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11/1 RA 357/61

Gründe

Das LSG hat ... zutreffend angenommen, daß Zeiten der Arbeitslosigkeit - auch wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 1259 Abs. 1 Nr. 3 RVO vorliegen -, insoweit nicht Ausfallzeiten i.S. dieser Vorschrift und damit auch nicht i.S. des Art. 2 § 14 ArVNG sein können, als es sich um Zeiten vor dem 01.10.1927 - dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AVAVG vom 16.07.1927 - RGBl. I 187 - handelt. „Deutsche Arbeitsämter“ sind nicht, wie der Kläger meint, schon die „Ämter“ gewesen, die vor dem Inkrafttreten des AVAVG die Aufgaben wahrgenommen haben, die seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes den Arbeitsämtern übertragen sind. Zwar ist schon am 13.11.1918 für das Reichsgebiet die VO über Erwerbslosenfürsorge - RGBl. I 1305 - ergangen und der Arbeitsnachweis hat durch das Arbeitsnachweisgesetz vom 22.07.1922 - RGBl. I 657 - erstmals eine reichsgesetzliche Regelung gefunden (vgl. zur geschichtlichen Entwicklung Draeger / Buchwitz / Schoenefelder, Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, Einführung I, 8 ff, III, 25 ff.). Dies hat aber nichts daran geändert, daß Erwerbslosenfürsorge und Arbeitsnachweis Aufgaben der Gemeinden und im Grundsatz organisatorisch voneinander getrennt geblieben sind und daß Unterschiede hinsichtlich der Voraussetzungen für die Gewährung von Unterstützungsleistungen und auch im Meldeverfahren bestanden haben. Eine systematische Verbindung des Arbeitsnachweises und der Gewährung von Leistungen an Arbeitslose und eine einheitliche Organisation für die „Träger“ dieser Aufgaben hat erst das AVAVG vom 16.07.1927 gebracht; erst von seinem Inkrafttreten am 01.10.1927 an hat es als einheitliche „Träger der öffentlichen Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung im deutschen Reich“ die RfAuA mit der Gliederung in die Hauptstelle, die Landesarbeitsämter und „die Arbeitsämter“ gegeben (§§ 1, 2 AVAVG), erst von diesem Zeitpunkt an kann deshalb von „deutschen Arbeitsämtern“ als für das damalige Reichsgebiet einheitlich organisierten deutschen Behörden gesprochen werden. Auch in § 221 Abs. 1 AVAVG ist bestimmt, daß die bestehenden Arbeitsnachweisämter der Reichsanstalt angegliedert „werden“ und daß „die öffentlichen Arbeitsnachweise die Arbeitsämter werden“, wobei den Zeitpunkt der Eingliederung der Arbeitsnachweisämter (abgesehen vom Reichsamt) der Präsident der Reichsanstalt bestimmt hat. Wenn in § 222 AVAVG gesagt ist, daß die Arbeitsnachweisämter, „auch so lange sie noch nicht in die Reichsanstalt eingegliedert sind“, die Aufgaben durchführen, „die den Gliedern der Reichsanstalt nach dem Gesetz obliegen“, so bezieht sich dies nur auf die Übergangszeit vom Inkrafttreten des AVAVG bis zur „Eingliederung“ der Arbeitsnachweisämter, es läßt aber nicht den Schluß zu, daß die Arbeitsnachweisämter auch schon für die Zeit vor dem Inkrafttreten des AVAVG den Arbeitsämtern haben gleichgestellt werden sollen (a.A. Jantz / Zweng / Eicher, Das neue Fremd- und Auslandsrentenrecht, 2. Aufl., Anm. 3 zu § 29 FRG). Der Begriff „deutsche Arbeitsämter“ i.S. von § 1259 Abs. 1 Nr. 3 RVO§ 36 Abs. 1 Nr. 3 AVG muß auch nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschriften ausgelegt werden. Die Ausfallzeiten sollen zwar - ebenso wie die Ersatzzeiten - grundsätzlich dem Ausgleich der versicherungsrechtlichen Nachteile dienen, die dem Versicherten durch eine unfreiwillige und unverschuldete Unterbrechung der Beitragsleistung entstanden sind; soweit es sich um Zeiten der Arbeitslosigkeit handelt, ist dieser Zweck aber nicht dadurch verwirklicht worden, daß allgemein nachweisbare Zeiten der Arbeitslosigkeit als Ausfallzeiten bestimmt worden sind; neben den anderen Tatbestandsmerkmalen verlangt das Gesetz vielmehr die „Meldung bei einem deutschen Arbeitsamt“ erkennbar deshalb, weil damit auf ein einheitlich geregeltes und regelmäßig leicht nachprüfbares „Indiz“ der Arbeitslosigkeit hat abgestellt werden sollen; auch dieses Tatbestandsmerkmal kann erst von dem Zeitpunkt an gegeben sein, von dem an es einen einheitlichen Begriff der „Arbeitslosmeldung“ und eine für das Reichsgebiet einheitliche Organisation der Durchführung der Meldekontrolle bei den Arbeitsämtern gibt. Für diese Auslegung spricht schließlich auch § 29 FRG, wonach für den von diesem Gesetz erfaßten Personenkreis nur Zeiten der Arbeitslosigkeit „nach dem 30. September 1927” - also vom Inkrafttreten des AVAVG an - Ausfallzeiten sein können; da nach der Begründung zu dieser Vorschrift (Deutscher BT, 3. Wahlperiode, Drucks. Nr. 1109) auch insoweit grundsätzlich eine Gleichstellung des Personenkreises dieses Gesetzes mit den anderen Versicherten hinsichtlich der Berücksichtigung von Ausfallzeiten hat durchgeführt werden sollen, wäre die Einführung des 30.09.1927 als „Stichtag“, bis zu dem Zeiten der Arbeitslosigkeit nicht Ausfallzeiten sein können, unverständlich, wenn nicht auch von diesem „Stichtag“ für das Vorhandensein von Ausfallzeiten bei anderen Versicherten auszugehen wäre.

Da das LSG sonach zu Recht die Berufung des Klägers, mit der er die Anrechnung von Zeiten der Arbeitslosigkeit auch in den Jahren 1925/1926 begehrt hat, schon deshalb zurückgewiesen hat, weil der Kläger in dieser Zeit nicht bei einem „deutschen Arbeitsamt“ als Arbeitsuchender gemeldet gewesen ist, ist die Revision des Klägers unbegründet und zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).

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