Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

4 RA 51/93

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von Aufwendungen, die ihr - nach ihrer Auffassung - aufgrund einer durch Quasi-Splitting begründeten Rentenanwartschaft entstanden sind.

Durch (Verbund-) Urteil des Amtsgerichts (AG) - Familiengerichts - Ch. vom 24. Oktober 1983 wurde die Ehe des im Laufe des Revisionsverfahrens verstorbenen G.L. und von I.L. (Beigeladene) rechtskräftig geschieden. Zum Ausgleich der in der Ehezeit (Juli 1950 bis 31. Oktober 1982) erworbenen Versorgungsanrechte übertrug das Familiengericht vom Versicherungskonto des G.L. auf das Versicherungskonto der Beigeladenen bei der Klägerin Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 351,15 DM und begründete zugleich zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des G.L. bei der Beklagten auf dem Versicherungskonto der Beigeladenen Rentenanwartschaften von monatlich 34,27 DM.

Ab 1. November 1986 gewährte die Beklagte G.L. eine Versorgungsrente; ferner erhielt G.L. von der Landesversicherungsanstalt B. ein Altersruhegeld (ARG). Mit Bescheid vom 13. September 1988 bewilligte die Klägerin der Beigeladenen ARG ab 1. November 1988 unter Berücksichtigung der im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahrens erworbenen Rentenanwartschaften; gleichzeitig meldete sie bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch gem. § 83b Abs. 2 Satz 2 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) an.

Auf den am 19. September 1988 beim Familiengericht eingegangenen Antrag der Beklagten auf nachträgliche Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs änderte das Familiengericht mit Beschluß vom 29. Mai 1989 das Urteil vom 24. Oktober 1983 gem. § 10a Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (<VAHRG>, eingefügt durch Art. 2 Nr. 5 des Gesetzes über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs vom 8. Dezember 1986, BGBl. I S. 2317) ab und faßte den Versorgungsausgleich neu. Danach wurden vom Versicherungskonto des G.L. auf das Konto der Beigeladenen allein noch Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 137,94 DM - bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31. Oktober 1982 - übertragen. Nach einer am 31. Juli 1989 bei der Klägerin eingegangenen Mitteilung des Familiengerichts war die Entscheidung vom 29. Mai 1989 seit 20. Juli 1989 „rechtskräftig und wirksam“.

Hierauf stellte die Klägerin durch Bescheid vom 4. September 1989 das ARG der Beigeladenen ab 1. September 1989 neu fest unter Berücksichtigung der Abänderungsentscheidung vom 29. Mai 1989. Die Beklagte setzte unter Berücksichtigung der Abänderungsentscheidung die Versorgungsrente von G.L. zum 1. Oktober 1988 neu fest.

Eine Erstattung der der Klägerin von November 1988 bis September 1989 entstandenen Aufwendungen aus der vom Familiengericht durch Urteil vom 24. Oktober 1983 begründeten Rentenanwartschaft lehnte die Beklagte ab. Sie vertrat die Auffassung, die Versorgungsrente des G.L. sei wegen der gem. § 10a Abs. 7 Satz 1 VAHRG auf den Zeitpunkt des der Antragstellung folgenden Monatsersten zurückwirkenden Abänderungsentscheidung des Familiengerichts rückwirkend neu festzusetzen gewesen. Demgegenüber war die Klägerin der Ansicht, die Schuldnerschutzbestimmung des § 10a Abs. 7 Satz 2 VAHRG greife hier mit der Folge ein, daß G.L. rückwirkend keine Ansprüche gegen den Versorgungsträger aus der für ihn günstigen Abänderungsentscheidung des Familiengerichts habe.

Das Sozialgericht (SG) B. hat durch Urteil vom 23. Juni 1992, in dem es die Berufung zugelassen hat, die Beklagte zur Zahlung von Aufwendungen i.H.v. 452,17 DM gem. § 83b Abs. 2 Satz 2 AVG verurteilt. Es hat die Auffassung vertreten, der Klägerin seien Aufwendungen in dieser Höhe in der Zeit vom 1. November 1988 bis 31. August 1989 aufgrund der durch Urteil des Familiengerichts vom 24. Oktober 1983 begründeten Rentenanwartschaft entstanden. Durch Urteil vom 31. August 1993 hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin, das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen nach § 83b Abs. 2 Satz 2 VAHRG zu. Die Abänderung der familiengerichtlichen Entscheidung vom 29. Mai 1989 wirke gem. § 10a Abs. 7 Satz 1 VAHRG auf den Zeitpunkt des der Antragstellung folgenden Monatsersten zurück. Infolgedessen seien die von der Klägerin in der Zeit von November 1988 bis August 1989 geleisteten Zahlungen nicht aufgrund einer nach § 1587b Abs. 2 Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) begründeten Rentenanwartschaft erbracht worden. § 10a Abs. 7 Satz 2 VAHRG finde keine Anwendung. Die Vorschrift berechtige allein den Versorgungsträger, der Leistungen in Unkenntnis von der Rechtskraft der Abänderungsentscheidung erbracht habe, gegenüber dem anderen am Versorgungsausgleich beteiligten Ehegatten die Zahlung zu verweigern. Der Klägerin stehe gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen aus sonstigen Rechtsgründen zu.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine fehlerhafte Anwendung von § 10a Abs. 7 Satz 2 VAHRG. Sie ist der Auffassung, diese Vorschrift komme auch bei einem Quasi-Splitting zur Anwendung mit der Folge, daß der Versicherungsträger gegen den Träger der Versorgungslast weiterhin einen Erstattungsanspruch nach § 83b Abs. 2 Satz 2 AVG über den in § 10a Abs. 7 Satz 1 VAHRG genannten Zeitraum hinaus habe. Sie trägt hierzu vor:

Die Abänderungsentscheidung wirke zwar nach § 10a Abs. 7 Satz 1 VAHRG auf den Zeitpunkt des der Antragstellung folgenden Monatsersten zurück, so daß die begründeten Rentenanwartschaften ab 1. Oktober 1988 rückwirkend entfallen seien. Diese Rückwirkung beseitige jedoch nicht zugleich den Erstattungsanspruch nach § 83b Abs. 2 Satz 2 AVG. Dies ergebe sich für die Zeit bis zur Rechtskraft der Abänderungsentscheidung aus § 53g Abs. 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG), wonach Entscheidungen über den Versorgungsausgleich erst mit der Rechtskraft wirksam würden. Für die Zeit danach folge dieses Ergebnis aus Sinn und Zweck von § 83b Abs. 2 Satz 2 AVG i.V.m. § 10a Abs. 7 Satz 2 VAHRG. Nach der Vorschrift habe sie bis zur Kenntnis von der Rechtskraft der Abänderungsentscheidung mit befreiender Wirkung zahlen können. Die Bestimmung diene dem Schutz des Versorgungsträgers vor Doppelleistungen. Der Gesetzgeber habe sicherstellen wollen, daß in Fällen einer Begründung von Rentenanwartschaften ohne Beitragszahlung keine Leistungen zu Lasten der Versichertengemeinschaft erbracht würden. Dieser Schutz wirke entweder für den Rentenversicherungsträger oder für den Träger der Versorgungslast, je nachdem, ob der ausgleichsberechtigte Rentner oder der ausgleichspflichtige Versorgungsempfänger durch die Abänderungsentscheidung belastet werde. Da die Rechtskraftmitteilung der Abänderungsentscheidung ihr am 31. Juli 1989 zugegangen sei, habe sie die Leistungen aus der - einmal - begründeten Rentenanwartschaft mit befreiender Wirkung bis zum 31. August 1989 an die Beigeladene erbringen können. Infolgedessen habe die Beklagte die ihr „aufgrund der begründeten Rentenanwartschaften“ i.S. von § 83b Abs. 2 AVG entstandenen Aufwendungen zu erstatten. Die Beklagte habe sich gegenüber dem durch die Abänderungsentscheidung begünstigten G.L. auf den Schuldnerschutz berufen können. Daß die Beklagte an den G.L. für denselben Zeitraum Leistungen erbracht habe, sei von ihr nicht zu vertreten.

Die Klägerin beantragt,

  • das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 31. August 1993 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Juni 1992 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

  • die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung:

Der Rechtsstreit betreffe keine Angelegenheit der Sozialversicherung, weil die Abwicklung des Versorgungsausgleichs Elemente des bürgerlichen Rechts enthalte. Es sei die Frage zu entscheiden, ob der Ausgleichspflichtige bei privatrechtlichen Ansprüchen sich Leistungen des Rentenversicherungsträgers zu Lasten seiner bei ihr bestehenden privatrechtlichen Ansprüche entgegenhalten lassen müsse. Sie sei als Versorgungsschuldner nicht berechtigt, sich auf § 10a Abs. 7 Satz 2 VAHRG zu berufen.

Im übrigen bestreitet die Beklagte unter Hinweis auf einen im Verlaufe des Berufungsverfahrens vorgelegten Schriftsatz vom 30. August 1993 auch die Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Forderung.

Die Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht zur Sache geäußert.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen zu, die ihr in der Zeit vom 1. Oktober 1988 bis 31. August 1989 i.H.v. 452,17 DM aufgrund einer i.S. von § 83b Abs. 2 Satz 2 AVG begründeten Rentenanwartschaft entstanden sind.

Für den von der Klägerin zutreffend mit der Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) geltend gemachten Anspruch ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben. Begehrt wird von der Klägerin als Trägerin der Rentenversicherung von der Beklagten als Trägerin der Versorgungslast die Erstattung von Aufwendungen, die - so die Auffassung der Klägerin - ihr durch den Vollzug der Entscheidung des Familiengerichts vom 24. Oktober 1983 entstanden sind. Durch das (Verbund-) Urteil hatte das Familiengericht Rentenanwartschaften auf dem Versicherungskonto der Beigeladenen bei der Klägerin begründet u.a. aus Versorgungsanwartschaften des G.L. bei der Beklagten. Streit besteht zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin aufgrund dieser Rentenanwartschaften Leistungen erbracht hat. Gestritten wird somit nicht um die auf familienrechtlichem Gebiet liegende Durchführung des Versorgungsausgleichs, sondern um die sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen bei dem Vollzug der familiengerichtlichen Entscheidung (vgl. hierzu BSGE 64, 75 ff.= BSG SozR 5795 § 4 Nr. 6; BSG SozR 2200 § 1304a Nr. 6). Infolgedessen handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i.S. von § 51 Abs. 1 SGG.

Rechtsgrundlage für den im Oktober 1990 geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Erstattung ihrer Aufwendungen ist § 83b Abs. 2 Satz 2 AVG (§§ 300 Abs. 2, 306 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch <SGB VI>). Danach sind Aufwendungen, die dem Versicherungsträger aufgrund einer nach § 1587b Abs. 2 BGB begründeten Rentenanwartschaft entstehen, von dem zuständigen Träger der Versorgungslast zu erstatten.

Voraussetzung für den Erstattungsanspruch ist somit, daß Leistungen „aufgrund einer nach § 1587b Abs. 2 BGB begründeten Rentenanwartschaft“ erbracht worden sind.

Um eine derart „begründete Rentenanwartschaft“ handelt es sich auch, wenn durch die Entscheidung des Familiengerichts Rentenanwartschaften auf dem Versicherungskonto des Ausgleichsberechtigten begründet werden bei gleichzeitiger Minderung der beim Ausgleichspflichtigen vorhandenen Versorgungsanwartschaften aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen (§ 1587a Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder aus Anrechten bei einem anderen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger (§ 1 Abs. 3 VAHRG; sog Quasi-Splitting). Für das Quasi-Splitting ist somit typisch, daß für die ausgleichsberechtigten Ehegatten eine dynamische Rentenanwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Beitragsentrichtung begründet wird. Dies geschieht durch rechtsgestaltende Entscheidung des Familiengerichts (vgl. BSGE 66, 53 ff.= BSG SozR 2200 § 1304a Nr. 16; SozR 2200 § 1304b Nr. 1; MünchKomm. - Gräper, 3. Aufl., § 1 VAHRG RdNr. 77). Wegen der ohne Beitragsentrichtung zu Lasten des Rentenversicherungsträgers entstandenen Rentenanwartschaften stellt § 83b Abs. 2 Satz 2 AVG sicher, daß der Träger der Versorgungslast zum Ausgleich dem Rentenversicherungsträger die insoweit entstehenden Aufwendungen zu erstatten hat.

Auf der Ausgleichsform des Quasi-Splitting beruht die durch die Entscheidung des Familiengerichts vom 24. Oktober 1983 begründete Rentenanwartschaft i.H.v. monatlich 34,27 DM bezogen auf das Ende der Ehezeit. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin die um die Versorgungsanrechte des G.L. erhöhten Leistungen in der Zeit von November 1988 bis August 1989 aufgrund der durch diese familiengerichtliche Entscheidung begründeten Rentenanwartschaften i.S. von § 83b Abs. 2 Satz 2 AVG erbracht. Begründete Rentenanwartschaften i.S. dieser Vorschrift sind nämlich auch solche Rentenanwartschaften, die bei einem Quasi-Splitting von dem Bestandsschutz des § 10a Abs. 7 Satz 2 VAHRG erfaßt werden.

Zwar wurde durch den Beschluß des Familiengerichts vom 29. Mai 1989 die frühere Entscheidung des Familiengerichts vom 24. Oktober 1983 gem. § 10a VAHRG u.a. mit der Folge abgeändert, daß die früher aus der Versorgungsanwartschaft des G.L. auf dem Versicherungskonto der Beigeladenen begründete Rentenanwartschaft von 34,27 DM monatlich rückwirkend entfiel und dieses Anrecht wieder Bestandteil der Versorgungsanwartschaft des G.L. wurde. Diese Entscheidung hat insoweit die im (Verbund-) Urteil vom 24. Oktober 1983 getroffene Regelung über den Versorgungsausgleich - wie sich aus dem Tenor der Entscheidung ergibt - für die Vergangenheit ersetzt. Der nachträgliche Wegfall hat jedoch nicht zur Folge, daß der Erstattungsanspruch der Klägerin für den o.g. Zeitraum untergegangen ist. Denn gemäß § 10a Abs. 7 Satz 2 VAHRG ist die Klägerin so zu behandeln, wie wenn sie an den materiell-rechtlich - familienrechtlich - Berechtigten, also mit Rechtsgrund („aufgrund begründeter Rentenanwartschaften“) geleistet hätte.

§ 10a Abs. 7 Satz 2 VAHRG, wonach die Ehegatten und ihre Hinterbliebenen Leistungen des Versorgungsträgers gegen sich gelten lassen müssen, die dieser aufgrund der früheren Entscheidung erbringt, ist nicht nur auf Fälle beschränkt, in denen der Versorgungsausgleich von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung oder innerhalb desselben Versorgungssystems abzuwickeln ist. Die Vorschrift gilt vielmehr auch für Abänderungsentscheidungen, die das Quasi-Splitting betreffen, in Verfahren, also in denen - wie hier - neben den geschiedenen Ehegatten nicht nur ein, sondern verschiedene Versorgungsträger an dem Versorgungsausgleich beteiligt sind (vgl. hierzu Bergner, Sozialversicherung 1987, 85, 97 f; MünchKomm., a.a.O., § 10a RdNr. 91). Diese erweiternde Auslegung von § 10a Abs. 7 Satz 2 VAHRG folgt aus Sinn und Zweck der in § 10a Abs. 7 a.a.O. geregelten Auswirkungen der Abänderungsentscheidungen.

Nach Abs. 7 Satz 1 a.a.O. wirkt die Abänderungsentscheidung auf den Zeitpunkt des der Antragstellung folgenden Monatsersten zurück. Die Ehegatten und ihre Hinterbliebenen haben jedoch nach Satz 2 der vorgenannten Bestimmung Leistungen des Versorgungsträgers gegen sich gelten zu lassen, die dieser aufgrund der früheren Entscheidung bis zum Ablauf des Monats erbringt, der dem Monat folgt, in dem er von dem Eintritt der Rechtskraft der Abänderungsentscheidung Kenntnis erlangt. Schließlich wird nach Satz 3 a.a.O. - beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich - nach dem Tod des Ausgleichspflichtigen dem Ausgleichsberechtigten, der eine Ausgleichsrente erhalten hatte, diese angerechnet, wenn durch die Abänderungsentscheidung Rentenanwartschaften rückwirkend begründet oder übertragen worden sind. § 10a Abs. 7 VAHRG enthält mithin einen Interessenausgleich bei der rückwirkenden Abänderungsentscheidung zwischen dem durch die Abänderungsentscheidung begünstigten geschiedenen Ehegatten und den Versorgungsträgern. In § 10a Abs. 7 Satz 1 VAHRG wird der hierdurch begünstigte materiell-rechtlich - familienrechtlich - Berechtigte bevorzugt, da der Zeitpunkt der rechtsgestaltenden Wirkung der familiengerichtlichen Entscheidung vorverlegt wird entgegen dem Grundsatz, daß Entscheidungen über den Versorgungsausgleich erst nach Eintritt der Rechtskraft, also in der Zukunft, Wirkung entfalten (§ 53g Abs. 1 FGG). Damit soll verhindert werden, daß Verfahrensverzögerungen sich zu Lasten des materiell-rechtlich - familienrechtlich - Berechtigten auswirken; dieser soll umgehend in den Genuß der ihm an sich zustehenden Bezüge gelangen können. Sätze 2 und 3 a.a.O. sollen hingegen vor Doppelzahlungen schützen und eine Rückabwicklung verhindern (BT-Drucks. 10/5447 S. 20 und 10/6369 S. 23). Satz 2 a.a.O. (und auch Satz 3 a.a.O.) betrifft allein die rentenrechtliche Umsetzung der familiengerichtlichen Abänderungsentscheidung. Der Bestimmung liegt der im Sozialversicherungsrecht geltende Schutzgedanke zugrunde, daß im Interesse der Übersichtlichkeit und Klarheit rückwirkende Veränderungen grundsätzlich dann unbeachtlich sind, wenn bereits aus dem „Versicherungsverhältnis“ Leistungen gewährt worden sind (vgl. hierzu BSG SozR 2200 § 381 Nr. 50; BSG SozR 2200 § 1424 Nr. 2; BSGE 45, 251 ff., BSG SozR 2200 § 1424 Nr. 7; BSG SozR 2100 § 26 Nr. 9; BSG SozR 3-2100 § 26 Nr. 4; BSG 66, 144 ff.= BSG SozR 4100 § 155 Nr. 1). Das Verbot der Rückabwicklung in § 10a Abs. 7 Satz 2 VAHRG entspricht den berechtigten Interessen der am Versorgungsausgleich beteiligten „Versorgungsträger“. Ihre finanziellen Interessen haben hier nach Sinn und Zweck der Regelung über den Versorgungsausgleich den Vorrang. Der Versorgungsausgleich soll nämlich für diese kostenneutral durchgeführt werden; ein doppelter Rentenanspruch aus der gleichen Rentenanwartschaft ist nicht gewollt (vgl. hierzu BSGE 61, 230 ff.= SozR 2200 § 1304a Nr. 10). Die früheren Ehegatten sollen durch die Ehescheidung grundsätzlich keine unverdienten Vorteile u.a. zu Lasten der Versichertengemeinschaft erhalten dürfen; sie allein sollen das wirtschaftliche Risiko der Scheidung tragen (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1304b Nr. 1). Aus diesem Grunde wird auch - nach dem Willen des Gesetzgebers - der durch das Abänderungsverfahren Begünstigte, wenn bereits Leistungen aus dem Anrecht an den geschiedenen Ehegatten erbracht worden sind, auf einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen den früheren Ehegatten verwiesen, dieser ist allerdings mit dem Risiko des Wegfalls der Bereicherung behaftet (vgl. hierzu BT-Drucks. 10/5447 a.a.O.). Der Rentenversicherungsträger soll hingegen gegenüber dem bisherigen Rechtsinhaber mit befreiender Wirkung leisten können. Ein Anspruch aus § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) würde sich in der Regel auch nicht verwirklichen lassen. Denn eine Aufhebung des Rentenbewilligungsbescheides gegenüber dem früheren Ehegatten mit Wirkung für die Vergangenheit entsprechend der familiengerichtlichen Abänderungsentscheidung kommt grundsätzlich im Hinblick auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X nicht in Betracht. Die Kenntnis von der Rechtshängigkeit des Abänderungsantrags reicht für das Wissen um die eingetretene Minderung des Anspruchs nicht aus. Denn eine Herabsetzung der Rente durch die Abänderungsentscheidung rückt damit lediglich in den Bereich des Möglichen (vgl. hierzu BSGE 61, a.a.O.; sowie hierzu entsprechend BGH FamRZ 1986 S. 793).

Diese bei der Abänderung einer Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich unter dem Dach eines Versorgungsträgers bestehende Interessenlage findet sich auch dann, wenn durch die Abänderungsentscheidung ein Ausgleich der durch Quasi-Splitting begründeten Rentenanwartschaften betroffen ist. Auch hier ist wegen des Verbots der Rückabwicklung der Rentenversicherungsträger, der bis zur Rechtskraft der Abänderungsentscheidung verpflichtet war, die um die Rentenanwartschaft erhöhten Leistungen zu erbringen, so zu behandeln, als ob die Entscheidung des Familiengerichts noch nicht wirksam wäre (vgl. hierzu entsprechend für den Fall des § 407 BGB: Staudinger-Kaduk, BGB, 12. Aufl., § 407 RdNr. 62). Infolgedessen hat er die Leistungen aufgrund einer i.S. von § 83b Abs. 2 Satz 2 AVG „begründeten Rentenanwartschaft“ erbracht, so daß die ihm während dieses Zeitraums entstandenen Aufwendungen von dem - anderen - Träger der Versorgungslast mit der Folge zu erstatten sind, daß die durch die Abänderungsentscheidung Begünstigten sich die jeweils von den Versorgungsträgern erbrachten Leistungen entgegenhalten lassen müssen. Mithin kann der Träger der Versorgungslast in gleicher Weise wie der Rentenversicherungsträger geltend machen, eine rückwirkende Umsetzung der familiengerichtlichen Abänderungsentscheidung komme in diesen Fällen - zur Vermeidung von Doppelzahlungen aus demselben Anrecht - nicht in Betracht.

Da die Klägerin mithin mit befreiender Wirkung Leistungen „aufgrund der nach § 1587b Abs. 2 BGB begründeten Rentenanwartschaft“ i.S. von § 83b Abs. 2 Satz 2 AVG während des Abänderungsverfahrens bis zum Ablauf des Monats nach Kenntnis der Rechtskraft der Abänderungsentscheidung erbracht hat, steht ihr gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen i.H.v. 452,17 DM zu. Unerheblich ist insoweit - wie ausgeführt -, daß die Beklagte selbst rechtsirrtümlich Leistungen an den G.L. für denselben Zeitraum aus derselben Versorgungsanwartschaft erbracht hat. Gegen die Höhe des Erstattungsanspruchs bestehen keine Bedenken; substantiierte Einwendungen hat die Beklagte hiergegen im übrigen auch nicht erhoben.

Die Revision hat mithin Erfolg. Das Urteil des LSG ist aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Die durch den Beschluß des SG vom 25. April 1991 ausgesprochene Beiladung des G.L. hat sich durch seinen Tod erledigt (vgl. hierzu entsprechend BSGE 50, 296 ff. = BSG SozR 1750 § 239 Nr. 2).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Zusatzinformationen