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3 RK 24/94

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger ein nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) abgabepflichtiges Unternehmen betreibt.

Der Kläger organisiert Unterhaltungsshows, die überwiegend die Vorführung von Damenunterwäsche durch weibliche „Models“ zum Inhalt haben und von kommentierenden Ansagen durch sog Moderatoren begleitet werden. Daneben hat er in einem vom Landessozialgericht (LSG) nicht festgestellten Zeitraum auch selbständige Musiker „vermittelt“. Die Tätigkeit als Moderator wird entweder vom Kläger selbst wahrgenommen oder von verschiedenen nebenberuflich eingesetzten Kräften. Diese bedürfen nach Angaben des Klägers keiner besonderen Ausbildung oder Fähigkeit außer der gewandten Rede. Die „Models“ benötigen keine Tanzausbildung, wichtig sei gutes Aussehen und Ausdruckskraft des Körpers. Die Veranstaltungen dienen nicht dem Verkauf von Wäschestücken. Die Unterhaltungsshows werden ausschließlich in Diskotheken veranstaltet und sollen dort zur Steigerung der Besucherzahl beitragen. In einem vom Kläger vorgelegten Mustervertrag werden die vom Unternehmen betriebenen Aktivitäten mit „Gastspieldirektion, Künstlermanagement und Showproduzent“ beschrieben. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 6. Dezember 1989 die Abgabepflicht des Unternehmens fest, das seinerzeit noch unter der Bezeichnung „MB-Entermusement“ firmierte. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 1990). Das Sozialgericht (SG) hat die Klage durch Urteil vom 11. Juni 1991 abgewiesen. Ausgehend von dem vorgelegten Mustervertrag hat es den Kläger als Vermarkter künstlerischer Leistungen angesehen, der eine Gastspieldirektion betreibe. Das LSG hat die Berufung durch Urteil vom 12. November 1992 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Abgabepflicht des Klägers ergebe sich aus § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 8 KSVG 1989. Im Rahmen des § 24 KSVG sei es nicht notwendig, eine exakte Definition des einem laufenden Wechsel unterliegenden Unternehmens in der Showbranche abzugeben. Der Kläger sei bei der Veranstaltung von Unterwäscheshows nicht als Vermittler i.S. von § 24 Abs. 1 Nr. 2 KSVG a.F. tätig geworden; sein Unternehmen habe deshalb auch schon vor dem 1. Januar 1989 der Abgabepflicht unterlegen. Die von ihm durchgeführten Veranstaltungen seien im Bereich des allgemeinen Showgeschäfts angesiedelt. Dieses werde im Katalog des § 24 KSVG zwar nicht direkt angesprochen, doch handele es sich um Variete i.S. von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 KSVG. Das geschmackliche Niveau der Veranstaltungen müsse außer Betracht bleiben.

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 2, 24 und 25 KSVG sowie von Art 3 und 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG). Entgegen der Auffassung des LSG handele es sich bei den in den Unterhaltungsshows auftretenden Models und Showmoderatoren nicht um Künstler i.S. des KSVG.

Der Kläger beantragt,

  • die Urteile des Sozialgerichts Nürnberg vom 11. Juni 1991 und des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. November 1992 sowie den Feststellungsbescheid der Beklagten vom 6. Dezember 1989 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 1990 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

  • die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. November 1992 zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist für die Zeit vor dem 1. Januar 1989 i.S. der Zurückverweisung an das LSG begründet. Insoweit reichen die Tatsachenfeststellungen des LSG nicht aus, um die Frage, ob der Kläger seinerzeit ein der Künstlersozialabgabepflicht unterliegendes Unternehmen betrieben hat, abschließend beantworten zu können. Für die nachfolgende Zeit hat das LSG den Kläger zu Recht als abgabepflichtig angesehen.

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein der Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juni 1990, mit dem die Beklagte die Abgabepflicht der Kläger dem Grunde nach festgestellt hat (sog Erfassungsbescheid). Die Beklagte war berechtigt, zur Feststellung der Abgabepflicht dem Grunde nach einen sog Erfassungsbescheid zu erlassen (BSGE 64, 221 = SozR 5424 § 24 Nr. 2; BSGE 69, 259, 261 f. = SozR 3-5425 § 24 Nr. 1; SozR 3-5425 § 24 Nr. 3). Die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten im Verlauf der vorinstanzlichen Verfahren erlassenen Bescheide über die Höhe der Künstlersozialabgabe für die Zeit von 1983 bis 1991 (Bescheid vom 25. Mai 1991) und die Vorauszahlung für die Monate Januar und Februar 1992 (Bescheid vom 31. Januar 1992) kann im Revisionsverfahren nicht überprüft werden. Zwar werden die Bescheide über die Höhe der Abgabe zumindest dann, wenn der Abgabenpflichtige auch ihre Aufhebung anstrebt, grundsätzlich in entsprechender Anwendung des § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens (Bundessozialgericht <BSG> SozR 3-5425 § 24 Nr. 4). Haben die Vorinstanzen jedoch, wie hier, über die Abgabebescheide nicht entschieden und § 96 SGG nicht angewandt, so kommt eine Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in Betracht (BSG, a.a.O.). Ein Verstoß gegen § 96 SGG stellt keinen in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel dar (BSG SozR 1500 § 53 Nr. 2). Eine entsprechende Revisionsrüge haben die Kläger nicht erhoben.

2. Der Kläger ist zur Führung des Rechtsstreits befugt. Der angefochtene Bescheid richtete sich an die MB-Entermusement, c/o RA K.-A. Der Widerspruch wurde eingelegt von der M.B. Entermusement R. und A. M. Der Kläger und seine Ehefrau A. M. handelten seinerzeit als Gesellschafter bürgerlichen Rechts. In der Folgezeit ist die Ehefrau des Klägers aus der Gesellschaft ausgeschieden; die BGB-Gesellschaft wurde aufgelöst. Der Kläger hat das Unternehmen unter dem Namen „Fun-Connection“ allein fortgeführt und ist deshalb allein zur Führung des Rechtsstreits befugt.

3. Der Erfassungsbescheid betrifft die Zeit ab dem 1. Januar 1983. Ob der Kläger in der Zeit vor dem 1. Januar 1989 (zusammen mit seiner Ehefrau) ein abgabepflichtiges Unternehmen i.S. des § 24 Abs. 1 KSVG i.d.F. vom 27. Juli 1981 (BGBl. I  S 705 - KSVG 1981) betrieben hat, kann aufgrund der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Nach § 24 Abs. 1 KSVG 1981 sind Unternehmer zur Künstlersozialabgabe verpflichtet, deren Unternehmen darauf ausgerichtet sind, ständig Werke und Leistungen selbständiger Künstler und Publizisten gegen Entgelt in Anspruch zu nehmen (BT-Drucks. 8/3172, S. 19). Die Zugehörigkeit eines Unternehmens zum Kreis der im Katalog des § 24 Abs. 1 KSVG aufgeführten Tätigkeitsbereiche rechtfertigt die Feststellung der Abgabepflicht dem Grunde nach auch dann, wenn konkret keine Leistungen selbständiger Künstler in Anspruch genommen werden (BSG SozR 5425 § 24 Nr. 3; SozR 3-5425 § 24 Nr. 9). Nach Auffassung des LSG sind die Tätigkeitsbereiche des vom Kläger betriebenen Unternehmens sowohl § 24 Abs. 1 Nr. 2 als auch § 24 Abs. 1 Nr. 6 KSVG 1981 zuzuordnen. Nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 KSVG 1981 war ein Unternehmer zur Künstlersozialabgabe verpflichtet, der eine Konzertdirektion betrieb, sofern diese nicht nur eine vermittelnde Tätigkeit ausübte. Die Feststellungen des LSG zum Inhalt der vom Kläger durchgeführten Veranstaltungen rechtfertigen diese Beurteilung nicht. Es liegt auf der Hand, daß die Organisation oder Veranstaltung von Damenunterwäschevorführungen nicht zum Tätigkeitsbereich von Theater- oder Konzertdirektionen zählen. Als Gastspieldirektion oder sonstiges Unternehmen, dessen Zweck darauf gerichtet ist, künstlerische Werke aufzuführen oder künstlerische Leistungen darzubieten, kommt eine Abgabepflicht erst ab dem 1. Januar 1989 in Betracht, da die Regelung in Nr. 2 erst von diesem Zeitpunkt an als § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 durch Art 1 Nr. 5 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S 2606 - KSVG 1989) entsprechend erweitert wurde.

Auch der Abgabetatbestand des § 24 Abs. 1 Nr. 6 KSVG 1981 ist entgegen der Auffassung des LSG nicht erfüllt. Dieser erfaßte Varietes und Zirkusunternehmen. Das LSG hat den Begriff Variete zu Unrecht ohne Beschränkung auf den üblichen Wortsinn ausgelegt. Variete ist die Kurzform von Varietetheater, das vom französischen theatre de varietes stammt. Sowohl das französische Wort variete wie auch das diesem zugrundeliegende lateinische „varius“ bedeuten Verschiedenartigkeit bzw. „verschiedenartig“. Die Verschiedenartigkeit des Programms ist deshalb schon bei einer Wortauslegung das essentielle Merkmal des Begriffs Variete. Dies wird bestätigt durch die im Schrifttum gebräuchliche Definition. Danach handelt es sich beim Variete um eine Form des Theaters mit bunt wechselndem Programm artistischer, tänzerischer und gesanglicher Darbietungen, die Ende des 19. Jahrhunderts entstanden ist und meist keinen künstlerisch-literarischen Anspruch erhebt (Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 9. Auflage). Damenunterwäschevorführungen sind u.U. als Bestandteil eines Varietes denkbar, obgleich sie nicht zum Inhalt klassischer Varieteprogramme gezählt werden können. Entscheidend ist jedoch, daß die vom Kläger veranstalteten oder organisierten Unterhaltungsshows wegen der Einseitigkeit der Darbietungen allein nicht als Variete angesehen werden können. Die vom LSG vorgenommene Erweiterung des Begriffs Variete auf zeitgemäße Unterhaltungsvorführungen, mit der eine Einbeziehung des gesamten Showgewerbes erreicht werden soll, widerspricht der Systematik des § 24 KSVG. Für die Auslegung der in Abs. 1 neuer und alter Fassung verwendeten Begriffe ist, wie der Senat bereits entschieden hat (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr. 9), der allgemeine Sprachgebrauch maßgebend. Ein hiervon abweichendes Verständnis des Gesetzgebers müßte zumindest im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommen sein. Dies war hinsichtlich des Begriffs Variete nicht der Fall, obgleich dem Gesetzgeber bewußt war, daß „das Variete in Deutschland fast völlig ausgestorben ist“ (vgl. BT-Drucks. 7/3107, S. 39). Schon dies steht der vom LSG befürworteten aktualisierenden Auslegung entgegen. Im übrigen kommt eine über den allgemeinen Sprachgebrauch hinausgehende erweiternde Auslegung der in § 24 Abs. 1 KSVG verwendeten Begriffe auch wegen des Grundsatzes der Tatbestandsmäßigkeit abgaberechtlicher Normen nicht in Betracht (vgl. hierzu im einzelnen BSGE 74, 117, 120 = SozR 3-5425 § 24 Nr. 4 m.w.N.).

Ob der Kläger vor dem 1. Januar 1989 ein abgabepflichtiges Unternehmen betrieben hat, weil dieses neben der Organisation oder Veranstaltung von Damenunterwäschevorführungen selbständige Musiker „vermittelte“ und damit die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSVG 1981 (Betreiben einer Konzertdirektion) erfüllte, kann der Senat nicht entscheiden. Das LSG hat, ausgehend von seiner abweichenden Rechtsauffassung in bezug auf die durch die Veranstaltung von Unterwäscheshows begründete Abgabepflicht, keine Feststellungen zu den vertraglichen Beziehungen des Klägers zu den von ihm „vermittelten“ Musikern und zu ihren Auftraggebern getroffen. Die Vermittlung von Musikern kann, zumindest unter Geltung des § 24 Abs. 1 Nr. 2 KSVG 1981, von der Abgabepflicht ausgenommen sein, wenn sich die Tätigkeit des Klägers auf bloße Gelegenheitsnachweise beschränkt hat (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr. 4). Sofern der Kläger jedoch auch in bezug auf Musiker Engagementverträge mit Veranstaltern geschlossen hat, die denjenigen bei den beschriebenen Unterhaltungsshows entsprechen, was das LSG nicht festgestellt hat, ist entsprechend den vom Senat im Urteil vom 20. April 1994 (3/12 RK 31/92 = SozR 3-5425 § 24 Nr. 4) dargelegten Grundsätzen von einer Abgabepflicht als Konzertdirektion auszugehen. Zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen war der Rechtsstreit hinsichtlich der Zeit vor dem 1. Januar 1989 an das LSG zurückzuverweisen.

4. Hinsichtlich der anschließenden Zeit ist die Revision unbegründet. Seit dem 1. Januar 1989 ist der Kläger schon wegen der Veranstaltung oder Organisation der beschriebenen Unterhaltungsshows abgabepflichtig, weil er hiermit ein Unternehmen betreibt, dessen Zweck darauf gerichtet ist, künstlerische Werke aufzuführen oder künstlerische Leistungen darzubieten. Er erfüllt damit die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG 1989, der auf Zeiträume seit dem 1. Januar 1989 anzuwenden ist. Bei rechtsgestaltenden Verwaltungsakten, wie z.B. Rücknahme oder Widerruf eines Verwaltungsaktes, müssen zwar die Voraussetzungen schon bei dessen Erlaß vorgelegen haben. Der nachträgliche Eintritt der Voraussetzungen vermag den rechtsgestaltenden Verwaltungsakt nicht zu rechtfertigen, auch nicht für nachfolgende Zeiträume. Der Heranziehungsbescheid ist indes kein rechtsgestaltender Verwaltungsakt. Er stellt die Abgabepflicht für den im Bescheid bezeichneten Zeitraum, hier für die Zeit ab 1983, dem Grunde nach fest. Deshalb ist die Abgabepflicht für den gesamten streitigen Zeitraum und nicht nur für den Zeitpunkt der Bekanntgabe zu prüfen. Der Umstand, daß der Heranziehungsbescheid wie ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt mit der reinen Anfechtungsklage zu bekämpfen ist, und der Grundsatz, daß bei reinen Anfechtungsklagen in aller Regel die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen bei Bescheiderteilung maßgebend sind, ändert nichts daran, daß der Heranziehungsbescheid eine Teilvorabentscheidung zur Vorbereitung der späteren Abgabebescheide ist, mit denen die Abgabepflicht zeitbezogen festgesetzt wird.

Die vom Kläger organisierten oder veranstalteten Damenunterwäschevorführungen sind künstlerische Leistungen i.S. des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG 1989. Der Senat hat bislang offengelassen, von welchem Kunstbegriff im Rahmen des KSVG auszugehen ist. Angesichts der Unmöglichkeit, Kunst generell zu definieren (BVerwGE 91, 211) hat der Senat bereits die von der Rechtsprechung zur Abgrenzung des Lebensbereichs „Kunst“ (BVerfGE 30, 173, 188 f.) in verschiedenen Rechtsbereichen entwickelten Maßstäbe aufgezeigt (vgl. BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 1). Die hier getroffene Entscheidung, daß die in Diskotheken veranstalteten Damenunterwäschevorführungen eine künstlerische Leistung darstellen, erfordert eine eingehendere Erörterung des Begriffs der Kunst, der dem KSVG zugrunde liegt.

Das KSVG enthält keine Begriffsdefinition. Es verwendet den Begriff der Kunst einmal für die Regelung der Versicherungspflicht und zum anderen für die Abgrenzung der abgabepflichtigen Kunstvermarkter (Kunstverwerter). Der Begriff dient vorrangig dem Schutz der selbständigen Künstler durch die Künstlersozialversicherung. Er ist deshalb auch im Rahmen der hier betroffenen Vorschriften über die Künstlersozialabgabe zunächst unter Beachtung des Schutzzwecks der Künstlersozialversicherung auszulegen. Das schließt nicht aus, in einem zweiten Schritt auch Sinn und Funktion der hier allein betroffenen Abgaberegelung bei der Auslegung zu berücksichtigen.

Der Zielsetzung des KSVG entspricht ein formaler, an der Typologie der Ausübungsformen orientierter Kunstbegriff, der bereits erfüllt ist, wenn das zu beurteilende Werk ohne Rücksicht auf sein geistiges Niveau den Gattungsanforderungen eines bestimmten Werktyps der Kunst (z.B. Theater, Gemälde, Tanz usw.) entspricht. Insoweit sind nicht nur die Kunstgattungen zu berücksichtigen sondern auch die anerkannten Kunstrichtungen und die Zuordnung zu einem künstlerischen Beruf. Für eine solche Auslegung des Kunstbegriffs spricht die in § 26 Abs. 1 KSVG 1981 getroffene Regelung. Hiernach ist die Künstlersozialabgabe getrennt nach den Bereichen „Wort, bildende Kunst, Musik und darstellende Kunst“ festzusetzen. In der aufgrund der Ermächtigung in § 26 Abs. 1 Satz 2 KSVG 1981 erlassenen Verordnung zur Durchführung des KSVG (KSVGDV) vom 23. Mai 1984 werden die Bereiche durch die Aufzählung bestimmter Berufstätigkeiten abgegrenzt. Die Methode der Aufzählung bestimmter Berufstätigkeiten hält sich im Rahmen der Ermächtigung. Der Gesetzgeber hat zwar bewußt davon abgesehen, im Wege der Aufzählung von Berufsbezeichnungen die künstlerische oder publizistische Tätigkeit im einzelnen zu definieren (BT-Drucks. 9/26 S. 18). Er hat damit aber lediglich die Auslegung des Kunstbegriffs der Rechtsprechung überlassen und entsprechend die Abgrenzung der Kunstbereiche des § 26 KSVG 1981 dem Verordnungsgeber. Eine Auslegung im Wege der Aufzählung von Berufsbezeichnungen wird damit nicht ausgeschlossen, sondern im Gegenteil als eine sachgerechte Methode nahegelegt. Der Umstand, daß die Kunst weithin die Grenzen der Kunstgattungen bewußt überschreitet (vgl. zur Kunst-Performance etwa OLG Frankfurt, NJW 1992, 1639), schließt es nicht aus, im Grundsatz den Kunstbegriff an der Typologie der Ausübungsformen, einschließlich der Gattung (oder der Kunstrichtung) der Performance, zu orientieren. Für einen an der Typologie der Ausübungsformen orientierten Kunstbegriff kann auch § 2 KSVG 1989 angeführt werden. Hiernach ist Künstler, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist.

Die hier streitigen Veranstaltungen sind der Unterhaltungskunst zuzuordnen. Diese Kunstform erlangt mit der Zunahme der Freizeit eine gesteigerte Bedeutung. Sie wird in § 2 Abs. 4 Nr. 6 KSVGDV mit dem Wort „Unterhaltungskünstler“ angesprochen. Die Diskothek bietet die Damenunterwäschevorführungen ihren Besuchern zur Unterhaltung an. Es gibt zwar auch Darbietungen mit Unterhaltungszweck, die nicht zur Unterhaltungskunst zählen. Hierzu zählen vor allem Sportveranstaltungen. Kennzeichnend für den Sport ist der Wettkampfgedanke. Sportveranstaltungen dienen der Ermittlung eines Siegers. Im Spitzensport gewinnt daneben die Unterhaltung der Zuschauer ständig an Bedeutung. Das kann im Einzelfall, z.B. beim Schaulaufen nach einer Eiskunstlaufmeisterschaft, die Abgrenzung, im Beispiel zwischen Eisrevue und Eiskunstlaufsport, schwierig machen. Eine Zuordnung der Damenunterwäschevorführungen zum Sport kommt indes von vornherein nicht in Frage. Sie unterscheidet sich auch von anderen Veranstaltungen, die unterhaltende Elemente aufweisen, aber gleichwohl nicht der Unterhaltungskunst zuzuordnen sind, wie z.B. eine Ausstellung seltener Tiere. Wenn die Darbietung überhaupt einen Wert hat, worauf der von der Diskothek gezahlte Preis hinzuweisen scheint - hierauf ist aber noch einzugehen -, dann als Veranstaltung von Unterhaltungskunst. Denn die Unterhaltungsshows werden ausschließlich in Diskotheken veranstaltet und sollen dort zur Steigerung der Besucherzahl beitragen.

Dabei ist die Veranstaltung für die Beurteilung als „künstlerisches Werk oder künstlerische Leistung“ i.S. des § 24 KSVG 1989 entgegen der Auffassung der Künstlersozialkasse nicht in die Wäschevorführung und deren Moderation aufzuspalten. Schon die von den Beteiligten gewählte Bezeichnung „Damenunterwäschevorführung“ zeigt, daß die Unterhaltung vorrangig durch die Vorführung und nicht durch deren Moderation bewirkt werden soll. Deshalb ist nicht zu beurteilen, ob in anderen Fällen die Moderation durch einen besonders bekannten Moderator die Veranstaltung prägen und ob dies die Bewertung rechtfertigen kann, daß die Leistung des Moderators Kunst ist, nicht aber die der Damenunterwäschevorführung. Die hier zu beurteilende Darbietung wird wesentlich durch die Damenunterwäschevorführung geprägt. Das schließt einen Vergleich der Wäschevorführerinnen mit Komparsen bei einer Filmaufnahme aus. Insoweit ist die Frage, ob bereits die Mitwirkung an einem Gesamtkunstwerk ohne Rücksicht auf deren künstlerischen Gehalt eine künstlerische Leistung ist, von der Frage zu unterscheiden, ob für das Kunstwerk selbst ein Mindeststandard zu fordern ist.

Für die Frage, ob es sich um ein künstlerisches Werk oder eine künstlerische Leistung i.S. des § 24 Abs. 1 Nr. 3 KSVG 1989 handelt, ist nicht die Qualifizierung der Mitwirkenden als Künstler oder gar als Berufskünstler oder ausgebildete Berufskünstler maßgebend, sondern der Charakter des Gesamtwerks. So kommt es z.B. für die Entscheidung, ob die „Verpackung“ des Reichstagsgebäudes in Berlin ein Kunstwerk ist, nicht darauf an, daß insoweit als künstlerische Tätigkeit nur die Idee und Teile der Planung, nicht aber die eigentliche Ausführung in Betracht kommt. Die Frage, welche Mitwirkenden als selbständige Künstler zu qualifizieren sind, ist jedenfalls im Grundsatz erst im Abgabebescheid zu klären, der zwar im Verfügungssatz nur die Abgabeschuld feststellt, hierzu aber die an selbständige Künstler gezahlten abgabepflichtigen Entgelte als Berechnungselement anführt. Allerdings wird regelmäßig zumindest einer der Mitwirkenden als Künstler tätig.

Ob der Erfassungsbescheid in Ansehung der künstlerischen Leistungen i.S. des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG 1989 in Zweifelsfällen die Klärung erfordert, daß bestimmte Mitwirkende eine künstlerische Leistung erbringen, kann dahin stehen. Denn der Senat sieht dieses Merkmal sowohl hinsichtlich der Wäschevorführerinnen als auch hinsichtlich der Moderatoren als erfüllt an. Die vom Kläger eingesetzten Models vollführen nach den Feststellungen des LSG „eigene Bewegungsabläufe zur Präsentation von Wäsche und Körper“ und können nicht mit Schaufensterpuppen verglichen werden. Insoweit kann die Darstellung des Klägers, wichtig sei gutes Aussehen und Ausdruckskraft des Körpers, als richtig unterstellt werden. Denn auch dann geht die Aufgabe der Vorführerinnen über das Zurschaustellen des spärlich bekleideten Körpers hinaus. Die Moderatoren beeinflussen Inhalt und Ausdruck der Moderationen. Die vom Kläger veranstalteten Unterhaltungsshows weisen hinsichtlich der beiden Tätigkeitsbereiche das erforderliche Mindestmaß an eigenschöpferischem Gehalt auf und sind deshalb als Unterhaltungskunst anzusehen.

Das Vorbringen des Klägers, daß die Vorführerinnen regelmäßig nur nebenberuflich tätig würden und hinsichtlich dieser Nebentätigkeit nicht des Schutzes der Sozialversicherung bedürften, steht der Wertung als künstlerische Leistung nicht entgegen. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Nebenberuflichkeit einer selbständigen Kunstausübung die Schutzbedürftigkeit für die Künstlersozialversicherung ausschließt, ist unter der Überschrift „Ausnahmen von der Versicherungspflicht“ in den §§ 3 ff. KSVG geregelt. Für die der Prüfung der Versicherungsfreiheit vorgelagerte Wertung als künstlerische Leistung ist deshalb auf den hauptberuflichen „Künstler“ und dessen Schutzbedürftigkeit abzuheben. Dafür spricht auch, daß die hier streitige Abgabepflicht auch für Entgelte gilt, die an selbständige Künstler gezahlt werden, die nicht versicherungspflichtig sind.

Zu den Angaben des Klägers, die Moderatoren bedürften keiner besonderen Ausbildung oder Fähigkeit außer der gewandten Rede und die „Models“ benötigten keine Tanzausbildung, hat das LSG zu Recht keine Feststellungen getroffen, da es hierauf für die Entscheidung, ob es sich um ein künstlerisches Werk oder eine künstlerische Leistung i.S. des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG 1989 handelt, nicht ankommt. Das KSVG läßt nicht erkennen, daß der Abgabepflicht nur solche Unternehmen unterliegen sollen, die Leistungen von speziell ausgebildeten oder befähigten Künstlern verwerten. Vielmehr ergibt der Regelungszusammenhang der für die Versicherungspflicht und die Abgabepflicht geltenden Regelungen, daß der Begriff Kunstwerk wie der des Künstlers (zu unterscheiden vom „selbständigen“ Künstler) nichts dazu besagt, ob die erwerbsmäßige Tätigkeit aufgrund einer Berufsausbildung ausgeübt wird. Selbständige Künstler und Publizisten unterliegen nach § 1 KSVG 1989 der Versicherungspflicht, wenn sie u.a. die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben. Danach erfordert der Begriff der „künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit“ für sich allein keine erwerbsmäßige Ausübung und daher erst recht keine abgeschlossene Ausbildung zu einem künstlerischen Beruf. Auch der Abgabetatbestand der Ausbildungseinrichtungen für künstlerische oder publizistische Tätigkeiten (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 KSVG) ist nicht auf die Ausbildung zum Berufskünstler beschränkt, sondern erfaßt auch die Unterrichtung von Amateurkünstlern (BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 1).

Die nach der Art der Darbietung gegen deren Qualifizierung als Kunst naheliegenden Einwände greifen letztlich nicht durch. Das gilt auch für den Einwand, daß Kunst von Können abgeleitet sei und unabhängig von einem Mindestniveau oder einer Qualitätskontrolle sich aus dem Kreis der normalen menschlichen Betätigung auf die Ebene der Kunst erheben müsse. Dies ist nach Auffassung der Beklagten nur bei dem Moderator der Fall, nicht aber bei den Wäschevorführerinnen, auch wenn das Publikum den Unterhaltungswert der beiden Leistungen umgekehrt einstufe, während nach Auffassung des Klägers beide Leistungen nicht die Ebene der Kunst erreichen.

Wenn das KSVG überhaupt das Erreichen einer Werkhöhe erfordert, dann ist diese Grenze jedenfalls so tief anzusetzen, daß sie von der Darbietung in beiden Tätigkeiten überschritten ist. Zum Kunstbegriff in anderen Rechtsgebieten werden zwar materielle Kriterien gefordert, wie etwa die freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zur unmittelbaren Anschauung gebracht werden (vgl. zu dieser Unterscheidung auch BVerfGE 67, 213, 226 f.; 75, 369, 377 und 83, 130, 138 ff.; zum Kunstbegriff im Jugendschutz: BVerwGE 91, 211, 223; zum Kunstbegriff im Einkommensteuerrecht vgl. BFHE 136, 474; 160, 253, 513; 175, 40). Entsprechend dem Schutzzweck der Künstlersozialversicherung und der mit ihrer Einführung vom Gesetzgeber verfolgten Absicht hat der Senat als materielle Voraussetzung im Gegensatz zum Steuerrecht (BFH, a.a.O.) ein relativ niedriges Niveau an freier schöpferischer Gestaltung genügen lassen (SozR 3-5425 § 1 Nr. 4). Der Gesetzgeber hat von einer Abgrenzung nach der Qualität der künstlerischen Leistung bewußt abgesehen (vgl. Regierungsentwurf zum KSVG, BT-Drucks. 9/26, S. 18 zu § 2). Das KSVG läßt eine Niveaukontrolle, also eine Differenzierung zwischen „höherer“ und „niederer“ bzw. „guter“ und „schlechter“ Kunst nicht zu. Danach ist i.S. des KSVG jede Darbietung als Kunst anzusehen, bei der auch nur in Ansätzen eine freie schöpferische Gestaltung zu erkennen ist.

Die Entstehungsgeschichte des KSVG verdeutlicht, daß das Gesetz für die Qualifizierung einer Leistung als Kunst keine besondere Gestaltungshöhe voraussetzt und sich insoweit von den in anderen Rechtsgebieten, etwa im Urheberrecht („persönliche geistige Schöpfungen“, § 2 Abs. 2 UrhG, vgl. hierzu Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 4. Aufl., S. 85) oder im Einkommenssteuerrecht (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, vgl. BFH, BStBl. II 1972, 335; 1994, 864; BFHE 160, 513) aufgestellten Voraussetzungen unterscheidet. Anders als in den genannten Rechtsgebieten kann deshalb auch nicht eine allgemeine Verkehrsauffassung (wie etwa im Einkommenssteuerrecht, vgl. BFH BStBl. II 1981, 21, 22) oder die „Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise“, so BGH, GRUR 1973, 478 für den Kunstbegriff im Urheberrecht) maßgebend sein. Ebensowenig kann im Rahmen des KSVG auf die in der Bevölkerung vorherrschende Auffassung über Kunst abgestellt werden. Dies wird vor allem aus dem Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe (BT-Drucks. 7/3071, dort insbes. S. 14 f.) deutlich, der Anlaß für die Installierung einer eigenständigen sozialen Sicherung der Künstler im KSVG war.

Bei der Wertung einer Leistung als künstlerisch ist in bezug auf die Künstlersozialversicherung vielmehr vorrangig die Absicht des Gesetzgebers zu berücksichtigen, eine umfassende Grundsicherung der Künstler für die allgemeinen Lebensrisiken einzuführen. Als sicherungsbedürftig wurden hierbei gerade nicht diejenigen Personen angesehen, deren Qualifikation als Künstler wegen der allgemeinen Wertschätzung ihrer Produkte außer Zweifel steht und die aus diesem Grund aus ihren Einkünften auch die eigene soziale Sicherung ohne Hilfe durch ein staatliches Sicherungssystem bewerkstelligen können. Der Gesetzgeber hielt gerade die soziale Sicherung solcher Personen für unbefriedigend, deren wirtschaftliche Situation nicht zuletzt wegen fehlender allgemeiner Anerkennung eine eigenständige Sicherung nicht zuläßt (BT-Drucks. 8/3172, S. 19 ff.). Dies schließt es aus, an den künstlerischen Gehalt besondere Anforderungen zu stellen.

Das gilt insbesondere für den hier betroffenen Bereich der Unterhaltungskunst. Das KSVG knüpft an Pflichtversicherungsregelungen für Selbständige an, die im Recht der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung schon vorher existierten. Hiervon betroffen waren etwa selbständige Musiker, Musik- und Kunstlehrer (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 AVG / § 166 Abs. 1 Nr. 2 RVO) sowie Artisten (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 AVG / § 166 Abs. 1 Nr. 3 RVO jeweils in der bis zum Inkrafttreten des KSVG geltenden Fassung). Die genannten Vorschriften wurden durch §§ 49 Nr. 1 Buchst. b und 50 Nr. 1 Buchst. b KSVG 1981 aufgehoben. Hierbei begründete der Gesetzgeber die Streichung damit, daß sowohl Musiker wie auch Artisten als „Künstler“ von den Regelungen des KSVG erfaßt würden (BT-Drucks. 8/3172, S. 23 f.). Dies verdeutlicht zugleich, von welchem Verständnis von Kunst der Gesetzgeber zumindest in diesem Bereich ausgegangen ist. Denn „artistische Kunst“ läßt sich mit den allgemein gebräuchlichen Definitionen von Kunst nicht erfassen. Sie setzt häufig keine schöpferische Gestaltung voraus, sondern besteht vielfach aus Kraftleistungen verschiedenster Art und bzw. oder aus der Vorführung besonderer Gelenkigkeit oder Behendigkeit. Die Einbeziehung von Artisten in den nach dem KSVG geschützten Personenkreis macht zugleich deutlich, daß die im Urheber- und Einkommensteuerrecht geforderten Voraussetzungen auf das KSVG nicht übertragen werden können, denn Artisten genießen weder urheberrechtlichen Schutz noch fallen sie unter § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Schmidt, ZfS 1988, 129, 136). Die Berücksichtigung von Artisten läßt auch den Schluß zu, daß der Gesetzgeber hinsichtlich der gesamten Unterhaltungskunst von dem beschriebenen Kunstverständnis ausgegangen ist (so auch Schmidt, a.a.O., S. 136). Hierfür spricht zudem die Tatsache, daß der Künstlerbericht (BT-Drucks. 7/3071, S. 39) Artisten und Unterhaltungskünstler als einheitliche Berufsgruppe ansah, was in der Zuordnung von Artisten und Unterhaltungskünstlern in der Verordnung zur Durchführung des KSVG (vom 23. Mai 1984, BGBl. I 709) seinen Niederschlag gefunden hat (dort § 2 Abs. 4 Nr. 6). Dies läßt den Schluß zu, daß der Gesetzgeber insbesondere bei der Unterhaltungskunst wie beim Artisten keine schöpferische Gestaltung voraussetzt und daß die Unterhaltungskunst grundsätzlich der Künstlersozialversicherung unterfallen soll.

Für die Entscheidung des Gesetzes, nicht auf die Qualität des Kunstwerks abzustellen, spricht nicht zuletzt, daß ein Konsens über die Grenze zwischen Kunst und Nichtkunst zu fehlen scheint. Zur Abgrenzung zwischen Kunst und Unrat, der beim Putzen zu entfernen ist, verdeutlicht dies eine Entscheidung des LG Düsseldorf, nach der das Eigentum an der von Professor Beuys im Rahmen einer künstlerischen Aktion installierten „Fettecke“ in seinem Atelier nicht wirksam auf einen anderen übertragen wurde und deshalb ein Schadensersatzanspruch wegen der Zerstörung der „Fettecke“ nicht gegeben ist (NJW 1988, 345).

Der Qualifizierung als Kunstwerk steht nicht entgegen, daß die Darbietung den Bereich der Erotik berührt. Der vorliegende Sachverhalt nötigt nicht, darauf einzugehen, daß derartige Darbietungen auch im Vorfeld sexueller Angebote erfolgen und dann möglicherweise anders zu beurteilen sind. Ein Zusammenhang der Vorführungen mit Prostitution ist nach den Feststellungen des LSG auszuschließen. Es ist insoweit lediglich zu prüfen, ob die Vorführungen das Erotische in einer Weise behandeln, die den Begriff der Kunst überschreitet. Die Kunstgeschichte lehrt, daß die Kunst sich stets, wenn auch in unterschiedlicher Intensität, mit dem Erotischen befaßt hat. Dies ist für den Begriff der Kunst i.S. des KSVG in einer freiheitlichen Gesellschaft bis zu den Grenzen der Sittenwidrigkeit hinzunehmen (vgl. zur Sittenwidrigkeit der Peepshow BVerwGE 84, 314; anders zum verfassungsrechtlichen Kunstbegriff möglicherweise BVerfGE 83, 130). Diese Grenzen sind hier eindeutig nicht überschritten.

Die Kostenentscheidung bleibt insgesamt der abschließenden Entscheidung des Landessozialgerichts vorbehalten.

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