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5 RKn 32/62

Aus den Gründen

Der Kläger begann am 28.05.1918 als Bergeklauber auf der Zeche sein Erwerbsleben, war allerdings erst vom 23.12.1919 an in der ArV versichert. Vom 23.12.1919 bis zum 30.04.1922 war er 27 Monate als Schlepper und vom 01.05.1922 bis zum 09.08.1926 als Gedingeschlepper und Lehrhauer tätig. In die kn Pensionskasse wurde er erst am 01.07.1926 aufgenommen. Vom 14.11.1927 bis zum 21.09.1929 war er 23 Monate als Hauer tätig, erhielt seinen Hauerschein jedoch erst am 25.09.1929. Anschließend war der Kläger erwerbslos. Vom 13.07.1937 bis zum 15.05.1938 war er wieder als Hauer beschäftigt. Vom 17.05.1938 bis zum 31.10.1939 wurde er als Zimmerhauer und seit dem 01.11.1939 als Lokomotivführer in Lohngruppe I unter Tage geführt.

Wegen eines am 05.07.1921 unter Tage erlittenen Unfalls bezog der Kläger von der Bergbau-BG - BBG - vom 14.10.1921 an eine Unfallrente von 33 1/3 v.H. und seit dem 01.11.1923 von 20 v.H. Mit Ablauf des Dezember 1924 wurde diese Rente entzogen. Auf Grund eines Verschlimmerungsantrags gewährte ihm die BBG seit dem 27.09.1937 eine Unfallrente wegen einer MdE um 30 v.H. Ein Verschlimmerungsantrag vom 19.03.1947 hatte keinen Erfolg.

Am 02.10.1957 beantragte der Kläger die Gewährung von KnRente aus der knRV. Die Beklagte lehnte diesen Antrag durch Besch. vom 29.04.1959 ab.

Gegen diesen Besch. richtet sich die Klage. Mit Urt. vom 22.02.1961 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 01.10.1957 Bergmannsrente zu gewähren.

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG durch Urt. vom 01.03.1962 die Entsch. des SG aufgehoben, die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen.

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Denn der Kläger ist nicht vermindert bergmännisch berufsfähig nach § 45 Abs. 2 RKG.

Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann die Hauertätigkeit nicht als bisher verrichtete kn Arbeit - Hauptberuf - des Klägers angesehen werden. Nach ständiger Rechtspr. des erkennenden Senats kann eine Tätigkeit nur dann als Hauptberuf anerkannt werden, wenn der Versicherte bei ihrer Aufgabe die Wartezeit erfüllt hat oder diese zu diesem Zeitpunkt als erfüllt gilt (vgl. BSG 19, 279 = SozR Nr. 22 zu § 35 RKG aF und SozR Nr. 17 zu § 45 RKG).

Nach § 50 RKG werden für die Frage, ob die Wartezeit erfüllt ist, nur kn Versicherungszeiten berücksichtigt. Der Kläger hatte aber, als er im Jahre 1938 die Hauertätigkeit endgültig aufgegeben hat, die Wartezeit mit kn Beiträgen bei weitem nicht erfüllt, wie das LSG zutreffend entschieden hat.

Die Wartezeit kann auch nicht auf Grund der sog. Wartezeitfiktion als zu diesem Zeitpunkt erfüllt gelten. Nach § 52 Nr. 1 RKG gilt die Wartezeit für die Bergmannsrente als erfüllt, wenn der Versicherte infolge eines Arbeitsunfalls vermindert bergmännisch berufsfähig geworden ist. Diese Vorschrift entspricht im Grundsatz den früheren gesetzlichen Regelungen (§ 43 RKG aF i.V.m. § 31 AVG aF und § 1262 Abs. 5 RVO in der seit 01.05.1942 geltenden Fassung des § 3 der VO vom 22.06.1942 zur Anpassung der Reichsversicherungsgesetze an das 2. Gesetz über die Verbesserung der Leistungen in der Rentenversicherung vom 19.06.1942  -RGBl I 411 -; § 1263a RVO idF des Art. 17 der 1. VO zur Vereinfachung des Leistungs- und Beitragsrechts in der Sozialversicherung vom 17.03.1945 - 1. VereinfVO - RGBl I 41). Nach Art. 2 § 8 KnVNG gilt § 52 Nr. 1 RKG auch für VersFälle, die nach dem 30.04.1942 eingetreten sind. Der Kläger verkennt die Bedeutung dieser Vorschrift. Da jede Rechtsnorm nur diejenigen Tatumstände erfaßt, die sich nach ihrem Inkrafttreten ereignen, würde § 52 Nr. 1 RKG ohne eine gesetzliche Rückwirkungsanordnung nur die Arbeitsunfälle erfassen, die sich nach dem 31.12.1956, also nach Inkrafttreten des KnVNG, ereignet haben. Die Bedeutung des Art. 2 § 8 KnVNG liegt also darin, daß § 52 Nr. 1 RKG auch auf frühere Arbeitsunfälle anzuwenden ist, soweit sie sich nach dem 30.04.1942 ereignet haben. Zweifelhaft war allerdings, ob der vor dem 01.01.1957 auch in der knRV geltende § 1263a RVO (Art. 17 der 1. VereinfVO), der nach Art. 26 aaO auf alle VersFälle anzuwenden war, für die am 31.03.1945 ein das Versicherungsverhältnis abschließender rechtskräftig gewordener Besch. noch nicht ergangen ist, auch für VersFälle galt, die vor Inkrafttreten des 2. Gesetzes über die Verbesserung der Leistungen in der Rentenversicherung vom 19.06.1942 - RGBl I 407 - (nach § 7 dieses Ges. also vor dem 01.05.1942) eingetreten sind. Der 4. Senat des BSG hat zu § 1263a RVO idF der 1. VereinfVO entschieden, daß auch die vor dem 01.05.1942 liegenden Arbeitsunfälle begünstigt sind (BSG 7, 146 ff). Der erkennende Senat hat Bedenken, sich dieser Entsch. für das Knappschaftsrecht anzuschließen. Diese Frage kann jedoch im vorliegenden Fall auf sich beruhen, weil der Anspruch des Klägers selbst dann nicht begründet ist, wenn man der Auffassung des 4. Senats des BSG für das Knappschaftsrecht beitritt. Denn die Voraussetzungen des § 52 Nr. 1 RKG liegen schon aus einem anderen Grunde nicht vor.

Nach dem Wortlaut des § 52 Nr. 1 RKG wird diese Vergünstigung nur einem „Versicherten“ gewährt. Es muß also ein wirksames Versicherungsverhältnis bestanden haben, das heißt es muß wenigstens aus einem vorher wirksam entrichteten Beitrag die Anwartschaft erhalten gewesen sein. Im vorliegenden Fall, in dem der Arbeitsunfall und der Rentenversicherungsfall zeitlich auseinanderfallen, kommt es darauf an, ob bereits im Zeitpunkt des Arbeitsunfalls ein wirksames Rentenversicherungsverhältnis bestanden haben muß oder ob es genügt, wenn dieses nachträglich begründet worden ist und beim Eintritt des Rentenversicherungsfalles vorgelegen hat. Der Wortlaut des § 52 Nr. 1 RKG gibt für die Entsch. dieser Frage allein keinen Aufschluß. Der Gesetzgeber hat sicherlich nur den Normalfall in seinem Blickfeld gehabt, in welchem der Arbeitsunfall und der Rentenversicherungsfall zumindest im wesentlichen zeitlich zusammenfallen, nicht aber Fälle der vorliegenden Art, in welchen der Arbeitsunfall und der Rentenversicherungsfall zeitlich wesentlich auseinanderfallen. Der Senat ist der Auffassung, daß in einem solchen Fall schon im Zeitpunkt des Arbeitsunfalls ein wirksames Rentenversicherungsverhältnis vorgelegen haben muß, m.a.W., daß der Arbeitsunfall bereits einen Rentenversicherten betroffen haben muß. Es wäre nämlich mit rentenversicherungsrechtlichen Grundsätzen kaum vereinbar, einem Ereignis, hier dem Arbeitsunfall, das gesetzliche Voraussetzung der Wartezeitfiktion und damit des Rentenanspruchs ist, bereits eine versicherungsrechtlich relevante Bedeutung zuzumessen, wenn der Betroffene bei dem Eintritt dieses Ereignisses überhaupt noch nicht der Rentenversicherung angehört hat. Andernfalls würde ein Teil des Versicherungsrisikos in einer versicherungsrechtlichen Grundsätzen widersprechenden Weise dem Rentenversicherungsträger und damit der Versichertengemeinschaft aufgebürdet werden. Der durch den Arbeitsunfall Betroffene wäre nämlich, wenn etwas anderes Rechtens wäre, in der Lage, noch nach einem Arbeitsunfall, der nicht unmittelbar zum Eintritt des Rentenversicherungsfalles führt, durch Entrichtung auch nur eines einzigen Rentenversicherungsbeitrages die Voraussetzung für eine Rentengewährung für den Fall, daß später infolge Verschlimmerung der Unfallfolgen der Rentenversicherungsfall eintritt, zu schaffen (so im Ergebnis zu dem ähnlichen Fall des § 1263a Abs. 1 Nr. 3 RVO aF auch der 12. Senat des BSG in SozR Nr. 14 zu § 1263a aF mit Nachweisen).

Da im vorliegenden Fall im Zeitpunkt des Arbeitsunfalls für den Kläger noch kein kn Beitrag entrichtet worden war - die vor diesem Zeitpunkt für ihn zur RentV der Arbeiter entrichteten Beiträge zählen in entsprechender Anwendung des § 50 RKG auch insoweit nicht -, greift die Wartezeitfiktion nicht Platz.

Der Umstand, daß sich die Unfallfolgen einige Zeit nach dem Unfall zunächst einmal gebessert hatten, so daß die Rente aus der gesetzlichen UV entzogen wurde, um sich dann später, und zwar noch vor Aufgabe der Hauertätigkeit wieder zu verschlimmern, spielt für die Entsch. dieser Frage keine Rolle. Abgesehen davon, daß schon nach dem Wortlaut des § 52 Nr. 1 RKG ein anderes Ereignis als der Arbeitsunfall und die möglichen Rentenversicherungsfälle insoweit nicht maßgebend sein können, würde dem Rentenversicherungsträger ein mit versicherungsrechtlichen Grundsätzen nicht zu vereinbarendes Risiko i.d. oben angeführten Sinne auch dann aufgebürdet werden, wenn man dieses Ereignis an Stelle des Arbeitsunfalls als maßgebend ansehen würde ...

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