B 5 RJ 46/00 R
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit auf ihre Witwenrente.
Sie hat nach dem Ableben ihres Ehemanns (am 23. Januar 1989) ein gemeinsam betriebenes Seniorenhaus als Alleininhaberin fortgeführt und nach den vorgelegten Einkommensteuerbescheiden (EStB) in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen (VZ) aus Gewerbebetrieb folgende Gewinne bzw. Verluste erzielt: 1988 - DM 8.924, 1989 DM 10.359, 1990 DM 8.509 1991 - DM 963.139, 1992 - DM 144.431, 1993 DM 388.932, 1994 DM 179.962, 1995 DM 368.927, 1996 DM 146.877.
Mit Bescheid vom 6. Juni 1989 bewilligte ihr die Beklagte erstmals ab 1. Februar 1989 Witwenrente; es folgten weitere Bescheide, mit denen aufgrund der jährlichen Überprüfung die Hinterbliebenenrente - ohne Anrechnung von Einkommen - bis 30. Juni 1995 gezahlt wurde. Nach Vorlage des EStB für den VZ 1993 stellte die Beklagte nach Anhörung mit Bescheid vom 12. Mai 1995 die Witwenrente rückwirkend ab 1. Juli 1994 neu fest, verminderte die Zahlung der Witwenrente bis auf die Leistung aus den Höherversicherungsbeiträgen und forderte eine Überzahlung von DM 11.200,50 zurück. Wegen der in den EStB ausgewiesenen Gewinne aus Gewerbebetrieb in den folgenden VZ ergab sich ebenfalls kein Rentenzahlbetrag (Bescheid vom 17. Juli 1996). Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, die Gewinne der VZ 1993 ff. seien irreal, denn gegenzurechnen sei der für die VZ 1991 und 1992 festgestellte Millionenverlust. Tatsächlich zahle sie auch für die VZ 1993 ff. keine Einkommensteuer, denn die Finanzverwaltung berücksichtige nach § 10d EStG den Verlustvortrag, der in den VZ 1991 und 1992 entstanden sei. Für das Sozialrecht könne nichts anderes gelten. Widerspruch, Klage und Berufung blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 1996, Urteil des SG B. vom 14. April 1999, Urteil des … LSG vom 19. Juli 2000).
Das LSG hat die Auffassung vertreten, die Zahlung der Witwenrente sei zutreffend nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 SGB VI eingestellt und bisher (zuletzt auf der Grundlage des EStB für den VZ 1996) nicht wieder aufgenommen worden. Anzurechnen sei nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des EStG ermittelte Gewinn aus selbständiger Tätigkeit. Mit der Gewinnermittlung nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des EStG habe aber der Verlustvortrag nach § 10d EStG nichts zu tun. Er mindere das im jeweiligen VZ zu versteuernde Gesamteinkommen, indem er von diesem wie eine Sonderausgabe abgezogen werde. Im Anschluß an die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 9. September 1993 - 5 RJ 60/92 - BSGE 73, 77 = SozR 3-2200 § 1248 Nr. 9) bestehe eine ungleiche Behandlung zwischen abhängig Beschäftigten und Selbständigen nicht, denn auch bei diesen werde ein Verlustvortrag bei der Einkommensermittlung nicht berücksichtigt. Es bestünden auch keine Bedenken gegen die rückwirkende Neufeststellung ab 1. Juli 1994 (§ 18d Abs. 1 SGB IV i.V.m. § 48 SGB X).
Mit der Revision trägt die - seit 23. September 2000 wieder verheiratete - Klägerin vor, entgegen der Meinung des LSG und der Rechtsprechung des BSG stelle der Verlustabzug keine steuerliche Vergünstigung dar, die bei der Einkommensermittlung Selbständiger nach § 15 SGB IV i.d.F. vor dem 1. Januar 1995 unberücksichtigt zu bleiben habe. Danach sei die Ausklammerung steuerlicher Vergünstigungen ohnehin entfallen. Der Verlustabzug nach § 10d EStG sei von den Finanzämtern von Amts wegen zu berücksichtigen. Er sei Bestandteil der Gewinnermittlung und diene der Steuergerechtigkeit. Denn damit werde das starre Jahresprinzip der VZ durchbrochen und ermöglicht, betriebswirtschaftlich tatsächlich entstandene und unvermeidbare Verluste in späteren VZ geltend zu machen. Die Einheitlichkeit der Rechtsordnung gebiete es, die hinter dem steuerlichen Verlustabzug stehenden gesetzgeberischen Ziele der Gleichbehandlung und Gerechtigkeit auch im sozialversicherungsrechtlichen Bereich zu verwirklichen.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
1) | das Urteil des Bayerischen LSG vom 19. Juli 2000, das Urteil des SG Bayreuth vom 14. April 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Mai 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 1996 sowie des Bescheides vom 17. Juli 1996 aufzuheben, |
2) | die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über den 30. Juni 1994 hinaus Witwenrente unter Berücksichtigung des Verlustabzuges nach § 10d EStG in gesetzlicher Höhe zu gewähren. |
Die Beklagte beantragt,
- die Revision zurückzuweisen.
Sie macht geltend, § 10d EStG sei keine Vorschrift, die bei der Gewinnermittlung aus Gewerbebetrieb nach den allgemeinen Regelungen des EStG zu berücksichtigen sei. Es werde durch Berücksichtigung des Verlustvortrags „wie eine Sonderausgabe“ lediglich das im VZ zu versteuernde Gesamteinkommen gemindert. Es sei richtig, daß nach § 15 SGB IV i.d.F. ab 1. Januar 1995 steuerliche Vergünstigungen den bei der Einkommensanrechnung zu berücksichtigenden Gewinn nicht mehr erhöhten. Gemeint seien jedoch nur diejenigen steuerlichen Vergünstigungen, die im Rahmen der Gewinnermittlung nach Maßgabe der §§ 4 bis 9a EStG unter Einschluß eines horizontalen Verlustausgleichs im jeweiligen VZ ggf. den Gewinn des Unternehmens oder des Selbständigen minderten. Davon abzugrenzen sei - als Durchbrechung des im Steuerrecht maßgeblichen „Abschnittsprinzips“ - der Verlustabzug nach § 10d EStG, der nicht die Gewinnermittlung betreffe, sondern die Minderung des zu versteuernden Einkommens. Maßgeblich im Rahmen der Einkommensfeststellung nach § 15 SGB IV sei aber lediglich der nach steuerrechtlichen Vorschriften festzustellende Gewinn, nicht aber das zu versteuernde Einkommen. Kompensationen im Bereich des Steuerrechts, wie der Verlustabzug, welche die individuelle steuerliche Leistungsfähigkeit berücksichtigten, seien auf das Sozialrecht nicht übertragbar.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend die angefochtenen Bescheide der Beklagten bestätigt. Der im Revisionsverfahren von der Beklagten vorgelegte Bescheid vom 27. April 2001 ist allerdings nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens, sondern gilt gemäß § 171 Abs. 2 SGG als mit der Klage beim SG angefochten.
Die Beklagte hat ohne Rechtsverstoß in Anwendung des § 97 SGB VI rückwirkend ab 1. Juli 1994 Arbeitseinkommen in Höhe der in den VZ 1993 ff. erzielten Gewinne aus Gewerbebetrieb auf die Witwenrente der Klägerin in einem Neufeststellungsverfahren nach § 48 SGB X angerechnet. Die Gewinne in diesem und den folgenden VZ führen auch unter Berücksichtigung des Freibetrages in Höhe des 26,4-fachen des aktuellen Rentenwertes sowie einer nur anteiligen Anrechnung mit einer Quote von 40 v.H. (§ 97 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 SGB VI) unter Ausklammerung der Rente aus den Höherversicherungsbeiträgen rückwirkend zur Einstellung der Rente. Die Überzahlung ist ohne Vertrauensschutz und ohne Ermessensausübung durch die Beklagte zu erstatten (1). Der Abzug der in den VZ 1991 und 1992 entstandenen Verluste nach Maßgabe des § 10d EStG in den VZ 1993 ff. (Verlustvortrag) ist bei der Feststellung des Arbeitseinkommens nach § 15 SGB IV nicht zu beachten (2). Die Berücksichtigung dieser Verluste ist nicht verfassungsrechtlich geboten (3).
zu 1) § 97 Abs. 1 Satz 1 SGB VI verweist hinsichtlich des zu berücksichtigenden Einkommens auf die §§ 18a bis 18e SGB IV. Nach § 18a Abs. 1 Nr. 1 SGB IV sind bei einer Rente wegen Todes u.a. Erwerbseinkommen zu berücksichtigen, die in § 18a Abs. 2 Satz 1 SGB IV näher als Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen definiert sind. Maßgebend ist grundsätzlich das monatliche Einkommen (§ 18b Abs. 1 SGB IV), bei Erwerbseinkommen allerdings das des letzten Kalenderjahres, geteilt durch die Zahl der Kalendermonate, in denen es erzielt wurde (§ 18b Abs. 2 Satz 1 SGB IV) und gekürzt um die Beträge nach § 18b Abs. 5 Nr. 1 SGB IV. Einkommensänderungen sind erst vom Zeitpunkt der nächsten Rentenanpassung an zu berücksichtigen (§ 18d Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Arbeitsentgelt wird aus einer abhängigen Beschäftigung erzielt (§ 14 SGB IV), wogegen das Arbeitseinkommen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV (früher nur Satz 1) in der seit Inkrafttreten des SGB IV unveränderten Fassung „der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit“ ist. Der Begriff „selbständige Tätigkeit“ in § 15 SGB IV umfaßt, wie von der Rechtsprechung wiederholt entschieden, alle typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Einkunftsarten; das sind nach dem Katalog des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG), Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) sowie Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) sowie diesen gleichgestellte Einkünfte (vgl. Senatsurteil vom 22. September 1999 - B 5 RJ 52/98 R - SozR 3-2600 § 243 Nr. 7 m.w.N.). Das Seniorenhaus ist ein Gewerbebetrieb im Sinne des Einkommensteuerrechts (vgl. die Definition des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG), entsprechend werden Gewinne aus Gewerbebetrieb erzielt.
Die mit Wirkung ab 1. Januar 1995 erfolgte Neufassung des § 15 SGB IV durch Art. 3 Nr. 2 ASRG 1995 (BGBl. I 1994, 1890) ist nicht entscheidungserheblich. § 15 Satz 1 SGB IV a.F. blieb unverändert. Dessen Satz 2 („Bei der Ermittlung des Gewinns sind steuerliche Vergünstigungen unberücksichtigt zu lassen und Veräußerungsgewinne abzuziehen“) wurde ersatzlos gestrichen und durch § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV n.F. ersetzt („Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist“). Die Begründung im Gesetzentwurf (BT-Drucks. 12/5700 S. 92, zu Art. 3 Nr. 2) führt dazu an, daß die ersatzlose Streichung des § 15 Satz 2 SGB IV a.F. aus Gründen der Praktikabilität erfolge. Mit der Einfügung des § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV solle nunmehr (bei unterschiedlichen Wertungen) allein das Einkommensteuerrecht maßgeblich sein, womit „eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens erreicht wird“. Der Verlustabzug ist, wie noch auszuführen ist, keine steuerliche Vergünstigung bei der Ermittlung des Gewinns nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts. Die Streichung des § 15 Satz 2 SGB IV a.F. ist deshalb irrelevant. Wegen der eigenen Arbeitsleistung der Klägerin in ihrem Gewerbebetrieb besteht im vorliegenden Fall aber auch keine Divergenz zwischen der steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Wertung der erzielten Gewinne.
Die „allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts“, auf die § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV - dynamisch - verweist, sind im EStG niedergelegt. Die Zentralnorm für die Einkommensbesteuerung - § 2 EStG - in der für die hier in Betracht kommenden VZ 1993 bis 1996 maßgeblichen Fassung zeigt u.a. die Verfahrensschritte zur Feststellung des zu versteuernden Einkommens und Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer auf. Ausgangspunkt sind die sieben der Einkommensteuer unterliegenden Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG), darunter Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Nr. 2). Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24 EStG (§ 2 Abs. 1 Satz 2 EStG), hier also nach § 15 EStG. § 2 Abs. 2 EStG teilt die einzelnen Einkünfte in zwei Gruppen. Bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit sind Einkünfte der nach Maßgabe der §§ 4 bis 7g EStG festzustellende Gewinn (Nr. 1), bei den anderen Einkunftsarten der nach Maßgabe der §§ 8 bis 9a EStG festzustellende Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten. Die „allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts“ sind deshalb für die Einkommensarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG, die §§ 4 bis 7g EStG, d.h. der Gewinn ist grundsätzlich durch Vergleich des Betriebsvermögens am Ende des Wirtschaftsjahres mit dem Betriebsvermögen am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen, festzustellen. Für die anderen Einkunftsarten sind die §§ 8 bis 9a EStG heranzuziehen, d.h. es ist grundsätzlich eine Gegenüberstellung der Einnahmen und der Ausgaben (einschließlich der Werbungskosten) vorzunehmen und das Zu- und Abflußprinzip im VZ zu beachten.
Die „allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts“ beziehen sich stets auf einen definierten Gewinnermittlungszeitraum, das Wirtschaftsjahr, das in der Regel mit dem Kalenderjahr identisch ist. Nach § 2 Abs. 7 EStG ist die Einkommensteuer eine Jahressteuer (Satz 1). Die Grundlagen für ihre Festsetzung - also auch den nach den genannten Vorschriften zu ermittelnden Gewinn - sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln (Satz 2). Konsequent erfolgt deshalb die Veranlagung zur Einkommensteuer für das Kalenderjahr, den VZ (§ 25 EStG) und die Steuerschuld entsteht mit Ablauf des VZ (§ 36 Abs. 1 EStG). Die für die Klägerin vorgeschriebene Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG stellt auf das Wirtschaftsjahr ab. Dabei ist nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG bei Gewerbetreibenden, deren Firma nicht in das Handelsregister eingetragen ist, das Wirtschaftsjahr stets identisch mit dem Kalenderjahr (vgl. Senatsurteil vom 22. September 1999 - B 5 RJ 54/98 R - SozR 3-2600 § 34 Nr. 2). Sämtlichen genannten Regelungen liegt das Prinzip der sog (Jahres-)Abschnittsbesteuerung zugrunde.
Zu den „allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts“ zählt der horizontale und eingeschränkt auch der vertikale Verlustausgleich - im jeweiligen VZ - nach § 2 Abs. 3 EStG (i.d.F. des Gesetzes vom 25. Februar 1992, BGBl. I 297, mit Wirkung vom 29. Februar 1992 bis zum VZ 1998, die Begrenzungen des vertikalen Verlustausgleichs ab dem VZ 1999 durch das StEntlG 1999/2000/2002 vom 24. März 1999, BGBl. I 402, sind im vorliegenden Fall unbeachtlich). Danach ist nur „die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag und den Abzug nach § 13 Abs. 3, der Gesamtbetrag der Einkünfte“, was bedeutet, daß positive wie negative Einkünfte (d.h. Verluste) innerhalb einer Einkunftsart (horizontal) verrechnet werden und, falls danach noch Verluste bestehen, dies auch mit Gewinnen aus den anderen Einkunftsarten (vertikal) möglich ist. Im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist auch ein vertikaler Verlustausgleich im jeweiligen VZ zu beachten, allerdings nur innerhalb der drei Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG, denn nur diese sind in § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV unter den sozialrechtlichen Begriffen des „Arbeitseinkommens“ bzw. des „Gewinns aus einer selbständigen Tätigkeit“ zusammengefaßt (vgl. BSG Urteil vom 17. Juli 1985 - 1 RA 41/84 - BSGE 58, 277, 280 f = SozR 2100 § 15 Nr. 8; Anmerkung von Martens, SGb 1986, 212, 219; ebenso Lehner / Stellmacher, SGb 1995, 100, 104).
Die Beklagte hat diese Grundsätze bei der Feststellung des anrechenbaren Gewinns aus selbständiger Tätigkeit beachtet. Die Klägerin hat in den hier maßgeblichen VZ 1993 ff. nach den vorgelegten EStB folgende nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinne aus Gewerbebetrieb erzielt: 1993 DM 388.932, 1994 DM 179.962, 1995 DM 368.927, 1996 DM 146.877. Die Anrechnung dieser (nach Maßgabe des § 18b Abs. 5 SGB IV auf Nettobeträge gekürzten) Gewinne gemäß § 97 SGB VI führt auch nach Abzug des Freibetrages nach § 97 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und einer Anrechnung des verbleibenden Restes mit einer Quote von 40 v.H. (§ 97 Abs. 2 Satz 3 SGB VI, die günstigeren Quoten nach der Übergangsvorschrift des § 314 Abs. 3 SGB VI waren bereits ab Februar 1993 nicht mehr anwendbar) bis auf die Rente aus den Höherversicherungsbeiträgen zur Einstellung der Rente. Die Gewinne des VZ 1993 wirkten sich erstmals im Rentenbezugsjahr 1994 aus, da jeweils auf das Erwerbseinkommen des letzten Kalenderjahres abzustellen ist, § 18b Abs. 2 Satz 1 SGB IV. Eine Neufeststellung wegen Änderung der für die Rentengewährung maßgeblichen Verhältnisse im Verwaltungsverfahren nach § 48 SGB X durfte jedoch nach § 18d Abs. 1 Satz 1 SGB IV erst vom Zeitpunkt der nächsten Rentenanpassung an erfolgen, also ab 1. Juli 1994. Die Beklagte konnte die Neufeststellung im streitgegenständlichen Bescheid ohne Ermessensausübung auf die Vergangenheit erstrecken. Denn nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X „soll“ der Verwaltungsakt (rückwirkend) vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u.a. dann aufgehoben werden, wenn nach Erlaß des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt wurde, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Dies bedeutet, daß bei dem hier vorliegenden typischen Fall der Berücksichtigung laufender Arbeitseinkommen stets eine rückwirkende Einkommensanrechnung (mit einer ohnehin gewährten Schonfrist von in der Regel einem halben Jahr) zulässig ist. Ein atypischer Fall, bei dem die Behörde ihr Ermessen hinsichtlich der rückwirkenden Aufhebung auszuüben und im Bescheid darzulegen hat (§ 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X) liegt - wie bereits von den Vorinstanzen zutreffend ausgeführt worden ist - nicht vor. Die Pflicht der Klägerin, die Überzahlung zu erstatten, folgt zwingend aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
zu 2) Der Verlustabzug nach § 10d EStG i.d.F. des StRefG 1990 vom 25. Juli 1988 (BGBl. I 1093) für den VZ 1993 und i.d.F. des StandOG vom 13. September 1993 (BGBl. I 1569) für die hier einschlägigen VZ 1994 bis 1998 (die grundlegende Neufassung ab dem VZ 1999 durch das StEntlG 1999/2000/2002 ist für den vorliegenden Fall irrelevant) zählt nach Gesetzeswortlaut und Systematik des EStG nicht „zu den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts“, die, wie aufgezeigt, der Durchsetzung des Prinzips der (Jahres-)Abschnittsbesteuerung dienen. Vielmehr ermöglicht § 10d EStG das Gegenteil, nämlich die Durchbrechung dieses Prinzips.
Im Wege des abdingbaren „Verlustrücktrags“ werden im Gewinnermittlungszeitraum festgestellte Verluste in den vorletzten VZ, ein ggf. verbleibender Rest in den letzten VZ übertragen und die Einkommensteuer in Abänderung der ergangenen Bescheide neu festgestellt (§ 10d Abs. 1 EStG). Ist der Verlust damit noch nicht ausgeglichen oder wurde auf den Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 EStG verzichtet, erfolgt (für ab dem VZ 1985 entstandene Verluste zeitlich unbegrenzt) ein „Verlustvortrag“ in die folgenden VZ dergestalt, daß der Verlust jeweils „wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte“ abzuziehen ist (§ 10d Abs. 2 EStG), d.h. bis zu deren Egalisierung, und nur ein verbleibender Verlust wird in gleicher Weise in den folgenden VZ berücksichtigt. Das Prinzip der (Jahres-)Abschnittsbesteuerung hat zur Folge, daß sich schwankende Jahreseinkommen eines Selbständigen im Vergleich zu einer (nach dem EStG unzulässigen) Einkommensermittlung, die sich am Durchschnitt mehrerer Jahre orientiert, negativ auswirken können, z.B. weil Grundfreibeträge (Steuerfreiheit des Existenzminimums) nicht ausgenutzt werden können und ein progressiver Steuertarif in Jahren mit Gewinnspitzen zu einer überproportionalen Besteuerung führt. Ohne den Verlustausgleich über mehrere Jahre hinweg würden betriebswirtschaftlich tatsächlich entstandene Verluste bei der steuerlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen nicht berücksichtigt. Dient der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung der Überschaubarkeit und Klarheit bezüglich des Sachverhalts und der anzuwendenden Vorschriften (vgl. BVerfG Beschluß vom 3. Juni 1987 - 1 BvL 5/81 - BVerfGE 75, 361, 367 f) und damit der Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität, hat der Verlustabzug nach § 10d EStG die teilweise Verwirklichung des Grundsatzes des abschnittsübergreifenden Nettoprinzips zum Ziel. Das abschnittsübergreifende Nettoprinzip ist Ausdruck der materiellen Richtigkeit des Steueranspruchs, der an der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgerichtet sein muß, um nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und das Rechtsstaatsprinzip zu verstoßen (BVerfG Beschluß vom 23. Januar 1990 - 1 BvL 44/86 u.a. - BVerfGE 81, 228, 236 f m.w.N.). Rechtssicherheit und materielle Gerechtigkeit sind gleichermaßen wesentliche Bestandteile des Rechtsstaatsprinzips und können deshalb in Widerstreit geraten. Zwischen beiden schafft der Gesetzgeber durch § 10d EStG in seinen jeweiligen Fassungen im Rahmen seines Gestaltungsspielraums, der auch konjunkturelle Belange berücksichtigen kann, den notwendigen Ausgleich (BVerfG Beschluß vom 22. Juli 1991 - 1 BvR 3138/89 - DStR 1991, 1278, 1279). Die Regelung des § 10d EStG ist deshalb ein innerhalb des Steuerrechts verfassungsrechtlich weitgehend gebotenes Korrektiv und nur bei genereller Betrachtung eine „steuerliche Vergünstigung“ (i.S. des § 15 Satz 2 SGB IV a.F.). Indes handelt es sich nicht um eine steuerliche Vergünstigung im Rahmen der hier allein maßgeblichen „allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts“ (wie z.B. eine Sonderabschreibung mit Subventionscharakter, die aber in der Regel auch zu einem Verlustvortrag in die folgenden VZ führt). Der Senat präzisiert insoweit seine im Urteil vom 9. September 1993 - 5 RJ 60/92 - (BSGE 73, 77 = SozR 3-2200 § 1248 Nr. 9) vertretene Rechtsauffassung.
Der Verlustabzug nach § 10d EStG in der hier maßgeblichen Fassung erfolgt „wie eine Sonderausgabe“ vom „Gesamtbetrag der Einkünfte“. Er ist aber keine Sonderausgabe, sondern vermindert die Summe der Einkünfte aus allen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 3 EStG). Denn der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen (§ 2 Abs. 4 EStG). An dieser Stelle im Verlauf der Feststellung des zu versteuernden Einkommens (es folgt noch in einem weiteren Schritt der Abzug des Kinderfreibetrages und des Haushaltsfreibetrages nach § 2 Abs. 5 EStG), das dann der tariflichen Einkommensteuer nach § 2 Abs. 6 EStG unterliegt, erfolgt also der Abzug. Mit der vorangegangenen Feststellung des Gewinns nach den „allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts“ haben diese weiteren Verfahrensabschnitte zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens nichts zu tun (vgl. auch Merten in: GemeinschaftsKomm., SGB IV, 1992, § 15 RdNr. 35 f; Lehner/Stellmacher, SGb 1995, 100, 103). Bei der Feststellung des Gewinns aus einer selbständigen Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV wird der Verlustabzug deshalb ebensowenig berücksichtigt wie alle sonstigen Abzüge von der Summe der Einkünfte, die das zu versteuernde Einkommen mindern (z.B. Altersentlastungsbetrag, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Steuerbegünstigungen für Wohnzwecke, Kinderfreibetrag, Haushaltsfreibetrag, Härteausgleiche etc). Die (für die hier maßgeblichen VZ 1993 bis 1996) noch nicht einschlägige Neufassung der §§ 2 und 10d EStG durch das StEntlG 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl. I 402) führt diese Systematik fort. Verlustvorträge sind nach § 10d Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG n.F. vom Gesamtbetrag der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen. Der Abzug findet deshalb im gleichen Verfahrensabschnitt zur Feststellung des zu versteuernden Einkommens statt, d.h. bei der Feststellung des „Einkommens“ nach § 2 Abs. 4 EStG.
zu 3) Der Ausschluß des abschnittsübergreifenden Verlustausgleichs (nach der Terminologie des § 10d EStG n.F. des Verlustrücktrags und Verlustvortrags) durch das Abstellen auf die nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des EStG ermittelten positiven Einkünfte des letzten Kalenderjahres aus selbständiger Erwerbstätigkeit (§ 18b Abs. 2 Satz 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) verletzt kein Verfassungsrecht. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor. Dabei ist nicht nur - wie vom LSG ausgeführt - an die Vergleichsgruppe der abhängig Beschäftigten anzuknüpfen. In Betracht kommt Art. 3 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab auch deshalb, weil eine Ungleichbehandlung mit der Gruppe derjenigen Selbständigen vorliegt, die (mehr oder weniger zufällig) von starken jährlichen Einkommensschwankungen mit „negativen“ Einkünften verschont blieben und in den einzelnen VZ keine höheren Einkünfte erzielen als die Klägerin im Durchschnitt der Jahre. Jene erhalten im Gegensatz zur Gruppe der Selbständigen mit stark schwankenden Jahreseinkommen die Hinterbliebenenrente ohne wesentliche Kürzungen. Auch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG kann tangiert sein, weniger mit Blick auf die Hinterbliebenenrente (sie unterfällt nicht der Eigentumsgarantie des GG - vgl. BVerfG Beschluß vom 18. Februar 1998 - 1 BvR 1318/86 u.a. - BVerfGE 97, 271, 283 ff. = SozR 3-2940 § 58 Nr. 1) als mit Blick auf das eventuell eingesetzte Eigenkapital zum Ausgleich der Verluste. Denn dieses kann, da die Gewinne der späteren VZ wegen der Rentenkürzung in den Konsum fließen, nicht oder nur teilweise zurückgeführt werden. Auch der Hinweis der Klägerin auf den Gesichtspunkt der Einheitlichkeit der Rechtsordnung, womit sie (sinngemäß) eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 GG) rügt, ist nicht von der Hand zu weisen. Denn die rechtlichen Erwägungen, welche den abschnittsübergreifenden Verlustabzug im Steuerrecht nahezu zwingend gebieten, könnten auch für das Sozialrecht Bedeutung haben; die Nichtberücksichtigung des abschnittsübergreifenden Verlustabzugs könnte die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Gerechtigkeit verletzen.
In Übereinstimmung mit dem Urteil des 10. Senats des BSG zum Ausschluß des Verlustabzugs nach § 11 Abs. 1 BKGG a.F. vom 8. Dezember 1993 - 10 RKg 2/93 - DBlR 4094, BKGG/§ 11, das sich wiederum weitgehend an der Entscheidung des BVerfG vom 29. Mai 1990 (1 BvL 20/84 u.a. - BVerfGE 82, 60, 98, 102 ff. = SozR 3-5870 § 10 Nr. 1) orientiert, bestehen jedoch gewichtige Gründe, bei der Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten nur auf die Gewinne Selbständiger im VZ des Vorjahres abzustellen und weder einen Verlustrücktrag noch einen Verlustvortrag zuzulassen. Bereits die gesetzliche Regelung kommt Selbständigen nunmehr weitgehend entgegen. Da ab dem VZ 1994 (für Leistungen ab dem 1. Januar 1995 bzw. Neufeststellungen ab 1. Juli 1995) steuerliche Vergünstigungen, die in den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts mannigfach enthalten sind (z.B. Sonderabschreibungen), sich nicht mehr einkommenserhöhend auswirken, toleriert es der Gesetzgeber, daß Steuervergünstigungen auf Sozialleistungen jedenfalls im ersten VZ durchschlagen. Da ferner, wie ausgeführt, sowohl der horizontale als auch - mit Einschränkungen - der vertikale Verlustausgleich im jeweiligen VZ berücksichtigt werden, ist die Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialrecht bei der Gewinnermittlung weitgehend hergestellt. Der Hintergrund des abschnittsübergreifenden Verlustabzugs sind meist Sonderabschreibungen mit Subventionscharakter. So war es auch im Falle der Klägerin, die - wie der im Revisionsverfahren vorgelegten Stellungnahme ihres Steuerberaters vom 10. Mai 2001 zu entnehmen ist - für Ihre Investitionen die Sonderabschreibungen des Zonenrandförderungsgesetzes in Anspruch genommen hat, wobei die durch den Verlustvortrag erzielten Steuerersparnisse in den hier streitigen Zeiträumen ein Mehrfaches der Rentenkürzung betragen haben dürften. Das Verbot, solche „fiktiven Verluste“ auch in den folgenden VZ im Rahmen des § 15 Abs. 1 SGB IV zu berücksichtigen, ist in jedem Falle sachgerecht, denn objektiv (d.h. über die reguläre Abschreibung hinausgehend) hat sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Hinterbliebenen nicht gemindert. Durch das generelle Verbot des abschnittsübergreifenden Verlustausgleichs bei der Feststellung des Gewinns nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV wird aber auch verhindert, durch Ausnutzung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten die Kürzung der Hinterbliebenenrente zu umgehen. Dies gilt vor allem für den Verlustrücktrag, der zur rückwirkenden Neufeststellung des EStB und damit der Hinterbliebenenrente führen würde. Wenn allerdings - wofür im Fall der Klägerin keine Anhaltspunkte vorliegen - „reale Verluste“ entstanden sind, die in späteren VZ wieder erwirtschaftet und ausgeglichen werden müssen, könnte bezweifelt werden, ob für den gezielten Ausschluß des abschnittsübergreifenden Verlustausgleichs ein sachlicher Grund besteht. Denn das abschnittsübergreifende Nettoprinzip und der dahinter stehende Gedanke, die wirkliche Leistungsfähigkeit des Steuerbürgers zu berücksichtigen, gilt in vergleichbarer Weise auch für die Feststellung der individuellen Bedarfslage bzw. der eigenen Leistungsfähigkeit des Selbständigen aus Erwerbstätigkeit, die zur Minderung bzw. Einstellung der Hinterbliebenenversorgung führt. Doch auch dann ist die Regelung gerechtfertigt, weil das Nebeneinander „fiktiver“ und „realer“ Verluste, die Jahr für Jahr entstehen und (in den hier maßgeblichen VZ) zwei Jahre zurück- und eine beliebige Zahl von Jahren vorgetragen werden können, zu einem unverhältnismäßigen und nicht zu bewältigenden Verwaltungsaufwand führen würde. Ohnehin wird mit § 18b Abs. 2 Satz 1 SGB IV das der Rentengewährung zugrundeliegende Monatsprinzip bereits durch das Jahresprinzip ersetzt. Bei der Ausgestaltung der Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV konnte der Gesetzgeber der Verwaltungspraktikabilität das entscheidende Gewicht beimessen und die mögliche Ungerechtigkeit im Einzelfall an dem Verwaltungsaufwand messen, der dadurch entstehen würde, daß die Rentenversicherungsträger zur „Auseinanderrechnung“ der fiktiven und realen Verluste wirtschaftliche und steuerliche Ermittlungen und Wertungen vornehmen müßten, für die sie erst sachlich und personell ausgestattet werden müßten. Der dadurch verursachte Verwaltungsaufwand - auch für die streitigen Verfahren - würde den mit der Anrechnungsregelung verfolgten Einsparungseffekt zu einem erheblichen Teil wieder zunichte machen. Im übrigen kennen das Sozialrecht und das Recht der sozialen Transferleistungen aus den gleichen wohlerwogenen Gründen noch weit schärfere Einschränkungen für einen Verlustausgleich und die Anrechnung „negativer“ Einkünfte als § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der hier vertretenen Auslegung (vgl. z.B. § 11 Abs. 1 BKGG a.F., § 6 Abs. 1 BErzGG und § 21 Abs. 1 BAföG, § 76 BSHG i.V.m. § 4 der DVO vom 28. November 1962 i.d.F. vom 23. November 1976 <BGBl. I 3234>, § 10 Abs. 1 WoGG). Alle genannten Regelungen schließen generell den vertikalen sowie den abschnittsübergreifenden Verlustausgleich aus und steuerliche Vergünstigungen mindern selbst im ersten VZ nicht das anzurechnende Einkommen. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, daß es weder aus dem Gesichtspunkt der Einheitlichkeit der Rechtsordnung noch aus sonstigen verfassungsrechtlichen Gründen geboten ist, die durch § 10d EStG ermöglichte Durchbrechung des Prinzips der sog- (Jahres-)Abschnittsbesteuerung auf das Sozialrecht zu übertragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.