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1 RA 31/76

Gründe I.

Streitig ist, ob dem Kläger eine Praktikantenzeit als Ausfallzeit rentensteigernd angerechnet werden kann.

Der ... geborene Kläger bestand im März 1932 die Reifeprüfung, arbeitete sodann vom 1. April bis 30. September 1932 als Praktikant, studierte vom „1. November 1932 bis 1938 an den Technischen Hochschulen B. und D. Maschinenbau und wurde Diplom-Ingenieur.

Mit dem Bescheid vom 27. März 1972, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 1972, lehnte es die Beklagte ab, dem Kläger die Praktikantenzeit als Ausfallzeit vorzumerken.

Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. In dem angefochtenen Urteil vom 27. Februar 1976 hat das Landessozialgericht (LSG) die klageabweisende Entscheidung des Sozialgerichts (SG) vom 10. September 1975 bestätigt und ausgeführt:

Die streitige Zeit gehöre nicht zur Hochschulausbildung im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 4 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG). Sie liege vor der Immatrikulation des Klägers an der TH B. Nach den „Vorschriften und Richtlinien für die praktische Ausbildung der Hochschulstudenten des Maschinenbaus usw.“ habe das Vorpraktikum dem Studium vorausgehen müssen. Hierdurch werde bestätigt, daß dieses Praktikum nicht zum Studium gehört habe. Eine andere Auffassung rechtfertige auch nicht die Einrichtung eines sogenannten Praktikantenamtes bei der Technischen Hochschule B., das die Praktikanten in bestimmte Praktikantenstellen eingewiesen habe und den Ausbildungsstellen auch Weisungen habe erteilen können.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Der Kläger hat die Revision eingelegt. Er rügt die unzutreffende Auslegung des Begriffs Hochschulausbildung in § 36 Abs. 1 Nr. 4b AVG durch das LSG. Er ist der Auffassung, das von ihm absolvierte Praktikum sei durch die Einrichtung eines sogenannten Praktikantenamtes seitens der Technischen Hochschule B. und dem Besuch von Vorlesungen während dieser Zeit als integrierender Bestandteil der Hochschulausbildung anzusehen. Sein Praktikum unterscheide sich von den sonst üblichen praktischen Einweisungen dadurch, daß die Hochschule durch das Praktikantenamt die künftigen Studenten in ihre Ausbildungsstelle nicht nur eingewiesen, sondern durch Weisungen unmittelbaren Einfluß auf ihren Arbeitseinsatz und die Ausbildung genommen habe. Hinzu komme, daß der praktische Teil der Ausbildung mit dem regelmäßigen Besuch von Vorlesungen und Übungen an der Technischen Hochschule B. verbunden gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

  • das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 27. Februar 1976 sowie das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 10. September 1975 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auch die Zeit vom 1. April bis 30. September 1932 als Ausfallzeit anzurechnen.

Die Beklagte beantragt,

  • die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der vorliegende Fall unterscheide sich nur unwesentlich von den bisher vom Bundessozialgericht (BSG) entschiedenen Fällen. Durch die Einrichtung des Praktikantenamtes und die Abhaltung eines Hochschultages wöchentlich habe das Praktikum noch nicht den Charakter einer Hochschulausbildung erhalten.

Gründe II.

Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist ein Praktikum kein Teil der Hochschulausbildung im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b AVG, weil darunter nur Ausbildungszeiten fallen, die ein immatrikulierter Student an der Hochschule verbringt (vgl. z.B. BSGE 19, 239 = SozR Nr. 8 zu § 1259 RVO; BSGE 20, 35 = SozR Nr. 9 zu § 1259 RVO; BSGE 30, 163, 164; BSG SozR Nr. 47 zu § 1259). Eine Praktikantenzeit ist auch keine Lehrzeit im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a AVG (BSG SozR Nr. 40 zu § 1259). Die Nichtanrechnung einer versicherungsfrei gebliebenen Praktikantenzeit als Ausbildungszeit verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz (BSG SozR Nr. 47 a.a.O.).

Entgegen der Ansicht des Klägers wird seine Zeit als Praktikant auch nicht deswegen zu einer Hochschulausbildung im Sinne des Gesetzes, weil die Technische Hochschule B. über ein Praktikantenamt unmittelbar Einfluß auf den praktischen Arbeitseinsatz genommen hat und das Praktikum von Vorlesungen und Übungen an der Technischen Hochschule begleitet und ergänzt gewesen ist. Das LSG hat nach Beweisaufnahme unangegriffen festgestellt, daß der Kläger in der streitigen Zeit „in erster Linie“, wie bereits der zeitliche Umfang ergebe, praktisch habe arbeiten müssen. Die streitige Zeit unterschied sich mithin nicht entscheidend von Praktika der üblichen Art. Im übrigen kann für eine Massenverwaltung, wie sie die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung durchzuführen haben, nicht ausschlaggebend sein, wie im einzelnen ein Praktikum an einem bestimmten Ort ausgestaltet gewesen ist.

Mit der vorstehend angeführten Rechtsprechung ist vielmehr auch für den vorliegenden Sachverhalt davon auszugeben, daß eine vor der Immatrikulierung liegende Zeit keine Hochschulausbildung ist.

Die Revision gegen die zutreffende Entscheidung des LSG war daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

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