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B 8 KN 8/97 B

Gründe

Die Beklagte hatte dem Kläger höhere Altersrente unter Berücksichtigung der Zeit vom 1. November 1988 bis 31. Dezember 1991 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit verweigert, weil er zwar Knappschaftsausgleichsleistung bezogen, jedoch nicht nachweisbar arbeitslos gewesen sei (Bescheid vom 2. Februar 1994, Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 1994). Das Sozialgericht (SG) hat der Klage stattgegeben, das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil des SG vom 30. Januar 1996, Urteil des LSG vom 13. März 1997). Beide Gerichte gelangten nach Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, daß der Kläger in der fraglichen Zeit beim Arbeitsamt als arbeitsuchend gemeldet war und diese Meldung regelmäßig wiederholt hatte.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet. Die von der Beschwerdeführerin als Zulassungsgrund allein gerügte Divergenz (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) liegt nicht vor, weil das Urteil des LSG nicht vom angeführten Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12. Februar 1992, SozR 3-2200 § 1259 Nr. 11, abweicht.

Dem angeführten Urteil des BSG liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde. Der dortige Kläger bezog langjährig eine Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktsituation, hatte sich nach eigenem Vortrag nur für eine Teilzeitarbeit von fünf Stunden täglich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt und zudem fehlten eigene Feststellungen des Berufungsgerichts zur regelmäßigen Meldung des Klägers als Arbeitsuchender. Das BSG hat deshalb den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zur Nachholung der erforderlichen Tatsachenfeststellungen zum Ausfallzeittatbestand des § 57 Satz 1 Nr. 3 Reichsknappschaftsgesetz (RKG) zurückverwiesen: Das LSG habe eigene Feststellungen zur regelmäßigen Meldung als Arbeitsuchender zu treffen, es werde zudem "zu prüfen haben, ob auch bei diesen Gegebenheiten, insbesondere angesichts des Zeitablaufs und der durch die Rentengewährung wohl gewährleisteten Sicherung des Lebensunterhaltes noch eine Arbeitsbereitschaft bestand" (a.a.O. S. 48). Diese Auflage hat das BSG als auf den Einzelfall bezogen gekennzeichnet, denn seinen Überlegungen hat es den Satz vorgestellt: "Zwar wird man bei einer regelmäßigen Meldung Arbeitslosigkeit in der Regel nicht verneinen können <BSG vom 27. Februar 1991, SozR 3-2200 § 1259 Nr. 4 S. 14>" (a.a.O. S. 48).

Das angefochtene Urteil des LSG trifft zur Arbeitsbereitschaft des Klägers keine Feststellungen, weil es unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BSG vom 27. Februar 1991 (a.a.O.) von der Regelvermutung ausging, daß mit der (nach Beweisaufnahme für erwiesen erachteten) regelmäßigen Meldung als Arbeitsuchender beim Arbeitsamt die Arbeitslosigkeit insgesamt (einschließlich der Arbeitsbereitschaft) erwiesen sei. Denn es wäre - so das BSG in der angeführten Entscheidung - widersprüchlich, "wenn einerseits die regelmäßige Meldung als arbeitsuchend bei dem Arbeitsamt zwingend gefordert wird und andererseits darüber hinaus noch der Nachweis zusätzlicher eigener Bemühungen um eine Arbeitsaufnahme, um die Arbeitsbereitschaft zu dokumentieren" (BSG SozR 3-2200 § 1259 Nr. 4 S. 14).

Im Gegensatz zu den Verhältnissen bei langjährigem Bezug einer Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktsituation mit eingeschränktem Leistungsvermögen und entsprechend eingeschränkter Verfügbarkeit begründet allein der langjährige Bezug von Anpassungsgeld (1. November 1983 bis 31. Oktober 1988) und anschließend von Knappschaftsausgleichsleistung (bis 31. Oktober 1993) noch keinen Zweifel an der Arbeitsbereitschaft des Klägers. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.

Die Zeiten des Bezugs von Anpassungsgeld sind Anrechnungszeiten ebenso wie die Zeiten des Bezugs von Knappschaftsausgleichsleistung ab 1. Januar 1992 (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB VI), so daß der hier streitige Zeitraum von Anrechnungszeiten "umrahmt" ist. Der Bezug von Knappschaftsausgleichsleistung läßt den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe nur ruhen (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 4, § 134 Abs. 4 AFG) und steht deshalb grundsätzlich (im Gegensatz zum Bezug einer Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit ohne Berücksichtigung der Arbeitsmarktsituation) der gleichzeitigen Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt und damit der Arbeitslosigkeit nicht entgegen. Erst für die Zeit ab 1. Januar 1992 mußte der Gesetzgeber einen eigenen An- rechnungszeittatbestand schaffen, da nunmehr die Regelungen über den Hinzuverdienst nach § 34 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI entsprechend anzuwenden waren (§ 239 Abs. 3 Satz 5 SGB VI i.d.F. durch Art. 1 RÜG vom 25. Juli 1991 <BGBl. I 1606>) und der Gesetzgeber den Leistungsbeziehern nicht zumuten wollte, sich einerseits dem Arbeitsmarkt für eine vollschichtige Tätigkeit zur Verfügung zu stellen, andererseits aber den Anspruch auf die Knappschaftsausgleichsleistung zu gefährden. Davon unterschied sich die Rechtslage vor dem 1. Januar 1992 wesentlich: Nach § 98a Abs. 4 RKG fiel die Knappschaftsausgleichsleistung nur mit der Wiederaufnahme einer Beschäftigung in einem knappschaftlichen Betrieb weg, also sobald sich die Strukturveränderungen im Bergbau, wegen derer die Ausgleichsleistung gewährt wurde, nicht mehr auswirkten. Grundsätzlich stand deshalb der Leistungsbezieher dem allgemeinen Arbeitsmarkt (auch subjektiv) voll zur Verfügung. Zeiten der Arbeitslosigkeit bzw. des Hinzuverdienstes waren die Regel, was den Gesetzgeber dazu bewog, diesen sozialen Status auch über den 1. Januar 1992 hinaus zu verlängern. Was ab 1. Januar 1992 fiktiv gilt, kann aber für die davorliegende Zeit im Regelfall nicht in Frage gestellt werden, sobald die Meldungen beim Arbeitsamt im erforderlichen Abstand nachgewiesen sind. Gegen die entsprechende Beweiswürdigung des LSG kann und will sich die Beschwerdeführerin aber nicht wenden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

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