4 RJ 457/66
Aus den Gründen
Die während des Revisionsverfahrens gestorbene frühere Klägerin und Mutter der - durch Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens - in den Rechtsstreit eingetretenen jetzigen Klägers hat eine Hinterbliebenenrente aus der Rentenversicherung der Arbeiter begehrt. Ihrem Rentenantrag liegt nach den vom LSG Niedersachsen getroffenen Feststellungen folgender Sachverhalt zugrunde: Ihr Ehemann arbeitete bis 1926 in der Landwirtschaft seiner Eltern in der Ukraine, später - nach seiner Eheschließung - bewirtschaftete er dort einen eigenen Hof. Von Anfang 1933 bis November 1937 war er auf ukrainischen Kolchosen in Romansdorf und Filinowka tätig. Dann wurde er - wie fast alle Männer volksdeutscher Herkunft aus seinem Heimatort - nach Sibirien verbracht. Bis 1941 stand er mit der früheren Klägerin in Briefwechsel; im Jahre 1950 soll er gestorben sein.
Die frühere Klägerin wurde 1942 von Filinowka in die Gegend von Schitomir und 1944 in die Provinz Posen umgesiedelt. Im März 1945 floh sie nach Westen und hielt sich seitdem in Lastrup (Oldenburg) auf. Sie war Vertriebene im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG).
Den Antrag auf Witwenrente lehnte die beklagte LVA durch Bescheid vom 27. Dezember 1960 ab, weil der Vater der Kläger in der Sowjetunion (UdSSR) weder als selbständiger Landwirt noch als Kolchosebauer versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, also keine Beitragszeiten im Sinne des § 15 des FRG i.d.F. des FANG vom 25. Februar 1960 zurückgelegt habe, und weil die Zeiten jener Tätigkeiten und Beschäftigungen auch nicht nach § 16 FRG Beitragszeiten gleichgestellt werden könnten; denn solche Tätigkeiten in der Landwirtschaft zögen nach dem am 1. März 1957 geltenden Bundesrecht keine Versicherungspflicht nach sich.
Mit der hiergegen gerichteten Klage hat die frühere Klägerin beantragt, den Ablehnungsbescheid aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr vom 1. Januar 1957 an Witwenrente zu gewähren. Sie hat die Auffassung vertreten, ihr Ehemann sei als Kolchosebauer kein selbständiger Landwirt, sondern Arbeitnehmer gewesen, so daß einer Anrechnung von Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG nichts im Wege stehe.
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das LSG Niedersachsen hat zur Begründung seines Urteils vom 18. April 1962 ausgeführt: Beitragszeiten ihres Ehemannes (§ 15 FRG) habe die Klägerin nicht glaubhaft gemacht, ja nicht einmal behauptet, weder für die Zeit nach seiner Verbringung nach Sibirien noch für seine Tätigkeit auf Kolchosen. Mitglieder von Kolchosen seien vor dem zweiten Weltkrieg nicht in die sowjetische Rentenversicherung einbezogen gewesen. Ebensowenig seien Beschäftigungszeiten im Sinne des § 16 FRG glaubhaft gemacht, jedenfalls nicht in dem erforderlichen Ausmaß. Soweit der Ehemann der Klägerin in der elterlichen und in seiner eigenen Landwirtschaft tätig gewesen sei, könne § 16 FRG ihm nicht zugute kommen, weil diese Tätigkeiten auch nach Bundesrecht keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet hätten. Ob die Tätigkeit als Kolchosebauer unter § 16 FRG falle, bedürfe nicht der Entscheidung, weil sie keine 60, sondern allenfalls 59 Kalendermonate (Januar 1933 bis Ende November 1937) umfasse. Hinzu komme, daß diese Zeit nicht nachgewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht und deshalb um 1/6 zu kürzen sei (§ 19 Abs. 2 FRG). Auch die Zeit in Sibirien müsse unberücksichtigt bleiben, weil § 16 FRG eine Arbeitsleistung in Freiheit voraussetze. Daran fehle es bei dem Ehemann der Klägerin, der offensichtlich wegen seines Deutschtums inhaftiert und in ein Arbeitslager gebracht worden sei. Abgesehen davon scheitere die Anrechnung von Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG daran, daß zwar die Klägerin, nicht aber ihr Ehemann Vertriebener sei und daß er auch nicht unter § 1 Buchst, c FRG falle.
Die frühere Klägerin hat gegen dieses Urteil Revision eingelegt.
Die jetzigen Kläger vertreten die Auffassung, es seien ausreichende Beschäftigungszeiten im Sinne des § 16 FRG glaubhaft gemacht. Als solche Zeiten sehen sie sowohl diejenigen der Beschäftigung ihres Vaters auf Kolchosen an als auch die von 1937 bis 1941 in Arbeitslagern verbrachten Zeiten. Nach ihrer Meinung ist ihr Vater als Kolchosebauer ein abhängig beschäftigter Arbeitnehmer gewesen. Sie treten auch der Rechtsansicht des LSG entgegen, daß das Klagebegehren schon deshalb keinen Erfolg haben könne, weil ihr Vater selbst nicht Vertriebener gewesen sei.
Die Revision ist zulässig und insofern begründet, als sie zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Vorinstanz führt.
Nach den vom LSG bisher getroffenen Feststellungen kann der Versicherungsfall, aus dem der mit der Klage verfolgte Witwenrentenanspruch hergeleitet wird - sowohl der Versicherungsfall des Todes als auch derjenige der Verschollenheit -, nach dem 31. März 1945 eingetreten sein. In diesem Falle hängt der Klageanspruch nur davon ab, daß die Wartezeit von 60 Kalendermonaten erfüllt ist; der Erhaltung einer Anwartschaft bedarf es nicht (Art. 2 §§ 5, 8, 17 ArVNG, S. 1263 Abs. 1 und 2, § 1271 Abs. 1 RVO).
Da der Vater der Kläger keine anrechnungsfähigen Versicherungszeiten nach den Vorschriften der RVO zurückgelegt hat und bei ihm auch keiner der Tatbestände vorliegt, unter denen nach § 1252 RVO die Wartezeit als erfüllt gilt, kann die Anspruchsvoraussetzung der Wartezeiterfüllung nur aus dem Fremdrentenrecht hergeleitet werden, dem die frühere Klägerin als Vertriebene nach § 1 Buchst. a FRG - möglicherweise auch schon nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 FremdRG vom 7.8.1953 - unterlag.
Nach Art. 6 §§ 5, 8 FANG gelten, wenn der Versicherungsfall vor dem 1. Januar 1959 eingetreten und die Rente vor der Verkündung des FANG (3. März 1960) - wie im vorliegenden Falle - nicht festgestellt worden ist, die §§ 6 und 7 des Art. 6 entsprechend. Dies bedeutet u.a., daß bei einem noch nicht endgültig beschiedenen Versicherungsfall (§ 8 FRG) die §§ 14 bis 31 FRG auch bei der Prüfung, ob die Wartezeit erfüllt ist, zu berücksichtigen sind. Daneben muß aus Gründen des Besitzschutzes - ebenso wie dies für die Feststellung aller sonstigen für die Rentengewährung maßgeblichen Voraussetzungen gilt - auch die Wartezeit unter Berücksichtigung der nach dem FremdRG anrechnungsfähigen Versicherungszeiten beurteilt werden. Dies folgt für Ansprüche aus Versicherungsfällen vor dem 1. Januar 1957, über die bei der Verkündung des FANG noch kein Bescheid ergangen war, aus Art. 6 § 11 Satz 2 FANG; danach ist, wenn die nach dem FANG zu gewährende Rente niedriger ist als diejenige, die sich bei Anwendung des vor seinem Inkrafttreten geltenden Rechts ergeben hätte, diese höhere Leistung zu gewähren (vgl. hierzu auch das Urteil des erkennenden Senats - 4 RJ 401/64 - vom 1. Dezember 1966).
Nach den vom LSG getroffenen und von der Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen war die frühere Klägerin als Vertriebene im Sinne des § 1 BVFG anerkannt Sie fiel daher unter § 1 Buchst. a FRG. Unerheblich für die Anwendung des FRG ist es, daß ihr in der UdSSR verbliebener Ehemann selbst nicht Vertriebener in dem angeführten Sinne war und auch nicht in eine den Vertriebenen gleichgestellte Personengruppe (§ 1 Buchst. b bis d FRG) einzureihen ist. Insoweit könnte allerdings § 1 Buchst. e FRG Zweifel aufwerfen, wonach das FRG Anwendung findet auf „Hinterbliebene der in Buchstaben a bis d genannten Personen bezüglich der Gewährung von Leistungen an Hinterbliebene“. Diese Gesetzesfassung besagt indessen nicht, daß das FRG, wenn es um Leistungen an Hinterbliebene geht, nur auf Hinterbliebene der in den Buchst. a bis d genannten Personen anzuwenden sei; vielmehr erweitert Buchst. e den Personenkreis über die Personengruppen der Buchst. a bis d hinaus, zu denen auch die frühere Klägerin als Vertriebene gehörte, auf die Hinterbliebenen solcher „Versicherter", die selbst nicht zu den Personengruppen der Buchst. a bis d gehört haben. Dies hat der 12. Senat des BSG in seinem Urteil vom 24. Februar 1966 (BSG 24, 251) aus dem Sinn und Zweck des FRG, aus der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks. 1109, 3. Wahlperiode) und aus dem Rechtszustand vor dem Inkrafttreten des FRG überzeugend hergeleitet. Der erkennende Senat teilt diese Auffassung.
Als Zeiten, die dem Ehemann der früheren Klägerin zur Erfüllung der Wartezeit nach § 15 FRG (Beitragszeiten) oder § 16 FRG (Beschäftigungszeiten) dienen könnten, kommen die Zeiten seiner Beschäftigung als Kolchosebauer (1933 bis November 1957) sowie die danach in Sibirien verbrachten Zeiten in Betracht. Die in der elterlichen und in der eigenen Landwirtschaft vor 1933 verbrachte Zeit hat das LSG von vornherein mit Recht ausgeschieden, weil diese Beschäftigungen allenfalls über § 16 FRG berücksichtigungsfähig wären, dies aber schon daran scheitert, daß die Beschäftigungen, wenn sie im Bundesgebiet verrichtet worden wären, nach dem am 1. März 1957 geltenden Bundesrecht keine Versicherungspflicht in den gesetzlichen Rentenversicherungen nach sich gezogen hätten. Hiergegen hat die Revision auch keine Bedenken vorgebracht.
Das Berufungsurteil ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als es Beitragszeiten im Sinne des § 15 FRG jedenfalls bis Ende 1937 weder als nachgewiesen noch als glaubhaft gemacht angesehen hat. Nach Lage der Sache könnten nur bei einem nichtdeutschen, nämlich einem sowjetischen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegte Beitragszeiten in Betracht kommen. Das soziale Sicherungssystem der Sowjetunion entspricht zwar den Erfordernissen, welche das deutsche Fremdrentenrecht - sowohl das FremdRG als auch das FRG - an eine Institution der gesetzlichen Rentenversicherung stellt (vgl. BSG 6, 263; § 15 Abs. 2 Satz 1 FRG), jedoch waren zu der hier maßgeblichen Zeit Kolchosebauern von der allgemeinen staatlichen Rentenversicherung der Sowjetunion nicht erfaßt; für sie ist erst durch das Gesetz über Renten und Beihilfen für Kolchosemitglieder vom 15. Juli 1964 ein einheitliches System der Rentenversicherung geschaffen worden (BSG 24, 251, 255). Allerdings hat es schon seit 1958 - und auf fortschrittlichen Kolchosen verschiedener Gebiete der UdSSR bereits vorher - .Kassen für die gesellschaftliche gegenseitige Hilfe der Kolchose-Angehörigen" (sog. Hilfskassen) gegeben, die möglicherweise als ein System der sozialen Sicherheit im Sinne des § 15 Abs. 2 FRG angesprochen werden können (vgl. LSG Baden-Württemberg in Breith. 1963, 695 mit weiteren Nachweisen; BSG 24, 255; Derevnin, Bulletin der Internationalen Vereinigung für soziale Sicherheit, 1960 S. 17, Machanow, ebenda 1964 S. 258). Es fehlt aber an jedem Anhalt dafür -und die Revision hat dies auch nicht behauptet -, daß solche Einrichtungen schon vor dem zweiten Weltkrieg, insbesondere bereits in den ersten fünf Jahren der Kolchosewirtschaft in Romansdorf und Filinowka, bestanden hätten. Somit sind Beitragszeiten auf Kolchosen nicht glaubhaft gemacht; von dem LSG war insoweit auch kein Versuch einer weiteren Sachaufklärung zu erwarten.
Nicht hinreichend geklärt in tatsächlicher Hinsicht ist dagegen, ob die von dem Vater der Kläger auf Kolchosen verbrachte Zeit von 1933 bis November 1937 als Beschäftigungszeit im Sinne des § 16 FRG auf die Wartezeit angerechnet werden kann. Das LSG hat sich dieser Prüfung aus Rechtsgründen enthoben geglaubt, weil im vorliegenden Falle die weniger als 60 Kalendermonate ausmachende Beschäftigung auf Kolchosen zur Erfüllung der Wartezeit nicht ausreiche und überdies der durch § 16 FRG begünstigte Beschäftigte selbst Vertriebener sein müsse, was auf den Vater der Kläger nicht zutreffe.
Der zuerst angeführte Grund rechtfertigt die Außerachtlassung der Kolchosezeit - mag sie mit 59 Monaten auf die Wartezeit anzurechnen oder nach § 19 Abs. 2 FRG um 1/6 zu kürzen sein - deshalb nicht, weil sie möglicherweise zusammen mit der Beschäftigung nach 1937 in Sibirien, die in den folgenden Ausführungen noch zu behandeln sein wird, mindestens 60 Kalendermonate ergibt. Auch der zweite Grund ist nicht stichhaltig, weil entgegen der Auffassung des LSG die Anrechnung von Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG, soweit es sich um die Gewährung von Leistungen an Hinterbliebene handelt, nicht ohne weiteres dadurch ausgeschlossen wird, daß nur die Hinterbliebenen vertrieben worden sind, nicht aber der Beschäftigte selbst. Dies hat das BSG durch das bereits angeführte Urteil in BSG 24, 251 für den Fall entschieden, daß der Beschäftigte vor der Vertreibung gestorben ist. Der erkennende Senat schließt sich der in dieser Entscheidung ausgesprochenen Rechtsauffassung an. § 16 FRG, der aus dem das Gesetz beherrschenden Eingliederungsprinzip zu erklären ist, soll diejenigen schützen, die „gewaltsam aus ihren früheren Lebensverhältnissen herausgerissen wurden und die in diesen Verhältnissen begründete Sicherung gegen die Wechselfälle des Lebens verloren haben" (Begründung des Regierungsentwurfs zu § 17 FRG, BT-Drucks. 1109, 3. Wahlperiode). Dieser Zweck des Gesetzes ist nur dann voll erreichbar, wenn den Hinterbliebenen von Vertriebenen die vertriebenen Hinterbliebenen solcher Personen gleichgestellt werden, welche das Schicksal ihrer Angehörigen, nämlich die Vertreibung, nur deshalb nicht geteilt haben, weil sie vorher gestorben sind. Das gleiche muß nach der Auffassung des Senats gelten, wenn - wie in dem hier zu entscheidenden Falle - derjenige, von dem die vertriebenen Hinterbliebenen ihre Rentenansprüche herleiten, erst nach deren Vertreibung gestorben ist, aber schon vorher wegen seiner deutschen Volkszugehörigkeit in dem Herkunftslande verfolgt worden war und sein Tod oder seine Verschollenheit damit im Zusammenhang steht. Der Vater der Kläger hat daher auf den Kolchosen Romansdorf und Filinowka Beschäftigungszeiten im Sinne des § 16 FRG zurückgelegt, wenn er dort als Arbeitnehmer gegen Entgelt beschäftigt gewesen ist, also Beschäftigungen ausgeübt hat, die, wenn sie im Bundesgebiet verrichtet würden, Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach sich ziehen würden (§ 1227 Abs. 1 Nr. 1 RVO).
Zu der - vom LSG unbeantwortet gelassenen - Frage, ob ein Mitglied einer Kolchose selbständiger Landwirt oder Arbeitnehmer ist, hat der 12. Senat des BSG in dem bereits angeführten Urteil ausgeführt: Ein sowjetrussischer Kolchosebauer sei nicht Miteigentümer der Kolchose, jedenfalls nicht Miteigentümer im Sinne des deutschen Rechts; denn nach sowjetrussischer Rechtsauffassung stehe aller Grund und Boden im gemeinschaftlichen (sozialistischen), der Verfügungsmacht des einzelnen Mitgliedes entzogenen Eigentum. Verfügungsmacht habe er allenfalls über den Kolchosehof und die Hauswirtschaftsparzelle mit Zubehör. Sehe man vom letzteren ab, sei der Kolchosebauer kein selbständiger Landwirt Dagegen könne er in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt stehen und damit Arbeitnehmer sein. Dies hänge davon ab, ob er hinsichtlich der Art, des Ortes, der Zeit und der Ausführung der Arbeit an fremde Weisungen gebunden sei und ob von einer Eingliederung in den Kolchosebetrieb gesprochen werden könne. Von Bedeutung sei auch, in welchem Umfang der Kolchosebauer seine Arbeitskraft auf dem ihm zur eigenen Bewirtschaftung überlassenen Land einsetze und welchen Wert der Ertrag hieraus gegenüber dem Verdienst aus der Kolchosearbeit habe. - Der erkennende Senat trägt keine Bedenken, sich dem anzuschließen. Dies bedeutet, daß es einer weiteren Erforschung des Sachverhalts zur Klärung der aufgeworfenen Fragen bedarf. Als Beweismittel werden vor allem Zeugen in Betracht kommen, welchen die Verhältnisse auf den Kolchosen Romansdorf und Filinowka oder auf benachbarten Kolchosen bekannt sind, vor allem die im Verwaltungsverfahren gehörten Zeugen A und B, aber auch Auskünfte sachverständiger Stellen wie etwa des Instituts zur Erforschung der UdSSR e.V. in München 22, Mannhardtstraße 6, oder des Seminars für Politik, Gesellschaft und Recht Osteuropas an der Universität Kiel.
Nach den bisher vom LSG getroffenen Feststellungen ist auch nicht abschließend zu beurteilen, ob der Vater der Kläger nach 1937 - in Sibirien - Beschäftigungszeiten im Sinne des § 16 oder gar Beitragszeiten im Sinne des § 15 FRG zurückgelegt hat. Die Verneinung der Frage läßt sich nicht - wie es das LSG getan hat - allein damit begründen, daß der Betroffene „offensichtlich seines Deutschtums wegen inhaftiert und in ein Arbeitslager verschleppt worden" sei und demnach auf Zwang beruhende Arbeitsleistungen erbracht habe. Es kommt auf die Art des Freiheitsentzugs oder der Freiheitsbeschränkung und des Arbeitsverhältnisses an. Während bei Strafgefangenen und in der Regel auch bei Kriegsgefangenen keine echten Beschäftigungsverhältnisse vorliegen, welche Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach sich ziehen, kann z.B. derjenige, der lediglich in der Wahl seines Aufenthalts und seiner Beschäftigung unfrei ist, versicherungspflichtig beschäftigt sein (vgl. Haensel / Lippert / Merkle / Michel, Kommentar zum FANG, Stand Februar 1966, S. 266). Dafür, daß eine Verbringung zur Arbeitsleistung die Annahme einer Beschäftigung im Sinne des § 16 FRG nicht ohne weiteres ausschließt, spricht § 1 Buchst. c FRG, wonach das FRG gilt für “Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ..., die nach dem 8. Mai 1945 in ein ausländisches Staatsgebiet zur Arbeitsleistung verbracht wurden". Auf die Beschäftigungszeiten dieser Personen findet § 16 FRG Anwendung (Jantz/Zweng/Eicher, Das neue Fremdrenten- und Auslandsrentenrecht, 2. Aufl., § 16 FRG, Anm. 7). Auf der gleichen Linie liegt eine Entscheidung des 11. Senats des BSG vom 25. Oktober 1966 - 11 RA 212/65 -, nach der ein Zwangsarbeitsverhältnis - ohne Entgelt - bei der polnisch-russischen Besatzungsmacht in Schlesien als ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 16 FRG anzusehen ist. Die Möglichkeiten, die für die Arbeits- und Lebensverhältnisse des Vaters der Kläger in Sibirien in Betracht kommen, sind so mannigfaltig, daß es nicht angebracht erscheint, beim gegenwärtigen Stande des Verfahrens nähere Ausführungen zur Rechtslage zu machen. Jedenfalls läßt sich die Frage, ob Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach 1937 zurückgelegt worden sind, aus Rechtsgründen weder von vornherein verneinen noch bejahen. Es kommt auf eine weitere Sachaufklärung an, die dem LSG obliegt. Sollten die Bekannten, welche der früheren Klägerin die Nachricht vom Tode ihres Ehemannes überbracht haben, nicht als Zeugen vernommen werden können und auch die jetzigen Kläger nicht in der Lage sein, etwa aus den bis 1941 eingegangenen Briefen ihres Vaters nähere Angaben über seine Arbeit, eventuelles Arbeitseinkommen und Versicherungsverhältnisse in Sibirien zu machen, so wird das LSG auch in diesem Punkt auf Auskünfte geeigneter Institute angewiesen sein.
Da hiernach das BSG mangels hinreichender Erforschung des Sachverhalts in der Sache selbst nicht entscheiden kann, muß das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden.
Obwohl es unwahrscheinlich ist, daß die rechtliche Beurteilung des noch festzustellenden Sachverhalts nach dem FremdRG für die Kläger günstiger sein wird als die Beurteilung nach dem FRG, wird das LSG aus den oben dargelegten Gründen auch noch jene Prüfung anzustellen haben. Ferner wird es gegebenenfalls die Bezugsberechtigung der Kläger zu prüfen haben. Diese haben sich zwar durch einen gemeinschaftlichen Erbschein des Amtsgerichts Löningen vom 5. Mai 1966 als gesetzliche Erben der früheren Klägerin ausgewiesen, es könnten aber einzelne Miterben dadurch vom Bezug der bis zum Todestag der Witwe etwa fällig gewordenen Rentenbeträge ausgeschlossen sein, daß ein anderer Miterbe oder eine Haushaltsführerin im Sinne des § 1288 Abs. 3 RVO zur Zeit des Todes der Witwe mit ihr in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat und somit als Sonderrechtsnachfolger nach § 1288 Abs. 2 RVO in Betracht kommt (vgl. BSG in SozR § 68 Nr. 1 zu § 614 RVO a.F.). Der Senat hat diese Prüfung im Interesse der Beschleunigung des im Revisionsrechtszug ohnehin nicht endgültig erledigungsfähigen Verfahrens zunächst hintangestellt.