternehmen „Werbung (einschließlich Öffentlichkeitsarbeit) für Dritte“ betreibt. Die Änderung durch das 2. KSVGÄndG vom 13. Juni 2001 (BGBl. I 1027) - „Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte“ - ist hier ohne Belang. Der umfassende, nach dem Gesellschaftsvertrag und der entsprechenden Handelsregistereintragung nicht näher eingegrenzte Geschäftszweck „Herstellung von Werbeproduktionen“ erfüllt das Tatbestandsmerkmal „Werbung für Dritte“, womit insbesondere Werbeagenturen und andere Unternehmen der Werbewirtschaft, die im Auftrage ihrer Kunden „Werbeproduktionen“ erstellen, erfasst werden (vgl. Finke / Brachmann / Nordhausen, KSVG, 2. Aufl. 1992, § 24 RdNr. 97).
Die Abgabepflicht der Klägerin ergibt sich zum anderen auch aus § 24 Abs. 1 Nr. 1 KSVG, wonach „Buch-, Presse- und sonstige Verlage sowie Presseagenturen (einschließlich Bilderdienste)“ der KSA-Pflicht unterliegen. Der Geschäftszweck „Betreiben eines Verlags für angewandte Fotografie“ erfüllt das Tatbestandsmerkmal „Betreiben eines sonstigen Verlags“. Nach Wortlaut, Sinn und Zweck der Vorschrift werden nicht nur Schriftwerke (Bücher, Zeitungen, Zeitschriften) sowie künstlerische und musikalische Druckwerke vervielfältigende und vertreibende Tätigkeiten erfasst, sondern auch solche Tätigkeiten, die sich mit Fotografien beschäftigen. Dies ergibt sich nicht nur aus dem weit zu verstehenden Begriff „Verlag“ selbst (vgl. dazu Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl. 2000 „Verlag“ sowie Brockhaus Enzyklopädie, 20. Aufl. 1999 „Verlag“ und „Verlagsbuchhandel“), sondern auch aus der gleichzeitigen Erfassung der „Bilderdienste“, also von Unternehmen, die Bilder, insbesondere Fotografien, zur Reproduktion vertreiben oder verleihen sowie - dann als „Bildstelle“ bezeichnet - behördliche Einrichtungen, die Bilder, z.B. Dias für Unterrichtszwecke, ausleihen (Wahrig a.a.O. „Bilderdienst“ und „Bildstelle“).
3) Der Abgabenbescheid für das Jahr 1997 ist ebenfalls rechtmäßig. Die Beklagte hat die von der Klägerin zu zahlende KSA zutreffend auf 23.877,30 DM festgesetzt.
Maßgebend für die Abgabepflicht eines Unternehmers im Jahre 1997 ist § 25 KSVG in der ab 1. Januar 1989 gültigen Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2606). Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 KSVG sind Bemessungsgrundlage der KSA die Entgelte für künstlerische und publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 KSVG zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten oder ein in § 24 Abs. 3 KSVG genannter Dritter im Laufe eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach dem KSVG nicht versicherungspflichtig sind.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Fotografen sind ohne Rücksicht auf die künstlerische Qualität ihrer Bilder und den Umfang des ihnen eingeräumten Gestaltungsspielraums als Künstler im Sinne des Künstlersozialversicherungsrechts einzuordnen, wenn die Anfertigung der Fotografien Werbezwecken dient. Die von einem Werbeunternehmen (§ 24 Abs. 1 Nr. 7 KSVG) an selbstständige Fotografen für derartige Fotografien gezahlten Entgelte sind in die Bemessungsgrundlage für die KSA einzubeziehen.
a) Die Klägerin betätigt sich im Bereich der Werbefotografie. Sie setzt neben ihren angestellten Fotografen regelmäßig freie Fotografen sowie ihren Geschäftsführer K ein, um die ihr erteilten Aufträge zur Erstellung von Fotografien für Versandhandelskataloge zu erfüllen. Damit betätigen sich die Fotografen in dem speziellen Berufsfeld der Werbefotografie. Zum umfassenden Gebiet der Werbefotografie gehört auch die Fotografie von zum Verkauf stehenden Produkten aller Art, die in Versandhandelskatalogen angeboten werden (vgl. dazu Urteil des Senats vom 12. November 2003 - B 3 KR 8/03 R - für SozR vorgesehen). Solche Kataloge sind nicht nur „bebilderte Preislisten“, sondern stellen durch ihre Aufmachung, die Art der Produktpräsentation sowie ihren Zweck, Aufmerksamkeit hervorzurufen und den Absatz zu fördern, einen Teil der Werbung des Versandhandelsunternehmens dar (Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 9. Aufl. 1979 „Verlagskatalog“), für den ein beträchtlicher finanzieller Aufwand betrieben wird.
b) Die Werbefotografie ist eine künstlerische Tätigkeit i.S. der §§ 2 und 25 KSVG. Dies gilt unabhängig davon, ob dem Werbefotografen im Einzelfall ein kunsttypischer eigenschöpferischer Gestaltungsspielraum zur Verfügung steht, ob die Fotografien tatsächlich eine künstlerische Qualität besitzen oder ob zumindest der Fotograf im Einzelfall für sich einen künstlerischen Anspruch erhebt.
Nach § 2 KSVG ist Künstler, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Das KSVG hat damit eine an der Typologie der Ausübungsformen orientierte Einteilung in Kunstgattungen vorgenommen, den Kunstbegriff aber materiell nicht definiert. Dieser ist vielmehr aus dem Regelungszweck des KSVG unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung zu erschließen (vgl. BSG SozR 3-5425 § 24 Nr. 12 - Unterhaltungsshow - und BSGE 80, 136 = SozR 3-5425 § 2 Nr. 5 - Musikinstrumentenbauer -; zum Kunstbegriff des Art 5 GG : BVerfGE 30, 173, 188 ff. und 81, 108, 116; zur Zielrichtung des KSVG: BT-Drucks. 9/26, S. 18 zu § 2; BT-Drucks. 8/3172, S. 19 ff.). Fotografie kann sowohl eindeutig künstlerischer Natur sein als auch in handwerklicher Form ausgeübt werden. Sie ist sowohl Unterrichtsfach an Kunsthochschulen als auch Gegenstand einer staatlich geregelten Ausbildung für einen Handwerksberuf. Damit weist sie Gemeinsamkeiten mit anderen beruflichen Tätigkeiten auf, die sowohl in handwerklicher (vgl. BSGE 80, 136 = SozR 3-5425 § 2 Nr. 5 - Musikinstrumentenbauer; BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 8 - Feintäschner; BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 14 - Restaurator) als auch in künstlerischer Form ausgeübt werden können. Bei der Zuordnung zum Zwecke der Abgabenerhebung nach dem KSVG hat es der Senat stets abgelehnt, die künstlerische Qualität der jeweiligen Arbeiten zu bewerten, sondern als maßgebend angesehen, in welchem Tätigkeitsbereich und gesellschaftlichen Umfeld die einzelnen Leistungen erbracht werden: Wer sich auf dem herkömmlichen Berufsfeld eines Handwerks bewegt, wird auch nicht dadurch zum Künstler i.S. des KSVG, dass seine Leistungen einen eigenschöpferischen, gestalterischen Charakter aufweisen, weil ein solcher bei diesen Handwerksberufen typisch ist. Als Künstler ist er vielmehr erst dann einzuordnen, wenn er das typische handwerkliche Berufsfeld verlässt, sich mit seinen Produkten in einem künstlerischen Umfeld bewegt und in künstlerischen Kreisen als gleichrangig anerkannt wird. Andererseits hat der Senat bei Berufstätigkeiten, die nach dem gesetzgeberischen Willen den künstlerischen zuzuordnen sind, nicht als entscheidend angesehen, ob im Einzelfall (z.B. wegen der Eigenart des Produkts oder wegen konkreter Vorgaben des Auftraggebers) ein großer oder kleiner Gestaltungsspielraum bei der Auftragsdurchführung verbleibt (vgl. BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 11 - Industriedesigner). Die Zweckgebundenheit der Produkte (Gebrauchsgegenstände, Werbung) steht ihrer Einordnung als künstlerisch in keinem Fall entgegen.
Bei der Fotografie ist es für ihre Einordnung als künstlerisch entscheidend, dass sie zu Werbezwecken erfolgt. Für diese Auslegung spricht bereits der Katalog der typischen kunstvermarktenden Unternehmen in § 24 Abs. 1 KSVG, der unter Nr. 7 die Werbung betreibenden Unternehmen erfasst. Für die bildliche Gestaltung von Werbung und Marketing ziehen Werbeagenturen und Public-Relations-Büros vielfach selbstständige Grafiker, Werbefotografen und Designer heran (Finke/Brachmann/Nordhausen a.a.O., § 24 RdNr 101 und 104). Die Einbeziehung der Werbung betreibenden Unternehmen in den Kreis der Kunstverwerter lässt darauf schließen, dass gerade die von diesen typischerweise herangezogenen „kreativen“ Selbstständigen zu dem Personenkreis zählen, der in § 2 KSVG mit „bildende Kunst Schaffenden“ bezeichnet worden ist.
Dass dies tatsächlich auch der Vorstellung des Gesetzgebers entspricht, folgt aus den Materialien zum KSVG (BT-Drucks. 8/3172, S. 20), wonach ausdrücklich alle „Berufsgruppen“ als künstlerisch angesehen werden, die im Künstlerbericht der Bundesregierung aufgeführt sind. Dort sind in der Berufsgruppe „Fotodesigner“ künstlerische Fotografen, Lichtbildner, Kameramänner und Werbefotografen genannt (BT-Drucks. 7/3071, S. 7). Der gesamte Bereich der „kreativen“ Werbefotografie ist damit als bildende Kunst i.S. des KSVG einzustufen, ohne dass es auf den konkreten Auftragsgegenstand ankommt.
Die von der Klägerin in den Vordergrund gestellte Abgrenzung der von ihr praktizierten, durch enge Vorgaben der Kunden gekennzeichnete Art der Werbefotografie von der „künstlerischen Fotografie“, wie sie im Urteil des Senats vom 24. Juni 1998 - B 3 KR 11/97 R - zur Tätigkeit der Gemäldefotografie für ein Kunstdia-Archiv (BSG SozR 3-5425 § 25 Nr. 11) definiert worden ist, übersieht, dass die Berufsgattung der Werbefotografie vom Gesetzgeber pauschal dem Bereich der bildenden Kunst i.S. des § 2 KSVG zugeordnet worden ist. Sie berücksichtigt nicht, dass die Berufsgattung der Werbefotografie von der Berufsgattung der (zweckfreien) künstlerischen Fotografie zu unterscheiden ist und aus der Verneinung dieser noch nicht folgt, dass es sich um eine handwerkliche Ausübung handelt. Die Werbefotografie kann je nach der Art des Auftrags und des geforderten Ergebnisses zwar einen eigenschöpferischen künstlerischen Ausdruck haben, der derjenigen der künstlerischen Fotografie im engeren Sinne nahe kommt, der Gestaltungsspielraum kann aber auch stark eingeschränkt sein, ohne dass die Einordnung als „bildende Kunst“ i.S. des § 2 KSVG in Frage zu stellen ist. Allein der bei der Erstellung der Fotografie bestimmte Zweck, der Werbung zu dienen, bewirkt, dass der Fotograf sich nicht auf eine bloße naturgetreue Ablichtung eines Bildobjekts beschränken darf, sondern bemüht sein muss, dieses Objekt nach den Vorstellungen seines Auftraggebers möglichst vorteilhaft ins Bild zu setzen. Wenn dem Auftraggeber eine Anzahl von Aufnahmen desselben Motivs zur Auswahl überlassen wird, besagt dies nur, dass der Auftraggeber das Bild auswählen kann, das aus seiner Sicht sein Angebot für den Kunden am vorteilhaftesten präsentiert, nicht aber, dass es darum ginge, die handwerklich gelungenste Aufnahme herauszusuchen. Letzteres könnte ohne weiteres dem Fotografen selbst als Fachmann überlassen werden. Die Vielzahl der Aufnahmen eines Motivs bestätigt somit, dass es viele Möglichkeiten gibt, ein Objekt handwerklich einwandfrei abzulichten, und dass es einer geschmacklich-ästhetischen Entscheidung bedarf, welches die beste Form der Ablichtung ist. Diese Entscheidung muss zunächst vom Fotografen getroffen werden, was nicht ausschließt, dass er seinem Auftraggeber mehrere Varianten zur Auswahl überlässt. Darin liegt der Unterschied zur bloßen Ablichtung von Gemälden, die sich in einer möglichst originalgetreuen Wiedergabe, also der Erfüllung einer handwerklich-technischen Vorgabe, erschöpft.
Die Ausbildung eines Werbefotografen als Fotografenhandwerker steht der Einstufung als „bildender Künstler“ i.S. des § 2 KSVG nicht entgegen, wenn er als Werbefotograf das handwerkliche Berufsfeld verlässt. Werbefotografen sind damit Pressefotografen vergleichbar, die ebenfalls unabhängig von ihrer Ausbildung und der künstlerischen Qualität ihrer Bilder allein deshalb - als Publizisten - von § 2 KSVG erfasst werden, weil ihre Tätigkeit einem bestimmten Zweck dient (Pressefotografie, Bildjournalismus, Bildberichterstattung), der vom Berufsfeld des Fotografenhandwerks nicht umfasst wird (BSGE 78, 118 = SozR 3-5425 § 26 Nr. 2).
c) Die KSA ist bei den zu berücksichtigenden Vergütungen in Höhe von 404.700 DM und einem Abgabensatz 1997 im Bereich bildende Kunst von 5,9 v.H. mit 23.877,30 DM zutreffend festgesetzt worden.
Die von der Klägerin im Jahre 1997 an die selbstständigen Werbefotografen gezahlten Entgelte unterlagen nach § 25 KSVG der KSA. Einzubeziehen war dabei auch das Geschäftsführergehalt von K, weil dieser zu 70 v.H. seiner Arbeitskraft und damit schwerpunktmäßig als Werbefotograf tätig war (BSGE 82, 107 = SozR 3-5425 § 25 Nr. 12; BSG SozR 3-5425 § 25 Nr. 13) sowie wegen seines bis zum Jahre 2001 vereinbarten Mehrheitsstimmrechts als Selbstständiger anzusehen ist, weil er von Weisungen des Arbeitgebers damit unabhängig war. Dessen handwerkliche Ausbildung als Fotograf steht - wie erwähnt - der Einstufung als selbstständiger Künstler ebenso wenig entgegen wie seine Gesellschafter- und Geschäftsführerposition in einem in die Handwerksrolle eingetragenen, als GmbH geführten Unternehmen (BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 8).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in seiner hier noch anwendbaren, bis zum 1. Januar 2002 gültigen alten Fassung (vgl. § 197a SGG i.V.m. Art 17 Abs. 1 Satz 2 6. SGG-ÄndG vom 17. August 2001, BGBl I, 2144).