12 RK 14/80
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin berechtigt ist, Beiträge nach Art. 2 § 49a Abs. 2 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) unter Änderung des bereits durch Bescheid festgelegten Rahmens nach ihrer Wahl nachzuentrichten.
Auf den Antrag der Klägerin vom 18. Dezember 1975 ließ die Beklagte mit Bescheid vom 17. Februar 1976 die Nachentrichtung von Beiträgen für die Zeit von April 1965 bis Dezember 1973 zu, wobei sie nach Anzahl und Klasse der Beiträge dem Belegungsangebot im Antrag entsprach. Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin, mit denen sie erreichen wollte, daß ihr eine Änderung der gewählten Beitragsklasse bis Ende 1981 bzw. bis zur Entrichtung der Beiträge vorbehalten wurde, sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 1977; Urteil des Sozialgerichts - SG - Karlsruhe vom 13. Juli 1978; Urteil des Landessozialgerichts - LSG - Baden-Württemberg vom 27. November 1979).
Das LSG hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Durch die Antragstellung sei das Recht zur Nachentrichtung am 18. Dezember 1975 in dem von der Klägerin im Antrag erklärten Umfang entstanden. Dieser Antrag könne nicht dahin ausgelegt werden, daß er das Recht zur Nachentrichtung nur dem Grunde nach und nicht zugleich dem Umfang nach zur Entstehung habe bringen sollen. Das Recht, einen weiteren Nachentrichtungsantrag zu stellen, habe nach der zwingenden Vorschrift des Art. 2 § 49a Abs. 3 AnVNG mit Ablauf des 31. Dezember 1975 geendet.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision vertritt die Klägerin die Auffassung, zwar sei der Antrag auf Nachentrichtung, nicht jedoch die Wahrnehmung des Nachentrichtungsrechts fristgebunden. Der Wahrnehmung des Nachentrichtungsrechts sei auch die Wahl der Beitragsklasse zuzurechnen. Da sie die Beiträge noch nicht gezahlt habe, könne sie die von ihr gegenüber der Beklagten bezeichnete Beitragsklasse noch ändern.
Die Klägerin beantragt,
- die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 1977 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge mit der Maßgabe zuzulassen, daß ihr der Umfang der Nachentrichtung und die Wahl der Beitragsklasse bis zum 31. Dezember 1981 freigestellt sind (hilfsweise: daß ihr die Wahl der Beitragsklasse bis zur Gestaltung des Versicherungsverhältnisses durch Zahlung der Beiträge freigestellt ist).
Die Beklagte beantragt,
- die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, daß ihr die Beklagte die Nachentrichtung von Beiträgen in Abänderung des im Bescheid vom 17. Februar 1976 festgelegten Rahmens gestattet und ihr hierbei den Umfang der Nachentrichtung und die Wahl der Beitragsklasse bis zum 31. Dezember 1981 bzw. bis zur Zahlung der Beiträge freistellt.
Nicht zu fordern ist allerdings - entgegen einer anscheinend auch vom LSG vertretenen Auffassung -, daß ein Nachentrichtungsantrag nach Art. 2 § 49a AnVNG bis zum Ablauf der gesetzlichen Antragsfrist (31. Dezember 1975) abschließend nach Zahl, Klasse und zeitlicher Verteilung der Beiträge konkretisiert sein mußte. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats konnte der Antrag vielmehr, sofern er nur dem Grunde nach rechtzeitig gestellt war, auch nach Ablauf der Antragsfrist noch konkretisiert, ergänzt oder modifiziert werden, indem eine bis dahin ganz oder teilweise unterbliebene Konkretisierung nachgeholt oder - was im vorliegenden Fall allein in Betracht kommt - eine bereits vorgenommene Konkretisierung nachträglich geändert wurde. Eine solche Änderung war und ist selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn der Antragsteller schon einen Bescheid vom Versicherungsträger erhalten hatte, der - wie hier - seinem Antrag voll entsprach (vgl. vor allem die Urteile vom 22. Februar 1980 - 12 RK 12/79 - und vom 27. März 1980 - 12 RK 7/79 -, beide zur Veröffentlichung bestimmt). Dabei sind jedoch einer nachträglichen Änderung des Antrags bestimmte Grenzen gezogen.
Äußerste zeitliche Grenze einer Antragsänderung ist zunächst die tatsächliche Entrichtung der Beiträge. Sobald die Beiträge entrichtet sind, ist eine Änderung der Beitragsklasse und der Zeit, für die die Beiträge bestimmt sind, schon nach allgemeinen, nicht nur für die Beitragsnachentrichtung nach Art. 2 § 49a AnVNG geltenden Grundsätzen unzulässig (Urteil des Senats vom 13. September 1979 - 12 RK 39/78 -).
Aber auch vor der tatsächlichen Beitragsentrichtung ist der Berechtigte nicht uneingeschränkt befugt, nach Belieben von den einmal gewählten Beitragsklassen und Belegungszeiten abzuweichen. Als das maßgebende Ereignis, nach dem eine beantragte und vom Versicherungsträger zugelassene Beitragsnachentrichtung grundsätzlich nicht mehr geändert werden kann, hat der Senat den Eintritt der Bindungswirkung des Nachentrichtungsbescheides angesehen. Dabei kann es allerdings, wenn der Bescheid angefochten worden ist, nur auf den Abschluß des Verwaltungsverfahrens ankommen, nicht auf den Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung eines etwa sich anschließenden Rechtsstreits, dessen Dauer, z.B. durch Einlegung von Rechtsmitteln, wesentlich vom Verhalten des Anfechtungsklägers abhängen könnte. Solange hiernach eine Änderung eines Nachentrichtungsantrags auch nach Erteilung eines Bescheides noch möglich ist, kann dies nur in einem geordneten Verwaltungsverfahren geschehen, indem der Berechtigte bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist oder - bei Einlegung eines Widerspruchs - bis zum Abschluß des Widerspruchsverfahrens bei dem Versicherungsträger eine im einzelnen genau bezeichnete Änderung des ergangenen Bescheides beantragt und dieser darauf einen entsprechenden Änderungsbescheid erläßt (so das schon genannte Urteil des Senats vom 27. März 1980 - 12 RK 7/79 -).
Einen solchen - zulässigen - Änderungsantrag hatte die Klägerin durch ihren früheren Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren zwar zunächst angekündigt (Schreiben vom 14. Juni 1976), dann jedoch unterlassen zu stellen, obwohl die Beklagte mit der Erteilung des Widerspruchsbescheids bis zum Februar 1977 gewartet hatte (sie hatte der Klägerin sogar noch im Klageverfahren vor dem SG - in einem Schriftsatz vom 31. März 1977 - die Prüfung eines „innerhalb der nächsten drei Monate“ eingehenden Änderungsantrags in Aussicht gestellt, wozu sie nach der Rechtsprechung des Senats nicht verpflichtet war). Nachdem der Widerspruchsbescheid erteilt und damit das Verwaltungsverfahren abgeschlossen war, konnte die Klägerin die von ihr gewählte Beitragsklasse und zeitliche Verteilung der Beiträge nicht mehr ändern. Das gilt uneingeschränkt für eine etwa beabsichtigte Erhöhung der Nachentrichtungssumme (vgl. das schon genannte Urteil des Senats vom 27. März 1980). Einen Antrag auf Herabsetzung der Nachentrichtungssumme durch Wahl einer niedrigeren Beitragsklasse hat der Versicherungsträger zwar auch nach Eintritt der Bindung des Nachentrichtungsbescheids noch zu prüfen und darüber nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (zu den dabei anzulegenden Prüfungsmaßstäben vgl. das Urteil des Senats vom heutigen Tage in der Sache 12 RK 54/79). Auch in eine solche Ermessensprüfung braucht die Beklagte indessen nur einzutreten, wenn ihr ein konkreter Änderungsantrag vorgelegt wird. Dies ist bisher durch die Klägerin nicht geschehen. Diese will sich vielmehr, ohne ihr Änderungsbegehren näher zu konkretisieren, eine einseitige, freie Änderung der von ihr gewählten und im Nachentrichtungsbescheid festgelegten Beitragsklassen bis Ende 1981 bzw. bis zur Entrichtung der Beiträge vorbehalten (lassen).
Daß eine solche einseitige Änderung des Nachentrichtungsantrags nach Abschluß des Verwaltungsverfahrens im Interesse der Rechtssicherheit und einer geordneten Verwaltung nicht hingenommen werden kann, hat der Senat schon früher entschieden (Urteil vom 22. Februar 1980 - 12 RK 12/79 - am Ende). Im übrigen würde die von der Klägerin in Anspruch genommene Änderungsbefugnis im Ergebnis darauf hinauslaufen, daß die Ausschlußfrist für die Stellung eines Nachentrichtungsantrags (31. Dezember 1975), von deren Einhaltung der Gesetzgeber die wirksame Entstehung des Nachentrichtungsrechts abhängig gemacht hat, weitgehend ausgehöhlt würde, ohne daß der Versicherungsträger die Möglichkeit hätte, auf eine abschließende Konkretisierung des Antrags hinsichtlich Zahl, Verteilung und Höhe der nachzuentrichtenden Beiträge hinzuwirken. Der Senat hat deshalb einen Vorbehalt der von der Klägerin begehrten Art schon im Urteil vom 30. Januar 1980 (12 RK 13/79) für unzulässig gehalten.
Der hier vertretenen Auffassung stehen auch die heutigen Urteile des Senats in den Sachen 12 RK 82/79 und 55/79 nicht entgegen. In der ersten dieser Sachen hatte die Beklagte bis zur nachträglichen Erweiterung des Nachentrichtungsbegehrens durch die Antragstellerin keinen Nachentrichtungsbescheid erteilt, so daß das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen war. In der anderen Sache hatte die Antragstellerin bis zum Ablauf der Antragsfrist ihr Nachentrichtungsbegehren ausdrücklich nur teilweise konkretisiert („1. Rate“) und - ähnlich wie bei einem bis Ende 1975 nur dem Grunde nach gestellten Nachentrichtungsantrag - die weitere Konkretisierung später nachgeholt.
Die Kostenentscheidung des Senats beruht auf § 193 SGG.