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11 RA 28/78

Gründe

Der Kläger erstrebt die Vormerkung der Zeit seiner Arbeitslosigkeit vom 01. bis zum 31.01.1950 als Ausfallzeit nach § 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AVG. Er war zuvor vom 05.05. bis zum 31.12.1949 in Berlin versicherungspflichtig beschäftigt. Zum 01.01.1950 wurde er arbeitslos, am 02.01. meldete er sich arbeitslos und bezog für die Zeit vom 05. bis zum 31.01.1950 Arbeitslosenunterstützung. Anschließend war er vom 01.02.1950 bis zum 29.02.1952 wiederum in Berlin versicherungspflichtig beschäftigt.

Anläßlich eines Kontenklärungsverfahrens lehnte die beklagte BfA die Berücksichtigung der Zeit vom 05.01.1950 bis zum 31.01.1950 als Ausfallzeit ab.

Das SG hat die Klage abgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers hat das LSG die Beklagte verurteilt,

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, den Kalendermonat Januar 1950 als Ausfallzeit vorzumerken.

Der Anspruch auf Vormerkung des Kalendermonats Januar 1950 setzt voraus, daß der Ausfallzeittatbestand des § 36 Abs. 1 Nr. 3 AVG, der hier allein in Betracht kommt, vom 01. bis zum 31. des Monats vorgelegen hat. Denn insoweit ist es ohne Bedeutung, daß nach Abs. 4 des § 36 AVG bei der späteren Rentenberechnung Kalendermonate voll angerechnet werden, die nur teilweise mit Ausfallzeiten belegt sind. Die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf Vormerkung einer Ausfallzeit vgl. hierzu BSGE 42, 159, 160 = SozR 2200 § 1251 Nr. 24; BSGE 44, 242 = SozR 2200 § 1251 Nr. 37; BSG Urteil vom 24.11.1978 - 11 RA 9/78 -) betrifft nur die Feststellung der strittigen Zeit als Ausfallzeit nach Abs. 1 des § 36 AVG, nicht aber deren Anrechnung auf die Versicherungszeit nach Maßgabe der folgenden Absätze 3 und 4.

Nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 AVG i.d.F. des RVÄndG vom 09.06.1965 (BGBl. l 476) sind Ausfallzeiten Zeiten, in denen eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit durch eine mindestens einen Kalendermonat andauernde Arbeitslosigkeit unterbrochen worden ist, wenn der bei einem deutschen ArbA als Arbeitsuchender gemeldete Arbeitslose bestimmte Leistungen bezogen oder aus bestimmten Gründen nicht bezogen hat.

Nach der zuvor gültigen Fassung konnten als Ausfallzeit nur Zeiten anerkannt werden, in denen eine Beschäftigung durch eine länger als sechs Wochen andauernde Arbeitslosigkeit unterbrochen worden ist, vom Ablauf der sechsten Woche an, wenn die zuvor genannten zusätzlichen Voraussetzungen hinsichtlich der Meldung beim ArbA und des Leistungsbezuges vorlagen.

In beiden Passungen des Gesetzes bezieht sich die Fristbestimmung nur auf die Arbeitslosigkeit, nicht aber auch auf die im folgenden Bedingungssatz verlangten zusätzlichen Voraussetzungen; die Frist gilt also nicht für die sogenannte „qualifizierte Arbeitslosigkeit“ oder den gesamten „Ausfallzeittatbestand“.

Zu § 36 AVG a.F. hat der Senat bereits entschieden, daß die Sechs-Wochenfrist, die die Arbeitslosigkeit erreichen mußte, ab Beginn der Arbeitslosigkeit laufe, auch wenn sich der Arbeitslose erst später beim ArbA gemeldet habe; die verspätete Meldung sei nur insofern erheblich, als Zeiten vor der Meldung nicht als Ausfallzeiten berücksichtigt werden dürfen (BSGE 21, 21 = SozR Nr. 12 zu § 1259 RVO; diese Auffassung liegt auch dem Urt. des Senats in SozR Nr. 50 zu § 1259 RVO zur Neufassung zugrunde).

Der Gesetzgeber des RVÄndG hat - zeitlich nach dieser Rechtspr. - zwar die Fristbestimmung inhaltlich geändert; er hat aber die Formulierung, nach der sich die Fristbestimmung nur auf die Arbeitslosigkeit bezieht, beibehalten. Zu Unrecht meint das LSG, Sinn und Zweck der Vorschrift geböten eine vom Wortlaut abweichende Auslegung; mit der Mindestdauer von einem Kalendermonat sei beabsichtigt, einen versicherungsrechtlichen Ausgleich für kürzere Beitragsausfälle auszuschließen (so auch BSG SozR 2200 § 1259 Nr. 7). Diese Überlegung spricht indes nicht für, sondern gegen die Ansicht des LSG. Denn gerade im Hinblick auf diese Zielsetzung muß es genügen, daß der Versicherte, mindestem einen Kalendermonat arbeitslos war und infolgedessen in dem Kalendermonat keine Beiträge entrichtet worden sind. Der Ausfallzeittatbestand im übrigen ist dabei ohne Bedeutung; auch bleibt in diesem Fall der Grundsatz des Vorrangs der Beitragszeiten unberührt, weil wegen der den ganzen Kalendermonat andauernden Arbeitslosigkeit keine Beitragszeit mit der Ausfallzeit zusammentrifft.

Danach ist von der Beklagten jedenfalls die Zeit vom 05. bis zum 31.01.1950 als Ausfallzeit vorzumerken, da der Kläger während des ganzen Kalendermonats Januar 1950 arbeitslos war und die übrigen Voraussetzungen des § 36 Abs.1 Nr. 3 AVG ab 05.01.1950 erfüllt waren.

Mit dem LSG ist darüber hinaus in erweiternder Auslegung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 AVG aber auch die Zeit vom 01. bis zum 05.01.1950 als Ausfallzeit anzusehen, obwohl der Kläger für diese Zeit keine der in § 36 Abs. 1 Nr. 3 AVG angeführten Leistungen bezogen hat.

Der Gesetzgeber hat zwar Zeiten, für die diese Leistungen aus anderen als den dort genannten Gründen nicht bezogen wurden, bewußt nicht als Ausfallzeit berücksichtigen wollen; die im Recht der ArblV aus guten Gründen aufgestellten Ausschlußtatbestände sollten auch eine Rentensteigerung ausschließen (vgl. BT StenBer 48. Sitzung vom 07.10.1977 S. 3702 A). Andererseits bezweckt die Neufassung dieser Vorschrift durch das RVÄndG, daß Zeiten der Arbeitslosigkeit von mindestens einem Kalendermonat nicht mehr erst ab Beginn der siebenten Woche, sondern vom „ersten Tage an“ berücksichtigt werden (BT-Drucks. IV/3233 auf S. 5 zu § 1259 RVO). Dieses Ziel würde in nicht wenigen Fällen verfehlt, wenn Tatbestände, die allgemein einen Leistungsbezug ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit ausschließen, ohne daß der Arbeitslose dies vermeiden kann, immer erst mit dem Beginn des Leistungsbezugs die Ausfallzeit entstehen ließen. Der Beginn der Arbeitslosigkeit an einem Sonn- oder Feiertag und die dreitägige Wartezeit des § 92 AVAVG (oder einer entsprechenden Regelung) können damit angesichts des Sinnes und Zweckes der Neufassung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 AVG nicht verhindern, die Arbeitslosigkeit hier schon vom ersten Tage an als Ausfallzeit zu werten. Der Kläger war ab 01.01.1950 arbeitslos, er hat sich bei erster Gelegenheit am ersten Werktag der Arbeitslosigkeit beim ArbA gemeldet. Nach dem damals in B. geltenden Recht konnte er Leistungen erst ab dem 05.01.1950 beziehen, wie das LSG unangegriffen festgestellt hat.

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