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1 RA 111/88

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch auf Rücknahme der nach Durchführung eines Versorgungsausgleichs vorgenommenen Kürzung des dem Kläger zustehenden Altersruhegeldes.

Die Ehe des Klägers wurde durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts (Familiengericht - FamG -) Darmstadt vom 10. Oktober 1979 geschieden. Im Zeitpunkt der Scheidung bezogen sowohl der Kläger als auch seine geschiedene Ehefrau von der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Altersruhegeld. Ein Versorgungsausgleich wurde im Verbund mit der Ehescheidung zunächst nicht durchgeführt.

Mit dem der Beklagten am 28. November 1980 zugestellten Beschluß vom 14. November 1980 übertrug das FamG vom Versicherungskonto des Klägers auf das Versicherungskonto der geschiedenen Ehefrau Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 253,42 DM monatlich. Der Beschluß wurde, nachdem der Kläger seine dagegen eingelegte Beschwerde zurückgenommen hatte, am 6. April 1982 rechtskräftig und wirksam. Die Mitteilung des FamG hierüber vom 25. November 1982 ging am 30. November 1982 bei der Beklagten ein.

Die Beklagte nahm für die Zeit ab 1. Januar 1983 zunächst eine Herabsetzung des Altersruhegeldes des Klägers um monatlich 303,00 DM und sodann mit Bescheid vom 10. Februar 1983 eine Neuberechnung des Altersruhegeldes unter Minderung des monatlichen Zahlbetrages um 302,10 DM vor. Ebenfalls vom 1. Januar 1983 an erhielt die geschiedene Ehefrau des Klägers ein um den Ausgleichsanspruch erhöhtes Altersruhegeld.

Am 2. Juli 1984 verstarb sie. Den daraufhin gestellten Antrag des Klägers vom 29. August 1984 auf Rückgängigmachung der Kürzung seines Altersruhegeldes um die übertragene Rentenanwartschaft lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Oktober 1984 ab, weil unter Einschluß der gemäß § 1587p des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Dezember 1982 noch an den Kläger selbst gezahlten Rentenbeträge der geschiedenen Ehefrau nach der seit dem 6. April 1982 rechtskräftigen Entscheidung über den Versorgungsausgleich materiell-rechtlich Leistungen in Höhe von 21.268,31 DM zugestanden hätten, der davon auf die übertragene Rentenanwartschaft entfallende Leistungsanteil 9.328,51 DM betrage und dieser den nach § 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich vom 21. Februar 1983 (BGBl. I S. 105; = VAHRG) auf 7.937,12 DM errechneten sogen „Grenzbetrag“ überschreite. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 2. April 1985).

Das Sozialgericht (SG) Darmstadt hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 31. Oktober 1986). Auf die Berufung des Klägers hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Oktober 1984 und des Widerspruchsbescheides vom 2. April 1985 verurteilt, unter Anrechnung der aufgrund des Versorgungsausgleichs ab dem 1. Januar 1983 gewährten Leistungen die Kürzung des dem Kläger gewährten Altersruhegeldes zurückzunehmen (Urteil vom 20. Januar 1988). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger stehe unter Anrechnung der seiner früheren Ehefrau von der Beklagten erbrachten Leistungen ein ungekürztes Altersruhegeld zu. Die nach § 4 Abs. 2 VAHRG erforderliche Grenzwertberechnung knüpfe allein an die „gewährten“ Leistungen an. Dabei sei nicht auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem dem Ausgleichsberechtigten materiell-rechtlich der Anspruch aus dem Versorgungsausgleich hinsichtlich der übertragenen Rentenanwartschaften zugestanden habe. Maßgeblich sei vielmehr jedenfalls bei einem rechtmäßigen Handeln des Versicherungsträgers allein, ab welchem Zeitpunkt die Leistungen dem Versorgungsberechtigten vom zuständigen Versicherungsträger tatsächlich gezahlt worden seien. Aus den Motiven zum VAHRG ergebe sich, daß mit § 4 Abs. 2 des Gesetzes eine Regelung gewollt gewesen sei, die an den tatsächlichen Bezug der Leistungen und nicht an das bloße Bestehen eines Leistungsanspruchs anknüpfe. § 4 Abs. 2 VAHRG stelle allein auf das Verhältnis zwischen dem Ausgleichsberechtigten und dem Versicherungsträger ab. Die Interessen des Versicherungsträgers der geschiedenen Ehegatten würden aber durch tatsächliche Leistungen und nicht durch eine abstrakte Berechtigung berührt. Es könne deshalb dahinstehen, für welchen Zeitraum der früheren Ehefrau des Klägers materiell-rechtlich ein Anspruch aus dem Beschluß des FamG vom 14. November 1980 zugestanden und ob sie für die Zeit vor dem 31. Dezember 1982 gegenüber dem Kläger einen Bereicherungsanspruch gehabt habe. Jedenfalls gegenüber der Beklagten habe die frühere Ehefrau des Klägers vor dem 31. Dezember 1982 gerade keinen Anspruch aus der übertragenen Rentenanwartschaft gehabt, wie sich aus § 1587p BGB ergebe, so daß es durchaus der Rechtslage entsprochen habe, daß die Beklagte der ausgleichsberechtigten früheren Ehefrau die erhöhte Rente tatsächlich erst ab 1. Januar 1983 gewährt habe. Stelle das Gesetz aber auf die tatsächliche Leistungsgewährung ab, sei die Zeit davor, jedenfalls soweit in dieser Zeit zu Recht eine erhöhte Leistungserbringung unterblieben sei, bei der Grenzwertberechnung außer acht zu lassen. Dafür spreche auch die Regelung des § 5 VAHRG, nachdem der Kläger bis zum 31. Dezember 1982 aus der getroffenen Unterhaltsvereinbarung (§ 1585c BGB) einen höheren als der übertragenen Rentenanwartschaft entsprechenden Unterhalt geleistet habe. Für die Zeit ab 1. Januar 1983 ergebe die Grenzwertberechnung, daß der Grenzbetrag nach § 4 Abs. 2 VAHRG durch die der früheren Ehefrau tatsächlich erbrachten Leistungen unterschritten worden sei, so daß die vorgenommene Kürzung der Rente des Klägers von Anfang an entfalle und lediglich eine Anrechnung der seiner früheren Ehefrau erbrachten Leistungen erfolge.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 4 VAHRG. Leistungen i.S. dieser Vorschrift, die dem Grenzbetrag gegenüberzustellen seien, seien auch die der Ausgleichsberechtigten aus der übertragenen Rentenanwartschaft materiell-rechtlich zustehenden Rentenbeträge für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Dezember 1982, welche im Rahmen des Schuldnerschutzes nach § 1587p BGB noch an den Ausgleichspflichtigen (Kläger) gezahlt worden seien. Zwar komme es bei Anwendung der Härteregelung des § 4 VAHRG darauf an, daß tatsächlich eine Leistung aus der übertragenen Rentenanwartschaft gewährt worden sei; das bloße Bestehen eines Leistungsanspruchs sei unerheblich. Nicht entscheidend sei aber, wer die Leistung aus der übertragenen Rentenanwartschaft erhalten habe. § 4 Abs. 2 VAHRG stelle nicht nur auf die dem Ausgleichsberechtigten selbst gewährten Leistungen aus der übertragenen Rentenanwartschaft ab, sondern erfasse auch die daraus dem Hinterbliebenen des Ausgleichsberechtigten oder dem Ausgleichspflichtigen im Rahmen des Schuldnerschutzes nach § 1587p BGB gewährten Leistungen. Auch letztere Leistungen beruhten auf einer übertragenen Rentenanwartschaft, weil sich der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durch Übertragung von Rentenanwartschaften gemäß § 1587b Abs. 1 BGB bereits unmittelbar durch rechtsgestaltende Entscheidung des FamG vollziehe und mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft dieser Entscheidung die Rentenanwartschaft unwiederbringlich auf das Konto des Ausgleichsberechtigten übergegangen sei, so daß vom Beginn des auf den Zeitpunkt der Rechtskraft folgenden Monats an (hier: 1. Mai 1982) allein der Ausgleichsberechtigte aus den ihm gehörenden Rentenanwartschaften einen Leistungsanspruch habe. Für die Dauer der Schutzfrist des § 1587p BGB könne allerdings der Rentenversicherungsträger mit befreiender Wirkung an den Ausgleichspflichtigen weiterzahlen; insoweit habe der Ausgleichsberechtigte keine Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger. Gleichwohl seien auch für diese Zeit Leistungen aus der übertragenen Rentenanwartschaft gewährt worden und sie deshalb bei der Prüfung, ob der Grenzbetrag des § 4 Abs. 2 VAHRG überschritten sei, zu berücksichtigen. § 1587p BGB solle lediglich den Rentenversicherungsträger vor der Gefahr schützen, aus den nach § 1587b Abs. 1 BGB übertragenen Rentenanwartschaften doppelt leisten zu müssen, berühre aber den materiell-rechtlichen Rentenanspruch des Ausgleichsberechtigten weder dem Grunde noch der Höhe nach. Die Auszahlung der ungeminderten Rente an den Ausgleichspflichtigen erfolge ohne materielle Grundlage, so daß der Ausgleichsberechtigte vom Ausgleichspflichtigen nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung die Herausgabe der dem Ausgleichspflichtigen erbrachten Rentenleistung hätte verlangen können. Daß er derartige Ansprüche nicht geltend gemacht habe oder nicht hätte geltend machen können, weil sie ggf. durch Fortzahlung eines monatlichen Unterhalts seitens des Ausgleichspflichtigen in Wegfall gekommen seien, sei unerheblich. Die Überlegungen des LSG zu § 5 VAHRG gingen ins Leere, weil die Vorschrift voraussetze, daß der Ausgleichsberechtigte eine Rente nicht erhalten könne. Die frühere Ehefrau des Klägers habe aber mindestens seit der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich Rente bezogen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

  • das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. Januar 1988 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 31. Oktober 1986 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

  • die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) erklärt.

Entscheidungsgründe

Die durch Zulassung statthafte Revision der Beklagten ist zulässig und begründet.

Das angefochtene Urteil des LSG hat keinen Bestand. Der Kläger kann eine Neufeststellung des ihm zustehenden Altersruhegeldes unter Wegfall der Minderung um die im Verfahren des Versorgungsausgleichs auf das Rentenkonto seiner geschiedenen Ehefrau übertragenen Rentenanwartschaften nicht beanspruchen. Das führt zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Urteils.

Materiell-rechtliche Rechtsgrundlage des vom Kläger erhobenen Anspruchs ist § 4 Abs. 1 und 2 VAHRG, welcher durch das Gesetz über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs vom 8. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2317; = VAWMG) nicht geändert worden ist. Danach wird, wenn ein Versorgungsausgleich gemäß § 1587b Abs. 1 oder 2 BGB durchgeführt worden ist und der Berechtigte vor seinem Tode keine Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht erhalten hat, die Versorgung des Verpflichteten oder seiner Hinterbliebenen nicht aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt (Abs. 1). Ist der Berechtigte gestorben und wurden oder werden aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht Leistungen gewährt, die insgesamt zwei Jahresbeträge einer auf das Ende des Leistungsbezuges berechneten Rente (§ 1254 Abs. 1 Halbsatz 1 der Reichsversicherungsordnung - RVO -, § 31 Abs. 1 Halbsatz 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -) aus dem erworbenen Anrecht nicht übersteigen, gilt Abs. 1 entsprechend, jedoch sind die gewährten Leistungen auf die sich aus Abs. 1 ergebende Erhöhung anzurechnen (Abs. 2).

§ 4 Abs. 1 VAHRG ist unmittelbar nicht anwendbar, weil die geschiedene Ehefrau des Klägers vor ihrem Tode aus den übertragenen Rentenanwartschaften Leistungen in Gestalt einer Erhöhung ihres Altersruhegeldes erhalten hat. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 VAHRG sind ebenfalls nicht erfüllt. Der Grenzbetrag i.S. des § 4 Abs. 2 VAHRG, gegen dessen Errechnung auf 7.937,12 DM der Kläger Einwendungen nicht erhoben hat, ist durch die „aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht“ gewährten Leistungen überschritten worden. Diese belaufen sich einschließlich des auf die Zeit vom 1. Mai bis 31. Dezember 1982 entfallenden Leistungsanteils auf insgesamt 9.328,51 DM. Dieser Anteil ist ungeachtet dessen, daß gemäß § 1587p BGB noch in der Zeit vom 1. Mai 1982 (Beginn des Monats nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses des FamG vom 14. November 1980) bis zum 31. Dezember 1982 dem Kläger ungekürztes Altersruhegeld gewährt worden ist, gleichwohl als aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht gewährte Leistung i.S. des § 4 Abs. 2 VAHRG zu berücksichtigen.

Nach § 1587p BGB muß, wenn durch eine rechtskräftige Entscheidung des FamG Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung auf den berechtigten Ehegatten übertragen worden sind, dieser eine Leistung an den verpflichteten Ehegatten gegen sich gelten lassen, die der Schuldner der Versorgung bis zum Ablauf des Monats an den verpflichteten Ehegatten bewirkt, der dem Monat folgt, in dem ihm die Entscheidung zugestellt worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) beruht die Bestimmung des Beginns der „Schutzfrist“ des § 1587p BGB nach dem Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses des FamG an den Schuldner der Versorgung auf einem redaktionellen Versehen des Gesetzgebers, der außer Betracht gelassen hat, daß dem Rentenversicherungsträger im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens entgegen ursprünglicher Absicht in den familiengerichtlichen Verfahren um den Versorgungsausgleich die Rechtsstellung eines formell Beteiligten eingeräumt worden ist (vgl. § 53b Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FGG -) und somit nicht eine „Zustellung der rechtskräftigen Entscheidung“ an ihn, sondern eine Bekanntgabe nur noch der Rechtskraft der Entscheidung in Betracht kommen kann. Deshalb ist, auch nach Anfechtung der Entscheidung des FamG über den Versorgungsausgleich mit der Beschwerde (§ 621e Abs. 1 der Zivilprozessordnung - ZPO -), maßgeblicher Zeitpunkt für den Beginn der Schutzfrist die Bekanntgabe vom Eintritt der Rechtskraft des familiengerichtlichen Splitting-Beschlusses an den Rentenversicherungsträger, wobei allerdings dessen Kenntnis vom Eintritt der Rechtskraft der Folgesachenentscheidung das Kennenmüssen dieses Ereignisses gleichsteht (vgl. BSGE 54, 87, 90 f = SozR 7610 § 1587p Nr. 1 S. 3 f.; BSGE 54, 266, 267 ff. = SozR a.a.O. Nr. 2 S. 6 ff.; BSGE 57, 154, 156 f. = SozR a.a.O. Nr. 3 S. 10 ff.).

Die Mitteilung des FamG vom 25. November 1982 über die Rechtskraft des Beschlusses vom 14. November 1980 ist am 30. November 1982 bei der Beklagten eingegangen. Deswegen hat noch bis zum Ablauf des Monats Dezember 1982 gemäß § 1587p BGB die Beklagte das Altersruhegeld in Höhe des Teilbetrages, welcher den im Versorgungsausgleich übertragenen Rentenanwartschaften entsprochen hat, mit befreiender Wirkung an den ausgleichsverpflichteten Kläger leisten dürfen und die ausgleichsberechtigte geschiedene Ehefrau diese Leistung gegen sich gelten lassen müssen.

Dennoch ist das dem Kläger in der Zeit vom 1. Mai bis 31. Dezember 1982 unverkürzt fortgezahlte Altersruhegeld in Höhe des Teilbetrages, der den im Versorgungsausgleich übertragenen Rentenanwartschaften entsprochen hat, i.S. des § 4 Abs. 2 VAHRG sowohl eine Leistung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht gewesen als auch „gewährt“ worden.

Ersteres folgt aus dem Wesen des Versorgungsausgleichs in Form des sogen „Splittings“ (Übertragung von Rentenanwartschaften) und insbesondere der darüber ergehenden Entscheidung des FamG. Mit der Rechtskraft und seiner daraus (vgl. § 53g Abs. 1 FGG) bzw. aus der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs (vgl. § 629d ZPO) folgenden Wirksamkeit des Splitting-Beschlusses ist aufgrund seiner rechtsgestaltenden Wirkung der Versorgungsausgleich durchgeführt und der Ausgleichsberechtigte, soweit er bereits Rentenbezieher ist, berechtigt, die rentenerhöhende Berücksichtigung der übertragenen Rentenanwartschaften bei seiner Rente zu verlangen (BSGE 54, 87, 89 = SozR 7610 § 1587p Nr. 1 S. 2 f). Am Tage der Wirksamkeit des Splitting-Beschlusses haben sich unmittelbar das Versicherungskonto des Ausgleichsberechtigten erhöht und dasjenige des Ausgleichsverpflichteten entsprechend vermindert (BSGE 54, 266 f = SozR 7610 § 1587p Nr. 2 S. 5 f; BSGE 58, 59, 60 = SozR 2600 § 96a Nr. 1 S. 2). Über die Durchführung des Versorgungsausgleichs durch Übertragung von Rentenanwartschaften hat ausschließlich das FamG zu entscheiden (vgl. Urteile des erkennenden Senats in BSG SozR 2200 § 1304a Nr. 15 S. 25 und vom 8. November 1989 - 1 RA 5/88 -, zur Veröffentlichung bestimmt). Zwar bedarf es noch der rentenversicherungsrechtlichen Umsetzung des Versorgungsausgleichs, weil erst damit der wirtschaftliche Zustand hergestellt wird, der für die geschiedenen Eheleute aufgrund der Entscheidung des FamG gelten soll (BSGE 54, 266, 268 = SozR 7610 § 1587p Nr. 2 S. 7). Dabei handelt es sich jedoch lediglich um eine nachvollziehende Rentenberechnung von nur noch deklaratorischer Bedeutung (Urteil des Senats vom 8. November 1989, a.a.O.).

Daraus ergibt sich, daß derjenige Teil einer Rente des Ausgleichsverpflichteten, der den von seinem Rentenkonto abgesplitteten Werteinheiten entspricht, ungeachtet der Schutzvorschrift des § 1587p BGB und der daraus folgenden Berechtigung des Rentenversicherungsträgers zur vorübergehenden Fortzahlung auch dieses Teils der Rente an den Ausgleichsverpflichteten vom Tage der Wirksamkeit und Rechtskraft der Entscheidung des FamG an eine Leistung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht i.S. des § 4 Abs. 2 VAHRG ist. Würde dies erst für die Zeit nach dem Ablauf der Schutzfrist des § 1587p BGB angenommen, würde damit jedenfalls im Rahmen des § 4 Abs. 2 VAHRG die konstitutiv-rechtsgestaltende Wirkung der Entscheidung des FamG über den Versorgungsausgleich durch Übertragung von Rentenanwartschaften ignoriert und § 1587p BGB selbst seines Sinnes und Zwecks beraubt, weil es bei einer solchen Annahme des Schuldnerschutzes in der Zeit zwischen dem Eintritt der Rechtskraft und Wirksamkeit der Entscheidung des FamG und dem Ende der Schutzfrist gar nicht bedürfte. Das ist mit den einschlägigen Vorschriften nicht vereinbar. Der erkennende Senat schließt sich daher der Rechtsansicht des früheren 11a-Senats des BSG an, daß die Regelung in § 1587p BGB Zahlungen „aus der übertragenen Rentenanwartschaft an den Ausgleichspflichtigen“ betrifft (BSGE 61, 230, 234 = SozR 2200 § 1304a Nr. 10 S. 17; vgl. auch Maier in Münchener Kommentar zum BGB, Band 5, 1. Halbband, 2. Aufl., § 4 VAHRG, Rdn. 15).

Mit der Zahlung des auf den übertragenen Rentenanwartschaften beruhenden Teils der Rente an den ausgleichsverpflichteten Ehegatten gemäß § 1587p BGB sind auch i.S. des § 4 Abs. 2 VAHRG Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht „gewährt“ worden. Der erkennende Senat pflichtet dem LSG darin bei, daß unter Gewährung jedenfalls im Zusammenhang mit § 4 Abs. 2 VAHRG nicht das bloße Bestehen eines Leistungsanspruchs, sondern die tatsächliche Erbringung einer Leistung zu verstehen ist (zum Begriff der „Gewährung“ vgl. u.a. BSGE 28, 214, 215 f = SozR Nr. 10 zu § 1244a RVO; BSGE 46, 67, 70 = SozR 2200 § 1303 Nr. 11 S. 27; BSG SozR a.a.O. Nr. 20 S. 56). Nicht gefolgt werden kann dem LSG hingegen darin, daß im Rahmen des § 4 Abs. 2 VAHRG die tatsächliche Erbringung der Leistung an den Ausgleichsberechtigten erfolgt sein muß. Dem steht schon ein Vergleich der Wortlaute des Abs. 1 und des Abs. 2 des § 4 VAHRG entgegen. Selbst wenn mit dem LSG davon ausgegangen wird, daß sich aus der Verwendung der verschiedenartigen Formulierungen „erhalten“ in § 4 Abs. 1 VAHRG (zum Begriff des „Erhaltens“ vgl. BSG SozR 2200 § 1241f Nr. 2 S. 4) und „gewähren“ in § 4 Abs. 2 VAHRG unterschiedliche Rechtsfolgen nicht ableiten lassen, kann doch nicht außer Betracht bleiben, daß § 4 Abs. 1 VAHRG bei dem (Nicht-)Erhalten einer Leistung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht ausdrücklich auf die Person des „Berechtigten“ abstellt, während in § 4 Abs. 2 VAHRG der Empfänger der gewährten Leistung nicht genannt wird. Bereits dies läßt darauf schließen, daß als solcher nicht nur der Ausgleichsberechtigte, sondern auch eine dritte Person in Betracht kommen kann. Diese Schlußfolgerung wird bestätigt durch die Verwendung der Worte „wurden oder werden“ in § 4 Abs. 2 VAHRG. Käme es in dessen Rahmen auf die Leistungsgewährung allein an den Ausgleichsberechtigten an, hätte es der Worte „oder werden“ nicht bedurft, weil sie sich im Gegensatz zu dem Wort „wurden“ ersichtlich auf die Zeit nach dem Tode des Ausgleichsberechtigten beziehen, er aber in dieser Zeit als Empfänger der gewährten Leistung notwendigerweise nicht mehr in Betracht kommt. Somit ist § 4 Abs. 2 VAHRG dahin auszulegen, daß dem Grenzbetrag nicht nur die dem Ausgleichsberechtigten selbst, sondern auch die einem Dritten aus dem vom Ausgleichsberechtigten im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht tatsächlich erbrachten Leistungen gegenüberzustellen sind. Im Einklang damit ist der erkennende Senat in seinem zur Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 8. November 1989 - 1 RA 23/86 - von der (in jenem Rechtsstreit allerdings nicht mehr gegebenen) Möglichkeit ausgegangen, daß der Grenzbetrag des § 4 Abs. 2 VAHRG, ohne daß der Ausgleichsberechtigte selbst aus den durch Beitragsentrichtung begründeten Rentenanwartschaften Leistungen erhalten hat, allein durch Bezüge der Hinterbliebenen des Ausgleichsberechtigten aus den begründeten Rentenanwartschaften überschritten werden kann.

Ist somit im Rahmen des § 4 Abs. 2 VAHRG die tatsächliche Erbringung einer Leistung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht auch an eine andere Person als den Ausgleichsberechtigten möglich und zu berücksichtigen, muß dies auch für die gemäß § 1587p BGB noch an den Ausgleichspflichtigen geleisteten Zahlungen gelten. Dies folgt aus Sinn und Zweck der Vorschrift. Sie bezweckt einen „Schuldnerschutz“ zugunsten des zahlungspflichtigen Rentenversicherungsträgers. Dieser Schuldnerschutz ist deshalb erforderlich, weil der Rentenversicherungsträger regelmäßig erst einige Zeit nach Rechtskraft des Splitting-Beschlusses des FamG davon Kenntnis erhält und er technisch bedingt die Zahlung nur zeitaufwendig umstellen kann (BSGE 54, 87, 90 = SozR 7610 § 1587p Nr. 1 S. 3). Hingegen dient § 1587p BGB nicht dem Schutz oder auch nur dem Interesse des Ausgleichsverpflichteten. Vielmehr setzt die Vorschrift gerade voraus, daß der Ausgleichsverpflichtete vom Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft und Wirksamkeit des Splitting-Beschlusses des FamG an materiell-rechtlich nicht mehr Gläubiger des auf den übertragenen Anwartschaften beruhenden Teils der ihm bis zum Ablauf der Schutzfrist in unveränderter Höhe fortgezahlten Rente ist. Würde gleichwohl der auf den übertragenen Rentenanwartschaften beruhende Teil der ihm innerhalb der Schutzfrist fortgezahlten Rente nicht als gewährte Leistung i.S. des § 4 Abs. 2 VAHRG berücksichtigt, wäre er dadurch in zweifacher Weise bevorteilt, indem ihm einmal ungeachtet der erfolgten Absplittung von Rentenanwartschaften der darauf beruhende Teil der Rente für einen begrenzten Zeitraum belassen und zum anderen eine erleichterte Möglichkeit der Unterschreitung des Grenzbetrages eingeräumt wird. Dies wäre mit dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs und der Zielsetzung des § 4 Abs. 2 VAHRG nicht vereinbar.

Der Revision der Beklagten ist nach alledem stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

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