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B 12 KR 9/97 R

Tatbestand

Streitig ist die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die Klägerin ist Beschäftigungs- und Arbeitstherapeutin (Ergotherapeutin) und seit April 1981 selbständig tätig; sie beschäftigt keine Arbeitnehmer. Ihre Patienten behandelt sie überwiegend aufgrund ärztlicher Verordnung. Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte stellte mit bindendem Bescheid vom 14. Juni 1982 Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Angestellten fest.

Im Jahre 1994 machte die Klägerin geltend, nicht versicherungspflichtig zu sein. Die Beklagte überprüfte daraufhin ihre Entscheidung aus dem Jahre 1982 und lehnte deren Rücknahme ab (Bescheid vom 2. Januar 1995 und Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 1995).

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 12. März 1996). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 23. Januar 1997). Der Bescheid vom 14. Juni 1982 sei bei seinem Erlaß rechtmäßig gewesen und seither nicht wegen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse rechtswidrig geworden. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) und § 2 Nr. 2 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) - unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestehe Versicherungspflicht für selbständig in der Krankenpflege tätige Pflegepersonen, wenn sie ihre Behandlung typischerweise aufgrund ärztlicher Verordnung und nicht als eigenverantwortlich tätige Heilkundige ausführten. Das sei bei Ergotherapeuten der Fall. Zwar werde die ärztliche Verordnung häufig so weit gefaßt sein, daß sie sich von einer Überweisung an einen Facharzt/Heilkundigen kaum unterscheide. Das ändere jedoch nichts daran, daß der Verordnende die Verantwortung für die medizinische Notwendigkeit der Behandlung trage und der Ergotherapeut in dem durch die Verordnung gesetzten Rahmen tätig werde. Typischerweise sei von einer sozialen Schutzbedürftigkeit auszugehen. Nach Vor- und Ausbildung führe der Beruf des Ergotherapeuten regelmäßig in ein Angestelltenverhältnis. Bei einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst komme nach Einarbeitung die Einstufung nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) in die Vergütungsgruppe VI, bei Aufstieg in eine leitende Stellung bis BAT IVa in Betracht. Dieser Personenkreis sei aus Gründen sozialer Schutzbedürftigkeit versicherungspflichtig. Entsprechendes gelte typischerweise für die selbständig tätigen Ergotherapeuten, die im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit keinen Arbeitnehmer beschäftigten. Ihr Verdienst beruhe ausschließlich auf dem Einsatz der eigenen Arbeitskraft; Umsatz und Gewinn seien daher natürliche Grenzen gesetzt. Ein im Einzelfall höherer Verdienst aus der selbständigen Tätigkeit werde durch das Unternehmerrisiko kompensiert und stehe deshalb einer rentenversicherungsrechtlichen Gleichbehandlung mit den Angestellten nicht zwingend entgegen.

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision eine Verletzung des § 2 Nr. 2 SGB VI. Die Tätigkeit der Ergotherapeuten sei nicht der Krankenpflege zuzuordnen, sondern gehöre wie die der Logopäden zur Heilkunde. Dauer und Gang ihrer Ausbildung entspreche derjenigen der Logopäden. Nach den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien setze die Tätigkeit in beiden Berufen die diagnostische Arbeit des Arztes voraus. Die ärztliche Verordnung beziehe sich aber nur auf die Vorgabe der angestrebten Behandlungsziele. Diese habe der Ergotherapeut aufgrund eigenständiger Befunderhebung nach einem von ihm selbständig und eigenverantwortlich zu erstellenden Therapieplan zu verwirklichen. Die gesetzliche Rentenversicherung sei zwar von der ursprünglichen Begrenzung auf abhängig Beschäftigte durch eine Ausnahmevorschrift auf besondere, des Schutzes der Sozialversicherung bedürftige Gruppen von Selbständigen ausgedehnt worden. Wandelten sich die Berufsbilder, könne die Sozialversicherungspflicht dadurch jedoch nicht automatisch immer weitere Bereiche vereinnahmen.

Die Klägerin beantragt,

  • das Urteil des LSG vom 23. Januar 1997 und das Urteil des SG vom 12. März 1996 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 2. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 1995 zu verpflichten, ihren Bescheid vom 14. Juni 1982 zurückzunehmen oder aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

  • die Revision zurückzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest, daß selbständig tätige Ergotherapeuten versicherungspflichtig sind.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat ihre Berufung gegen das klagabweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 2. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 1995 ist rechtmäßig. Der frühere Bescheid vom 14. Juni 1982 ist nicht nach § 44 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren (SGB X) - zurückzunehmen oder nach § 48 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 1 SGB X aufzuheben. Die darin festgestellte Versicherungspflicht der Klägerin in der Rentenversicherung besteht seit Aufnahme ihrer selbständigen Tätigkeit als Ergotherapeutin. Sie ist bis heute nicht entfallen.

Nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden § 2 Abs. 1 Nr. 6 AVG i.d.F. des Art. 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 23. Februar 1957 (BGBl. I 88) waren Personen in der Rentenversicherung der Angestellten versichert, die in der Krankenpflege (sowie in der Wochen-, Säuglings- und Kinderpflege) selbständig tätig waren und in ihrem Betrieb keine Angestellten beschäftigten (vgl. zur Entstehung der Vorschrift BSGE 54, 219, 220 f = SozR 2400 § 2 Nr. 22 S. 32 f.). Parallel hierzu bestimmte § 166 Abs. 1 Nr. 5 der Reichsversicherungsordnung (RVO), daß diese Personen auch in der Krankenversicherung versichert werden, wenn ihr regelmäßiges Jahreseinkommen die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung nicht übersteigt. Die Regelung über die Krankenversicherungspflicht ist nicht in das seit 1. Januar 1989 geltende Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) übernommen worden; der Gesetzgeber ging davon aus, daß die bisher versicherungspflichtigen Selbständigen wie andere Selbständige für ihre Krankenversicherung in eigener Verantwortung Vorsorge treffen können (BT-Drucks. 11/2237 S. 159). Das zum 1. Januar 1992 in Kraft getretene SGB VI hat dagegen für die gesetzliche Rentenversicherung an der Versicherungspflicht der selbständig tätigen Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind, festgehalten; nach geltendem Recht läßt allerdings schon die im Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit stehende Beschäftigung eines „versicherungspflichtigen Arbeitnehmers“ die Versicherungspflicht der Pflegeperson entfallen (§ 2 Nr. 2 SGB VI).

Zu § 166 Abs. 1 Nr. 5 RVO hat das BSG schon 1964 entschieden, daß auch selbständige Masseure, wenn sie aufgrund der einschlägigen Vorschriften zur selbständigen Ausübung ihres Berufs berechtigt waren, jedenfalls dann versicherungspflichtig waren, wenn sie tatsächlich und nicht nur nebenher Massagen aufgrund ärztlicher Verordnungen verabfolgten (BSGE 21, 171, 175 = SozR Nr. 2 zu § 166 RVO). Es bestehe kein Grund, den Begriff der Krankenpflege in § 166 RVO in dem engen Sinne zu verstehen, wie er sich aus dem Gesetz zur Ordnung der Krankenpflege vom 28. September 1938 (RGBl. I 1309) und den bis 1945 hierzu ergangenen Ausführungs-, Durchführungs- und Ergänzungsbestimmungen ergebe (BSGE 21, 171, 172 f). Es sei nicht auszuschließen, daß durch die Fassung „die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- und Kinderpflege selbständig tätigen Personen“ alle Heilhilfsberufe erfaßt werden sollten, die aufgrund des Krankenpflegegesetzes eine gesetzliche Regelung erfahren hatten oder noch erfahren würden (BSGE 21, 171, 174). Das BSG hat in der Folgezeit auch entschieden, daß die weiteren in dem Gesetz über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten vom 21. Dezember 1958 (BGBl. I 1985) genannten Berufe, insbesondere des Krankengymnasten, zu den Krankenpflegeberufen gehören (vgl. zur Entwicklung der Rechtsprechung BSG SozR 3-2600 § 2 Nr. 2 S. 6 f m.w.N.). Demgegenüber sind diejenigen Personen, die Heilkunde ausüben, als in der Angestelltenversicherung versicherungsfrei angesehen worden. Hierzu gehören die Ärzte (vgl. § 2 Abs. 5 der Bundesärzteordnung i.d.F. der Bekanntmachung vom 16. April 1987 <BGBl. I 1218>; BSG SozR 2400 § 2 Nr. 5) und die Heilpraktiker (vgl. § 1 Abs. 1 des Heilpraktikergesetzes <HeilprG> vom 17. Februar 1939 <RGBl. I 251>; BSG SozR 2400 § 2 Nr. 4).

Die Rechtsprechung hat die Abgrenzung der versicherungsfreien von den versicherungspflichtigen Heilberufen somit zwischen denjenigen getroffen, die Heilkunde ausüben, und denen, die bei der Krankenbehandlung auf Verordnung des Heilkundigen tätig werden (Heilhilfsberufe; vgl. BSG SozR 2400 § 2 Nrn. 4 und 5; BSG SozR 3-2600 § 2 Nr. 2). An dieser Rechtslage hat sich mit Inkrafttreten des SGB VI nichts geändert (BSG SozR 3-2600 § 2 Nr. 2 S. 7 f). Der Gesetzgeber wollte durch den Begriff der „Pflegepersonen“ in § 2 Nr. 2 SGB VI den Kreis der versicherungspflichtig in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- und Kinderpflege Tätigen i.S. der bisherigen Rechtsprechung abgrenzen (vgl. BT-Drucks. 11/4124 S. 149 zu § 2). Dieser Begriff hat auch durch das am 1. Januar 1995 in Kraft getretene Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) - keinen neuen Inhalt erhalten. Die Begriffsbestimmung in § 19 Satz 1 SGB XI, wonach Pflegepersonen diejenigen sind, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen i.S. des § 14 SGB XI in seiner häuslichen Umgebung pflegen, gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes nur für die soziale Pflegeversicherung.

Wesentliches Kennzeichen der Tätigkeit der Heilkundigen ist die Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen (vgl. Art. 1 Abs. 2 HeilprG). Die Heilkundigen stellen die Diagnose und bestimmen die Art und den Umfang der medizinisch erforderlichen Behandlung des kranken Menschen. Im Unterschied hierzu stellen die in der Krankenpflege tätigen Personen weder eine Diagnose, noch bestimmen sie Art und Umfang der Behandlung; sie werden auf Verordnung des Heilkundigen (Arzt oder Heilpraktikers) tätig und sind dabei von dessen Weisungen abhängig (vgl. BSG SozR 3-2600 § 2 Nr. 2 S. 7 m.w.N.). Diese Weisungsabhängigkeit der Krankenpflegepersonen bei der Verrichtung ihrer Tätigkeiten im einzelnen hat die Rechtsprechung dabei in den verschiedenen pflegerischen Berufen nicht als grundsätzlich unterschiedlich angesehen. Sie schließt nicht aus, daß die Arbeiten zwar aufgrund ärztlicher Verordnung verrichtet werden, die Pflegeperson jedoch bei der Durchführung von ärztlichen Weisungen je nach Lage des Gepflegten oder Betreuten u.U. weitgehend frei ist. Die Rechtsprechung hat in diesem Zusammenhang auch auf die soziale Schutzbedürftigkeit der selbständig tätigen Krankenpflegepersonen abgestellt (vgl. BSG SozR 3-2600 § 2 Nr. 2 S. 8).

In Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat in seinem Urteil vom 30. Januar 1997 entschieden, daß auch selbständig tätige Krankengymnasten (jetzt: Physiotherapeuten), die Patienten aufgrund ärztlicher Verordnung behandeln, als Pflegepersonen i.S. des § 2 Nr. 2 SGB VI gelten (BSG SozR 3-2600 § 2 Nr. 2 S. 8). Die Rechtslage hat sich durch das Masseur- und Physiotherapiegesetz (MPhG) vom 26. Mai 1994 (BGBl. I 1084), welches das Gesetz über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten mit Wirkung vom 1. April 1994 abgelöst hat, nicht geändert.

Nach diesen Grundsätzen sind auch Ergotherapeuten, wenn sie wie die Klägerin ihre Patienten aufgrund ärztlicher Verordnung behandeln, den in der Krankenpflege tätigen Personen (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 AVG) bzw. Pflegepersonen (§ 2 Nr. 2 SGB VI) zuzurechnen.

Die Erteilung der Erlaubnis für eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut/in“ ist in dem Beschäftigungs- und Arbeitstherapeutengesetz (BeArbThG) vom 25. Mai 1976 geregelt (BGBl. I 1246, zuletzt geändert durch Art. 2 des Heilberufsänderungsgesetzes vom 8. März 1994, BGBl. I 446; die Bezeichnungen des Gesetzes und des Berufes sollen ab 1. Januar 1999 geändert werden in „Ergotherapeutengesetz - ErgThG“ und in „Ergotherapeutin“ oder „Ergotherapeut“, vgl. Art. 8 i.V.m. Art. 11 Abs. 2 des Entwurfs eines Gesetzes über die Berufe des psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, BT-Drucks. 13/8035 S. 12, BT-Drucks. 13/9212 S. 25). Das BeArbThG selbst nennt zwar nicht die Aufgabenstellung des Berufs des Ergotherapeuten, anders als die jüngeren Gesetze zur Regelung von Heilberufen (vgl. z.B. § 5 Hebammengesetz von 4. Juni 1985, BGBl. I 902, §§ 3, 8 MPhG). Dem Berufsbild, wie es sich aus diesem Gesetz i.V.m. der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten (BeArbThAPrO) vom 23. März 1977 (BGBl. I 509, zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 6. Dezember 1994, BGBl. I 3770) und der Entstehungsgeschichte der Regelungen ergibt, kann jedoch nicht entnommen werden, daß Ergotherapeuten, auch wenn sie nach ärztlicher Verordnung tätig werden, wie Heilkundige Diagnosen stellen und die Art sowie den Umfang der Behandlung frei von Weisungen des Arztes bestimmen.

Die Ausbildungs- und Prüfungsregelungen weisen nicht auf einen heilkundlichen Beruf hin. Die BeArbThAPrO läßt eine vertiefte Ausbildung, insbesondere in der Diagnostik, aber auch in der Befunderhebung und dem Aufstellen von Behandlungsplänen nicht erkennen. In der Prüfung wird der Nachweis von Fähigkeiten auf diesen für die Heilkunde typischen Gebieten kaum gefordert. Gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlagen 1 und 2 BeArbThAPrO umfaßt die dreijährige Ausbildung einen theoretischen und praktischen Unterricht (2360 Stunden) und eine praktische Ausbildung (1860 Stunden). Hiervon werden nur in 260 Unterrichtsstunden im Rahmen der Ausbildung „Spezielle Krankheitslehre“ in Augenheilkunde, Chirurgie, Geriatrie, Innere Medizin, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Neurologie, Orthopädie, Pädiatrie und Psychiatrie neben Kenntnissen der therapeutischen, präventiven und rehabilitativen Maßnahmen auch diagnostische Kenntnisse vermittelt (Anlage 1 unter 5.) und im Rahmen der Unterweisung in fachspezifischen Behandlungstechniken (240 Stunden), insbesondere in der Chirurgie, Orthopädie, Neurologie, Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Pädiatrie und Geriatrie Kenntnisse im Aufstellen von Behandlungsplänen (Anlage 1 unter 13.). Außerdem ist im Rahmen der Ausbildung in Psychologie (100 Unterrichtsstunden) eine Einführung in die Psychodiagnostik vorgesehen. Die schriftliche Prüfung erfaßt zwar u.a. die Fächer „spezielle Krankheitslehre“ und „Psychologie“, der Nachweis von Kenntnissen in der Diagnostik wird aber nicht gefordert. Im Rahmen der praktischen Prüfung ist im Prüfungsfach „Angewandte Beschäftigungs- und angewandte Arbeitstherapie“ lediglich ein schriftlicher Bericht über den beschäftigungstherapeutischen Behandlungsplan und die Durchführung der Behandlung vorzulegen (§ 5 Abs. 1 Satz 3 und § 6 Abs. 3 Satz 2 BeArbThPrO). Der Gesetzgeber ging nach den Materialien zum BeArbThG nicht von einem heilkundlichen Beruf aus. Grundlage des Gesetzentwurfs war die Erkenntnis, daß der Beschäftigungs- und Arbeitstherapie in der Rehabilitation und der Betreuung Behinderter Bedeutung zukomme. Sie umfasse in erster Linie ärztlich überwachte Behandlungen und sei durch ein enges Zusammenwirken von Ärzten, Krankenpflegepersonal, Krankengymnasten, Psychologen sowie Pädagogen, Sozialarbeitern und Spezialarbeitern für die Ausbildung und für Berufsfragen gekennzeichnet (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 7/3113 S. 6, 7 und S. 8 zu § 1 EBeArbThG). Die Ausbildung sollte insbesondere praktische Kenntnisse vermitteln (vgl. Bericht in BT-Drucks. 7/4834 S. 3 re. Spalte). Unter diesem Gesichtspunkt ist über den Status der Ausbildungsstätten (Berufsfachschulen oder ähnliche Einrichtungen wie auch für andere nichtärztliche Berufe, keine Fachhochschulen) und die Vorbildungsvoraussetzungen (Bewerber mit mittlerem Bildungsabschluß oder mit Hauptschulabschluß und abgeschlossener Berufsausbildung von mindestens zwei Jahren) entschieden worden (vgl. BT-Drucks. 7/4834 S. 5 zu § 4 EBeArbThG).

Die Revision trägt für ihre Behauptung, das Berufsbild habe sich gewandelt, nichts vor. Ein solcher Wandel ergibt sich auch nicht aus den tatsächlichen Feststellungen des LSG. Die Literatur läßt hierfür ebenfalls keine Anhaltspunkte erkennen (vgl. Rosenthal/Korbmann, Leistungserbringer von Heil- und Hilfsmitteln und Krankenkassen, 4. Aufl. 1997 S. 112; Nabel, Die Sozialversicherung 1998 S. 33, 38). Das BeArbThG und die BeArbThAPrO sind zwar seit ihrem Inkrafttreten im Jahre 1977 mehrfach geändert worden; die Änderungen enthalten Überleitungsregelungen aus Anlaß der Herstellung der Einheit Deutschlands (vgl. § 8a BeArbThG und § 14a BeArbThAPrO) und der Umsetzung der EG-Richtlinien 89/48/EWG und 92/51/EWG sowie des EWR-Abkommens in deutsches Recht (vgl. § 2 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 BeArbThG und § 15 BeArbThAPrO). Eine Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsinhalte und des Berufsbildes des Ergotherapeuten ergibt sich hieraus nicht.

Das BeArbThG regelt allerdings nur die Berufszulassung, nicht die Berufsausübung. Aus diesem Gesetz ergibt sich dementsprechend keine Einschränkung der Berufstätigkeit auf ergotherapeutische Behandlungen i.S. einer Krankenpflege auf Weisung eines Heilkundigen. Der Beruf wird jedoch vorwiegend nicht heilkundlich, sondern im Rahmen der Krankenpflege ausgeübt. Der Ergotherapeut ist aufgrund gesetzlicher und vergleichbarer Regelungen im Sozialversicherungsrecht, im beamtenrechtlichen Beihilferecht und im Recht der privaten Krankenversicherung von der selbständigen, ausschließlich eigenverantwortlichen Behandlung von Erkrankungen weitgehend ausgeschlossen. Er wird in diesen Bereichen nicht als Heilkundiger, sondern als Heilmittelerbringer bzw. nichtärztlicher Heilbehandler angesehen, der seine Leistung auf Verordnung eines Heilkundigen, in der Regel eines Arztes erbringt. Die Beschäftigungstherapie zählt in der gesetzlichen Krankenversicherung und im Rehabilitationsrecht der Sozialversicherung zu den Heilmitteln (vgl. § 124 Abs. 1 SGB V, § 10 Nr. 3 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation <RehaAnglG> vom 7. August 1974 <BGBl. I 1881>); diese sind von den Sozialleistungsträgern nur auf ärztliche Verordnung hin zu gewähren (vgl. § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V, § 30 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung <SGB VII>). Nach den Beihilfevorschriften sind die Aufwendungen für eine Beschäftigungstherapie nur beihilfefähig, wenn die Heilbehandlung auf einer ärztlichen Verordnung beruht (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 3 der Beihilfevorschriften des Bundes vom 19. April 1985 (BhV, GMBl. S. 290, jetzt gültig i.d.F. der Bekanntmachung vom 10. Juli 1995, GMBl. S. 470 mit nachfolgenden Änderungen). Schließlich dürfte in der privaten Krankenversicherung der Anspruch auf Erstattung der Kosten für Heilmittel regelmäßig von der Verordnung eines niedergelassenen Arztes oder eines Heilpraktikers i.S. des HeilprG abhängig sein (vgl. § 4 der Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherung für die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung, abgedruckt bei Bach/Moser, Private Krankenversicherung, 3. Aufl. 1993). Für die Ergotherapie gilt hier nichts besonderes.

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß die ärztliche Verordnung als Abgrenzungsmerkmal heilkundlicher Tätigkeit von der Krankenpflege für die Ergotherapie nicht geeignet ist (aA Nabel, Die Sozialversicherung 1998 S. 33, 37 ff.). Es mag, wie die Revision vorträgt, zutreffen, daß die Verordnungen im Einzelfall nur die Krankheitsbezeichnung, die Therapie (Ergotherapie) und die Zahl der Behandlungen angeben. Damit ist jedoch die Entscheidung über das „Ob“ der Behandlung und deren Dauer vom Arzt getroffen worden und auch das Behandlungsziel vorgegeben, nämlich die Besserung oder Heilung der mit der Diagnose bezeichneten krankhaften Störung. Daß der Behandlung dennoch eine ergotherapeutische Funktionsanalyse und Anamnese durch den Ergotherapeuten vorauszugehen hat, die von den gesetzlichen Krankenkassen auch vergütet wird, wie die Beklagte vorgetragen hat (vgl. auch die entsprechende Erstattungsregelung in den Hinweisen des Bundesministers des Innern zu § 6 Abs. 1 Nr. 3 BhV in der seit 1. Januar 1992 geltenden Fassung, GMBl. 1991 S. 1050), macht die Tätigkeit des Ergotherapeuten noch nicht zu einer heilkundlichen. Die Befunderhebung ist auf das ärztlich vorgegebene Krankheitsbild und die damit in Zusammenhang angezeigte ergotherapeutische Behandlung abgestellt. Sie ist dem Ergotherapeuten aufgrund seiner besonderen Fachkenntnis übertragen und gehört zum Kernbereich der von ihm eigenverantwortlich durchzuführenden ergotherapeutischen Maßnahmen. Das Erkennen und Abgrenzen des Krankheitsbildes i.S. einer Differentialdiagnose sowie die Entscheidung über die Anwendung von Ergotherapie, deren Dauer und ggf. deren Fortsetzung nach Verbrauch der Erst- oder Folgeverordnung obliegen jedoch dem Arzt.

Selbständige Ergotherapeuten sind somit, wenn sie ihre Patienten aufgrund ärztlicher Verordnung behandeln, im Rahmen der Krankenpflege i.S. des § 2 Nr. 2 SGB VI (früher § 2 Abs. 1 Nr. 6 AVG) tätig. Sie unterliegen der Versicherungspflicht, wenn die weitere Voraussetzung (keine Angestellten- bzw. Arbeitnehmerbeschäftigung) erfüllt ist. Die Verwaltungspraxis der Beklagten, die im Einzelfall Ergotherapeuten trotz vergleichbaren Sachverhalts (Behandlung auf ärztliche Verordnung und keine Arbeitnehmerbeschäftigung) als versicherungsfrei behandelt hat, ist rechtswidrig und kann nicht Grundlage eines Anspruchs auf Gleichbehandlung sein.

Die Revision verlangt zu Unrecht eine Gleichbehandlung von Ergotherapeuten mit selbständigen Logopäden, die von der Beklagten selbst dann nicht als nach § 2 Nr. 2 SGB VI versicherungspflichtig angesehen werden, wenn sie im Rahmen ärztlicher Verordnung und ohne Arbeitnehmer tätig werden. Der Senat hat bereits entschieden, daß von einer bestehenden oder nicht bestehenden Versicherungspflicht der Logopäden nicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen der Versicherungspflicht der Krankengymnasten geschlossen werden kann, weil beide Berufe sich erheblich unterscheiden und auf unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen beruhen (BSG SozR 3-2600 § 2 Nr. 2 S. 9). Dieses gilt auch im Verhältnis von Logopäden zu Ergotherapeuten; denn es handelt sich ebenfalls um unterschiedliche Berufsbilder.

Schließlich ist das Schutzbedürfnis von selbständigen Ergotherapeuten ohne Arbeitnehmer nicht generell so gering einzuschätzen, daß ihre Gleichstellung mit den abhängig Beschäftigten und ihre Einbeziehung in die Versicherungspflicht der übrigen, in dem Katalog des § 2 Nr. 2 SGB VI aufgeführten Selbständigen als sachwidrige Gleichbehandlung unterschiedlicher Gruppen angesehen werden müßte. Ergotherapeuten arbeiten, worauf das LSG - von der Revision nicht beanstandet - hingewiesen hat, überwiegend im Angestelltenverhältnis, und zwar in Krankenhäusern, Rehabilitations- und anderen vorwiegend stationären Einrichtungen (vgl. Rosenthal, Leistungserbringer von Heil- und Hilfsmitteln und Krankenkassen, hier 3. Aufl. 1994 S. 176). Insofern dient die Aufrechterhaltung der Versicherungspflicht während der selbständigen Tätigkeit der Kontinuität der rentenversicherungsrechtlichen Absicherung. Die wirtschaftliche Lage der Ergotherapeuten ähnelt auch weiterhin der der Arbeitnehmer, weil sie fast ausschließlich auf die Verwertung ihrer Arbeitskraft angewiesen sind (vgl. hierzu BSGE 54, 219, 220 m.w.N. = SozR 2400 § 2 Nr. 22). Schließlich wäre es eher unverständlich, die sonstigen freien Heilhilfsberufe, wie Krankenschwestern und Krankenpfleger, Masseure und Krankengymnasten / Physiotherapeuten, Hebammen und Entbindungspfleger sowie die im Gesundheitswesen tätigen Handwerksberufe wie Augenoptiker und Hörgeräteakustiker in den Katalog der versicherungspflichtigen Selbständigen einzubeziehen (§ 2 Nrn. 2, 3 und 8, letztere i.V.m. § 1 Abs. 2 und Anlage A VI der Handwerksordnung), Ergotherapeuten jedoch hiervon auszunehmen. Die unterschiedliche Behandlung gegenüber den versicherungsfreien Heilkundigen, insbesondere den Ärzten, ist nicht sachwidrig. Ärzte gehören zu den klassischen freien Berufen, die kraft Gesetzes einer Berufskammer angehören und für die mit dem wachsenden Interesse an einer solidarischen Alterssicherung berufsständische Versorgungseinrichtungen geschaffen worden sind, in denen grundsätzlich Pflichtmitgliedschaft besteht (vgl. Boecken, Die Pflichtaltersversorgung der verkammerten freien Berufe und der Bundesgesetzgeber, 1986 S. 38, 43, 47 ff., 373 ff.; Kramer, DAngV 1996 S. 154, 156 unter 2.1).

Da die Klägerin, wie das LSG für das Revisionsgericht bindend (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes <SGG>) festgestellt hat, ihre Patienten überwiegend aufgrund ärztlicher Verordnung behandelt, ist sie in der Krankenpflege tätig. Sie hat ferner, wie das LSG ebenfalls festgestellt hat, seit Aufnahme ihrer Tätigkeit als selbständige Ergotherapeutin keinen Arbeitnehmer beschäftigt, so daß seither Versicherungspflicht besteht.

Die Revision der Klägerin war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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