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5 RJ 70/75

Aus den Gründen

Unter den Beteiligten ist streitig, ob bei der Festsetzung der der Klägerin zugesprochenen Rentenbezüge Beiträge zur RentV der Arbeiter und der RentV der Angestellten aus Beschäftigungszeiten vom 10.12.1928 bis zum 30.6.1944 rentensteigernd zu berücksichtigen sind. Die Beklagte behauptet, diese Beiträge seien der Klägerin anläßlich ihrer Heirat am 8.1.1944 erstattet worden. Dies wird von der Klägerin bestritten.

Die Klägerin hat sich vom VA der Stadt Essen in den Jahren 1950/1951 als Ersatz für die verlorengegangenen Versicherungskarten aus der Zeit vor dem Jahre 1945 neue Versicherungskarten ausstellen und aufrechnen lassen. Sie ist der Ansicht, daß damit die neuen Versicherungsbescheinigungen an die Stelle der verlorengegangenen Versicherungsunterlagen getreten sind und dieselbe Bedeutung und Beweiskraft wie diese haben. Da nach der Aufrechnung der als Ersatz ausgestellten Versicherungskarten mehr als 10 Jahre vergangen seien, sei das Beanstandungsrecht der Beklagten erloschen (§ 1423 Abs. 2 RVO§ 145 Abs. 2 AVG). Diese könne sich daher nicht mehr auf eine angeblich anläßlich ihrer Heirat erfolgte Beitragserstattung berufen.

SG und LSG haben die Auffassung der Beklagten bestätigt, daß die Zeiten der Beschäftigung der Klägerin vom 10.12.1928 bis 30.6.1944 nicht zusätzlich als Versicherungszeiten anzuerkennen sind.

Die zugelassene Revision der Klägerin führt zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz. Bei den in den Jahren 1950/1951 vom VA der Stadt Essen ausgestellten Ersatzurkunden für verlorene Versicherungsunterlagen schließt der Beanstandungsschutz der §§ 1423 Abs. 2 Satz 1 RVO, 145 Abs. 2 Satz 1 AVG nicht aus, daß sich die Beklagte auf eine Erstattung der Beiträge anläßlich der Eheschließung der Klägerin beruft. Nach den genannten Vorschriften können nach Ablauf von 10 Jahren nach Aufrechnung der Versicherungskarte

1)die Richtigkeit der Eintragung der Beschäftigungszeiten, der Arbeitsentgelte und der Beiträge und
2)die Rechtsgültigkeit der Verwendung der in der Aufrechnung der Versicherungskarte bescheinigten Beitragsmarken nicht mehr angefochten werden.

Der 11. Senat des BSG hat hierzu im Urt. vom 13.3.1975 (SozR 2200 § 1423 Nr. 4) entschieden, daß Ersatzbescheinigungen - in dem entschiedenen Fall war sie vom VersTr. selbst ausgestellt worden - einer Aufrechnungsbescheinigung i.S. des § 1423 Abs. 2 RVO gleichstehen. Es kann dahingestellt bleiben, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen diese Gleichstellung von Ersatzbescheinigungen mit Aufrechnungsbescheinigungen auch dann gilt, wenn die Ersatzbescheinigungen nicht vom VersTr., sondern vom VA einer Gemeinde ausgestellt worden sind, denn auch der Beanstandungsschutz einer vom VersTr. ausgestellten Ersatzbescheinigung könnte nicht weiter gehen als der Beanstandungsschutz der Versicherungskarte und der Aufrechnungsbescheinigung, die sie ersetzen sollen. Dieser Beanstandungsschutz schließt aber die Nichtberücksichtigung der bescheinigten Versicherungszeiten bei einer späteren Rentenfestsetzung dann nicht aus, wenn die ursprünglich erbrachten und bescheinigten Beiträge erstattet worden sind. Er erstreckt sich lediglich auf die Richtigkeit der Eintragung der Beschäftigungszeiten, der Arbeitsentgelte, der Beiträge und der Rechtsgültigkeit der Verwendung der in der Aufrechnungsbescheinigung oder der Versicherungskarte bescheinigten Beitragsmarken. Daher kann sich im vorliegenden Fall der Beanstandungsschutz der Ersatzbescheinigung nicht darauf erstrecken, daß die Beklagte eine Erstattung der Beiträge zwischen der Aufrechnung der Versicherungskarte und der Ausstellung der Ersatzbescheinigung nicht mehr geltend machen kann.

Zur Frage, wann eine Beitragserstattung wirksam erfolgt ist, hat der 1. Senat des BSG im Urt. vom 14.3.1975 (SozR 2200 § 1309a Nr. 1) unter Hinweis auf das Urt. des 4. Senats vom 24.1.1973 - 4 RJ 103/72 - entschieden, daß für eine aus Anlaß der Heirat nach dem 1.5.1942 erfolgten Beitragserstattung (Beitragserstattung gem. § 1309a RVO i.d.F. der VO vom 25.6.1942 - RGBl. I 411 -) der Nachweis der Auszahlung des Erstattungsbetrages an die Berechtigte erbracht sein muß. Er hat hierzu ausgeführt, bei diesen Erstattungen habe jedenfalls der mit Wirkung vom 1.5.1942 gesetzlich angeordnete Fortfall des Feststellungsbescheides zur Folge, daß die Wirksamkeit der Erstattung nunmehr vom Zugang des Erstattungsbetrages bei der Berechtigten abhängig gewesen sei, weil diese nur noch hierdurch von dem Ergebnis ihres Erstattungsantrages Kenntnis erhalten habe. Dieser Rechtspr. schließt sich der erkennende Senat an. Der vom LSG im angefochtenen Urt. vertretenen Ansicht, daß die Beitragserstattung bereits mit der Herausgabe der Zahlungsanweisung durch den VersTr. vollzogen gewesen sei, kann demnach nicht gefolgt werden. Das LSG hat zwar noch ausgeführt, es sehe auch den Nachweis der objektiven Möglichkeit des Zugangs des Erstattungsbetrages als erbracht an, jedoch ist das im vorliegenden Fall für die Annahme der wirksamen Beitragserstattung nicht ausreichend. Von seiner Rechtsansicht ausgehend hatte das LSG zwar keine Veranlassung zu der Frage Stellung zu nehmen, ob es den Zugang des Erstattungsbetrages bei der Klägerin als erwiesen oder als nicht erwiesen ansieht, bzw. ob es zur Klärung dieser Frage noch weitere Beweiserhebungen für notwendig hält. Das ist aber nach der Auffassung des erkennenden Senats erforderlich. Damit dies nachgeholt werden kann, mußte der Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen werden. Bei den noch zu prüfenden Fragen wird sich das LSG auch mit den Ausführungen des BSG hierzu in dem bereits genannten Urt. des 1. Senats (SozR 2200 § 1309a Nr. 1) und des 12. Senats (SozR Nr. 69 zu § 128 SGG) auseinanderzusetzen haben.

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